Bundesgerichtshof bestätigt Stadionverbote auf Verdacht

  • Von Steffen Lüdeke 31. Oktober 2009, 04:00 Uhr

    Ausgesperrter Fan erwägt Verfassungsbeschwerde

    Berlin - Für die einen ist die Entscheidung "grob ungerecht", für die anderen eine "Bestätigung" im Kampf gegen Gewalttäter. Gestern hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Grundsatzurteil zur Rechtmäßigkeit von Stadionverboten gefällt.


    Ein Fan des FC Bayern München hatte durch alle Instanzen bis zum BGH geklagt. Gegen ihn war aufgrund des Verdachts einer Gewalttat am 25. März 2006 in Duisburg vom MSV ein zweijähriges Besuchsverbot für sämtliche Fußballspiele in Deutschland verhängt worden, obwohl beim ihm der Nachweis einer Straftat nicht geführt werden konnte und das Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch wegen Geringfügigkeit eingestellt worden war.
    (...)

    http://www.welt.de/die-welt/sport…f-Verdacht.html


    Ein fragwürdiges Urteil in meinen Augen. Wenn ich Pech habe und zufälliger in der Nähe oder mitten zwischen randalierenden Fans stehe werde ich , trotz Unschuldvermutung und Vrebot von Kollektivhaftung, mit Stadionverbot belegt. ein ganz schwaches Urteil.

    "Mit dem Ende des Kinos werden wir vertrieben worden sein aus einem Paradies"
    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

    Einmal editiert, zuletzt von Outsider81 (31. Oktober 2009 um 20:38)

    • Offizieller Beitrag

    Lässt Du bei Dir jeden rein der klingelt ?

    Genau deshalb erging das Urteil in diese Richtung.

    Im Übrigen gehe ich aber davon aus dass Stadionverboten mit einem sehr hohen Prozentsatz zutreffend ausgesprochen werden ;)

  • @Lord: Der Großteil der Stadien ist von der öffentlichen Hand finanziert. Die wöchentlichen Polizeieinsätze zur Sicherung von Fußballspielen ebenso. Daher halte ich die Begründung des Hausrechts für sehr fragwürdig. Ich bin gespannt wie die Fan-Gruppierungen darauf reagieren werden.

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    Einmal editiert, zuletzt von Outsider81 (31. Oktober 2009 um 21:00)

  • Wieso sind es eigentlich immer Mitglieder von Ultra-Gruppierungen, die sich über angeblich ungerechtfertigte Urteile beschweren? :nein:


    Die "Schickeria München" ist vorher und nachher mehrfach äiußerst negativ aufgefallen. Hinterher liest man dann immer etwas von Entgleisungen von Einzelpersonen, die natürlich nicht im Sinne der jeweiligen Gruppierung waren, die natürlich offiziell jegliche Gewalt ablehnen. :rolleyes: Wenn dieses Urteil einige Gruppierungen dazu bewegt in den eigenen Reihen aufzuräumen und bekannte Unruhestifter auszusortieren, damit die 99% friedlichen Fans nicht Gefahr laufen, wegen einer handvoll Vollidioten ein Stadionverbot zu bekommen, dann kann ich das nur begrüßen. Wer gewaltbereite Fans innerhalb der eigenen Fangruppierung toleriert, muss mit den Folgen leben.

    Diese Erkenntnis haben jüngst auch die Ultras Flensburg sowie das Commando 1924 aus Minden und die Suptras Nettelstadt hinnehmen müssen. Ob das etwas verändert wird die Zukunft zeigen.

  • Die Frage ist tatsächlich, ob das Urteil nun gerecht ist oder zweckmäßig.

    Nach meinem Rechtsverständnis kann es nicht sein, dass ich als Stadionbesucher ohne etwas Böses getan zu haben durch dumme Zufälle in Sippenhaft gerate und deswegen ein Stadionverbot bekomme. Das passiert nicht oft, im Einzelfall sicher schon.

    Auf der anderen Seite gibt es viele Fälle, wo "Fans" sich tatsächlich daneben benehmen, nach dem Gesetz aus den unterschiedlichsten Gründen aber nicht zu belangen sind. Es ist in der Tat so, dass mindestens 95% der Stadionverbote die Richtigen treffen, meine Erfahrung, auch wenn diese dies anders sehen, weil sie sich eher im rechtsfreien Raum wähnen ("das ist beim Fußball nun mal so"). Der 5% Rest ist leider in dem Fall ungerecht dran. Das nehmen die Vereine und anscheinend auch der BGH billigend im Kauf, vor allem, um abzuschrecken mit möglichen Sanktionen. Denn ein Stadionverbot ist eine schlimme Strafe für dieses Klientel.

