Freundschaft!
Klare Regeln gibt es auch im Handball. Es ist klar geregelt, dass niemand über Gespräche informiert werden muss. Man kann über alles diskutieren, keine Frage. Aber ob eine weitere Regulierung der richtige Weg ist, ist die Frage. Das ist für mich typisch deutsch, wie in der Steuergesetzgebung - immer zusätzliche Regeln schaffen, noch mehr Details, noch mehr Regeln, noch mehr Ausnahmen.
Snuffmaster, wundert mich, dass gerade Du für eine zunehmende Reglemtierung sprichst. Wo bleibt die Liberalität?
Und da sind wir wieder beim Diktum, das dein Denken prägt. Es wird die Marktwirtschaft als solche als gegeben gesehen, ohne die politische Grundlage, die diese erst ermöglicht, in die Überlegungen einzubeziehen. Die Möglichkeit auf dem Niveau Wirtschaft zu betreiben ist nicht naturgegeben. Ein komplexe Wirtschaft gibt es überhaupt nicht ohne einen staatsrechtlichen Ordnungsrahmen.
Und genau dieser Ordnungsrahmen stimmt im Falle der HBL überhaupt nicht. Dabei geht es nicht um einzelne Reglementierungen, sondern um das Fehlen eines Souveräns, der in der Lage wäre, ordnungspolitische Grenzen zu ziehen oder nicht zu ziehen, Dinge im Sinne der Liga zu regeln oder ungeregelt zu lassen.
Die ordnungspolitische Macht kann auf unterschiedlichem Wege legitimiert werden. Im Fußball geschieht die Reglementierung im autokratischen Stil durch einen sehr einflußreichen Weltverband. Da könnten sich in der Bundesliga alle einig sein, daß man jederzeit Transfers durchführen können soll. Das reicht dann trotzdem nicht, um das durchzusetzen. Über das Transferfenster entscheidet nur der Weltverband und Ende der Diskussion. Ein ganz anderes Modell ist das der amerikanischen Profiligen. Da ist es so, daß es keinen übergeordneten Verband gibt. Die Liga, das sind die Teams bzw. die Teambesitzer. Die Macht wird hier praktisch demokratisch auf die Ligaleitung abgetreten. Und dann ist es nicht etwa so, daß es dann ein laxe Haltung zum Thema Reglemetierung gibt. Ganz im Gegenteil. Die NFL ist beispielweise auf geradezu extreme Weise veregelt. Da betrifft das Thema Kadergröße, Gehaltsober- und Untergrenze (derzeit ausgesetzt), Verteilung der Nachwuchsspieler per Draft, Eigentümerstruktur der Teams, Verteilung der Zuschauereinnahmen in fast schon sozialistischem Stil und vielem mehr. Es ist nämlich so, daß die ganze Liga und damit auch alle Teams von dieser Reglementierung profitieren. Das wissen die Teambesitzer und deshalb gibt es diese extreme Verregelung.
Es ist also überhaupt nicht "typisch Deutsch" wenn man etwas regelt. Es gibt halt Leute die erkennen, daß etwas Sinn macht und welche, die es nicht erkennen. Im Handball mag es schon sein, daß es viele Leute gibt, die die Notwendigkeit erkennen würden. Aber es gibt keine Möglichkeit, dies auch durchzusetzen, weil eben keine starke ordnungpolitische Instanz besteht. Deshalb können einzelne große Vereine (oder eine Lobbygruppe wie die GHC) im Eigeninteresse Entwicklungen abblocken oder befördern. Und genau dieses hat in den letzten Jahren dazu geführt, daß die Dinge ausfransen. Sei es bei Transfers, sei es bei der Kadergröße in der CL, sei es die sportliche Dichte in der HBL, die dramatisch abgenommen hat oder seien es die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Vereine. Es gab immer schon gewagte Finanzierungen, die nicht immer aufgingen. Aber heute ist sind die Verhältnisse unterhalb von Platz 6 in der Bundesliga praktisch schon per se prekär. Daß die handballerischen Fähigkeiten der Spieler auf breiter Basis seit zwanzig Jahren beständig abnehmen, soll hier mal gar nicht das Thema sein.
Man kann in einem Ordnungsrahmen liberal oder restriktiv reglementieren. Aber das, über was wir hier eigentlich sprechen müssen, ist das Fehlen eines funktionierenden Ordnungsrahmen. Und das bezeichnet man dann nicht als liberal, sondern als libertär. Das ist etwas völlig anderes. Mit der HBL hat man praktisch einen Staat ohne Staatsmacht geschaffen. Das ist ein ur-libertärer Vorgang gewesen und muß zwangsläufig Auswirkungen zeitigen. Wenn man bereit ist, sie zu sehen, sieht man sie auch.