Verfassungsgericht verbietet Abschuss entführter Flugzeuge

    • Offizieller Beitrag

    Des is mol a Watschen!

    Typisch die Reaktionen: Dann müssen wir eben das Grundgesetz ändern...

    Das gekippte Gesetz hätte wesentliche Grundsätze unseres Staates zunichte gemacht... Der Vorsotzende Papier war damals als Ö-Rechts-Prof an der Uni Bielefeld schon gut! Einer der wenigen...

  • Zitat

    Der Vorsotzende Papier war damals als Ö-Rechts-Prof an der Uni Bielefeld schon gut! Einer der wenigen...


    Sicher, Bielefeld :rolleyes: Und Du warst auch dort? :lol:

    Aber zurück zum Thema:

    Zitat

    Schönbohm fügte hinzu, dass der im Grundgesetz vorgesehene Spannungs- und Verteidigungsfall, der einen Bundeswehreinsatz im Inneren ermöglicht, kaum noch wahrscheinlich sei. Daher müsse die Verfassung geändert werden, damit die Bundeswehr schon zur Abwehr einer terroristischen Bedrohung herangezogen werden könne.

    Muss jetzt also eine neue Aufgabe gefunden werden, damit die BW was zu tun hat? Weil ein Verteidigungsfall glücklicherweise unwahrscheinlich ist?

    Sehr schön auch der Wunsch, das GG zu ändern, zumal ja ein Ablehnungsgrund der Verstoß gegen die Grundrechte auf Leben und auf Menschenwürde ist.

  • Genau das mußte ich auch gleich denken. Und an den Grundrechten ist wohl nicht viel änderbar, wenn doch, haben die Terroristen ein Teilziel erreicht, nämlcih die Abkehr vom Rechtsstaat. Mir sind schon die ganzen neuen Bespitzelungsregelungen zuwider, wenn das so weiter geht, können sie die Stasi-Veteranen wieder ins Amt heben ...

    Jag går och fiskar

    och tar en tyst minut

  • Es begeistert mich immer wieder, wie wir bereit sind unsere Freiheit einzuschränken um in dem Glauben zu sein ein wenig Sicherheit gewonnen zu haben. Leider ist es aber in der westlichen Zivilisation nicht sittsam, Menschenleben (im Flugzeug) mit Menschenleben (Hochhauseinsturz, AKW-Angriff,...) aufzuwiegen. Schade für Schily und die anderen Juristen, die hinter dem Gesetz stehen.

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Felix0711
    Leider ist es aber in der westlichen Zivilisation nicht sittsam, Menschenleben (im Flugzeug) mit Menschenleben (Hochhauseinsturz, AKW-Angriff,...) aufzuwiegen.

    Und wenn der vollbesetzte Jumbo im Tiefflug-Angriff auf die vollbesetzte Arena AufSchalke ist und ein Tornado-Pilot fasst sich an Herz und holt den Jumbo 1000m vor der Arena mit einer Luft-Luft-Rakete runter, dann wird ganz Deutschland (und vor allem die Leute in der Arena) ihm dafür danken - und in der strafrechtlichen Verhandlung wird man einen außergewöhnlichen entschuldigen Notstand finden und ihn garantiert nicht verurteilen.

    Und eine Aufrechnung "Menschenleben in der Maschine" gegen "Menschenleben am Boden" trifft man nicht wirklich, weil die Menschenleben in der Maschine so oder so "verloren" sind.


    Und ja, mir ist völlig klar, dass das Problem nicht der eindeutige Fall ist, sondern dass das Problem die Frage ist, wann und ob ein solcher Fall eindeutig ist und wie manf eststellt, dass er eindeutig ist und was passiert, wenn man sich bei der Bewertung der Frage, ob die Situation eindeutig ist, vertut ... ist mir alles klar!

    • Offizieller Beitrag

    Teddy:

    Ich erkenne gewisse Parallelen zur Folterdiskussion. Am Ende wird die Argumentation "Der Zweck heiligt die Mittel" möglich. Im Prinzip geht es doch (wie bei der Folterdiskussion) um die gleiche Fragestellung:

    "Darf der Staat als Insitution über die Unversehrtheit einzelner Menschen urteilen um damit andere Menschen zu retten?"

    Ulf + Küstentanne: Ihr hört euch an, als ob jede Grundgesetzänderung an den Pfeilern der Demokratie rütteln würde. Auch unser Grundgesetz sollte nicht unantastbar sein, aber eine Änderung eben um so schwerer. Und im Fall einer GG-Änderung müssen eben die Grundwerte überprüft werden.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Ronaldo
    "Darf der Staat als Insitution über die Unversehrtheit einzelner Menschen urteilen um damit andere Menschen zu retten?"

