ACHTUNG JUGENDTRAINER: Prellbeschränkung in E+F Jugend ?!?!

  • Weniger Prellen = mehr Attraktivität ?!?!

    Anstoß meines Beitrags ist der Artikel in der aktuellen HT (3-2004) von Thorsten Schulte. Der Handballkreis Iserlohn/Arnsberg hat als Vorgabe in der E und F Jugend eine Prellbeschränkung (max 2x) und eine Manndeckung vorgegeben.

    Dieser Thread sollte sich lediglich mit der Prellbeschränkung beschäftigen, da zum Thema Manndeckung schon ein Thread existiert, und eigentlich sollte mitlerweile auch im letzten Bezirk die Manndeckung als klare Vorgabe angekommen sein. Für Überlegungen sollten wir die Manndeckung als Abwehrform allerdings miteinbeziehen.

    Zum Thema: Für alle die noch kein HT-Abo haben hier nochmal die Kernsätze des Beitrags:
    In der E und F Jugend wird Manndeckung und eine Prellbeschränkung vorgegeben mit max. 2 maligen prellen des Balles. Da keine Angaben zum weiteren Spiel gemacht werden, gehe ich mal von 7 vs 7 auf "normalen Feld" aus, im F sowie im E Bereich.

    Als Vorteile werden genannt:
    1. Spiel in Tiefe und Pässe in den Lauf werden gefördert.
    2. Spieler ohne Ball müssen sich ständig bewegen. (freilaufen und anbieten)
    3. In 40min mehr Angriffe durch erhöhte Anzahl von Fehlpässen und technischen Fehlern (Prellen). Notsituationen würden of falsch gelöst werden.
    4. Spieler entwickeln "Auge" für ihre Nebenspieler.

    Als Nachteile werden genannt:
    1. Zuschauer berichten oft von einem nicht mehr handballähnlichen Spiel.
    2. Spielanfänger erleiden massive Reizüberflutung und werfen überhastet Bälle weg.
    3. Vorrausschauende Spielweise, besonders das Abfangen von Bällen wird nicht belohnt, da der Spieler nicht allein einen TG (Tempogegenstoß) laufen kann.
    4. Der SR hat mehr auf Regeln zu achten.

    Folgende Auswirkungen sind dem Autor nach zu beobachten:
    1. mehr Tore pro Spiel, weil nach einfachen Überlaufen eines Abwehrspielers keine Absicherung nach hinten besteht. Die anderen Abwehrspieler sind mit ihren eigenen Angreifern beschäftigt und oftmals weit im Mittelfeld verstreut. (Also meint er niemand hilft aus? Beim Überlaufen im Halbfeld (Mittelfeld).
    2. ein unübersichtlicheres Spiel für SR (wohl dann auch für Eltern, Zuschauer, (??? KINDER ???)).
    3. höhere Niederlagen gegen gute Mannschaften, weil schwächere Spieler im Raum leicht überlaufen werden.
    4. Einen kollektiven Balltransport auf die andere Seite, wenn ein Ball angefangen wurde. (Quasi "Doppelpass Tempogegenstoß")
    5. einem vermehrten Spiel im Halbfeld, nahe der Mittellinie, also keinem klassischen Handballspiel.
    6. eine extrem offensive Spielweise.

    Folgende Denkanstöße möchte ich geben:
    1. Handball ist ein Teamsport, aber immer nur einer kann letzendlich auf das Tor werfen!
    2. Jedes Kids ist anders, Unterschiede zu erkenne, zu verstehen und zu akzeptieren sind Aufgaben unserer Erziehung und gehören zum Findungsprozeß einer eigenen Identität unserer jungen Menschen (Gerade in unserer leider viel zu leistungsorientieren Welt).

    Warum Manndeckung ? Siehe http://www.handballecke.de/forum/thread.p…eadid=4944&sid=

    Folgende Aspekte möchte ich dazu nochmal aufgreifen:
    Durch die Manndeckung ergeben sich für den Angreifer mit Ball folgende Möglichkeiten:
    Pass zum Mitspieler, Torwurf, und/oder Durchbruchsversuch mit anschließendem Torwurf, Pass und falls der Spieler vorher nicht geprellt hat, kann er noch Raumgewinn erzielen durch 2 maliges Prellen, anschließend Pass oder Torwurf.

    Der sog. Durchbruchsversuch, das Spiel 1vs1 (hier mit Ball) ist der wichtigste "LERNMOMENT" für die Kids. Die Manndeckung soll möglichst viele "LERNMOMENTE" im Spiel 1vs1 für Angreifer und Abwehrspieler ermöglichen. Betrachten wir den Spielort auf dem Feld, wo diese "Zweikämpfe" geschehen, so ist durch die weite Entfernung zum Tor die Anschlußhandlung "Torwurf" (hier: vor oder nach Durchbruch) kaum möglich, da wie ja bereits beschrieben, die 1vs1 Situationen im Mittelfeld passieren.

    Was bleibt also nach einem "LERNMOMENT" wenn ein Angreifer mit Ball 1vs1 einem Durchbruch geschafft hat? Er kann max. 2 mal prellen, aber durch die Distanz zum Tor (Mittelfeld-Nahwurfzone), fällt die Anschlußhandlung Torwurf weg. Durch die Prellbeschränkung kann er nurnoch einen Pass spielen, zu einem hoffentlich sich freilaufenden Mitspieler. (Hat auch "Lernmoment" durch 1vs1 ohne Ball, ist aber bedingt durch die Manndeckung!).

    Fazit:
    Somit stelle ich in Frage, ob sich bei einer Prellbeschränkung überhaupt eine 1vs1 "LERNSITUATION" einstellt. Da die Folgehandlungen sehr beschränkt sind, und ein Pass durch eine relativ simple Passtäuschung in anderer Richtung realisiert werden kann. Ein 1vs1 mit Ball, "lohnt" sich an der Mittellinie nicht mehr für den Spieler !!! Die wichtigen 1vs1 mit Ball "Lernmomente" werden weniger, und ein basketballähnliches "Give and go" entsteht. :/:

    Und was man immer schnell vergißt:
    Angriff schult Abwehr, und Abwehr schult Angriff !

