Ich bin mir zwar nicht im Klaren darüber, warum das sachdienlich ist, aber von mir aus...
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OLG-Report Bremen/Hamburg/Schleswig 2001, Heft 9, Seite 196
Verfahrensrecht
Unterwerfung unter eine Schiedsgerichtsklausel eines Sportverbandes (Deutscher Hockeybund)
ZPO §§ 1059, 1062
OLG HamburgBeschl. v. 29.9.2000 - 11 Sch 5/00
OLGReport
© Verlag Dr. Otto Schmidt
ON010912
(Leitsatz des Einsenders)Die Unterwerfung unter eine Schiedsgerichtsklausel in der Satzung eines Sportverbandes bedarf nicht der Unterschrift des Vereinsmitglieds. Die Änderung der Spielordnung eines Sportverbandes, die eine Neuaufteilung der Bundesligen zur Folge hat, ist einer Schiedsvereinbarung nicht grundsätzlich entzogen.
Gründe:
I. Der Antrag auf Aufhebung des Schiedsurteils des Bundesoberschiedsgerichts des deutschen Hockey-Bundes ist zulässig. Denn bei diesem Schiedsurteil handelt es sich um einen Schiedsspruch i.S.d. § 1059 ZPO. Daraus ergibt sich zugleich die Zuständigkeit des Senats nach § 1062 ZPO.
1. Das Bundesoberschiedsgericht stellt nicht nur ein verbandsinternes Organ dar, das als Sportgericht einer Inanspruchnahme der staatlichen Gerichte vorgeschaltet ist. Vielmehr handelt es sich um ein echtes Schiedsgericht.
Diese Frage ist, da die Schiedsgerichtsordnung des Deutschen Hockey-Bundes e.V. (SOG DHB) am 20.5.1995 und damit vor In-Kraft-Treten der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts am 1.1.1998 in Kraft getreten ist, nach den Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO a.F. zu beurteilen. Dabei ist in erster Linie ausschlaggebend, ob das Schiedsgericht anstelle der staatlichen Gericht entscheiden soll. Das ist nach der Satzung des Antragsgegners der Fall, denn danach entscheiden die Schiedsgerichte über alle Streitigkeiten innerhalb des DHB unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges (§ 28 Abs. 1 Satz 3 der Satzung). Auch im Übrigen zeigt die Satzung durch die Zusammensetzung des Schiedsgerichts mit unabhängigen Schiedsrichtern, die die Befähigung zum Richteramt besitzen sollen, und die in § 6 der Schiedsgerichtsordnung niedergelegten Verfahrensgrundsätze, dass die Einsetzung eines echten Schiedsgerichtes beabsichtigt war (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl., Kap. 32 Rz. 17; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 7. Aufl., Rz. 2531). Dieses Ergebnis wird dadurch unterstrichen, dass die Schiedsgerichtsordnung an mehreren Stellen auf die ZPO verweist und ausdrücklich formuliert: "§ 1036 ZPO bleibt unberührt" (§ 9 Abs. 1 Satz 4).
Den Umstand, dass die Bundesschiedsgerichte in § 13 der Satzung als Organ des DHB bezeichnet werden, hält der Senat angesichts der selbstständigen Ausgestaltung des Schiedsgerichtswesens in der Satzung und der Schiedsgerichtsordnung für unerheblich.
2. Der Antrag ist auch innerhalb der Dreimonatsfrist nach § 1059 Abs. 3 ZPO gestellt. Denn der Schiedsspruch wurde dem Antragsteller am 5.5.2000 zugestellt, sein Antrag ging am 19.7.2000 bei Gericht ein und wurde demnächst zugestellt (§ 270 Abs. 3 ZPO).
II. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Es liegt keiner der in § 1059 Abs. 2 ZPO abschließend genannten Aufhebungsgründe vor.
1. Der Antragsteller macht ohne Erfolg geltend, dass die dem Schiedsspruch zugrunde liegende Schiedsvereinbarung ungültig sei (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO). Der Senat ist der Auffassung, dass es dem Antragsgegner als den Landesverbänden übergeordnetem Spitzenverband für die Organisation des Hockeysports in Deutschland möglich war, das Bundesoberschiedsgericht durch Satzung und Schiedsgerichtsordnung wirksam zu errichten. Die Verbindlichkeit der Schiedsgerichtsordnung gegenüber den Landesverbänden und den Vereinen, so auch gegenüber dem Antragsteller, hängt nicht davon ab, dass Satzung und Schiedsgerichtsordnung von ihnen unterzeichnet wurden.
