Verfassungsgericht verbietet Abschuss entführter Flugzeuge

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    Original von Hereticus
    Diese Diskussion geht etwas am Thema vorbei. Hier geht es um Art.1 , und der ist unantastbar (gemäss Art. 19) und niemand will ihn "überprüfen" oder ändern (es geht auch gar nicht).


    Ganz genau. Sehr faszinierend, dass man hier zu Lande sauer wird, wenn die Pressefreiheit durch Moslems angegriffen wird (geht nicht gegen Dich, Ronald) und man keinen cm klein beigeben will und als nächstes ein möglicher Abschuss auf Kosten der Menschenwürde plötzlich legitim wird, um die Sicherheit zu wahren.
    Mir ist klar, dass nicht alle in der Schnittmenge zu beiden Fällen sind, allerdings, zumindest in der Presse gibt es dort eine nicht zu kleine.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von UlfN
    und als nächstes ein möglicher Abschuss auf Kosten der Menschenwürde plötzlich legitim wird, um die Sicherheit zu wahren.

    Vielleicht, weil man versuchen will, die Menschenwürde derjenigen, die durch den Terroranschlag bedroht sind, zu schützen und zu retten.

    Übrigens: Extreme Situationen schaffen schlechtes Recht!

  • Die Tötung eines Menschen zur Rettung von 100 istschon im einfachgesetzlichen Strafrecht noch nie als rechtfertigender Notstand anerkannt worden.

    Die gesetzliche Regelung musste von vornherein scheitern, kein Rechtsstaat kann sich eine solche Regelung erlauben, ohne an seinen eigenen Prinzipien zu rütteln. Nur Dabbelju-Country, aber das ist ja auch kein Rechtsstaat.

    Die Frage ist nur, was passiert, wenn der Fall wirklich eintritt ? Werden wir wirklich bereit sein zuzuschauen, wie ein mit 250 Personen besetztes Flugzeug sich in die Mitte einer Großstadt wie Berlin oder Hamburg bohrt ? Nehmen wir tausende von Toten in Kauf, damit das Prinzip gewahrt bleibt ? Wer wird den Opfern bzw. den Angehörigen nachher erklären, dass sie aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit sterben mussten bzw. schwer verletzt wurden ?

    Extremfälle sind keiner gesetzlichen Regelung zugänglich. Denn Extremfälle sind Einzelfälle, Gesetze gelten abstrakt für eine Vielzahl von Fällen.

    Wenn der Fall eintritt wird ein Pilot hochgehen und die Maschine abschiessen. Und man wird sagen, ok, nicht schön aber notwendig. Fragt sich dann nur noch, ob die arme Sau, die einen solchen Befehl bekommt, damit klarkommt.

    • Offizieller Beitrag

    §1 ist unantastbar, das ist auch mir bewusst.

    Ohne konkret §1 oder einen anderen Paragraphen zu meinen kann ich einfach den Absolutismus einiger Statements nicht nachvollziehen. Das Grundgesetz wurde vor rund 60 Jahren geschrieben und damals wurde festgelegt, was für immer und ewig unantastbar sein soll? Das kann ich mir - auch ohne konkrete Änderungsansätze - schwerlich vorstellen.

    Aber zurück zum Thema. Ich gebe Teddy recht, dass es gefährlich ist und meist nicht ideal, wenn aus einer Zwangslage heraus Gesetze geschaffen werden. Auch die "scheinbare" Bedrohung kann ich nachvollziehen, sicherlich wird da im Moment eine imaginäre Bedrohung überdramatisiert.

    Es ist aber auch ein Grundsatzproblem, das ich für diskussionswürdig halte. Darf Leben gegeneinander aufgewogen werden und wenn ja, wer darf es tun? Unabhängig von Terrorismus kann es Situationen geben, in denen das Leben vieler Menschen gerettet werden kann, wenn der Tod weniger billigend in Kauf genommen wird.

  • Zitat

    Original von Ronaldo
    Ohne konkret §1 oder einen anderen Paragraphen zu meinen kann ich einfach den Absolutismus einiger Statements nicht nachvollziehen. Das Grundgesetz wurde vor rund 60 Jahren geschrieben und damals wurde festgelegt, was für immer und ewig unantastbar sein soll? Das kann ich mir - auch ohne konkrete Änderungsansätze - schwerlich vorstellen.


