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Schlammschlacht in der NachtSensationeller Auftritt der SG Wallau/Massenheim gerät wegen Tumults in Vergessenheit
Der sportliche Part war abgehakt. Zu deutlich hatte die SG das Hessenderby gegen Wetzlar gestaltet - 37:27 (20:7). Eigentlich hätten alle entspannt sein können. Ein Tumult erregte jedoch die Gemüter. Wetzlar legte Einspruch gegen die Wertung ein.
Niemand mochte seinen Augen in jener 24. Minute trauen. Konnte das sein? Welcher Teufel hatte den Wallauer Maik Makowka (Typ: ruhig, gelassen, locker) geritten, als er in diesem Augenblick derart austickte? Und was war die Ursache? Die Nachforschungen gingen bis spät in die Nacht - vollends konnten sie aber nicht aufgeklärt werden.
Jeder hatte eine eigene Version.
Kurze Rückblende: Die dominanten Wallauer hatten just ihren 15. Treffer erzielt, Wetzlar kurz zuvor nach 17-minütiger Torflaute ihren vierten. Das Spiel war im Grunde entschieden. "Eigentlich", sagte Wallaus Rechtsaußen Heiko Grimm, "können wir völlig entspannt sein. Es lief ja total gut." Und dann das: Beim Weg auf die Auswechselbank lief Wetzlars Andreas Klimpke dem Wallauer Maik Makowka eher unbeabsichtigt in die Hacken, beide gingen zu Boden, Makowka raffte sich auf und stürzte sich auf den neben dem Feld liegenden Klimpke und schlug auf ihn ein.
Klimpkes Bruder Wolfgang, Co-Trainer der HSG, soll in der Folge auf Makowka eingeprügelt haben. Szenen, die doch sehr denen ähnelten, die sich erst vor wenigen Tagen in der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA zwischen Detroit und Indiana ereigneten. SG-Manager Bülent Aksen: "Gewalt und Sport, das passt einfach nicht zusammen. Ich verabscheue das und es wird Konsequenzen haben. Schließlich sind diese Spieler Vorbilder für viele Kinder."
Jeder wollte etwas gesehen haben in diesem Moment, "der aus einem schönen Abend eine traurige Geschichte werden ließ" (Wallaus Andreas Rastner), doch was genau passierte, wußte keiner so recht. Grimm sah in der Halbzeit den Schaden: "Der Maik hat eine dicke Lippe, blutig ohne Ende." Bülent Aksen, der nach Spielende eine geschlagene halbe Stunde in der Schiedsrichterkabine verbrachte, sprach von einer "Jochbeinverletzung, die wir erst mal checken lassen müssen".
Weil das Schiedsrichter-Duo beim Tumult ebenso im Dunkel tappte und mit der Fortsetzung der Partie beschäftigt war, gaben sie Makowka nur die Rote Karte. Ein Ausschluss wäre fällig gewesen. Deshalb kündigten die Wetzlarer Protest an. Um 22.37 Uhr las HSG-Manager Rainer Dotzauer in der Pressekonferenz die offizielle Verlautbarung vor und startete damit seinen verbalen Rundumschlag gegen Wallau. Die PK verkam zur Schlammschlacht zwischen den Verantwortlichen, die bis spät in die Nacht andauerte.
Und ein "sensationeller Auftritt meiner Mannschaft" (Wallau-Coach Martin Schwalb) geriet in Vergessenheit. Dass es so einfach werden würde, sagte Grimm, "hätte ich nicht gedacht. Ich hatte Bammel vor diesem Derby." Musste er nicht haben. "Denn", analysierte Andreas Rastner, "wir sind super rausgekommen, haben super geschlossen gespielt und super konsequent abgeschlossen." Vor allem Dominik Klein, der keinen Tempogegenstoß und Siebenmeter (6) verfehlte, zwölf Mal einnetzte. Leider interessierte das am späten Abend allerdings niemanden mehr.
