FRAUENHANDBALL / 2. Bundesliga Süd: Vermutlich ist gestern die letzte Aufstiegs-Hoffnung der TuSsies zerbrochen
Das Bundessportgericht weist den Einspruch zurück
TuS Metzingen kann für ein weiteres Jahr in der 2. Bundesliga planen - Noppel und Artschwager offenbar kurz vor Unterschrift
Das Bundessportgericht des DHB hat den Einspruch der TuS Metzingen gegen den Punktabzug durch die Handball Bundesliga Vereinigung Frauen (HBVF) gestern abgewiesen. Die HBVF hatte insgesamt vier Spiele nachträglich als für die TuS Metzingen verloren gewertet.
ALEXANDER MAREIS / ANTJE SCHNIZLER
Scharf wie eine Rasierklinge: Es waren nur wenige Zeilen, welche gestern Nachmittag aus der Klingenstadt Solingen ins Schwäbische übermittelt wurden. Aber der Inhalt ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Vor allem zerstörte er wohl die letzten Hoffnungen auf die 1. Bundesliga, die die Metzinger Handball-TuSsies durch überragende Leistungen auf dem Parkett sportlich erreicht hatten.
"Die vollständigen, rechtsmittelfähigen Urteilsgründe folgen bis spätestens zum 19. Juni", teilte der Solinger Karl-H. Lauterbach, der Vorsitzende des Bundessportgerichts, gestern kurz mit.
Das Bundessportgericht des Deutschen Handballbunds (DHB) fällte nach vorheriger mündlicher Beratung in Berlin gestern in Solingen, Hamburg und Berlin im schriftlichen Verfahren in der Besetzung Karl-H. Lauterbach
(Solingen) als Vorsitzender, Udo Franck (Hamburg) und Dr. Hans-Joachim Wolf (Berlin) als Beisitzer das nachfolgende Urteil:
1. Der Einspruch der TuS Metzingen e.V. wird - auch in der Form des Einspruchs der TuS Handball Sportmarketing GmbH - als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Einspruchsgebühr in Höhe von einmal 500 Euro ist zugunsten des DHB verfallen.
3. Die Auslagen des Verfahrens in noch festzusetzender Höhe hat die TuS Metzingen e.V. zu tragen.
TuS-Spielerin Anna-Lena Artschwager hätte nach ihrem 18. Geburtstag nur noch maximal in zwei Spielen ohne einen Bundesligapass eingesetzt werden dürfen und war daher in diesen vier weiteren Spielen nicht spielberechtigt. In der neu berechneten Abschlusstabelle der 2. Bundesliga Süd verpasste Metzingen so den für das Erreichen der Playoffs notwendigen vierten Tabellenplatz, sodass die HBVF die Play-offs neu ansetzte. In der betroffenen Gruppe setzte sich dann der zuvor im Aufstiegsfinale den Metzingerinnen unterlegene TV Beyeröhde durch und sicherte sich den zweiten Aufstiegsplatz neben der HSG Sulzbach/Leidersbach.
"In diesem Fall lässt mir die Spielordnung des DHB keinen Spielraum, sie ist zwingend: Bei unberechtigten Einsatz einer Spielerin ist das Spiel als verloren zu werten. Dabei ist irrelevant, ob die Spielerin wirklich auf dem Parkett stand oder wie viele Tore sie geworfen hat, mit der Eintragung als aktive Spielerin im Spielformular hat sie nach der Ordnung an dem Spiel teilgenommen", hatte Erika Petersen als Spielleitende Stelle ihre Entscheidung erklärt, die nun durch das Bundessportgericht bestätigt wurde.
Die TuS Metzingen hat die Möglichkeit, erneut Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Bundessportgerichts einzulegen.