    In unserer Verfassung ist festgelegt, dass die Grundrechte, die in den ersten (man möge mich korrigieren) 19 Artikeln enthalten sind, unantastbar und für alle Zeit unveränderlich sind. Alle weiteren Artikel können und dürfen, sofern es erforderlich ist (meine Rechtsauffassung), mit 2/3-Mehrheit verändert werden, sofern sie dann nicht gegen einen der Grundrechtsartikel verstoßen. Artikel 79 III: "Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig."

    Zitat

    Darf Leben gegeneinander aufgewogen werden und wenn ja, wer darf es tun?


    Menschenleben gegen Menschenleben aufzuwiegen, widerspricht den Grundsätzen der westlichen Zivilisation. Deswegen haben wir auch keine Todesstrafe. Allerdings kann ich deine Frage, ob eine kleine Anzahl von Menschen vielleicht weniger wichtig ist als eine große (zumal die kleine Anzahl, die Teddy oben treffend bemerkt, "sowieso tot" ist), durchaus nachvollziehen.

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Felix0711
    In unserer Verfassung ist festgelegt, dass die Grundrechte, die in den ersten (man möge mich korrigieren) 19 Artikeln enthalten sind, unantastbar und für alle Zeit unveränderlich sind. Alle weiteren Artikel können und dürfen, sofern es erforderlich ist (meine Rechtsauffassung), mit 2/3-Mehrheit verändert werden, sofern sie dann nicht gegen einen der Grundrechtsartikel verstoßen. Artikel 79 III: "Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig."

    Das Grundgesetz kenne ich... Es fällt mir lediglich schwer zu akzeptieren, dass man vor 60 Jahren mit absoluter Verbindlichkeit Regeln für die Unendlichkeit festlegen konnte. Aber ich rede jetzt besser nicht weiter, sonst melden sich noch die Verfassungsschützer, bereits ohne dass ich einen Punkt konkret in Frage stellen.

    Btw: Wo haben die Verfassungsschützer eigentlich ihre Daseinsberechtigung? Den Schritt vom Grundgesetz zur Verfassung haben wir bislang ja noch nicht vollzogen.

    Zitat

    Original von Felix0711
    Menschenleben gegen Menschenleben aufzuwiegen, widerspricht den Grundsätzen der westlichen Zivilisation. Deswegen haben wir auch keine Todesstrafe. Allerdings kann ich deine Frage, ob eine kleine Anzahl von Menschen vielleicht weniger wichtig ist als eine große (zumal die kleine Anzahl, die Teddy oben treffend bemerkt, "sowieso tot" ist), durchaus nachvollziehen.

    Selbst wenn ich gegen die Grundsätze der westlichen Zivilisation verstoße, wenigstens berufe ich mich auf die Meinungsfreiheit ;)

    Ich möchte betonen: Ich wiege nicht ein einzelnes Menschenleben gegen ein anderes auf, da stimme ich den westlichen Grundwerten zu, jedes Menschenleben ist gleich viel wert. Wir können das Problem nun rein mathematisch angehen, wenn jedes Menschenleben gleich viel wert ist, dann sind 200 Menschen weniger wert als 20.000 Menschen. Wenn allerdings jeder Mensch unendlich viel wert ist, dann bin ich mathematisch überfordert.

    Den Vergleich mit der Todesstrafe habe ich ganz bewusst NICHT angeführt. Durch die Verurteilung eines Einzelnen zum Tode wird keinem anderen geholfen - Argument passt also mMn nicht in die Diskussion.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Felix0711
    In unserer Verfassung ist festgelegt, dass die Grundrechte, die in den ersten (man möge mich korrigieren) 19 Artikeln enthalten sind, unantastbar und für alle Zeit unveränderlich sind.

    Artikel 79 III: "Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig."