    Die Frage ist m. E. nach (zumindest bisher) entschieden - der "finale Rettungsschuss/ Todesschuss" ist in 12 von 16 deutschen Landes-Polizeigesetzen enthalten (http://de.wikipedia.org/wiki/Finaler_Rettungsschuss) und als "Ultima Ratio" verfassungsrechtlich inzwischen nicht (mehr) beanstandet.
    Wobei mich der genaue und vollständige Wortlaut des Urteils hier interessieren würde ... möglicherweise muss auch der "finale Rettungsschuss" neu überdacht werden.

  • Hilft dir das, Teddy?

    PM:


    Zitat

    "Unter der Geltung des Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürdegarantie) ist es schlechterdings unvorstellbar, auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung unschuldige Menschen, die sich in einer derart hilflosen Lage befinden, vorsätzlich zu töten. Die Annahme, dass derjenige, der als Besatzungsmitglied oder Passagier ein Luftfahrzeug besteigt, mutmaßlich in dessen Abschuss und damit in die eigene Tötung einwilligt, falls dieses in einen Luftzwischenfall verwickelt wird, ist eine lebensfremde Fiktion. Auch die Einschätzung, dass die Betroffenen ohnehin dem Tod geweiht seien, vermag der Tötung unschuldiger Menschen in der geschilderten Situation nicht den Charakter eines Verstoßes gegen den Würdeanspruch dieser Menschen zu nehmen. Menschliches Leben und menschliche Würde genießen ohne Rücksicht auf die Dauer der physischen Existenz des einzelnen Menschen gleichen verfassungsrechtlichen Schutz. Die teilweise vertretene Auffassung, dass die an Bord festgehaltenen Personen Teil einer Waffe geworden seien und sich als solcher behandeln lassen müssten, bringt geradezu unverhohlen zum Ausdruck, dass die Opfer eines solchen Vorgangs nicht mehr als Menschen wahrgenommen werden."

    Sieger Fanclubturnier ESA 2006

    Vizemeister Fanclubturnier ESA 2007

    Teamchef Fanclubturnier ESA 2008 :P

  • Der Staat muss in der Lage sein, auf neue Herausforderungen zu reagieren. Als unser Grundgesetz vor Jahrzehnten konzipiert wurde, konnte sich wohl keiner der Verfassungsväter ein Szenario wie den 11.09.01 vorstellen. Ein Grundgesetzt (Verfassung) ist nicht von Gott gegeben, sondern von Menschen erdacht und daher modernisierbar (geschieht ja auch laufend). Natürlich ist es schwer, Menschenleben zu opfern um damit andere zu schützen. Nur wenn man ein vollbesetztes Linienflugzeug mit zum Selbstmord entschlossenen Attentäter Kurs auf ein Stadion oder gar ein AKW nehmen sieht, wie soll man reagieren? Durch gut gemeinte Aufrufe zur Aufgabe lassen sich diese Täter sicher nicht aufhalten, insofern ist das Leben der Passagiere eh verloren. Durch einen rechtzeitigen Abschuss über unbewohntem Gebiet (Feld, Wald) lassen sich vielleicht zehntausende Menschenleben retten! Am 11.09.01 haben einige Passagiere dies erkannt und ein anderes gekapertes Flugzeug (unter Opferung des eigenen Lebens) vorzeitig zum Absturz gebracht, dass in ein weiteres Gebäude fliegen sollte. Es ist sicher eine sehr differenzierte Frage und natürlich respektiere ich auch andere Ansichten. Ich würde aber in einer entsprechenden Grundgesetzänderung nicht das Ende des Rechtsstaates sehen, sondern eine Anpassung an die Aktualität.

    Mit jedem wag ichs, dem ich kann ins Auge fassen.

  • "Those who would give up Essential Liberty to purchase a little Temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety..." Motto einer Denkschrift zur Verfassung von Pennsylvania, die von Franklin anno 1759 herausgegeben wurde)

    Ich denke, wir sollten die Freiheit des Menschen, in ein Flugzeug steigen zu können ohne Angst zu haben, versehentlich abgeschossen zu werden, höher bewerten als den scheinbaren Sicherheitsgewinn, den ein solches Gesetz, über das wir hier debattieren, brächte. Ein Gesetz sollte sich nicht nach temporären gefühlten Bedrohungslagen richten. Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Al-Quaida jemals wieder ein Flugzeug irgendwo reinjagen wird. <ironie>Das würde auf die Dauer ja auch langweilig</ironie>.