    Sollte sich also durch die Prellbeschränkung ein "Give and go" artiges Spiel entwickeln, haben die Abwehrspieler auch kaum noch Erfahrungen im Spiel 1vs1 mit Ball. Der Schwerpunkt liegt dann eher beim Spiel 1vs1 ohne Ball (Lauftäuschungen, Lauftäuschungen erkennen, antizipieren). Freilaufen in Breite und Tiefe. Im Hinblick auf das Zielspiel ist aber gerade das 1vs1 mit Ball oft entscheidend. Und durch die Manndeckung wollte man gerade in diesem Bereich eine bessere Ausbildung der Kids erreichen.

    Zum Abschluß folgende Überlegung:
    Ich behaupte aus Erfahrung, dass im Spiel 3 vs 3 (altersgerecht wegen entwicklungsbedingter Einschränkung des Gesichtsfeldes ect., der Autor schreibt selbst, dass das Spiel unübersichtlich werden würde), oder sogar im Spiel 6 vs 6 man bei relativ gleichstarke "Manndeckungspäarchen" (*A1) viele "Lernmomente" im Spiel 1vs1 MIT SOWIE auch ohne Ball erkennen kann.

    DENN:
    Durch eine Prellbeschränkung nehme ich dem Angreifer ein Folgehandlung nach einem Durchbruch 1vs1. Und weiterhin, behaupte ich, duch eine Prellbeschränkung nehme ich schnellen Abwehrspielern die Chance, einem prellenden Angreifer den Ball herauszuspielen! Das Abschirmen und Herausspielen eines Balles beim prellen kommt quasi überhaupt nicht mehr vor.

    *A1 Anmerkung:
    Sollte es im Spielbetrieb nicht möglich sein gleichstarke Päarchen zu bilden, so hat der "schwächere" Spieler auch mehr "Lernmomente" und der Entwicklungsvorsprung legalisiert sich auf lange Sicht, da der "stärkere Spieler keine neuen Herrausforderungen mehr hat, und evtl. in der Entwicklung stagniert. Wärend der "Schwächere" (Vorsicht, Spieler darf nicht ÜBERFORDERT sein) ständig dazulernt. DENN: Aus Fehlern lernt man, sie sind wichtige Hilfen! Und wir müssen sie zulassen! Des weiteren wird ein stärkerer Spieler in allen Spielformen, egal welche Regelmodifizierungen, relativ dominante, erfolgreiche Spielsituationen erleben.

    Zum Spielsystem muss ich noch anmerken, dass ich für F-Jugend das Konzept 4+1 spielen Minihandball favorisiere. Und in der E-Jugend ein Befürworter des 2 x 3 vs 3 bin. In der E und F Jugend das "große" Handballfeld für 6vs6 zu bespielen finde ich aufgrund der Unübersichtlichkeit total unpassend. Die Kinder werden "Reizüberflutet und sind überfordert".

    So, das wars schon... Ist doch etwas länger geworden...
    Mich würde interessieren, wie andere Jugendtrainer darüber denken, und ob weitere Erfahrungen dazu vorhanden sind.

    sportlicher Gruß
    Thomas Masztalerz
    SG Schlüchtern

    • Offizieller Beitrag

    Erstmal Kompliment, sehr fundierter Beitrag.

    Ich habe am Wochenende zum ersten Mal ein E-Jugend-Turnier gepfiffen und liege somit wohl noch zwischen den Fronten. De facto war, dass in jedem Team 1-2 gute Spieler waren, die vom eigenen 9-Meter bis zum Tor durchmarschiert sind. Diese waren damit auch die besten Akteure ihrer Teams. Die anderen hatten nur sehr wenig Ballkontakte (daher mein Verständnis für die Idee). Andererseits wage ich zu bezweifeln, dass in dieser Altersklasse in Verbindung von Manndeckung und Prellvorschriften noch irgend ein Spielfluss zu Stande kommt. Es sei denn man hat es nur mit absoluten Talenten zu tun.

  • Hallo Thomas,

    vielen Dank für deinen langen (zu lange?) Beitrag.

    Ich halte von dieser Lösung nicht besonders viel. Es wird meiner Meinung nach kein richtiges Handballspiel mehr aufkommen und für Zuschauer, Schiris und vor allem Spieler ist das zu unübersichtlich. Ich denke das 3-3 System ist der richtige Weg für die E-Jugend. Damit ist nämlich auch das Problem was Andre gesehen hat entschärft, da es ja (zumindest bei uns im Bezirk) nicht mehr alleine auf die Tore ankommt, sondern auch auf die Torschützen. Spielsystem 3-3

    Gruß Jan

    Einmal editiert, zuletzt von jhl (15. März 2004 um 23:17)

  • Hallo Thomas,

    prima Ausarbeitung. Du triffst größtenteils den Nagel auf den Kopf.

    Für Anfänger ist das m. E. ungeeignet, weil sie das überfordert.

    Schwierig wird es m. E. wenn bei der offensiven Manndeckung das Prellverbot dazu kommt. Wir spielen beim Training manchmal 10 Minuten so etwas. (weibliche E - Jugend)
    Die technisch starken Spielerinnen müssen dann abspielen und können die eigentlich geforderte eins gegen eins - Situation nicht für sich nutzen.

    Leider kommt es dann oft zu der Situation, dass die Abwehrspielerin zum Tor hin mit beiden Armen abschirmt und die Angreiferin sich mit dem Rücken zum gegenerischen Kreis wendet. Das führt unweigerlich zu Rückpässen und macht das Spiel nicht besser.
    Es hat allerdings den positiven Effekt, dass alle anderen Spielerinnen sich bewegen müssen.