    Wie Du selber zitierst ... Art. 1 und 20 GG sind unantastbar und unterliegen der "Ewigkeitsgarantie" (daraus abgeleitet übrigens Art. 79 Abs. 3 GG selber auch). Die anderen Grundrechte dürfen grundsätzlich geändert werden - allerdings gibt es dafür Grenzen, die sich wiederum aus Art. 1 GG ergeben, denn im Endeffekt werden die anderen Grundrechte als "spezielle Ausprägungen" der Menschenwürde gesehen, so dass eine Reduktion der anderen Grundrechte auf ein Maß, welches mit der Menschenwürde nicht mehr vereinbar ist, unzulässig und der Ewigkeitsgarantie zuwider wäre.

    Menschenleben werden im Übrigen immer wieder gegen Menschenleben "aufgerechnet" und "aufgehoben" (auch wenn das natürlich nicht wirklich schön ist). Beispiele seien nur der "finale Rettungsschuss" oder die Frage, wer im KH operiert wird, wenn zwei OP's zur Lebensrettung erforderlich sind und nur ein OP-Team zur Verfügung steht.
    Das wird dann - rechtstechnisch - in der Tat nicht mehr unter dem Schlagwort "rechtfertigender Notstand" gesehen, sondern unter "entschuldigendem Notstand" bzw. "übergesetzlicher Notstand".


    PS: Das deutsche Grundgesetz hat heute nach weit überwiegender Meinung "Verfassungsstatus" und ist nicht mehr ein "provisorsches" Grundgesetz ... man hat nur die Umbenennung nicht durchgeführt.

  • Zitat

    Original von HVS-SR
    Die Tötung eines Menschen zur Rettung von 100 istschon im einfachgesetzlichen Strafrecht noch nie als rechtfertigender Notstand anerkannt worden.
    [...]
    Die Frage ist nur, was passiert, wenn der Fall wirklich eintritt ? Werden wir wirklich bereit sein zuzuschauen, wie ein mit 250 Personen besetztes Flugzeug sich in die Mitte einer Großstadt wie Berlin oder Hamburg bohrt ? Nehmen wir tausende von Toten in Kauf, damit das Prinzip gewahrt bleibt ? Wer wird den Opfern bzw. den Angehörigen nachher erklären, dass sie aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit sterben mussten bzw. schwer verletzt wurden ?
    [...]
    Wenn der Fall eintritt wird ein Pilot hochgehen und die Maschine abschiessen. Und man wird sagen, ok, nicht schön aber notwendig. Fragt sich dann nur noch, ob die arme Sau, die einen solchen Befehl bekommt, damit klarkommt.

    Ich nehme das Zitat beispielhaft für die hier mehrfach aufgeführten gleich oder ähnlich lautenden Argumentationen. Als Szenario nehme ich die Objekte Flugzeug als Waffe und ein Stadion als angegriffenes Objekt her, das könnte natürlich genausogut ein Haus, eine Innenstadt oder was auch immer sein.

    Grundsätzlich ist es meiner Auffassung nacht möglich, Leben gegen Leben abzuwägen, ganz gleich um wieviele Personen es sich jeweils handelt. Das Verhältnis kann auch noch so frappierend sein, etwa beispielsweise 200:20000 (Flugzeug : Stadion), also 1 zu 100, es geht einfach nicht.

    Die Frage ist aber mehr, wann der Staat weiss (und nicht glaubt), dass ein Terrorist beabsichtigt, das Flugzeug in das Stadion zu lenken. Wenn zu diesem Zeitpunkt, an dem der Staat die Gewissheit erlangt aber noch genügend Zeit ist, einen Kampfjet zum Abschuss aufsteigen und sich dem Flugzeug nähern zu lassen, dann sollte auch noch genügend Zeit sein, das Stadion zu evakuieren. Denn der Kampfjet steht ja nicht neben dem Stadion einsatzbereit, in der Regel dürfte man davon ausgehen, dass zwischen Einsatzbefehl und Erreichen des Einsatzortes einige Zeit vergeht, mindestens 20 Minuten vermutlich, wenn es sich bei dem angegriffenen Objekt um eines handelt, dass sich in einem der grösseren Ballungsräume befindet, wo es kaum LW-Stützpunkte gibt (ausgenommen Frankfurt, da sollte es schneller gehen). Es setzt ausserdem voraus, dass überall im Land gut verteilt ständig sofort einsatzbereite Kampfjets mit stets abflugbereiten Piloten positioniert sind.

