...zumindest mich, als ich dort plötzlich meinen Namen gelesen habe...
Eigentor
Die kommende Handballweltmeisterschaft spielt sich vor allem beim DSF statt bei ARD und ZDF ab
VON ERIK EGGERS
Der Blutdruck hat sich wieder normalisiert bei Olaf Nolden. Der 35-jährige Handballfan neigt nicht zur Hypertonie, doch neulich hat er laut Alarm geschlagen: Auf seiner gut frequentierten Website handballimfernsehen.de hatte er ein "TV-Desaster" für die am kommenden Sonntag in Tunesien beginnende Handball-Weltmeisterschaft vorhergesehen: ARD und ZDF wollten nur drei der fünf deutschen Vorrundenspiele übertragen. Selbst nach den Handball-Erfolgen in den vergangenen Jahren, als das Team Europameister (2004) und Olympia-Zweiter (2004) wurde und teilweise TV-Marktanteile jenseits der 40 Prozent bejubelte, seien die Programmmacher nicht einsichtig geworden. Bis zu zehn Millionen Zuschauer drückten deutschen Handball-Heroen wie Stefan Kretzschmar, Christian Schwarzer oder Henning Fritz bei den Olympischen Spielen in Athen die Daumen, fieberten mit beim "Jahrhundertspiel" gegen Spanien. Und doch fange der Handball im Fernsehen jetzt "wieder bei Null an", beklagte Nolden.
Also forderte der Hobby-Lobbyist per Internet die Handballgemeinde dazu auf, sich bei ARD und ZDF zu beschweren. Sowas hat Nolden schon mal Ärger eingebracht: Der NDR drohte ihm mit Klage, weil dort nach Tausenden von Mails der Server abgestürzt war. Doch diesmal wurden die Proteste ausgebremst, denn eine Woche vor WM-Start hat der Lizenzinhaber SportA, der gemeinsame Sportrechtevermarkter von ARD und ZDF, dem Deutschen Sportfernsehen (DSF) nach zähen Verhandlungen ein umfangreiches Paket weiterverkauft.
Der Sportkanal überträgt nun, je nach Abschneiden der deutschen Mannschaft, insgesamt bis zu 15 Partien, darunter die beiden restlichen deutschen Vorrundenspiele gegen Brasilien und Norwegen. Ein "Übertragungspaket deluxe" nennt das Nolden - denn noch nie sei das Weltturnier derart prächtig im Fernsehen präsentiert worden. Der Weiterverkauf der TV-Rechte könnte medienpolitische Bedeutung im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele 2006 in Turin bekommen. Auch für solche Spitzen-Events wollen die Öffentlich-Rechtlichen, so hieß es, Teile der teuer erworbenen Rechte weiterverkaufen - vielleicht auch eine Folge der Debatte um die Gebührenerhöhung und die dabei oft formulierte Kritik, ARD und ZDF gäben zu viel für den Sport aus - um dann die Rechte nicht konsequent ausnutzen.
Nicht nur Rosinen
Die Vorberichterstattung für die Handball-WM etwa fiel bei ZDF und ARD recht schmal aus. Es werde sich erweisen müssen, ob die Privaten auf diesem Geschäftsfeld als Partner aufträten oder sich nur "die Rosinen herauspicken" wollten, hatte ZDF-Intendant Markus Schächter bei der Vorstellung des ZDF-Programms 2005 geäußert.
Ist die Handball-WM nun der Beginn einer wegweisenden Kooperation? Einen "vernünftigen Refinanzierungsbeitrag", sieht SportA-Director Jörg Augustin. "Wir haben weiteren starken Livesport erworben", frohlockt DSF-Geschäftsführer Thomas Deissenberger, der Vertrag sei ein "erfreuliches Ergebnis", heißt es beim Sender.
Dass sich das DSF im Handball engagiert, laut DSF-Sprecher Jörg Krause der "zweitwichtigste Mannschaftsport" im Lande, liegt auf der Hand. Mit dem Dienstagsspiel aus der Bundesliga hat der Spartensender ein festes Format etabliert, und einmal hat das DSF sogar erfolgreich bei den Erstverwertungsrechten mitgeboten, für die Europameisterschaft 2004. Damals schauten mehr als sechs Millionen Fans zu, als Deutschland gegen Slowenien den ersten Titel seit 24 Jahren gewann, - die zweitbeste Quote der Sendergeschichte.
Die EM-Rechte habe das DSF indes nur bekommen, glaubten hingegen Insider, weil ARD und ZDF den Zeitpunkt des Bietens verschlafen hätten, so dass Sport A die Rechte in diesem Fall weiterlizensieren musste.
Zwar sei "Handball eine spektakuläre und publikumswirksame Sportart", wie Walter Johannsen einräumt, ARD-Teamleiter für Tunesien. "Aber wir können keine Vorrundenspiele in der Primetime oder im Vorabendprogramm senden und dafür Quotenbringer wie Brisant ausfallen lassen." Die Sender hätten zwar versucht, die beiden deutschen Abendspiele in den frühen Nachmittag verlegen zu lassen, berichtet Johannsen, "aber das hat der Weltverband nicht möglich gemacht".
Das Versäumnis liegt hingegen wohl doch bei ARD und ZDF. Aus den Reihen der Internationalen Handball-Féderation in Basel heißt es, dass die Deutschen im Blick auf die Spielansetzungen schlicht zu spät gekommen seien. "Die Skandinavier waren schneller", bestätigt Frank Birkefeld, Head of Administration bei der IHF. Erst nach der Erkenntnis, nichts mehr ändern zu können, wurden die Handballrechte ernsthaft den Privaten angeboten.
Konsequenzen hat das Missmanagement der öffentlich-rechtlichen Programmplaner indes auch für die Hauptrunde in der zweiten Turnierwoche. Die TV-Sender aus Schweden und Kroatien, potenzielle Hauptrundengegner der Deutschen, würden einer Verlegung von Spielen nicht zustimmen, ist signalisiert worden.
Dafür wollen ARD und ZDF erstmals in großem Umfang live vom America's Cup 2007 berichten. Im Vertrag zwischen dem America's-Cup Management (und der Agentur Sport A sind 60 Stunden Direktübertragung von der Herausforderer-Serie Louis Vuitton Cup und dem 32. America's Cup vor Valencia vereinbart.