14.07.2008 http://www.gnonline.de; von Martin Lüken
Überraschung: HSG-Kapitän geht von Bord
Jan Filip verlässt EHF-Pokalsieger aus Nordhorn und schließt sich Rhein-Neckar Löwen an
Nordhorn. Die HSG Nordhorn verliert Kapitän Jan Filip trotz laufenden Vertrages beim EHF-Pokalsieger an den Ligarivalen Rhein-Neckar Löwen. Der Wechsel des Rekordspielers der Grafschafter in der Bundesliga (siehe Infokasten), der gestern völlig überraschend durchsickerte, ist auch der finanziellen Situation geschuldet. „Wir sind mit dem Etat noch nicht so weit, dass wir uns alle Spieler leisten können“, sagt HSG-Manager Bernd Rigterink und wird sogar konkreter: „Wenn man Verzögerungen im Ablauf hat, macht man Spieler unsicher. Dort wird er jeden Monat pünktlich sein Geld bekommen, bei uns ist der Weg holpriger.“ Neben dem finanziellen Aspekt führt er auch die sportliche Perspektive an, die sich Filip durch den Wechsel bietet: „Er hat noch einmal die Chance, Champions League zu spielen.“ Über eine Ablösesumme machte Rigterink keine Angaben – darüber gebe es mit den Rhein-Neckar Löwen noch keine Absprache.
Der Wechsel kam auch deshalb völlig überraschend, weil der HSG-Kapitän, den sie in Nordhorn vor allem unter dem Spitznamen „Honza“ kennen, seinen Vertrag erst im vergangenen Jahr langfristig verlängert hatte. Von einem Engagement bis 2012 und einem späteren Wechsel in den administrativen Bereich, eventuell als Sportdirektor, war die Rede. „Das war so geplant, aber die Situation hat sich geändert“, sagt Filip, der zurzeit noch in Italien im Urlaub ist und beim Ligarivalen der HSG einen Zweijahresvertrag erhält.
Filip ist am Ende der Saison davon ausgegangen, weiter für die HSG zu spielen – dann kam das Angebot der Rhein-Neckar Löwen und er habe sich nach Absprache mit Rigterink für den Wechsel entschieden, berichtet der Tscheche. „Es war nicht einfach – nicht für mich und nicht für meine Familie“, sagt er und bezeichnet die Grafschafter Kreisstadt, in der auch seine Kinder Honzik und Anetka geboren wurden, als zweite Heimat.
Als Grund für seinen Wechsel nennt der 35-Jährige auch die „nicht optimale finanzielle Lage in Nordhorn“. Er müsse sich um seine Familie kümmern und Sicherheit haben, die in Nordhorn fehle. Und natürlich sieht Filip die sportliche Perspektive bei den finanzstarken „Löwen“, die in der vergangenen Saison die vierte Kraft in der Handball-Bundesliga waren. „Es reizt mich noch einmal, Champions League zu spielen“, sagt Filip.
HSG-Trainer Ola Lindgren, der mittlerweile geübt darin ist, Lücken zu schließen, geht davon aus, den Abgang kompensieren zu können. „Ich habe volles Vertrauen in Nicky Verjans. Außerdem haben wir auch noch Steffen Weinhold, der auf dieser Position spielen kann“, sagt der Coach, der noch in Schweden im Urlaub ist. Er sieht Verjans jetzt mehr als zunächst geplant in der Pflicht: „Nicky hat sich immer mehr heran gearbeitet und sollte in diesem Jahr wieder einen kleinen Schritt näher kommen – nun muss er einen großen Schritt machen.“ Und er fügt hinzu: „Wir haben jedes Jahr unter Beweis gestellt, dass wir Abgänge kompensieren können, das müssen wir auch dieses Mal machen.“ Ähnlich sieht es Rigterink: „Wir müssen sehen, dass wir wieder einen jungen Spieler aufbauen und möglichst dort weitermachen, wo wir aufgehört haben.“ Einen potenziellen Nachfolger haben die Verantwortlichen noch nicht auf dem Zettel. Während Rigterink davon spricht, den Markt sondieren zu wollen, sagt Lindgren: „Wir haben keinen Stress, etwas zu machen.“
Thorsten Storm, Manager der Rhein-Neckar Löwen, freute sich über den Wechsel-Coup: „Mit Jan Filip haben wir nun auch die Rechtsaußenposition doppelt besetzt. Dabei bauen wir vor allem auf seine unglaubliche Routine, die Torgefährlichkeit und seine Führungsqualitäten. Jan Filip soll mit dem 19-jährigen Juniorennationalspieler Patrick Groetzki ein gut funktionierendes Duo bilden.“ Bei den „Löwen“ war eine Stelle auf der rechten Außenbahn vakant, weil der Österreicher David Szlezak, der drei Jahre für den Verein spielte, seine Karriere beendet und in die Geschäftsstelle der „Löwen“ wechselt .
Jan Filip bedankt sich bei allen, die ihn auf seinem Weg in Nordhorn begleitet haben. „Der Abgang war nicht so geplant. Ich hoffe, dass die Leute es verstehen. Es waren acht wunderschöne Jahre. Wir werden Nordhorn nie vergessen“, sagt er. Einen Teil seiner Teamkameraden hatte der Tscheche da bereits von seinem Wechsel in die Kurpfalz unterrichtet.