Allerdings ist die Frage, ob Vereins- und Verbandsschiedsgerichte der Sportorganisationen für ihre Wirksamkeit der Schriftform des § 1027 ZPO a.F., jetzt § 1031 ZPO, bedürfen, umstritten. So wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, dass Vereinsgründung und Vereinsbeitritt rechtsgeschäftliche Akte seien und die Unterwerfung unter eine Schiedsgerichtsklausel in der Satzung daher der Unterschrift des Vereinsmitglieds bedürfe (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 6. Aufl., Kap. 32 Rz. 5 ff.; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, § 1048 Rz. 9, jew. m.w.N.). Demgegenüber folgt der Senat der herrschenden Meinung, wonach Vereinsschiedsgerichte unter die außervertraglichen Schiedsgerichte i.S.d. § 1048 ZPO a.F. (jetzt § 1066) fallen, die durch eine nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügung angeordnet werden (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, § 1066 Rz. 1; Zöller/Geimer, ZPO, § 1066 Rz. 2); diese Vorschrift ist für Schiedsklauseln in den Satzungen rechtsfähiger Vereine jedenfalls im Grundsatz entsprechend anzuwenden (BGH NJW 1980, 1059; v. 3.4.2000 - II ZR 373/98, MDR 2000, 777 = NJW 2000, 1713).
Hierfür spricht zum einen die aus Art. 9 GG folgende Organisationsgewalt der Sportvereine und ihrer Verbände, im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Ziele für die Durchführung eines zeitgemäßen Sportbetriebes einschließlich eines Überprüfungsverfahrens zu sorgen. Vor allem aber gehen die Vereine und die in ihnen zusammengeschlossenen Sportler ohne weiteres davon aus, dass für die von ihnen betriebene Sportart durch die Satzungen des Vereins, der Landesverbände und des Bundesverbandes festgelegte Regeln gelten, die von Sportlern und Vereinen zu beachten sind. Hierzu gehören auch die Regeln, die die Lösung von Interessengegensätzen und Konflikten durch eine verbandsinterne Gerichtsbarkeit vorsehen (vgl. BGH v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = NJW 1995, 583 [584]). Diesem Regelwerk unterwerfen sich die Sportler hinsichtlich ihres Vereins und die Vereine in Hinblick auf ihre Landesverbände und den Bundesverband. Die Schaffung und Überwachung dieser Regeln zur Organisation des Sports obliegt nach geltendem Verständnis in erster Linie den Vereinen und Verbänden, nicht dem Staat (BGH v. 28.11.1994 - II ZR 11/94, MDR 1995, 862 = NJW 1995, 583 [584]). Der Senat sieht keinen Anlass, an dieser Aufgabenverteilung etwas zu ändern. Die Möglichkeit eines Aufhebungsantrages nach § 1059 ZPO trägt den Interessen der Sportler und der Sportvereine, die sich in ihren Mitgliedsrechten verletzt fühlen, hinreichend Rechnung.
Dieser Rechtsauffassung ist umso mehr zu folgen, als der Gesetzgeber in § 1031 ZPO die Formvorschrift des § 1027 ZPO a.F. erheblich abgemildert hat und die Unterschriftsform nur noch bei Schiedsvereinbarungen verlangt, an denen ein Verbraucher beteiligt ist. Gesichtspunkte des Verbraucherschutzes spielen aber im vorliegenden Fall keine Rolle.
Auch die kontrovers diskutierte Frage, ob und in wieweit eine vom Sportler nicht unterzeichnete Schiedsklausel Vereinsstrafen ermöglichen kann (vgl. BGH v. 3.4.2000 - II ZR 373/98, MDR 2000, 777 = NJW 2000, 1713; Reuter in MünchKomm/ZPO, Rz. 21 ff.), stellt sich hier nicht.
Im Übrigen dürfte ein etwaiger Formverstoß nach § 1031 Abs. 5 ZPO geheilt sein. Denn der auch im schiedsrichterlichen Verfahren anwaltlich vertretene Antragsteller, der das Verfahren vor dem Bundesoberschiedsgericht betrieben hat, hat sich rügelos auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache eingelassen. Jedenfalls ist dem vom Kläger eingereichten Schiedsspruch ausweislich des Tatbestandes, der das Parteivorbringen umfassend wiedergibt, nicht zu entnehmen, dass er die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung in Zweifel gezogen hätte. Das ergibt sich auch nicht aus dem Parteivorbringen in diesem Verfahren.