    Anschliessend spielen wir 10 Minuten mit prellen, dann zeigt sich sehr schnell, wer eins gegen eins beherrscht und wer nicht. Die technisch starken Spielerinnen machen ihre Gegenspielerin dann schon mal "nass".
    Wenn die E - Jugendlichen allersings nur zwei mal tippen dürfen, dürfte es zu Komplikationen kommen, weil die meisten Spieler(innen) nicht gleichzeitig laufen, tippen, schauen, zählen, Ball unter Kontrolle und abspielen können. Das mag ab der C - Jugend klappen.

    Es bringt auch niemandem etwas, wenn er (sie) sich durch zweimaliges prellen vom Gegner frei gespielt hat, um dann aus vollem Lauf abzubremsen, weil er (sie) nicht mehr tippen darf und gerade niemand frei steht. (sehe ich oft genug)

    Mein Vorschlag für Trainingsspiele: Tore zählen doppelt, wenn vom Torschützen direkt vorher nicht getippt wurde, also direkter Torwurf nach Anspiel. (Freiwürfe (drei Mann für... zählen dabei nicht doppelt)
    Dann versucht die Spielerin, die sich frei getippt hat, vielleicht doch noch die ebenfalls frei Mitspielerin anzuspielen. Klappt bei uns mittlerweile ganz gut.

    Viel Spaß weitehin beim Handball

    gruß, harmi

    :) Mache nie zwei mal den selben Fehler, die Auswahl ist doch groß genug! :)

    Einmal editiert, zuletzt von harmi (17. März 2004 um 17:14)

  • Hallo Harmi,

    das mit dem doppelt zählen im Training finde ich einen guten Vorschlag und auch sonst kann ich deinem Beitrag mit meinem bescheidenen Wissen vom E-Jugend-Training/Turnieren voll zustimmen.

    Gruß Jan

  • In den dänischen Jugendmanschaften wird das Prellverbot schon lange praktiziert und hat sich gut bewährt wie man an den schnellen und beweglichem Spiel erkennt.
    mfg spiderman

  • Hallo Spideman,

    Zitat

    In den dänischen Jugendmanschaften wird das Prellverbot schon lange praktiziert und hat sich gut bewährt wie man an den schnellen und beweglichem Spiel erkennt.

    Interessant, das habe ich nicht gewußt. Kannst Du das etwas genauer beschreiben?

    Wie sieht denn das Prellverbot in Dänemark aus, generelles Verbot, oder nur zweimal, oder sonstiges?

    Gibt es das Verbot dort im gesamten Jugendbereich oder erst ab C oder B ? Wird es erst im Seniorenbereich aufgehoben?

    Würde mich mal interessieren

    Gruß, Harmi

    :) Mache nie zwei mal den selben Fehler, die Auswahl ist doch groß genug! :)

  • Also, was zu der Situation in unserem Bezirk:
    Bei uns wird in der B-,C- und D-Jugend in den ersten fünf Minuten jeder Halbzeit Manndeckung mit nur einmal prellen gespielt, wird aber nächstes Jahr wieder abgeschafft, weil man nach den gleichen Regeln, wie der SHV spielen möchte.
    Nun zu meiner persönlichen Meinung hierzu.
    Früher war ich ein gnadenloser Prellgegner, bin hier jedoch etwas vorsichtiger geworden.
    Als ich vor einigen Jahren eine weibliche E-Jugend trainiert habe, habe ich rigeros jegliches Prellen in Spielformen verboten, folglich hat die Mannschaft auch im Spiel relativ wenig getippt.
    Was daraus geworden ist, kann man jetzt sagen, da ich die selben Spielerinnen in der weiblichen C-Jugend wieder trainiere.
    Eine weitere passende Vergleichsmöglichkeit kommt hinzu: Einige Spielerinnen von einem Nachbarverein wechselten vor der Saison zu uns, bei denen wurde Prellen bisher eher gefördert als bei mir:
    Folgendes kann ich dazu im Großen und Ganzen sagen:

    Die Spielerinnen, die in der E-Jugend nicht prellen durften:
    +haben weitaus größere Spielübersicht
    +schauen bei Tempogegenstößen nicht teilnahmslos zu, sondern laufen mit und bieten sich an
    -Ihnen fehlt gerade beim Prellgegenstoß die nötige Durchschlagskraft
    -Es fehlt im Allgemeinen die nötige "Torgeilheit"

    Nun zu den Spielerinnen, die zu uns gewechselt sind:
    +Gerade bei Gegenstößen ist die "Torgeilheit" vorhanden
    -sehen bei erweiterten Gegenstößen selten mitlaufende und besser postierte Spielerinnen, suchen oft in "Slalomläufen" den Weg zum Tor.

    Dies war jetzt ein konkretes Beispiel, nun zu meiner allgemeinen Meinung:

    Ich denke, verbiete ich das Prellen im E-Jugendalter, wird nach einem herausgefangenen Ball nicht nur ein Spieler nach vorne prellen, sondern die ganze Mannschaft "wie von der Tarantel gestochen" nach vorne laufen. Allerdings reagieren die Spieler zögerlicher bei Eins-Gegen-Eins-Situationen beim Gegenstoß.
    Im Positionsangriff oder bei einer Manndeckung messe ich dem Tippen eine weitaus geringere Bedeutung zu, als hier an dieser Stelle schon oft angemerkt.
    Ich denke, dass im Positionsangriff drei Schritte durchaus ausreichen, wenn man bedenkt, dass oftmals Schritte gepfiffen werden, die lange keine sind (eigene Videoanalyse). Wenn die Schiris die Schritteregel richtig(er) auslegen würden, wäre ein Prellen im Angriffsspiel nahezu unnötig.
    Bei einer Manndeckung denke ich, dass es sowieso nicht auf das Eins-Gegen-Eins mit Ball ankommt. Dabei kommt es eher auf das laufen ohne Ball und den Tordrang an.