(Wiesbadener Kurier)
Und nochmal das ganze, diesmal aus der" Wetzlarer Neue Zeitung"
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Wetzlarer 27:37 bei der SG Wallau/MassenheimWie "Anfänger" steigen die HSG-Spieler aus dem Ring
"Das war eine Katastrophe. Wir haben eine Halbzeit lang gespielt wie die Anfänger", meinte ein enttäuschter Nebojsa Golic nach einem denkwürdigen Hessenderby in der Handball-Bundesliga. Die HSG Wetzlar musste sich gestern Abend nach einer indiskutablen ersten sowie einer bedingt zufriedenstellenden zweiten Halbzeit der SG Wallau/Massenheim mit 27:37 (7:20) geschlagen geben.
Doch das Ergebnis geriet zur Nebensache, denn was sich nach knapp 24 Minuten auf dem Parkett der Ballsporthalle Höchst abspielte, hatte rein gar nichts mehr mit einer sportlichen Auseinandersetzung zu tun. Die Wetzlarer verbuchten gerade einen der wenigen Ballgewinne in Durchgang eins und waren in der Vorwärtsbewegung, als Maik Makowka mit dem zur Bank eilenden Andreas Klimpke zusammenstieß und hinfiel. Ob Absicht des HSG-Spielers oder nicht, auf alle Fälle knöpfte sich der Wallauer Sekunden später den bis dahin als "Störenfried" vor der Abwehr agierenden Andi Klimpke vor. Makowka warf sich auf Klimpke, und schlug ihm dabei so ins Gesicht, dass das Wetzlarer Urgestein zur Halbzeit in der Kabine blieb und nach der Partie mit erheblichen Sehproblemen am linken Auge die Heimreise antrat.Die anschließenden Jagdszenen am Spielfeldrand erinnerten dann stark an die Schlägerei vor Wochenfrist in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA zwischen Spielern und Zuschauern der Detroit Pistons und der Indiana Pacers. "Rudelbildung" wäre noch gelinde ausgedrückt, fast alle Akteure beider Seiten stürzten aufeinander zu. Andi Klimpke wurde von Zuschauern malträtiert, danach knöpfte sich HSG-Co-Trainer Wolfgang Klimpke den mit der roten Karte bedachten Makowka vor, der - aufgrund des Zusammenstoßes mit Andi Klimpke auf dem Spielfeld - später mit Verdacht auf Jochbeinbruch ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Die Folge dieses Skandals: Nach langen Beratungen mit den Schiedsrichtern Heinz/Hock (Waiblingen) kündigte die HSG Wetzlar noch am gestrigen Abend einen Einspruch gegen die Spielwertung an. In der Pressekonferenz lieferten sich die Manager Rainer Dotzauer (Wetzlar) und Bülent Aksen (Wallau/Massenheim) noch ein verbales Gefecht, allerdings ohne Einigung.
Der Mantel des Schweigens musste derweil über die Leistung der Grün-Weißen gehüllt werden. Die Mannschaft von Trainer Holger Schneider - auch wenn ohne Robert Sighvatsson und Kai Kieselhorst angetreten - schlitterte nach der schnellen 3:2-Führung (5.) von einer Verlegenheit in die nächste. Torhüter Axel Geerken forderte nach dem 3:12 (20.) mit einer typischen Handbewegung bereits das Spielende, während die Wallauer mit einem herausragenden Keeper Zoran Djordjic (Schneider: "Den haben wir berühmt geschossen") ihren Angriffswirbel erst nach dem beruhigenden 20:7-Halbzeitstand einstellten. In der zweiten Hälfte betrieben die Gäste ein wenig Schadensbegrenzung, gewannen zwar die Abschnittswertung, aber besaßen keine Chance mehr zur Wende. Und so fühlte sich nicht nur Nebojsa Golic wie ein "Anfänger", als er gemeinsam mit seinen Teamkollegen aus dem "Ring" in der Ballsporthalle Höchst stieg.