Geraldo: Da hast Du mich völlig missverstanden, lies Dir bitte mein Posting nochmals mit niedrigerem Puls durch 
Ich habe persönlich großen Respekt vor dem, was in Hamburg aufgebaut wurde. Und ich habe auch kein Problem mit den sogenannten Retorenvereinen - den Begriff habe ich übrigens in meinem Posting gar nicht verwendet. Ich habe nur angemerkt, dass viele Fans von Traditionsvereinen ein Problem mit Retorten haben, habe aber bewusst auf die Schlagwörter verzichtet - und will mich persönlich nochmals ausdrücklich davon ausschließen.
Ich versuche es nochmals anders aufzuziehen, zunächst mal ganz unabhängig vom Handball. Für das Wachstum eines Unternehmens gibt es grundsätzlich (stark vereinfacht natürlich) zwei Strategien. Entweder wächst das Unternehmen aus eigener Kraft, reinvestiert die Gewinne und wird so langsam größer. Oder es wird zu Beginn eine größere Menge Geld investiert, für einen schnellen Start - aber mit der Zielstellung, dass die Investitionen aus der Startphase sich dann auch refinanzieren. Beide Modelle sind in der Wirtschaft normal und legitim.
Im Handball sieht das etwas anders aus, da ist das zweite Modell als Retortenverein "verrufen", sobald ein einzelner Sponsor mit einer größeren Geldmenge einsteigt sprechen einige sogar von Wettbewerbsverzerrung. Gerade die Fans kleinerer Vereine, die solch einen Geldgeber nicht haben oder nicht finden reagieren hier empfindlich.
Aber selbst bei den größeren Geldgebern muss man noch differenzieren. In der Vergangenheit war das in extremen Fällen meist sogenanntes Mäzenatentum, hier standen die wirtschaftlichen Interessen absolut nicht im Vordergrund. Bestes und transparentestes Beispiel ist hier eben der HSV ab der Ära Rudolph. Um es nochmals klar zu sagen: das ist für mich völlig legitim und überhaupt nicht sträflich. Im Gegenteil, da muss man den jeweiligen Hamburgern Machern Respekt aussprechen, dass sie so einen Unterstützer an Land zogen. Die andere Variante ist aber aus meiner Sicht Lemgo. Hier hat sich Heristo strategisch eingekauft und wollte über den schnellen Erfolg von der Publicity profitieren. Nach meinem Eindruck dominierten aber hier klar die wirtschaftlichen Interessen, das Heristo-Geld musste sich binnen weniger Jahre in Fernsehzeiten, CL-Teilnahme und und und refinanzieren.
Das habe ich unterschieden - ohne zu sagen, dass das in Hamburg schlecht oder falsch wäre. Ich habe nur festgestellt, dass es auch mit größeren Geldsummen im Handball nicht den schnellen Erfolg geben wird. Und es ist mein Eindruck, dass das der Grund ist, weshalb Heristo sich wieder zurück zieht. Ein Mäzen dagegen hat andere Motive, der hat längeren Atem.
Um noch auf einige "Vorwürfe" von Geraldo explizit zu reagieren, damit es nicht wieder Missverständnisse gibt:
*Mein" Lieblingsverein: braucht natürlich externe Gelder, hat Sponsoren in unterschiedlichen Größen, Zuschauereinnahmen und im kleinen Stil auch ein paar Mäzene. Die Struktur ist nur eben homogener als bspw. beim HSV. Anderes Modell, andere Wirkung - beides OK.
1 Mio von Rudolph in 2010/11: Genau das sage ich ja, die Investitionen von Rudolph können sich irgendwann sogar finanziell bezahlt machen. Rudolph kann seinen Zuschuss sukzessive reduzieren und vielleicht bleibt sogar mal was übrig, sofern Rudolph das überhaupt will.
Mäzene grundsätzlich: Habe ich gar kein Problem damit, sind gerade im sozialen und kulturellen Bereich sehr wichtig und erhalten große Anerkennung. Finde ich auch im Sport nicht schlimm, solange der Mäzen die Charakterstärke hat über ein kurzfristiges Engagement hinauszuschauen. Es ist nicht meine Meinung, aber eine dennoch verbreitete Meinung im Sport, dass hier Mäzenaten verrufen sind. Ich bin da anderer Meinung und im Handball fehlt von den "Mäzenaten-Gegnern" noch das Beispiel, dass einer sein "Spielzeug" hat fallen lassen.
Übrigens: Jeder Sponsor gibt seine Gewinne aus, bzw. wären seine Gewinne höher, wenn er nicht sponsorn würde. Das ist ein ganz anderes Thema, was Sinn macht und was nicht. Speziell indirekte oder direkte öffentliche Sponsorings. Das kann man noch weit über Versicherungsbranche oder Kommunen ausdehnen. Wenn ich mir ein Glas Nutella kaufe, dann muss ich mir eben bewusst sein, dass ich damit notleidende Fußballer unterstütze...
Ich hoffe, meine Ausführungen sind jetzt klarer. Möge auch der letzte HSV-Fan verstanden haben, dass ich kein HSV-Gegner bin, hier keine Retortendiskussion führen will. Eigentlich hätte man die Vereinsbrille gar nicht abnehmen müssen, sondern nur lesen - so kuestentanne.