Daniel Kubes im Interview: "Noch bin ich nicht zufrieden"
Er ist so etwas wie der Garant, dass der Gegner sich schwer tut, Tore gegen die HSG zu erzielen. Daniel Kubes ist der unumstrittene Abwehrchef. Der 29-jährige Tscheche in Diensten der Grafschafter räumt ab, was abzuräumen ist. Damit legt er die Basis für das gefürchtete Gegenstoßspiel der Nordhorner. Zum Saisonende allerdings wird er den Verein in Richtung Magdeburg verlassen. Darüber und über einige andere Dinge sprach Kubes mit Arnulf Beckmann.
Mit 13:3-Punkten aus acht Begegnungen liegt die HSG Nordhorn offenbar voll im Soll. Vor allem auch deshalb, weil gegen Magdeburg und in Kronau zwei überraschende Erfolge eingefahren wurden, oder?
Kubes: Es ist ganz schwer zu beschreiben, was in den vergangenen Wochen mit der Mannschaft passiert ist. Zu Beginn der Saison haben wir gewiss nicht gut gespielt, doch mit ein wenig Glück die Punkte eingefahren. Wir haben ganz lange nicht gezeigt, was wir wirklich drauf haben. Doch in den vergangenen zwei Spielen waren wir richtig gut. Deshalb haben wir auch gegen sehr gute Teams der Liga gepunktet.
Mit den beiden nicht unbedingt erwarteten Erfolgserlebnissen müssen die beiden in Großwallstadt verlorenen Punkte doch doppelt schmerzen.
Kubes: Klar, aber soweit sind wir eben noch nicht, dass wir solche Auswärtsspiele immer gewinnen. So etwas gehört dazu und ist Teil eines Lernprozesses. Schließlich muss man die Fehler erst machen, um zu lernen, sie zu vermeiden. Jetzt haben wir begriffen, dass auch solche Spiele wie in Großwallstadt nur mit einer einhundertprozentigen Einstellungen sowohl im kämpferischen als auch im emotionalen Bereich zu gewinnen sind. Das werden wir künftig auch so umsetzen.
Erstaunlich aber dennoch, wie schnell die HSG ihre vier Neuen integrieren konnte.
Kubes: Wir haben ganz einfach ein paar gute Typen verpflichtet. Außerdem hat das Integrieren von neuen Spielern in Nordhorn schon Tradition. Ola Lindgren macht das schon seit mehreren Jahren und hat Erfahrung damit. Natürlich waren Spieler wie Börge Lund, Jesper Larsson oder Mark Bult wichtige Spieler und deren Weggang ein Verlust. Auch, weil alle drei auch außerhalb des Spielfeldes wichtig für die Mannschaft waren. Aber die Neuen haben sich eingelebt und rasch ein Verständnis für das entwickelt, was wir spielen wollen. Alle haben riesige Fortschritte gemacht.
Ganz ehrlich: Wie sehr fehlt Ihnen Ihr kongenialer Abwehrpartner Börge Lund?
Kubes: Börge Lund fehlt schon sehr. Aber eigentlich nur, wenn zeitgleich auch noch Bjarte Myrhol ausfällt. Lunds Weggang allein kann unsere Abwehr durchaus kompensieren. Aber neulich, als Bjarte verletzt passen musste, war es Stojkovic, der 60 Minuten Vollgas geben musste - in Abwehr und Angriff. Das schaffen in der Liga nur sehr wenige Leute und soll überhaupt keine Kritik an der Leistung Rastkos sein. Im Gegenteil: Das war schon unglaublich, was der abgerissen hat. Aber mit Bjarte als Abwehrspezialist kann auch ich ein höheres Niveau spielen.
Dennoch gehört Ihnen ein nicht unbedeutender Anteil am bisherigen Erfolg der HSG. Wie bewerten Sie Ihre Leistung selbst?
