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Liebes Handballtagebuch!
Der Spielplan bescherte ZeeBee einen harten Sonntagmorgen: 9:30 wE, 10:30 wD II, 12:30 wC. Eigentlich ja kein Thema, aber Samstagabend war runder Geburtstag bei HaMu... und irgendwie war der letzte Ouzo schlecht gewesen... 
Radiowecker geht an, ZeeBee ignoriert ihn erfolgreich für zwanzig Minuten. Ups, jetzt aber schnell. Der Anrufbeantworter blinkt. Mehrere Nachrichten, wer nicht zum Spiel kommt, direkt fährt oder sonst irgendwelche Wünsche hat. ZeeBee ist längst noch nicht wieder aufnahmefähig. Am Treffpunkt sind mehr oder weniger alle da. ZeeBee ist sich nicht ganz sicher, wer was auf das Band getextet hat.
Auf nach Mellendorf, dem nördlichen Eckpunkt des Landkreises.
"Offene Manndeckung!!!", lautete die barsche aber sicher herzlich gemeinte Begrüßung des Schieris. "Wie?! Was?! Und die Stunden um Stunden des Trainings der jugoslawischen 3:2:1 mit der wE waren für die Katz?" Ja, die Kinderhandballrichtlinien des Landesverbands. ZeeBee war in der Resistance, vergebens. Das hatten wir nun davon. Statt eines freundlichen "Moin!" nun so was. Die weibliche E ist umgezogen und stellt mit Entsetzen fest, dass die Tore auf 1,60 m abgehängt sind. "Die Tore sind zu klein!" Seit dieser Saison steht es den Vereinen frei, in der E-Jgd. die Tore zu verkleinern. Hmmm... letztes Punktspiel 4:2 auf normale Tore gewonnen, heute eine wesentlich kleinere Trefferfläche. ZeeBee bekommt Kopfschmerzen.
Anpfiff. Die Mädchen finden sich heute sehr schnell zu Paaren zusammen, die Manndeckung klappt gut. Oder täuscht das, weil sich heute Morgen irgendwie alles furchtbar schnell zu bewegen scheint. ZeeBee überlegt, wie er eigentlich nach Hause gekommen war. Da war ein angeschlossenes Fahrrad, dann ein Fahrradschlüssel und plötzlich der Hausschlüssel und die Haustür. Wo waren die Kilometer dazwischen? Nächstes Mal weniger Ouzo zum Rotwein. 
Manndeckung. Ach ja, das Steckenpferd des Schieris. Der hatte alle Mühe, die Heimmannschaft immer wieder vom Sechser wegzulocken. Es bestand eine gewisse Tendenz zur Manndeckung, manchmal sogar zu dritt gegen eine der unseren, aber die Gegner fühlten sich am Torkreis auch ganz wohl. Und eine Manndeckung über das ganze Feld spielte irgendwie auch nur eine Mannschaft. Jedenfalls wenn die erfahreneren Spielerinnen auf dem Platz standen. Trotz ihres an sich chaotischen Wesens erkennt das geschulte Auge eine Struktur im Chaos der Manndeckung. Sechs kleine Mädchen laufen kreuz und quer durch die Gegend, sechs weitere kleine Mädchen bilden den "Schatten". Ein komplexes, scheinbar nicht durchschaubares System. Aber eben ein System. Es sei denn, ZeeBees beiden Jüngsten sind eingewechselt. Sechs chaotische Laufwege, vier Konterlaufwege und zwei wild durch die Gegend irrenden, sich ständig umschauende kleine Mädchen ohne jeglichen Bezug zum perfekt vom Trainer durchdachten System. ZeeBees Kopfschmerzen verstärken sich.
Drei elementare Magnetpole des Kinderhandballs hat ZeeBee in der Trainerlaufbahn bereits kennengelernt: den Ball, den Torkreis, den Libero. Alles Objekte mit magischer Anziehungskraft für Kinder. Heute entdeckte ZeeBee das vierte Kraftfeld: das hellgrüne Trikot der gegnerischen Torhüterin. Fast alle Würfe, egal von wem, suchten und fanden das grüne Ziel. Neun Fehlwürfe trafen nicht grün sondern das Tor, der Gegner schaffte nur fünf Treffer. Gewonnen und Tabellenführer... verdammt, wo war ZeeBees Kaffee?
Unmittelbar danach die zweite wD, ZeeBees Anfängerinnen verstärkt mit einigen unermüdlichen E-Mädchen. Wo blieb der Gegner? Es war doch deren Heimspiel. Die Mädchen in den roten Trikots, die sich in der kleinen Halle warmliefen, konnten es nicht sein. Die hatten heute Morgen zum Frühstück Kinder in der Größe von ZeeBees Mädchen vertilgt. Die richtige D-Jgd. kam nicht, wir spielten also stattdessen gegen die großen Kinder in den roten Trikots. Im Spielformular waren nur D-Mädchen eingetragen. In der Halbzeit bestellte ZeeBee einen Sack Mellendorfer Kraftfutter, denn die lokale weibliche B-Jgd. machte sich warm. ZeeBee vergab Spitznamen: King Kong, Godzilla, T-Rex, Leviathan...