    Ich bin froh, dass ich dies nicht entscheiden musste.

  • Mal ne Frage in den Raum: Wieso kann ein Verein eigentlich mit Begründung auf das Hausrecht ein bundesweites Stadionverbot verhängen? Wieso hat der MSV Duisburg das Hausrecht in der Allianzarena? Und was bedeutet bundesweit? Betrifft das auch den Ascheplatz der Sportfreunde Katernberg oder ist ab irgendeiner Spielklasse Schluss mit dem Begriff bundesweit?

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • Mal ganz davon abgesehen, ob diese Entscheidung richtig oder falsch ist. Wie kann so ein Verbot eigentlich durchgezogen werden? Wie sollen denn die Verantwortlichen im Stadion eine Person mit Stadionverbot erkennen, wenn sie sich nicht gerade auffällig verhält etc.?!

  • Das bundesweite Stadionverbot spricht formal der DFB aus, als Hausherr in den deutschen Stadien. De facto ist in dem Fall natürlich der MSV Duisburg die treibende Kraft. Theoretisch betrifft das auch den Kreisligaaschenplatz, wobei es ja meist eher Kunstrasenplätze sind... ;)

    Ganz zu 100% kann man das natürlich nicht überwachen. Ich weiss aber, dass es eine Fotogalerie mit den Stadionverbotlern gibt, die der Ordnungsdienst auch kennt. Zudem sind die Mädels und Jungs auch sonst in der Szene meist bekannt und fallen schnell auf!

    Einmal editiert, zuletzt von Meikel (1. November 2009 um 00:50)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Outsider81
    @Lord: Der Großteil der Stadien ist von der öffentlichen Hand finanziert. Die wöchentlichen Polizeieinsätze zur Sicherung von Fußballspielen ebenso. Daher halte ich die Begründung des Hausrechts für sehr fragwürdig. Ich bin gespannt wie die Fan-Gruppierungen darauf reagieren werden.


    Ob einem das jetzt gefällt, oder nicht ist irrelevant. Mir gefällt diese Finanzierung auch nicht. Aber als Tagesmieter habe ich das Hausrecht - selbst wenn ich keine marktgerechte Miete entrichten muss und genau aus diesem Grund hat der BGH so entschieden

  • Lieber 5% die zu Unrecht nicht ins Stadion dürfen, und mehr Ruhe im Stadion, als 0% zu Unrecht verurteile "Fans" und bald Zuständen wie in Italien oder Teilen Ostdeutschlands.

    Irgendwie muss der steigenden Gewalt in den deutschen Stadien entgegen gewirkt werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Mister Bösi (1. November 2009 um 13:32)

  • Zitat

    Original von Mister Bösi
    Lieber 5% die zu Unrecht nicht ins Stadion dürfen, und mehr Ruhe im Stadion, als 0% zu Unrecht verurteile "Fans" und bald Zuständen wie in Italien oder Teilen Ostdeutschlands.

    Irgendwie muss der steigenden Gewalt in den deutschen Stadien entgegen gewirkt werden.

    Vertrittst Du die Meinung auch dann noch wenn Du zu Unrecht ein Deutschlandweites Stadionverbot erhalten solltest??

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  • Ich gehöre ja nicht zu einem bekannt gewaltbereiten und inoffiziellen FC Bayern-Fanclubs mit Namen “Schickeria München”...da gehörte der Herr zu und war alles andere als unbekannt...


    deshalb ja, ich nutze dann die in einem Rechtsstaat gegebenen Instrumente für Unschuldige recht einfach aus und kann dann wieder rein...

    Einmal editiert, zuletzt von Ustra (1. November 2009 um 14:22)

  • Ustra: Du empfindest es als gerechtfertig an jemandem ein Stadionverbot auszuteilen für Handlungen die nicht er, jedoch Mitglieder einer Fangruppierung der er auch angehört, ausgeübt haben?!
    Ich dachte bisher, dass Kollektivhaftung, die es einmal in Deutschland gab, längst abgerschafft sei?!
    Ich bin der Meining, dass dieses Urteil den Rechtsstat "untergräbt". Big Brother is watching you gilt in der BRD jedoch schon länger und nicht erst mit diesem Urteil. leider!

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  • Dann sollen nicht gewaltbereite Fans eben bei seriösen, als gewaltfrei bekannten Fanclus Mitglied werden! Wer kein Mitglied von fragwürdigen, schon mehrfach negativ aufgefallenen Gruppierungen ist, hat auch nichts zu befürchten.