    So, auf! Weiter diskutieren, das ist mal wieder ein interessantes Thema.

  • Moin Ralf,

    Genau da liegt der Haken, vor Allem wenn offene Manndeckung gespielt wird.

    Ich habe es meinen E - Mädels beim Training auch "abgewöhnt" immer zu tippen. Mit dem "Erfolg", dass sie teilweise nur noch spielen und sich keine Spielerin versucht eins gegen eins mit tippen durchsetzt, sondern mit dem Rücken zum Gegner und gegnerischem Tor darauf wartet, dass sich eine Mitspielerin frei läuft. Ihr könnt Euch vorstellen, wie langweilig einige Spiele dann werden.

    Daher habe ich das Tippverbot schnell wieder aufgehoben und beim Training die Regel aufgestellt, dass getippt werden darf, allerdings ein Tor, das ohne vorherigens Tippen des Torschützen erzielt wurde, doppelt zählt. Das hat einigermaßen gezogen, jetzt wird wieder getippt und gespielt. Gleichzeitig gibt es auch wieder interessante eins gegen eins - Duelle.

    Viel Spaß weiterhin,

    Gruß, Harmi

    :) Mache nie zwei mal den selben Fehler, die Auswahl ist doch groß genug! :)

  • @ Harmi
    Unsere Nachbarn legen in den Jugendmanschaften viel Wert auf ein bewegliches schnelles Spiel , Tippspiel wird sofort abgepffifen soweit ich das richtig weiß bis zur D Jugend . In Dänemark gibt es schon ab unserer vergleichbarer B Jugend eine Landesweite Spielklasse , wenn man sich die Jugendtuniere dort anschaut wo die guten Jugendmanschaften spielen ist dies in der Spielanlage schon ein großer Unterschied zu unseren Teams vor allen an Laufspiel und Beweglichkeit.
    Ich denke die Ausbildung der Jugendspieler gehört mit zu den besten , leider ist der Ligahandball in Dänemark im Männerbereich nicht so stark
    so das gute Spieler aufgrund von mangelden Verdienstmöglichkeiten in unterklassigen Teams hängenbleiben.
    mfg spiderman

  • Nachdem ich im Sommer einige Trainerseminare zwecks Lizenzverlängerung besucht habe, scheint sich für den Kinderhandball wieder mal eine Diskussion um das Prellverbot zu entwickeln. Wie sehr ihr das, ist die Meinung von Renate Schubert ("Mutter des Kinderhandballs" in Deutschland laut Leukefeld Handball | Team > Renate Schubert | Dago Leukefeld, Handball Trainer) noch aktuell ? Habe auch einmal einen Artikel eines Trainerkollegen mit seiner Meinung angehängt...

    Ins Abseits gedribbelt

    (Matthias Kornes – Matthias Kornes - http://www.ballgewinn.de</a>) Es ist derzeit die Gretchenfrage im deutschen Kinderhandball. Dürfen sie es oder dürfen sie es nicht – dribbeln. In Württemberg dürfen sie es nicht, in Niedersachsen hingegen schon. Und im Kreis Bielefeld (HV Westfalen), wo Renate Schubert, Kinderhandball-Expertin, das Sagen hat, da dürfen sie es nicht. Prellverbote für die E-Jugend sind auf dem Vormarsch.

    Anlässlich des 13. Hildesheimer Trainerseminars präsentierte Schubert ihre Vorstellung von einem kindgerechten Spielsystem, umgesetzt im Handballkreis Bielefeld/Herford: 6+1 auf dem ganzen Spielfeld – mit Prellverbot. Die Begründung lieferte Renate Schubert auf eher emotionale Weise und präsentierte den anwesenden Trainern und Trainerinnen einen Zeitungsartikel aus dem Westfalen Blatt, Titel: "52:2 – TSG spielt Katz' und Maus". Solche Ergebnisse könnten ja wohl nicht gut für alle Beteiligten sein, suggerierte Schubert – und erntete erst einmal Kopfnicken der meisten Zuhörer. Nachdenklich macht allerdings das genaue Studium des Artikels. "Nach dem 9:0 (3.) nahm TSG-Trainer Maximilian Kipp seine besten Spieler vom Feld und ließ sein Team zusätzlich in Unterzahl agieren. Das führte zu keinem Bruch."

    Da nimmt also der Coach seine "besten Spieler" vom Feld – und dann werfen auch die Spieler aus der zweiten Reihe munter weiter Tore gegen den offenbar völlig unterlegen Gegner – der zudem noch in Überzahl spielen konnte. Mehr
    kann dann auch der Kollege Kipp nicht tun, der anscheinend eine richtig gute Mannschaft hat – und mit der HSG Spradow einen Gegner, der nicht in die Liga der TSG gehört. Nun könnte man sicher über die Art und Weise, wie in der E-Jugend Ligen zusammengestellt werden, sinnieren, aber dieses Ereignis als Begründung für ein Prellverbot heran zu ziehen heißt nur eines – den Wettbewerb zwischen ungleichen Gegnern zulasten der Fortgeschrittenen und zugunsten der Anfänger / Unterlegenen künstlich zu steuern. Das dies gewollt ist, teilt der Handballkreis selbst mit: "Schließlich sollen auch insbesondere leistungsschwächere Mannschaften von den Regeländerungen profitieren und nicht zusätzliche nicht lösbare Situationen für unerfahrenere Spieler/innen dadurch entstehen", heißt es auf der Webseite.

    Mit 17:1 Stimmen hat der Handballkreis Bielefeld/Herford letzten Endes die Reform angenommen. Die übrigens auch die Durchführung von Spielfesten für die E-Jugend beinhaltet, bei denen koordinative und motorische Tests abgefragt werden und bewertet werden – das Ergebnis fließt in die Ligawertung ein. Interessanterweise ist das Prellen so ganz nicht gestrichen für die E-Jugend in Bielefeld/Herford. "Ein Siebenmeter ist – gerade bei Mädchen – in dieser Altersstufe eher eine Bestrafung für die Werfer", sagte Renate Schubert in Hildesheim, "deshalb prellen die Kinder anstelle eines stehend ausgeführten Siebenmeters vom Mittelkreis in den Neunmeterraum, um von dort zu werfen, das ist für sie einfacher." Ein methodischer Fauxpas.