Es folgte die dritte Packung für die Zweite in der untersten Klasse. Wo blieben die anderen Anfängermannschaften? Immerhin hatten die Trainerinnen die hohe Schule des fair play genossen. Es dauerte nicht lange, da fehlte eine Gegenspielerin, in der zweiten Halbzeit fehlten gar zwei. ZeeBee stellte fest, dass dadurch die Zuordnung der Manndeckung zum Teufel ging und seine Mädchen mehr Probleme hatten als gegen zwei Gegnerinnen mehr. Hören denn diese Kopfschmerzen nicht mehr auf?!
Auf zum dritten Spiel. Springe liegt am südlichsten Zipfel des Landkreises. Dazwischen liegen Bundesstraßen, Landstraßen, ein kurzes Stück Autobahn, viele, viele Abfahrten und einige kleine Dörfer. Abfahrten... schon wieder eine verpasst. Und noch eine. Doch noch zum Treffpunkt, wo eigentlich niemand mit ZeeBee rechnete, oder direkt zum Spiel? Trafen die sich jetzt um 12:00 oder 12:30? Und warum verpasst ZeeBee gerade die dritte Abfahrt? Also zum Treffpunkt. Nein, Zeit zu knapp. Umgedreht. Abfahrt verpasst. Irgendwer muss da härtere Drogen in den Wein gekippt haben. Dunkel erinnert sich ZeeBee an unkontrolliertes Zappeln auf der Tanzfläche. Also doch härtere Drogen... Heil an der Halle angekommen.
Die weibliche C-Jgd.: 99 prozentige Trainingsbeteiligung, anderthalbstündige volle Konzentration, hochtalentierte Mädchen, folgsam aber auch konstruktiv kritisch, überdurchschnittlich Intelligent, hohe Sozialkompetenz... ZeeBee betritt träumend die Halle und wacht dann wieder auf. Die Spielbetreuung machten normalerweise die charmanten Nachwuchstrainerinnen. Die spielten aber zeitgleich mit der Damen. Premiere für ZeeBee auf der Bank der wC. Das positive Fazit der ersten Halbzeit: es war noch Potenzial nach oben. Der Gegner war nicht wirklich stark, der Drei-Tore-Rückstand aufholbar. Die Mannschaft war sich einig, das Spiel wird noch gedreht. Aus den drei Toren wurden schnell fünf und sechs, irgendetwas stimmte nicht. Magdas Gegnerin war kurz vorm Austicken, obwohl es gar nicht so schlecht für ihre Mannschaft lief. ZeeBee nahm Magdas Abwehrverhalten mal genauer unter die Lupe. Filigran war das nicht, aber immerhin packte sie gegen die torgefährlichste Gegnerin zu... und flüsterte ihr bei jeder Abwehraktion etwas ins Ohr, worauf die Gegnerin immer... äh... emotional aufgewühlter wurde.
Zickentrashtalk.
Irgendwann wechselt ZeeBee Magda aus. Im Sprint nach vorne, in Zeitlupe in die Abwehr zurück. Das geschulte Trainerauge erkennt sofort konditionellen Probleme. Seltsam, die hatte gerade erst eine Pause gehabt. Die Kopfschmerzen melden sich zurück. Kurz danach wechselt ZeeBee Walburga aus. Die blickt auf die Bank, sieht die - willkürlich - ausgewechselten Haupttorschützinnen neben sich und brummelt was von "dann können wir uns ja umziehen gehen." Unverständnis bei ZeeBee. Zahlte hier wer mehr Monatsbeitrag als andere? Walburga und Magda fragen, ob sie nun (fünfzehn Minuten vor Spielende) gehen könnten. ZeeBee lädt sie herzlich dazu ein, sie bräuchten dann aber nicht mehr zum Training zu kommen. War da noch eine Aspirin im Auto?
ZeeBee wechselt aus.
"Walburga rein!"
"Ich spiele heute nicht mehr."
"Bist du verletzt?"
"Nein, ich habe keine Lust mehr."
Unruhe auf dem Feld. Wir hatten inzwischen den Ball verloren und waren wieder in der Abwehr.
"Hier fehlt wer!" "
"Walburga möchte nicht mehr spielen!" 
Wir erobern den Ball zurück, ZeeBee schickt Ersatz. Im nächsten Angriff soll Magda wieder rein. "Go ahead. Make my day!"
Magda hat im Gegensatz zu Walburga doch noch Lust und lässt sich einwechseln. Nach dem Spiel - mit neun Toren verloren - wendet sich ZeeBee an Walburga, die sich in Erwartung einer Standpauke abwenden will. Weit gefehlt. Freundlich drückt ihr ZeeBee ihren Spielerpass in die Hand: "Frag mal nach, wann die B-Jgd. trainiert." Die Kopfschmerzen sind plötzlich wie weggeblasen. 
Dein
Karsten