    Nach allem: Ich glaube nicht, dass wir ein solches Gesetz brauchen.

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

  • Zitat

    Original von michel b.
    Am 11.09.01 haben einige Passagiere dies erkannt und ein anderes gekapertes Flugzeug (unter Opferung des eigenen Lebens) vorzeitig zum Absturz gebracht, dass in ein weiteres Gebäude fliegen sollte.

    Das halte ich für ein Märchen ...

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  • Wir sollten uns vielleicht in diesem Thread nicht in Diskussionen darüber verlieren, inwiefern es seltsam ist, dass Bin Ladens Familie, die mit ihm nix zu tun haben will, nach dem Twin Tower Einsturz während der Sperrung des Luftraums außer Landes gebracht wurde und inwiefern es seltsam ist, dass irgendein anderes Flugzeug in einen völlig leeren Trakt des Pentagons geflogen ist und ein anderes irgendwo in den Everglades eine Bruchlandung gemacht hat.

    Gehört nicht hierhier und ist daher off-topic ;)

    In diesem Thread geht es um das Gesetz, das dem Verteidigungsminister erlaubt hätte, Flugzeuge im deutschen Luftraum zum Abschuss freizugeben, die (vermeintlich) ein deutsches Bauwerk ansteuern und das vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde (nicht das Bauwerk, sondern das Gesetz).

    Danke ;)

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    2 Mal editiert, zuletzt von Felix0711 (16. Februar 2006 um 17:50)

  • Ich halte durchaus nicht jede Grundgesetzänderung für eine Bedrohung der Demokratie. Es ist ja hin und wieder sinnvoll, daran was zu ändern.

    Ich sehe es nur nicht ein, dass man freiwillig Errungenschaften wieder abschafft oder einschränkt, sich dadurch objektiv altbekannte Gefahren aussetzt, für ein SCHEINBARES Sicherheitsgefühl.
    Vor allen Dingen erreichen die Terroristen damit doch ihr Ziel, sie wollen die westlichen Gesellschaften destabilisieren und das würde damit auch erreicht.

    Den ganzen Quatsch, den Herr Schily gerne verzapft hätte, zeugt zum einem von dem Wunsch der Mächtigen, alles und jeden zu kontrollieren und zum anderen davon, dass er keine Ahnung von moderner Kommunikation hat.

    Aber das hat jetzt nur bedingt was mit dem eigentlichen Thema hier zu tun.

    Dazu habe ich mir noch gar keine abschließende Meinung gebildet.

    Ganz nüchtern betrachtet würde man bei einem Abschuss Menschen töten, die auch bei einem Nicht-Abschuss sterben würden. So gesehen würde man ja nicht mal das Leben weniger zu Gunsten vieler opfern. Aber ist das wirklich so? Die Verfassungsrichter sehen das anscheinend ein wenig anders.

    Genauso nüchtern betrachtet, wie wahrscheinlich ist dieses Szenario überhaupt?

    Jag går och fiskar

    och tar en tyst minut

  • Zitat

    Original von Ronaldo
    Ulf + Küstentanne: Ihr hört euch an, als ob jede Grundgesetzänderung an den Pfeilern der Demokratie rütteln würde. Auch unser Grundgesetz sollte nicht unantastbar sein, aber eine Änderung eben um so schwerer. Und im Fall einer GG-Änderung müssen eben die Grundwerte überprüft werden.

    Diese Diskussion geht etwas am Thema vorbei. Hier geht es um Art.1 , und der ist unantastbar (gemäss Art. 19) und niemand will ihn "überprüfen" oder ändern (es geht auch gar nicht).

    Die Grundgesetzänderung, die von den genannten Politikern angesprochen wurde, betrifft wohl eher Artikel 87a, der den Einsatzbereich der Bundeswehr festlegt. Es geht ja auch darum , inwieweit die Bundeswehr im Innern eingesetzt werden darf. Dies ist bisher - jedenfalls in Funktion als Militär- oder "unterstützende Polizeieinheit" - eben nicht möglich (nur logistische und humanitäre Hilfseinsätze sind erlaubt). Auch das hat das BVerfG an dem Gesetz bemängelt und darum dreht sich die Diskussion um die Änderung des Grundgesetzes, nicht um Artikel 1.