    Und ist es überhaupt möglich, vor dem ausgeführten Attentat Gewissheit zu erlangen, ob das Flugzeug überhaupt als Waffe eingesetzt werden soll, oder ob es "nur" entführt werden soll oder einfach nur vom Kurs abgekommen ist - aus welchem Grund auch immer ? Gewissheit würde ja voraussetzen, dass der Terrorist vorher mitteilt, dass er dieses Flugzeug jetzt als Waffe einsetzen wird. Das wird er aber kaum tun. Am 11.September 2001 hat man jedenfalls erst nach dem ausgeführten Attentat festgestellt, dass es eines war. In der Regel würde es doch so sein, dass man die wirkliche Absicht und das Zeil des Terroristen frühestens unmittelbar vor dem Einschlag erkennt. Dann kann man aber keinen Kampfjet mehr bestellen.

    Der Staat wäre also im Ernstfall wahrscheinlich in der Lage, auf Grund einer Vermutung vorsätzlich Menschen zu töten. Und das möchte man hinterher wohl weder den Angehörigen noch dem Piloten erklären müssen, der vermutlich die ärmste Sau in dem ganzen Szenario ist.

  • Dürfte die Bundeswehr einfach so Flugzeuge abschießen, wären wir echt nicht besser als die Amerikaner! Sorry...irgendwo sollte man schon mal ein Risiko eingehen. Wenn eshart auf hart kommen würde, würde man sowieso alles anders machen"

    Viele Grüße
    :hi:

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Snuffmaster
    Dürfte die Bundeswehr einfach so Flugzeuge abschießen, wären wir echt nicht besser als die Amerikaner!

    Es geht hier nicht um "einfach so" - niemand ist dafür, dass irgendjemand "einfach so" Flugzeuge abschießen darf.
    Und was das damit zu tun haben soll, ob wir "besser" oder "schlechter" (wer legt das fest) als "die Amerikaner" sind, verstehe ich auch nicht.

  • Diesen Zeitpunkt mit 100%er Sicherheit zu bestimmen ist unmöglich.

    Genau weiß man es erst, wenn er schon eingeschlagen ist. Dann war es wohl zu spät.

    Aber vorher ? Eine 100%e Sicherheit gibt es nicht. Und man wird auch nie erfahren, ob die Entscheidung richtig war.

    Es sind eben diese Unsicherheiten, die das ganze so ungeheuer kompliziert machen.

    Damit muss man leben. Es lässt sich nicht alles genau definieren. Wann ist ein Mensch tot ? Wann beginnt er zu leben ? Fragen, die nie abschliessend und zur Zufriedenheit aller geklärt werden können.

    Genauso wie die Frage des Zeitpunktes der Entscheidung. Man kann lediglich aus den Tatsachen seine Schlüsse ziehen und dann entscheiden. Und hoffen, dass die Entscheidung die richtige war.

    Sehr gut dargestellt im Film "Wargames-Kriegsspiele".

    Einmal editiert, zuletzt von Ex-HVS-SR (17. Februar 2006 um 12:14)

  • Ein leben ist bei uns nun mal mehr wert als das selbe Leben in Amerika. Es geht hier bei um die Verantwortung EINES Piloten gegenüber einem ganzen Flugzeug mit Zivilisten. Bitte welche Person kann es verantworten, dass ein Mensch mit einem mal hunderte umbringt? Es ist ein verzwicktes Problem halt. Sollen 100te Menschen gezielt getötet werden, damit 1000ende leben? Wo ist die Gleichheit der Menschen dann? Ist das Leben der Leute im Flugzeug weniger wert als das auf dem Boden? Wie geht der Pilot, der das Flugzeug abgeschossen hat damit um? Die Amerikaner gehen mit allem anders um. Für sie ist nicht jedes Leben gleich. Ab einen bestimmten Punkt hat das eine Leben mehr wert als das andere. Diese Ansicht ist meienr Ansicht nach das, eines Primitiven lebewesens

    Viele Grüße
    :hi:

    • Offizieller Beitrag

    Ehrlich gesagt, dann bekenne ich mich dazu, ein primitives Lebewesen zu sein!