Kubes: Es ist immer schwer, seine eigene Leistung einzuschätzen. Das sollen die Fans machen und das soll Ola Lindgren Ihnen sagen. Ich habe im Vorfeld und zu Beginn der Saison viele kleinere Verletzungen gehabt, die ganz sicher meine Leistungen beeinflusst haben. Ich konnte deshalb keine komplette Vorbereitung bestreiten und nicht wirklich durchtrainieren. Nein, noch kann ich nicht behaupten, dass ich mit meiner Leistung zufrieden bin.
Ich möchte Ihnen eine möglicherweise wirklich naive Frage stellen: Macht das eigentlich Spaß, wenn man Woche für Woche nur in der Abwehr spielt? Ich stelle mir das ein wenig eintönig vor.
Kubes: Solange ich der Mannschaft helfen kann, empfinde ich das keineswegs als eintönig. Sie haben recht: Die Frage ist tatsächlich ein wenig naiv. Wie kann es langweilig sein, vor 4.000 Besuchern im Euregium aufzulaufen und in der Bundesliga mitzuspielen. Das ist so ziemlich das Aufregendste, was ich kenne.
Immerhin genießen Ihre Defensivqualitäten ein solch herausragenden Ruf, dass sich der SC Magdeburg Ihre Dienste mit Beginn der kommenden Saison sicherte. Wie kam der Deal eigentlich zustande?
Kubes: Kurz vor Weihnachten 2006 bekam ich einen Anruf vom damaligen Manager des SC Magdeburg, Bernd-Uwe Hildebrandt. Er bekundete großes Interesse an einer Verpflichtung meiner Person. Bis zum April 2007 habe ich mir dann Zeit genommen, darüber nachzudenken. Ich hatte das Gefühl. Das Magdeburg für mich eine große Chance darstellt und ich einen weiteren Schritt nach vorne machen könnte. Trotz der gegenwärtig unübersichtlichen Situation ist der SC Magdeburg noch immer ein spannender Verein, der viele Erfolge erzielt hat, der über eine schöne Halle verfügt und über fast so gute Fans wie die HSG.
Angesichts der aktuellen sportlichen Entwicklung Ihres künftigen Arbeitgebers kann man schon ins Grübeln kommen, ob Sie die richtige Entscheidung getroffen haben.
Kubes: Der derzeitige Wirbel um den Verein ist mir weitgehend egal. Ich verstehe wohl einiges von Handball, aber nicht von Finanzen. Aber die sportliche Situation des SCM ist schon bedauerlich. Aber die hatten auch zahlreiche namhafte Abgänge zu verzeichnen und kämpfen gegenwärtig damit, das zu kompensieren. Aber schon das letzte Auswärtsspiel, dass die Magdeburger mit sieben Toren Differenz in Göppingen gewannen, deutet an, dass sie die Kurve kriegen.
Wird es Ihnen schwer fallen, sich aus diesem familiären Umfeld zu verabschieden?
Kubes: Sicher wird es mir schwer fallen, mich von diesen Fans zu verabschieden. Aber auch meine Freunde, die ich hier gefunden habe, zurückzulassen, wird schwer. Jan Filips Familie und meine haben hier viel miteinander unternommen, die Kinder spielen zusammen - das alles wird dann erst einmal wegfallen. Außerdem habe ich nie besser Handball spielen dürfen als hier in Nordhorn. Das war und ist traumhaft, und dafür bin ich sehr dankbar. Das muss man sich einmal vorstellen: Wir haben in der vergangenen Saison bis zum Ende um einen Champions-League-Platz mitgespielt, obwohl unser Etat um zwei Millionen Euro geringer war als der unserer Konkurrenten.
Und Ola Lindgren?
Kubes: Er ist ein wunderbarer Trainer, der mir jegliches Vertrauen geschenkt hat. Ich konnte so viele eigene Ideen in unser Spiel einbringen, was mich wiederum total motiviert. Das ist ganz sicher nicht Normalität in der Liga.
Und was werden Sie am meisten vermissen?
Kubes: Die gemeinsamen Fahrradtouren mit Peter Gentzel zum Training.
Das Gespräch führte Arnulf Beckmann
Quelle:http://www.hsgnordhorn.de