    (...)

    Kinder erkennen durchaus schnell, was erfolgversprechend ist und was nicht – sie lernen hier gerade implizit, dass es besser ist, nah am Ball zu sein, als weiter weg davon. Wenn aber dies der "beste" Weg zum Ball ist, dann wird sich zwangsläufig die Mannschaft des Ballbesitzers um diesem herum gruppieren, um dem Ballbesitzer zu helfen. Im Sinne der Betonung des impliziten Lernens, das nach gängiger Ansicht der Sportwissenschaft in der Grundlagenausbildung dem expliziten Lernen voranzustellen ist, ein völlig verkehrtes Signal. So auch in der Praxis zu beobachten, das Fangen, Festhalten und Suchen nach einer Abspielposition ließ jedweden Spielfluss und jede Dynamik erlahmen. Mehr noch, in der Not und aufgrund der vielen Spieler um ihn herum, nutzte manch kleiner Handballer zwangsläufig den freien Raum über seinen Mitspielern und griff zur Variante "Bogenlampe", dem Notwurf über die Gegen- und Mitspieler hinweg, in Richtung eines möglichen Empfängers.

    Ein Freilaufen in einen freien Raum, vielleicht mehr als die "sichere" Passdistanz vom Ballbesitzer entfernt, wird da schnell sinnlos. Wenn der Ballbesitzer den Ball prellend in Richtung des sich weg vom Ball freilaufenden Spielers transportieren könnte, sähe das ganz anders aus. Dann könnten beide gemeinsam einen Raumvorteil erlangen. Oder sich zumindest – im Prozess der Ausbildung des divergenten taktischen Denkens – für eine Option entscheiden. So aber macht es wenig Sinn, wenn – wie in Hildesheim zu beobachten – mitten im Spiel seitens der Trainerin die Korrektur kommt: "Stopp, alle stehen bleiben – ihr steht alle auf einem Haufen, aber schaut doch mal da drüben, da ist viel Platz, da musst du doch hin frei laufen." Das meterweit vom Ball entfernte "da drüben" ist für den E-Jugendlichen ohne Ball keine erstrebenswerte Position – weil die Wahrscheinlichkeit hoch ist, das er entweder den Ball gar nicht bekommt, oder wenn er doch anfliegt, er diesen nicht kontrollieren kann. Die Kinder machen das schon richtig...

    Wer in Hildesheim zuschaute, bekam gleich noch eine schöne Praxisvorführung der Problematik mitgeliefert. Da riefen die kleinen Ballwerfer "Hier", "hier" – um dem armen Kerl zu helfen, der nun gerade den Ball hatte und ihn in drei Sekunden schon wieder loswerden musste. Das aber verbat dann Trainerin Renate Schubert – und übersah ganz offenbar das auch hier die Kinder das taten, was aufgrund des Spielsystems schlicht nötig war: "Helfe dem Ballführer, denn er muss den Ball loswerden", lautete die zentrale Aufgabe.

    (...)

    Technik limitiert Taktik – das gilt auch für die kleinen Ballwerfer. Erst recht, wenn diese Limitierung vorgeben wird. Hat ein Spieler freien Raum vor sich, muss er ihn besetzen, nur so kann ein kleiner Handballer lernen, sich selbst einen Stellungsvorteil zu verschaffen. In Richtung des Tores, um ein Tor selbst zu erzielen oder dies einem Mitspieler zu ermöglichen; seitwärts oder rückwärts, um anspielbar zu sein oder seinem Mitspieler Platz zu machen. Dazu braucht er die Technik des Prellens. Kann er nur drei Schritte machen und muss dann (innerhalb von drei Sekunden) passen, dann kann er selbst keine Räume besetzen. Diese Entscheidung wird ihm also regeltechnisch aufoktroyiert: "Spiele ab!" Auch ein EJugendlicher muss die Möglichkeit haben, zu lernen, wie er vielfältige und variable Lösungsideen entwickeln kann, also Lösungen für taktische Probleme generieren. Und er muss lernen dürfen, die jeweils "beste" Lösungsidee auszuwählen. (1)

    (...)

    Kröger und Roth (2) haben einmal grundlegende taktische Basisanforderungen in der Vermittlung eines Sportspiels wie "ins Ziel treffen", "Ball dem Ziel annähern", "Überzahl herausspielen", "Zusammenspiel", "Lücke erkennen" und "Gegnerbehinderung umgehen" unterschieden. Angesichts der räumlichen Einschränkungen durch das Prellverbot sind die letzten fünf Punkte zumindest deutlich erschwert. Ein seltsamer Ansatz also angesichts der Grundthematik, in der Grundlagenvermittlung Kindern die Möglichkeit zu eröffnen, "Spielsituationen taktisch zu 'lesen' und zu verstehen" sowie "ihre Lösungen zu 'schreiben'".(3) In diesem Sinne wird hier eher zum "Legastheniker" gemacht.

    (...)

    Zum Schluss ein Blick in Richtung Weltspitze: Raul Entrerrios ist sozusagen die personifizierte Horrorvision deutscher Nationalmannschaften. Der Mittelmann des FC Barcelona sowie der spanischen Nationalmannschaft zelebriert den typisch spanischen Handball – viel Kleingruppenspiel, viele Kreuzungen, ein ausgeprägtes Spiel über den Kreis. Und das alles permanent aus dem Anprellen, das Kollege Entrerrios beherrscht wie kaum ein anderer.