    Wenn ich mit dem Abschuss eines Flugzeuges, in dem 100 Leute sitzen (die bei dem folgenden Aufprall so oder so sterben werden), das Leben von 10.000 anderen Personen, die sich in dem Stadion befinden, in welches das Flugzeug gleich hineinkrachen wird, retten kann - dann werde ich das Flugzeug abschießen (lassen).
    Und ich werde meiner festen Überzeugung nach über das Konstrukt der "Pflichtenkollision" im Rahmen eines "übergesetzlichen Notstandes" auch entschuldigt sein (insofern brauchen wir das Luftsicherheitsgesetz auch gar nicht).

    Mir ist natürlich auch klar, dass die Situation selten so eindeutig und klar sein wird, wie ich das eben in dem Beispiel angenommen habe - und das natürlich jede Menge Prognoseunsicherheiten/ Unklarheiten/ usw. eine Rolle spielen ... und dadurch die ganze Sache wieder VIEL schwerer wird.

  • Zitat

    Original von HVS-SR
    [...] Eine 100%e Sicherheit gibt es nicht. Und man wird auch nie erfahren, ob die Entscheidung richtig war.
    Es sind eben diese Unsicherheiten, die das ganze so ungeheuer kompliziert machen.[...]

    Ganz genau. Wenn man sich dann aber für den Abschuss entscheidet, frage ich mich, wer kann diese Verantwortung tragen und wie soll jemand damit eigentlich fertig werden. Das gilt für den finalen Entscheider genauso wie für den letztlich Ausführenden. Und was ist, wenn sich die Entscheidung hinterher definitiv als Irrtum herausstellt ? Im Zweifel - und der kann m.M.n. niemals ganz ausgeräumt werden - darf eine solche Entscheidung nicht fallen. So beschissen das in der Lage für die Beteiligten auch ist. Wäre ich der Entscheider könnte ich mir nicht vorstellen, einen Abschuss zu befehlen. Ich bin aber ganz froh, vermutlich niemals in eine solche Lage zu kommen.

    Anders übrigens beim "finalen Rettungsschuss", hier geht es ja darum, nur den Bedroher auszuschalten - der sich selbst und in der Absicht, anderen zu schaden, in diese Lage begeben hat - und nicht seine Opfer, wie bei dem Flugzeugszenario. Wenn es wirklich keine aussichtsreiche Möglichkeit gibt, den Bedroher festzunehmen ohne dabei das Leben Unschuldiger zu riskieren, befürworte ich den finalen Rettungsschuss, wobei das Hauptaugenmerk dabei auf der Unschädlichmachung liegen muss, was nicht zwingend das Töten bedeuten muss. Und es gibt für solche Szenarien auch speziell geschulte Polizeieinheiten wie die GSG9, während die Bundeswehr über solche (offiziell...) nicht verfügt.

  • Nehmen wir mal folgenden Fall an:

    Ein vollbesetzter Flieger, Boeing 747, Zielflughafen Frankfurt/Main. Aus welchem Grunde auch immer, beide Piloten fallen aus. Autopilot ist eingeschaltet.

    Was wird passieren ? Sofern nicht gerade ein Pilot zufällig an Bord ist, kann das Ding nicht landen. Anders als in einschlägigen Filmen ist die Landung durch einen Passagier mit Hilfe des Towers nicht möglich.

    Jetzt wird gerechnet: Kurs, Gewicht, Treibstoffreserve. Wo geht das Ding runter ? Ergebnis: Mitten über dicht besiedeltem Gebiet.

    Welche Entscheidung ist jetzt zu treffen ?

