Ich verfolge die Geschichte um den HSV Hamburg intensiv und komme seit Freitagnachmittag aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus. Ich hatte dem HSV Hamburg ja schon einiges zugetraut, aber sollte sich die "makelhafte Lizenz" bewahrheiten und sich herausstellen, dass sich der HSV Hamburg die Lizenz tatsächlich erschlichen hat, dann ist das für mich der Supergau des deutschen Profihandballs. Das muss man sich mal vorstellen: da unterschreibt der Geschäftsführer Christian Fitzek diese Nebenvereinbarung und verschweigt sie bei der Lizenzierung wohlwissentlich, dass es mit so einer Nebenabrede keine Lizenz geben wird. Und dann kauft er nochmal im großen Stil ein, verpflichtet mit Biegler einen sicherlich nicht billigen Qualitätstrainer und leistet sich im Falle von Damgaard auch noch den Luxus, eine Neuverpflichtung aus einem bestehenden Vertrag zu kaufen. Dann kommt die Insolvenz und Fitzek tut immer noch so als wäre alles in bester Ordnung. Er kanzelt den HBL-Geschäftsführer im Interview ab und ist immer noch der Meinung, dass man wichtige Spieler wie Brozovic natürlich behalten werde. Um das rational zu begreifen, bleiben für mich nur drei Schlussfolgerungen: Fitzek leidet entweder an akutem Realitätsverlust oder an reichlich krimineller Energie oder aber intellektuell reicht es einfach nicht aus, um das eigene Handeln und die sich daraus ergebenden Folgen zu begreifen. Wie man es dreht und wendet, Christian Fitzek ist mit dieser Geschichte als Funktionär im deutschen Handball verbrannt und wenn es dumm läuft, dann droht wegen Insolvenzverschleppung auch noch der Gang ins Gefängnis.
Ebenso erstaunlich finde ich, wie die deutschen Handballfunktionäre damit gerade umgehen. Die Aussagen von Schmäschke ("Würde der HSV abgemeldet vom Spielbetrieb, wäre das ein Fiasko für alle Bundesligisten") kann man als Ausdruck des Eigeninteresses ja noch verstehen (wobei da dann auch die Frage gestellt werden dürfte ob es beispielsweise für einen Verein wie Frisch Auf Göppingen nicht eher ein Fiasko ist diese Saison bereits zweimal gegen einen Verein verloren zu haben, der eigentlich gar nicht in der Liga mitspielen durfte). Was ich gar nicht verstehen kann sind allerdings die Aussagen der beiden nominell höchstrangigen Handballfunktionäre in Deutschland. HBL-Geschäftsführer Bohmann weint in seiner ersten Stellungnahme nach dem Gau seinem Lieblingsverein hinterher und verweist auf den Zuschauermagneten HSV Hamburg (was dann noch nicht mal den Faktencheck besteht). Und der DHB-Präsident Michelmann meint auf die Frage, ob die Geschichte dem deutschen Handball schade, lapidar: "Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, ist es eine Sache, die immer mal wieder vorkommen kann. Es ist natürlich wie immer zur verkehrten Zeit." Also wenn Lizenzbetrug tatsächlich eine Sache ist, die immer mal wieder vorkommen kann, dann Gute Nacht deutscher Profihandball! Da hätte ich mir im Übrigen die Nachfrage gewünscht, welcher Zeitpunkt denn der ideale ist für einen HBL-Verein, sich die Lizenz zu erschleichen?