Erstmal kann ich nicht entdecken, wo es eine "Treibjagd", "Hexenjagd" oder sonstiges gab. Ja, das Thema ist in der medialen Welt richtig hoch gekocht - aber wessen Schuld war das? Das war doch die Schuld Guttenbergs selbst. Nicht nur durch das Verfassen oder Verfassenlassen der Arbeit, sondern vor allem durch den eigens gewählten Umgang mit dieser Thematik.
Darin sehe ich einen wichtigen Punkt in der Debatte. Wir reden bei dem Fehlverhalten eben nicht um einen kleinen Fehltritt, der aufgebauscht wird. Ein Vergleich sind z.B. Liebesaffären, die an sich erstmal die Öffentlichkeit nicht angehen und daher eigentlich Privatsache sind.
Diese "Affäre" aber stellt das von Guttenberg selbst dargestellte Wertesystem in Frage.Die Doktorarbeit ist im Resultat zum Großteil ein Plagiat. Selbst wenn Guttenberg vielleicht doch auch nur einfach aus Unwissenheit abgeschrieben hat (die Abschlußnote des 1. Staatsexamen lässt ja durchaus auch so eine Spekulation zu), ist das auf der Ebene einer Doktorarbeit nicht entschuldbar und akzeptabel. Das "Vergehen" ist mit einem größeren Diebstahl von Waren vergleichbar. Zwar halte ich selber manche Berichte in den Medien für überflüssig (das gilt v.a. von den Kommentaren von einigen Politikern), aber das ist heutzutage eben nicht ausblendbar.
Ein weiterer Punkt, der einem übertriebenen Aufbauschen widerspricht ist der Gang der Affäre. Wie hier schon erwähnt wurde die Dissertation im Rahmen der üblichen Rezension gelesen und bewertet. Dabei ist die zeitliche Verzögerung relativ normal. Fischer-Lescano hat dann, laut Aussage von anderen Professorenkollegen (er selbst hat ja nichts mehr öffentlich gesagt), auch den Doktorvater und den Zweitgutachter vor der Veröffentlichung der Vorwürfe informiert. Für mich ist das im Anfangsstadium alles andere als eine Aufbauschung. Ganz anders läuft das ja bei anderen Affären ab, wo manche Medien sich auf irgendwelche zwielichtigen Personen als Informanten berufen und darin eben nur einen Schlagzeilentreiber für die nächsten Tage zu sehen. Die Guttenberg-Affäre ist vielmehr ja sogar am Rande eine 2.0-Affäre, in dem der eigentliche Verstoß, also die Dissertation, von vielen Leute versucht wird aufzuarbeiten. Bei dieser Konstellation ist es unerlässlich in der Öffentlichkeit ehrlich zu sein und nicht herumzulavieren.