    Und in der Bundesliga: Es ist zweifelsfrei eine der gefährlichsten Waffen des THW Kiel – Meister, Pokalsieger und Champions League Sieger: Übergang von Linksaußen Dominik Klein an den Kreis, Kreisläufer Marcus Ahlm positioniert sich zwischen Außen- und Halbverteidiger (und nutzt so das "Mismatch" gegen den meist physisch schwächeren Außen), Filip Jicha oder Momir Ilic stehen davor und warten auf den richtigen Moment, prellen an und attackieren im Spiel 2:2. Ohne perfekte Technik im Prellen eine wertlose Aktion. Auch Iker Romero zelebriert das perfekt im Zusammenspiel mit Berlins Kreisläufer Evgenij Pevnov. Warum ist diese Aktion so gefährlich? Weil ein Entrerrios, Jicha, Ilic oder Romero sowohl den klassischen Distanzwurf aus dem Prell-Anlauf beherrschen, aber eben auch das Spiel 2:2 mit prellen, Richtungs- und Handwechsel (Jichas Täuschung gegen die Hand!). Die Deckung muss also eine Lösung finden, um den Wurf zu verhindern (heraus treten), öffnet so aber eben den Raum für das Zusammenspiel mit dem Kreisspieler. Einen solchen Spielvorteil kann niemand erarbeiten, der nicht perfekt den Ball prellen kann. Merke: Alle vier im Beispiel sind – Ausländer...

    Quellen:
    1 Roth: Techniktraining, In: Handbuch Sportspiel
    2 Kröger / Roth: Ballschule – ein ABC für Spielanfänger
    3 Roth: Sportspielvermittlung, In: ebd.

    Original (in voller Länge): Ins_Abseits_gedribbelt.pdf

    "Erfolg ist eine Folgeerscheinung, niemals darf er zum Ziel werden." (Gustave Flaubert)

  • vr316

    Dieser Thread gehört nach meiner Meinung eher ins "Trainer"Forum.

    Sehr gut geschrieben. Ich stimme zu, dass solche Prellverbote die Kinder in Ihrer Entwicklung eher behindern statt fördern, da in manchen Fällen die Optionen fehlen.

    Ich trainiere selbst eine D-Jugend (Jahrgang 2001), letztes Jahr also noch E-Jugend, und bläue meinen Spielern immer ein, dass die erste Option immer ein Torerfolg sein soll. Wenn jetzt also ein Spieler völlig alleine auf ein Tor zurennt und nicht prellen darf und daher (nach hinten) abspielen muss, so lernt er aus meiner Sicht ein völliges Fehlverhalten. Andere Spieler lernen, dass sie sobald sie den Ball haben sofort wieder abspielen sollen. Lasst doch die Kinder lernen mit verschiedenen Möglichkeiten umzugehen. Mit der Zeit lernen die Kinder von alleine dass dem Prellen ein schnelles Passspiel vorzuziehen ist.

    Grüsse aus Finnland.

    Suomi

  • Was sind eigentlich die Grundtechniken des Handballspiels im Angriff?
    - Fangen
    - Passen
    - Laufen: mit Ball (Prellen)/ohne Ball
    - Werfen
    Alles andere ist doch eigentlich nur eine Variante/Variation dieser Grundtechniken oder eine Kombination.

    Ein Prellverbot hat jetzt zum Ziel, die anderen Grundtechniken besser zu schulen, was allerdings auch nicht immer der Fall ist. Z. B., bin zu weit weg vom Tor und darf nicht prellen, wird die nächste Grundtechnik, nähmlich der Wurf aufs Tor, sehr eingeschränkt.
    Ich habe nichts gegen Regeleinschränkungen im Jugendbereich, (Raum verkleinern beim 3-3, offensive Deckung vorschreiben, Multiplikation Tore X Torschützen, ..), solange diese Grundtechniken nicht eingeschränkt werden.
    Gerade junge Spieler(innen) sollen ja erlernen, mit diesen Grundtechniken ein Tor zu erzielen. Wie ich einen Raumgewinn erzielen oder den Raum zum Tor überbrücken kann, sollte ja in diesem Alter geschult werden. Warum soll ich dann das Prellen, welches als Grundtechnik zur Raumüberbrückung vorgesehen ist, verbieten?
    Die Argumentation, dass durch ein Prellverbot schlechtere Spieler besser ins Spiel eingebunden würden und so auch besser geschult würden, kann ich nicht gelten lassen. Die schlechteren werden dadurch nicht besser geschult, weil allein durch ein Prellverbot können sie nicht automatisch besser werfen, fangen, passen oder sich freilaufen. Hier muss in der Trainingsarbeit etwas passieren. Man kann nicht alles über Regeländerungen erreichen. Wenn ich das Freilaufen, das Passen oder das Fangen verbessern will muss ich eben das Freilaufen, das Passen oder das Fangen trainieren. Das nimmt mir auch kein Prellverbot ab. ;)
    Der nächste Vorschlag wird wohl sein, dass Spieler nur noch max. 5 Tore erzielen dürfen, damit sie das Abspielen erlernen. :unschuldig:

    • Offizieller Beitrag

    @ TSVROT

    So eine Abwandlung mit den Maximaltoren gibt es ja teilweise

    Auch bei Euch im Kreis HD wird doch in der E-Jgd die Torzahl mit der Zahl der Toschützen multipliziert. Das führte bei uns zu teilweise "bescheuerten" Spielzügen:

    Der frei durchbrechende Spieler hat an einen deutlich schlechter positionierten Spieler abgeben müssen weil dieser noch als Torschütze fehlte und man dann eine Chance hatte noch zu gewinnen ...

  • @ TSVROT

    So eine Abwandlung mit den Maximaltoren gibt es ja teilweise

    Auch bei Euch im Kreis HD wird doch in der E-Jgd die Torzahl mit der Zahl der Toschützen multipliziert. Das führte bei uns zu teilweise "bescheuerten" Spielzügen:

    Der frei durchbrechende Spieler hat an einen deutlich schlechter positionierten Spieler abgeben müssen weil dieser noch als Torschütze fehlte und man dann eine Chance hatte noch zu gewinnen ...

