ZitatAlles anzeigen"In drei Jahren gibt es ein Problem"
(isk) Badener gelten als ausgeglichene Menschen mit sonnigem Gemüt. So auch Martin Heuberger, Assistent von Handball-Bundestrainer Heiner Brand und selbst als "Chef" für die Junioren-Nationalmannschaft zuständig.
Doch eines lässt dem 43-Jährigen aus Schutterwald den Kamm schwellen: Die mangelnde Förderung aufstrebender Talente seitens der Bundesliga-Vereine. Er prophezeit: "In drei Jahren hat der deutsche Handball ein Problem."
Trotz der glänzenden aktuellen Situation? Die Männer des Deutschen Handball-Bunds (DHB) hatten das WM-"Wintermärchen" wahr gemacht, alle Europapokal-Titel gingen an deutsche Klubs. Und der DHB-Nachwuchs ist aktuell Europameister. Jetzt wollen sie es den "Großen" bei der Junioren-WM in Mazedonien (13. bis 26. August) nachmachen.
"Wir haben 2006 bewiesen, welches Potenzial in dieser Mannschaft steckt", lobt Heuberger seinen "Ausnahmejahrgang" 1986/87. Auffallend: Ein Großteil der Wurfkünstler-Talente stammt aus der schwäbischen Provinz. Aus Balingen, Ludwigsburg, Waiblingen. Viele Talente suchen ihre Chancen in den großen, weiter entfernten Klubs. Beispiele für "Heimatflüchtige": Die Torhüter Jürgen Müller (Hamburg), Linksaußen Jens Bechtloff und Rechtsaußen Marc Hafner (beide Lemgo) oder der rechte Rückraum Hannes Lindt (Magdeburg). Dort müssen sie gegen starke Kader Durchsetzungsvermögen beweisen. "Ich hoffe, dass die anderen in der Heimat bleiben", sagt Heuberger, "und die süddeutschen Vereine erkennen, welche Talente hier herumspringen." Auch wenn er Balingen-Weilstetten, Kronau-Östringen und Frischauf Göppingen für ihre Arbeit lobt: "Geschlafen" hätten sie alle im Falle Hafner. "Da spielen drei Erst- und viele Zweitligisten aus Baden-Württemberg, aber der Waiblinger erhielt kein einziges Angebot."
Mit einer These rückt Heuberger die Qualität seiner Junioren ins Bild: "Diese Formation würde in der 1. Bundesliga gut mithalten." Doch das Thema "Ausländerquote" belastet noch immer das Verhältnis zwischen DHB und HBL (Handball-Bundesliga). "Heiner Brand hatte ein Konzept vorgestellt, wurde aber regelrecht abgekanzelt. Jetzt sagen die Vereinsbosse: Was wollt Ihr eigentlich, Ihr seid doch Weltmeister? Die Quittung erhalten wir in drei, vier Jahren. Was kommt im rechten Rückraum nach Zeitz, was am Kreis nach Klimowets?", weist er rhetorisch auf künftige "Problemzonen" hin und fordert die Erstligisten, "die ja von der WM profitieren", auf, ihren Teil beizutragen. "Natürlich sind Spitzenspieler aus anderen Nationen das Salz in der Suppe, aber die Liga hat zu viele Durchschnittsspieler aus dem Ausland geholt." Immerhin beschloss die "Beletage" nun mit dem "HBL-Jugend-Zertifikat" eine "Auszeichnung für Bundesliga-Klubs, die sich im Bereich der Jugendarbeit verdient machen". Ein Anfang.
Zurück in die Gegenwart: Drei Testspiele gegen Serbien haben die DHB-Junioren bravourös gemeistert - vor bis zu 1000 Zuschauern. "Der WM-Boom hat auch uns erreicht", freut sich Heuberger. Nach zwei Begegnungen gegen Russland folgt ein Fünf-Nationen-Turnier in Dänemark. Dann geht"s nach Mazedonien. Als WM-Favoriten bezeichnet Heuberger Schweden, Dänemark, Russland und Spanien. "Neben uns natürlich."
Quelle: Weinheimer Nachrichten vom 01.08.2007