Andreas Baumgärtner, Abteilungsleiter der Abteilung Handball-Bundesliga der TuS Metzingen, meinte gestern zum Urteil: "Die Entscheidung des Bundessportgerichts enttäuscht mich persönlich sehr. Aus meiner Sicht bestand doch eine 50-prozentige Chance für uns. Die Frage war eben, wie das Bundessportgericht den Sachverhalt sieht - ob man also die Auslegung der Handball-Bundesliga-Vereinigung Frauen oder eben unsere Auslegung im richterlichen Sinne als richtig betrachtet. Nun hat man leider der HBVF-Auslegung zugestimmt."
Die weitere Vorgehensweise der Ermstäler ist ungewiss: "Ob wir jetzt noch einen weiteren Rechtsweg einschlagen, was bekanntlich möglich wäre, ist derzeit noch nicht entschieden. Dazu müssen wir auch erst die Einschätzung unseres Rechtsanwalts Dr. Peter Krause einholen. Zudem muss geklärt werden, welche weiteren Kosten durch solch ein Verfahren auf uns zukommen würden. Und vor allem der zeitliche Faktor ist wichtig: Was nützt uns ein positives Urteil in einer der letzten Instanzen, wenn selbiges erst in Wochen oder Monaten feststeht? Wir sind bereits jetzt spät genug dran", macht Baumgärtner klar.
Der TuS-Abteilungsleiter sieht nach dem Rücktritt von Trainer Emir Hadzimuhamedovic immer mehr Arbeit auf sich zukommen und er muss wohl immer mehr Überzeugungskraft aufbringen. "Leider scheiden durch dieses Bundessportgerichts-Urteil rund 20 Prozent unserer potentiellen Neuzugänge automatisch aus. Denn etwa dieser Prozentanteil an Spielerinnen, mit denen wir Kontakt haben, wäre nur in die 1. Bundesliga nach Metzingen gewechselt. Mit den verbleibenden 80 Prozent der wechselwilligen Kandidatinnen werden wir nun verhandeln. Ein Teil der Spielerinnen, der sich die 1. Liga nicht zutraut, wäre ohnehin nur für die Zweitklassigkeit ein Thema gewesen", verrät Baumgärtner. Bezüglich eines Nachfolgers für Trainer Emir Hadzimuhamedovic sind die Metzinger bereits dabei, den Markt abzuklopfen. "Seit Donnerstagabend laufen interne Gespräche bei uns, in denen wir uns intensiv über Trainer unterhalten. Unabhängig davon müssen wir alles daran setzen, künftig ein höheres Niveau im Bereich 2.
Mannschaft und Nachwuchs zu erzielen. Unser Ziel muss es sein, mehr Spielerinnen aus den eigenen Reihen nach oben zu führen. Der neue Trainer soll eng mit Peter Weichselmann, dem Coach der in die Landesliga abgestiegenen 2. Mannschaft korrespondieren. Unsere Zweite müsste eigentlich in der Oberliga spielen. Aus der Landesliga kann man kaum Spielerinnen für höhere Aufgaben heranziehen."
Den Abstieg ihrer "Zweiten" aus der Württembergliga hatte die TuS Metzingen - ebenso wie den verpassten Bundesligaaufstieg der "Ersten" - durch einen Formfehler und anschließendem Punktabzug selbst verschuldet.
In diesem Fall wurde durch Einsätze von Torfrau Tanja Noppel die Festspiel-Regel verletzt.
Sechs Spielerinnen hat die TuS Metzingen bisher fest für die kommende Zweitligasaison an der Angel. Dies sind die bisher schon in Metzingen engagierten Anika Kuhlmann, Annika Schmid, Iris Cartarius, Milena Rösler, Patricia Stefani und Carolin Lingner. Nächste Wochen sollen zumindest zwei weitere hinzukommen. "Ich werde dann mit Anna-Lena Artschwager und Tanja Noppel sowie deren Vätern sprechen. In beiden Fällen gehe ich davon aus, dass wir eine Einigung erzielen können", ist Andreas Baumgärtner zuversichtlich.
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