    Natürlich gibt es die Regelung Tore X Torschützen auch bei uns. :unschuldig:
    Aber dadurch wird keinem das Toreschießen verboten. Das Tor wird ja trotzdem anerkannt. Anders wäre es, wenn ab dem 6. Tor auf Freiwurf oder Abwurf für den Gegner entschieden würde, statt das Tor zu geben.
    Für mich ist wichtig, dass keinem Spieler eine Grundtechnik verboten wird. Wie ich mit der Toreregelung Tore x Torschützen umgehe, ist meine Entscheidung ohne dass ich beim Torewerfen direkt eingeschränkt werde. Diese Regelung bechränkt mich nicht, sondern belohnt Spieler/Mannschaften, die auch andere Grundtechniken beherrschen (Passen, Freilaufen, ...). Ich kann trotzdem noch 15 Tore machen, wenn es für mich persönlich wichtig ist. :) Wie das Spiel ausgeht, ist solchen Spielern in der Regel allerdings auch nicht so wichtig. :P
    Was die von Dir beschriebene Situation angeht, habe ich das ganze Spiel über Zeit, so viele Torschützen wie möglich zu bekommen, wenn mir denn das Ergebnis wichtig ist. Meine Erfahrung hat mir aber gezeigt, dass Gewinnen allein nicht glücklich macht. Die Anerkennung, das Lob durch Eltern, Trainern, Mitspieler, ... ist da im Regelfall viel wichtiger als das Ergebnis, zumindest in diesem Altersbereich. ;) Und wenn der Gegner besser war, (mehr Torschützen hatte), kann ich das dann auch leichter akzeptieren, wenn ich ein positives Feedback bekommen habe ;)
    Außerdem wurden von den ca. 30 (?) E-Jugendspielen, die ich gepfiffen habe, vielleicht 1-2 Spiele über die Torschützenregelung entschieden. Bei über 90% der Spiele hatte der Gewinner mehr Tore und mehr Torschützen. In sofern ist diese Regelung für mich nicht so dramatisch.

  • Ich hatte die Dissusion neulich abends mit Matthias, dem Verfasser des Artikels. Mich erinnert das Prellverbot an Diskussionen mit der Mini-Trainerin meines ehemaligen Vereins. Ich habe vor zehn Jahren eine weibliche E-Jugend trainiert, die sich ausschließlich aus Minis rekrutierte. Unsere Mini-Trainerin propagierte ebenfalls ein Prellverbot und setzte das zumindest im eigenen Verein durch. Nach einigen Wochen / Monaten Praxis im Neuland Zwergenhandball kam ich dann zu dem Schluss, dass das jedenfalls für mich überhaupt nicht in Frage kam. Ein für mich bislang vollkommen neuer Faktor im Handball ließ mich ein Prellverbot verwerfen: Raumgewinn. Mit den Mädels, die normalerweise auf das Querfeld spielen würden, war ich froh um jede fünf Meter Raumgewinn, ohne dass der Ball weggeworfen war oder der Gegner ihn hatte oder wir vier Pässe für die fünf Meter vorwärts in der eigenen Spielfeldhälfte gebraucht hatten und dabei einen Tempoverlust hinnehmen mussten.

    Davon abgesehen habe ich es im Training immer so gehalten, dass ich lieber die physikalischen Rahmenbedingungen geändert habe als die Spielregeln. Wenn mir das Geprelle zu bunt wird, nehme ich einen platten Ball (etwas, dass ich von einer meiner ersten Trainerfortbildungen mitgenommen habe, nämlich von... Renate Schubert! Wenn ich mich richtig erinnere - sorry, ist sechzehn Jahre her- verfolgte sie damals denselben Ansatz.). Nicht "prellen ist verboten!", sondern "erkenne, dass Passspiel auch seine Vorteile hat!" halte ich für pädagogisch wertvoller.

    Letztlich erinnert mich diese Diskussion immer an diese Kuschelpädagogik der Mutti-Trainerinnen. Wenn ein Kind dauernd prellt und damit erfolgreich ist, bekommen die anderen Kinder nie den Ball. Also wird dem Kind, dass sich taktisch vollkommen richtig verhält, die erfolgreiche Taktik verboten, statt Feuer mit Feuer (1-gg-1 gegen Prellangriff) zu bekämpfen. Als nächstes kommen dann die Bleiweste, die zusammengebundenen Schnürsenkel und die Handschellen (Achtung: Ironie).

    Ich bevorzuge eine andere Herangehensweise. Als meine E-Jugendliche Xenia sich mal im Training lauthals beschwerte, dass sie nie den Ball bekam, musste ich ihr beipflichten. Gegen die offene Manndeckung empfand sie es als äußerst bequem, sich nicht zu bewegen und stattdessen zu jammern, dass sie ständig gedeckt war. Sie konnte nicht angespielt werden. Daraufhin unterbrach ich das Training und verbot allen Mitspielerinnen Xenia den Ball zuzuspielen, wenn sie sich weiterhin nicht aus der Manndeckung löste. Hätte ich stattdessen unsinnigerweise gefordert, dass auch Xenia den Ball bekommt, wäre die Moral der Geschichte gewesen, auch gedeckte Spielerinnen anzuspielen, weil es der Trainer so will. Stattdessen war mein kleiner Wonneproppen erst mal schockiert... und fing an sich freizulaufen.

    Ebenso großer pädagogischer Quatsch ist es doch, den Spieler zu taktisch unsinnigen Pässen zu zwingen, wenn die Mitspieler allesamt gedeckt sind. Und je jünger die Mannschaft in ihrer Entwicklungsstufe ist, desto eher wird sie sich doch Richtung Ball freilaufen. Dann rennen fünf Spieler zum Ballführer, was taktisch richtig ist, wenn dieser keinen Pass über zehn Meter spielen kann. Das wiederum will ich doch auch vermeiden.