2. Der Antragsgegner kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Gegenstand des Streites vor dem Bundesoberschiedsgericht nicht schiedsfähig gewesen sei (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 a ZPO).
a) Die objektive Schiedsfähigkeit ist ohne weiteres gegeben, denn der Streit über die Frage, ob die Änderung der Spielordnung eine fehlerhafte Aufteilung der Bundesligen vorgenommen hat, ist einer schiedsgerichtlichen Regelung nicht aufgrund übergeordneter Gemeinschaftsinteressen entzogen (vgl. BGH v. 29.3.1996 - II ZR 124/95, MDR 1996, 803 = GmbHR 1996, 437 = NJW 1996, 1753 [1754]).
b) Der Senat hält auch die subjektive Schiedsfähigkeit für gegeben. Der Antragsteller war grundsätzlich berechtigt, sich mit dem Antragsgegner über ihn betreffende Fragen der Spielordnung zu vergleichen. Der Antragsteller ist zum einen selbst, zum anderen über seinen Landesverband Mitglied des Antragsgegners, und die Änderung der Spielordnung liegt nach der Satzung in der Kompetenz der Organe des Antragsgegners. Der subjektiven Schiedsfähigkeit steht auch nicht der Umstand entgegen, dass ein solcher Vergleich Auswirkungen auf andere Vereine hätte, die über eine Erhöhung der Zahl der Mannschaften in der Bundesliga oder über eine speziell zu treffende Abstiegsregelung tangiert sein könnten. Insbesondere greifen die in der genannten Entscheidung des BGH für den Fall der Anfechtung eines GmbH-Gesellschafterbeschlusses angeführten Bedenken (vgl. BGH v. 29.3.1996 - II ZR 124/95, MDR 1996, 803 = GmbHR 1996, 437 = NJW 1996, 1753 [1754]) nicht durch. Denn anders als im Falle der Anfechtung von Beschlüssen der Vereinsorgane handelt es sich bei der Anfechtungsklage gegen Gesellschafterbeschlüsse um eine Gestaltungsklage, die in entsprechender Anwendung des § 248 Abs. 1 AktG Rechtskraftwirkungen gegenüber allen Gesellschaftern entfaltet, auch gegenüber denjenigen, die am Verfahren nicht beteiligt waren. Hingegen kann die Fehlerhaftigkeit von Vereinsbeschlüssen nicht mit einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Vielmehr ist auf Feststellung der Unwirksamkeit zu klagen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, § 25 Rz. 18). Damit fehlt es an einer Parallele zur aktienrechtlichen Anfechtungsklage; § 248 Abs. 1 AktG ist nicht anwendbar.
Auch ein weiteres gewichtiges Bedenken gegen die Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen ist hier nicht gegeben: Im Fall der vor einem privaten Schiedsgericht erhobenen Anfechtungsklage eines GmbH-Gesellschafters würde die Situation entstehen, dass ein nicht beteiligter Gesellschafter das Verfahren hinnehmen müsste, obwohl er an der Auswahl der Schiedsrichter nicht beteiligt war (vgl. BGH v. 29.3.1996 - II ZR 124/95, MDR 1996, 803 = GmbHR 1996, 437 = NJW 1996, 1753 [1755]). Gerade bei kontroversen Gesellschafterinteressen liegt es aber nahe, dass er nicht an ein Schiedsgericht gebunden sein kann, für das er keinen Schiedsrichter benennen konnte, das aber mit einer Vertrauensperson seines Gegners besetzt ist. Diese Situation kann beim Bundesoberschiedsgericht des Beklagten jedoch nicht eintreten. Denn hierbei handelt es sich um ein Schiedsgericht mit ständiger neutraler Besetzung, dessen Mitglieder zudem nicht in anderen Organen tätig sein dürfen.
Allerdings verkennt auch der Senat nicht, dass ein von einem Verein betriebenes Schiedsgerichtsverfahren die oben genannten faktischen Auswirkungen auf andere Vereine haben kann, welche nicht Partei des Verfahrens sind. Dieser Gesichtspunkt führt jedoch nicht zur Verneinung der Schiedsfähigkeit. Die Einteilung der Hockeymannschaften, die am Spielbetrieb teilnehmen wollen, in nach Leistung und regionalen Gesichtspunkten geordnete Ligen gehört zum Kernbereich der Organisation des Spielbetriebes, die den Vereinen und Verbänden obliegt und nicht staatliche Aufgabe ist. Hierzu gehört auch die Möglichkeit, die Überwachung der Regeln im Konfliktfall durch unabhängige Schiedsgerichte vorzusehen, die für die untergeordneten Vereine und Verbände verbindlich sind. Den genannten Bedenken kann dadurch Rechnung getragen werden, dass das Schiedsgericht mögliche Betroffene von sich aus oder auf Antrag am Verfahren beteiligt. Diese Möglichkeit sieht die Schiedsgerichtsordnung in § 3 Abs. 3 ausdrücklich vor; das Bundesoberschiedsgericht hat hiervon auch, wie sich aus dem Tatbestand seines Schiedsspruchs ergibt, im Hinblick auf die unmittelbar betroffenen Vereine Gebrauch gemacht.