  • Eine wahrhafte schwierige Diskussion hier.
    Ich will mal einige ethische Grundsätze überdenken. Jedes Leben hat die gleiche Wertigkeit. Haben aber dann 2 Leben den doppelten Wert, oder ist immer noch ein Gleichgewicht gegeben.
    Wenn Menschen sowieso in kürze sterben, darf ich das kurze Restleben noch verkürzen, um das Leben vieler zu verlängern? Und wo muss ich dann die Grenze ziehen? Denn wen man das überdenkt, ist dann das Leben eines Kindes, dem eines alten Menschen vorzuziehen? Sind, was die Folgerung wäre, doch nicht alle Leben gleichwertig?
    Darf man, z.B., Totkranke, um gegen Krankheiten vorzugehen, für lebenverkürzende Experimente benutzen, um ein Heilmittel zu finden?
    Mir ist vollkommen klar, dass es bei dem Flugzeugbeispiel um eine viel kürzere Zeitspanne geht, aber - Wo ist da die Grenze und wer zieht sie?
    Darf man Krieg gegen eine Nation führen, dabei viele unschuldige (auch Soldaten) töten, damit die restliche Welt nicht bedroht ist?
    Fragen, die ich für mich nicht wirklich beantworten kann. Es gibt hier einfach kein richtig und falsch.

  • Zitat

    Original von HVS-SR
    [...] Welche Entscheidung ist jetzt zu treffen ?

    Naja, das kann man jetzt ewig spielen. Der eine sagt evakuieren und runterkommen lassen, vielleicht überleben sogar noch welche. Der andere sagt es ist keine Zeit zum evakuieren also abschiessen, sonst sterben noch mehr. Der dritte sagt, abschiessen geht grad nicht, weil es schon über besiedeltem Gebiet ist.

    Recht haben sie alle, und Unrecht im gleichen Maße. Die goldene Lösung gibt es bei einer Katastrophe nicht, aber ich bin trotzdem der Meinung dass der Staat nicht ermächtigt werden darf, unschuldige Menschen zu töten. Aus welchem noch so schwierigen Grund auch immer.

    Hoffen wir, dass eine solche Situation niemals entsteht.

  • Interessante Diskussion. Um das ganze mal ein wenig weiterzuführen stelle ich mal den Beginn eines Aurtikels aus der Süddeutschen Zeitung rein. Der ganze Artikel erscheint, wenn man dem Link folgt.

    Zitat

    Original von [URL=http://www.sueddeutsche.de/,tt1m3/deutsch…ikel/458/70388/]sueddeutsche.de[/URL]:

    Im Notfall

    Jung will Terror-Flugzeuge abschießen

    Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht hin oder her: Im Extremfall will der Verteidigungsminister unbemannte oder nur mit Terroristen besetzte Flugzeuge abfangen. Er beruft sich auf die Notwehr.
    Von Peter Blechschmidt

    [...]

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

    • Offizieller Beitrag

    Ja, aber der relevante Unterschied bei dem, was Herr Jung da von sich gibt, liegt in den Wörtern "unbemannte oder nur mit Terroristen besetzte Flugzeuge".

    Dagegen spricht "zwar" die Vorschrift, dass die Bundeswehr nicht im Inneren eingesetzt wird, aber ich möchte denjenigen sehen, der öffentlich Terror macht, wenn ein Flugzeug, das unbemannt oder ausschließlich mit Terroristen besetzt droht, in ein Stadion zu crashen.

    Die Situation, die Herr Jung beschreibt, ist weitgehend mit dem "finalen Rettungsschuss" vergleichbar ...

  • Zitat

    Befriedigung beim Kassler Ratschlag

    Berlin (ND). Mit »Befriedigung« hat der Bundesausschuss Friedensratschlag auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz reagiert. Der Sprecher Peter Strutynski sagte, mit dem Urteil hätten »sich hoffentlich die Pläne des Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble erledigt, Bundeswehr zum ›Schutz‹ der Fußballweltmeisterschaft einzusetzen«. Zu befürchten sei aber, dass Schwarz-Rot den Bundeswehreinsatz im Inneren über eine Grundgesetzänderung doch noch beschließen werde, so Strutynski. Dazu hatte Verfassungsgerichts-Präsident Hans-Jürgen Papier die Parteien schon im Vorfeld des Prozesses aufgefordert. Die Friedensbewegung warne davor, das Grundgesetz dort zu ändern, wo die strikte Trennung von innerer und äußerer Sicherheit festgestellt ist. Diese unterscheide einen demokratischen, zivil orientierten Rechtsstaat von einem Militärstaat preußisch-deutscher Tradition.

    Quelle


    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    Einmal editiert, zuletzt von Felix0711 (19. Februar 2006 um 17:52)