  • Zitat

    Original von BasilFawlty
    Dann sollen nicht gewaltbereite Fans eben bei seriösen, als gewaltfrei bekannten Fanclus Mitglied werden! Wer kein Mitglied von fragwürdigen, schon mehrfach negativ aufgefallenen Gruppierungen ist, hat auch nichts zu befürchten.


    Jep, so sehe ich das auch. Wer bei einer solchen Vereinigung Mitglied ist, ist vom Grundsatz her schon verdächtig...diese Fans sind keine...das sind Krawallsucher...keine Fans. Speziell diese Gruppierung ist im München als gewaltbereit bekannt und der Kläger polizeibekannt...nix mit Unschuldslamm was nur in der Nähe war...bitte Urteil lesen und nicht nur die weniger Überschriften dazu.

    Einmal editiert, zuletzt von Ustra (1. November 2009 um 17:38)

  • Hier findet sich zumindest die Pressemitteilung. Der Wortlaut des Urteils ist vom BGH noch gar nicht veröffentlicht worden.

    Also bitte Urteil vorlesen und nicht nur die weniger Überschriften dazu.
    Entscheidend wird wohl diese Argumentation des BGH sein:

    Zitat

    "Bei der Verhängung von Stadionverboten sind an die Annahme der Gefahr von Störungen keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Das ergibt sich aus den Besonderheiten sportlicher Großveranstaltungen, insbesondere von Fußballgroßereignissen. Diese werden häufig zum Anlass für Ausschreitungen genommen. Angesichts der Vielzahl der Besucher und der häufig emotional aufgeheizten Stimmung zwischen rivalisierenden Gruppen ist daher die Bemühung der Vereine sachgerecht, neben Sicherungsmaßnahmen während des Spiels etwa durch Ordnungskräfte und bauliche sowie organisatorische Vorkehrungen auch im Vorfeld tätig zu werden und potentiellen Störern bereits den Zutritt zu dem Stadion zu versagen.

    Bei der Festsetzung von Stadionverboten sind andere Maßstäbe anzuwenden als bei der strafrechtlichen Sanktionierung von Störungen bei früheren Spielen. Während insoweit nach dem Grundsatz in dubio pro reo eine Bestrafung unterbleibt, wenn keine Tat bewiesen ist, können Stadionverbote eine nennenswerte präventive Wirkung nur dann erzielen, wenn sie auch gegen solche Besucher ausgesprochen werden, die zwar nicht wegen einer Straftat verurteilt sind, deren bisheriges Verhalten aber besorgen lässt, dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen werden."

    Es geht hier also nicht um eine konkrete Tat, sondern die Verhinderung solcher im Vorfeld.

  • genau...um die Verhinderung solcher Taten von gewaltbereiten Chaoten. Klasse Urteil.

  • Die Welt ist nicht schwarz-weiß und so einfach zu verstehen wie es manch einer glauben mag. Der Schäuble würde mit Sicherheit strahlen wenn er so manchen Beitrag in diesem Thread lesen könnte.

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    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

    Einmal editiert, zuletzt von Outsider81 (1. November 2009 um 19:00)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Outsider81
    Die Welt ist nicht schwarz-weiß und so einfach zu verstehen wie es manch einer glauben mag. Der Schäuble würde mit Sicherheit strahlen wenn er so manchen Beitrag in diesem Thread lesen könnte.

    Das interessiert ihn als Finanzminister nicht mehr so ;)

    edit hat einen Schreibfehler korrigiert

  • Zitat

    Original von Outsider81
    Die Welt ist nicht schwarz-weiß und so einfach zu verstehen wie es manch einer glauben mag. Der Schäuble würde mit Sicherheit strahlen wenn er so manchen Beitrag in diesem Thread lesen könnte.

    Es ist leider so, Olli, dass die paar ungerecht "verknackten" Fans für das Fehlverhalten vieler anderer büßen müssen. Auf kleiner Ebene passiert es mir als Stadionbesucher selber auch, dass ich ungerecht behandelt werde, wenn ich als Auswärtsfahrer kilometerlang im Regen über freie Felder auf Umwegen zum Stadion eskortiert werde, nur um mögliche Eskalationen zu verhindern, obwohl ich lieber den Sonderbus für alle Stadionbesucher nehmen würde. Oder dass ich bei einem Hochsicherheitsspiel rund ums Stadion kein Bier trinken kann. Auch das ist unfair!

    Glaub mir, die allermeisten Stadionverbote treffen die Richtigen, auch wenn genau die Jungs und Mädels dann in großes Wehklagen und den Unrechtsstaat einfallen.