Kein uninteressantes Interview mit dem Großwallstädter Linksaußen, das allerdings meiner Meinung nach keine Abrechnung ist, jedoch den Finger völlig zurecht in einige bestehende Wunden der Handballarbeit am bayerischen Untermain legt.
Mir ist insbesondere folgendes aufgefallen:
1) Aktuelle Situation beim TVG
Da hat Alexander Mierzwa völlig Recht, wenn er den Rückraum als Schwachpunkt brandmarkt. Das ist teilweise im Angriff schon sehr harmlos, was geboten wird, ohne Heiko Grimm schon einmal gleich. Überhaupt nimmt sich die Mannschaft im Angriff viel zu häufig Auszeiten und dann kommt es auch schon einmal wie jüngst in Nordhorn vor, daß die gesamte rechte Seite - also RR und RA - nach dem Spiel insgesamt auf ganze zwei Tore kommt.
Wesentlich schwieriger zu beurteilen sind die angesprochenen wirtschaftlichen Erwägungen. Man sollte erwähnen, daß diese bei allen Bundesligaklubs in der Region verbreitet sind oder waren. DJK s.Oliver Würzburg (Basketball) und TTK Würzburger Hofbräu (Tischtennis) drehen ebenfalls jeden Euro zweimal um und mußte immer wieder den Aderlaß zahlreicher Leistungsträger verdauen, in Karbach (Volleyball), Mainhausen (Basketball) und Goldbach (Ringen) gingen die Lichter gar ganz aus, die "Stromrechnungen" waren einfach nicht mehr finanzierbar. Allerdings sind es teilweise auch Kleinigkeiten. Warum man beispielsweise in der Woche nach der WM in Anzeigen in der Tageszeitung nicht mit seinen drei Spielern aus dem Finale zwischen Kroatien und Deutschland, sondern mit Alexander Mierzwa und Uli Wolf wirbt, ist mir ein absolutes Rätsel. Das sind häufig Sachen, die eigentlich auch keinen nennenswerten finanziellen Mehraufwand darstellen. Im Ergebnis ist aber auf jeden Fall auch festzuhalten, daß es für das Management spricht, im Gegensatz zu einigen Konkurrenten, wirklich nur das Geld auszugeben, was auch wirklich vorhanden ist.
Dankbar bin ich Fischi dafür, daß er endlich mal das Kirchturmdenken geißelt. Sehr profanes Beispiel: Es ist ein absolutes Unding, daß die TuSPO Obernburg ihr Heimspiel am Sonntag in der Zweiten Bundesliga Süd um 17:30 Uhr beginnt, während Erstbundesligist TV Großwallstadt im gut 20 km entfernten Aschaffenburg eine halbe Stunde später in den Ring steigt. Da kann man sich über fehlende Zuschauer wahrlich nicht beklagen, zumal dieses Phänomen gemeinsam mit dem TV Kirchzell nahezu jedes Wochenende zu bestaunen ist. Auch was Zweitspielrechte hoffnungsvoller Nachwuchsspieler betrifft sind noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
Einzig nicht der Meinung von Wielands Interviewpartner bin ich im Punkt "Erwartungshaltung". Ich bin der Meinung, daß es für den TVG wichtig ist, wieder in Richtung Tabellenspitze zu kommen und auch für diese Saison die Zielsetzung eigentlich nicht zu hoch war. Mittelmäßiger Handball ist am Untermain nach mehr als drei Dekaden nur noch schwer an den Kunden zu bringen, das Erlebnis Handballbundesliga als solches etwas verbraucht.
2) Alexander Mierzwas Wechsel zum VfL
Dieser Wechsel ist in allen Punkten nachvollziehbar und verständlich. Der VfL bietet das sportlich lukrativere Angebot in einer der spektakulärsten Hallen Europas, das sicher auch finanziell deutlich besser dotiert sein dürfte. Außerdem bietet Nebenmann Frank von Behren die realistische Chance, das leidige Thema Nationalmannschaft wieder neu öffnen zu können und ein Plus gegenüber Konkurrenten wie Adrian Wagner, Benett Wiegert oder Heiko Grimm.
Unverständlich ist mir lediglich die Reaktion des Vereins, der in einer Presseerklärung den Eindruck erweckt, der Weggang des schnellen Konterspielers käme den Mainfranken entgegen.
Letztlich denke ich, ist Alexander Mierzwa ein klassisches Beispiel, das sich möglicherweise in Zukunft noch häufiger beim TV Großwallstadt abspielen dürfte. Spieler nutzen den TVG als berufliches und insbesondere sportliches Sprungbrett: Die Jahre in Unterfranken haben aus dem Regionalligaspieler einen beachteten Bundesligaspieler reifen lassen, nebenher aber auch die Zeit gegeben, das Studium an der FH Darmstadt zu beenden. Hier bietet die regionale Lage zudem den Vorteil, mit Bayern, Hessen und im Prinzip auch noch Baden-Württemberg gleich mehrere Bildungssysteme und Bildungsangebote in Anspruch nehmen zu können.
3) Weitere Zu- und Abgänge
Neu, aber nicht völlig unerwartet, ist die Aussage, daß die Großwallstädter Mannschaft in der kommenden Runde abermals ein völlig neues Gesicht haben wird. Bisher steht zumindest offiziell nur der Wechsel eben jenes Spielers nach Gummersbach sowie der Zugang des isländischen Nationalspielers Snorri Gudjonsson sowie des deutschen Juniorennationalspielers Kevin Klier fest.
Nach Informationen aus dem THW-Forum soll mit Alexanders Pettersons ein weiterer Isländer für die rechte Seite in Verhandlungen mit dem TVG stehen. Siegfried Roch, der Manager, drückte sich im Rahmen eines Statements gegenüber den Kameras des Bayerischen Rundfunks am Wochenende so aus, daß man noch drei bis vier neue, junge und hoffnungsvolle Spieler verpflichten wolle.
Von den auslaufenden Verträgen wird der mit Alexander Mierzwa nicht verlängert, Otto Fetser bleibe, so Manager Roch jüngst in einem Gespräch mit dem "Main-Echo", dem TVG auch in den beiden folgenden Spielzeiten erhalten. Entscheidungen stehen noch aus in den Personalien Tonci Valcic, Jacek Bedzikowski, Michael Pettersson, Bernd Roos und Volker Hoffmann.
Gruß
Andi