    Ein Prellverbot belohnt kurzfristig die lauffreudigere Abwehr und bestraft den lauffaulen Angriff. Dabei geht aber jegliche Kooperation in der Abwehr flöten, beispielsweise das Doppeln des prellenden Angreifers. Der Übergang von Mann- zur Raumdeckung wird mir dadurch künstlich erschwert, weil ich die allerersten kooperativen Abwehrelemente erst dann umsetzen kann, wenn mir - seitens der Landesverbandsspielregeln - wieder die Raumdeckung erlaubt ist. Was bin ich froh, eine B-Jugend zu trainieren! :wall:

    "Perfektes Spiel für unruhige Zeiten: Schach und die große Sehnsucht nach Entschleunigung"

    Die hiesige Tageszeitung bereitet uns schon mal auf die Besatzung durch den Ivan vor.

  • Nachdem ja einige hier ihre „Trainersicht“ der Dinge zu den Änderungen in der E-Jugend des HK Bielefelds dargestellt haben, möchte ich das Mal aus Sicht der Eltern tun. Meine Tochter hat im ersten E-Jugendjahr zahlreiche „Klatschen“ bezogen, in ihrer Mannschaft waren alle Mädchen Anfänger. Da es auch nur eine Mädchen E-Jugend Staffel gab, spielte man halt auch gegen sehr starke Mannschaften. In diesen starken Mannschaften wurden aber die meisten Tore mittels Prellen über das Spielfeld von 2 oder max. 3 Mädchen erzielt. Die anderen Kinder waren eigentlich nur als „Deckungsspieler“ auf dem Feld und spielten mit ihren Gegenspielern Katz und Maus. Prellen in Richtung Tor fand in der E-Jugend ständig statt, schade für die, die nur auf dem Feld mitrannten. Das sind leider die Kinder, die mit dem Sport aufgehört haben. Letzte Saison habe ich dann auch mal einen E-Jugendspieltag in Bielefeld gesehen. Prellen ist da übrigens 1 x erlaubt und es gibt auch noch ein paar andere Regeländerungen, die von den Eltern positiv beurteilt werden.

    Eltern, die ihre Kinder im E-Jugendalter zum Handball schicken, interessieren sich meist nicht für „den Übergang von Mann- zur Raumdeckung“ oder die „Prellkünste von Iker Romero“. Hat mein Kind Erfolgserlebnisse, erfährt es die positiven Effekte einer Mannschaftssportart oder verliert es den Spaß an diesem Sport? Einige der Änderungen im HK Bielefeld sorgen mit Sicherheit für Erfolgserlebnisse bei einer größeren Anzahl Kindern. Der HK Gütersloh führt die Regeln übrigens diese Saison auch ein.

    Für die Mannschaft meiner Tochter wären diese Regeln im ersten Handballjahr ein Segen gewesen.

    Gruß,

    Rübe

  • Nachdem ja einige hier ihre „Trainersicht“ der Dinge zu den Änderungen in der E-Jugend des HK Bielefelds dargestellt haben, möchte ich das Mal aus Sicht der Eltern tun. Meine Tochter hat im ersten E-Jugendjahr zahlreiche „Klatschen“ bezogen, in ihrer Mannschaft waren alle Mädchen Anfänger. Da es auch nur eine Mädchen E-Jugend Staffel gab, spielte man halt auch gegen sehr starke Mannschaften. In diesen starken Mannschaften wurden aber die meisten Tore mittels Prellen über das Spielfeld von 2 oder max. 3 Mädchen erzielt. Die anderen Kinder waren eigentlich nur als „Deckungsspieler“ auf dem Feld und spielten mit ihren Gegenspielern Katz und Maus. Prellen in Richtung Tor fand in der E-Jugend ständig statt, schade für die, die nur auf dem Feld mitrannten. Das sind leider die Kinder, die mit dem Sport aufgehört haben. Letzte Saison habe ich dann auch mal einen E-Jugendspieltag in Bielefeld gesehen. Prellen ist da übrigens 1 x erlaubt und es gibt auch noch ein paar andere Regeländerungen, die von den Eltern positiv beurteilt werden.

    Eltern, die ihre Kinder im E-Jugendalter zum Handball schicken, interessieren sich meist nicht für „den Übergang von Mann- zur Raumdeckung“ oder die „Prellkünste von Iker Romero“. Hat mein Kind Erfolgserlebnisse, erfährt es die positiven Effekte einer Mannschaftssportart oder verliert es den Spaß an diesem Sport? Einige der Änderungen im HK Bielefeld sorgen mit Sicherheit für Erfolgserlebnisse bei einer größeren Anzahl Kindern. Der HK Gütersloh führt die Regeln übrigens diese Saison auch ein.

    Für die Mannschaft meiner Tochter wären diese Regeln im ersten Handballjahr ein Segen gewesen.

    Gruß,

    Rübe

    Wer garantiert denn eigentlich, dass durch ein Prellverbot schwächere Spieler(innen) mehr Erfolgserlebnisse haben?? :unschuldig:
    Mir erschließt sich das nicht. Worin besteht der Unterschied ob ich per Passspiel auseinander genommen werde oder per Dribblings hoch verliere, weil die andere Mannschaft viel stärker ist? ?(:unschuldig:

  • Zitat

    In diesen starken Mannschaften wurden aber die meisten Tore mittels
    Prellen über das Spielfeld von 2 oder max. 3 Mädchen erzielt. Die
    anderen Kinder waren eigentlich nur als „Deckungsspieler“ auf dem Feld
    und spielten mit ihren Gegenspielern Katz und Maus.

    Hier sollte doch der gegnerische Trainer reagieren und bei hohen Gewinnen, die stärksten Spieler nach einer gewissen Spielzeit rausnehmen. Dann profitieren alle.