Quelle: Nürnberger Zeitung vom 28.07.07 (http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=676931&kat=32)
ZitatAlles anzeigenDie Handball-Frauen des 1. FC Nürnberg stehen vor spannender Saison
«Wir sind für uns selbst eine Unbekannte»
NÜRNBERG - «Wir sind für uns selbst eine Unbekannte.» Sagt Trainer Herbert Müller über die Handball-Frauen des 1. FC Nürnberg knapp sechs Wochen vor dem Start der Bundesligarunde, für die seine Spielerinnen derzeit schon kräftig schwitzen.
Viel Neues beschert die Saison 2007/08 dem Handball-Aushängeschild der Metropolregion Nürnberg, das vor einigen Monaten dem endgültigen Aus gerade noch entgangen ist. Viel Stolz klang durch, als sich der «Handball-Club» mit seinem «1. Sponsorentreffen» präsentierte: Stolz darauf, dass auch künftig in Nürnberg Frauen-Handball auf höchstem Niveau gespielt werden kann, aber auch Stolz auf die Spielerinnen, die widrigsten Umständen zum Trotz weiterhin das FCN-Trikot überstreifen und zum Teil sehr lukrativen Abwerbe-Angeboten der Konkurrenz widerstanden.
Als GmbH mit deutlich professionelleren Strukturen und einem inzwischen breit gestreuten Pool von Sponsoren geht der 1. FCN in die Zukunft, nachdem laut Vorstand Hans-Georg Woertge die «ganze Handball-Familie» in vorbildlicher Weise das Aus verhindert hat. Wo laut Geschäftsführer Thieß Helmke Ende Februar gerade mal neun Sponsoren vorzuweisen waren, sind es mittlerweile gut zwei Dutzend, die den Spielbetrieb ermöglichen. «Wir müssen eine saubere Saison spielen und dürfen nichts zusagen, was wir nicht halten können», versprach Helmke und verwies darauf, dass es trotz aller Nackenschläge gelungen sei, mittlerweile allen Spielerinnen Wohnungen und auch Autos zu besorgen.
Als amtierender deutscher Meister geht der 1. FCN in die neue Saison, in der er auch in der Champions League antreten wird – erstmals direkt in der Gruppenphase, ohne sich erst dafür qualifizieren zu müssen. Und das auf Grund der beschränkten finanziellen Möglichkeiten mit einem nur zwölfköpfigen Kader. Geradezu wehmütig wurde Herbert Müller bei der Präsentation des neuen Teams, «weil viele Gesichter fehlen». Das aber nur aus finanziellen Gründen, denn: «Uns liegt dieser Verein, liegt diese Stadt am Herzen!» Und mit spürbarem Stolz: «Diese Mannschaft lebt Werte vor und will trotz aller Probleme bleiben.» Und für sich selbst äußerte Müller, er werde sich «nur schwer mit Mittelmaß zufrieden geben».
Daher quält er «seine Mädels», damit diese trotz der Dreifachbelastung in Bundesliga, Champions League und Pokal «auch am Ende den längsten Atem und die schnellsten Beine» haben. Man bräuchte 16 Spielerinnen, um auf drei Hochzeiten tanzen zu können, doch auch mit seinem aktuellen Kader gehe er zuversichtlich in die neue Spielzeit, selbst wenn die momentan zwölf Spielerinnen «definitiv zu wenig» seien. «Wir gehören leider nicht in die Champions League, aber wir werden uns zerreißen», sagte Müller angesichts schier übermächtiger Gegner wie Zvezda Zvenigorod (Russland) und RK Krim Ljubljana (Slowenien) in der Gruppe.
In der neuen Saison wird Kathrin Blacha mit Sicherheit nicht mehr dabei sein, da sie ihre Karriere beende, sagte Müller der NZ. Dagegen hoffe er immer noch, Serpil Iskenderoglu weiterverpflichten zu können. «Wir basteln an einem Finanzierungsmodell, zumal sie erst heute wieder ihr Interesse signalisiert hat, bleiben zu wollen», so Müller. Weshalb er während der Veranstaltung eindringlich an die Sponsoren appellierte, das Team hier nochmals zu unterstützen.
Doch vorerst bleibt es bei der Dänin Maja Sommerlund (32, Thüringer HC) als einzigem Neuzugang von außen, neben Simone Luber (36), Alexandra Kubasta (21) und Petra Popluharova (18), die aus der zweiten Mannschaft aufrücken. Speziell am Kreis und auf Rechtsaußen, wo er nur jeweils über eine «gelernte» Spielerin verfügt, hofft Müller darauf, nachrüsten zu können.
Die Champions-League-Spiele werden die Club-Frauen nun mit einer Ausnahmegenehmigung des Europäischen Handball-Verbands EHF definitiv in der Halle am Berliner Platz (BBZ) austragen. Die Arena sei mit Mietkosten von 80 000 Euro nicht finanzierbar. «Wir müssen einen EHF-Boden verlegen und ein internationales Fernsehsignal garantieren», damit die Spiele ins Ausland übertragen werden könnten, erläuterte Müller.
Philipp Roser