Eine schlimme Bescherung für den Tusem
WAZ Essen, 21.12.2008, Thomas Richter
Essen. Ein Not-Aufgebot der Essener kämpft im West-Derby gegen Dormagen fantastisch und verliert durch einen Heber von der Mittellinie ins leere Tor in letzter Sekunde unglücklich mit 27:28. Die Fans feiern ihr Team dennoch mit Ovationen. Verlust der letzten Leistungsträger droht.
Tusem: Shejbal – Wozniak (2), Vorontsov (2), Lützelberger (5), Schütte (3), Casanova (9/6), Wiencek (5), Dragunski, Krönung, Tovornik.
Zuschauer: 2700.
Patrick Wiencek trifft! Der Tusem-Kreisläufer wird beim finalen Spielzug vorzüglich frei gespielt. Und er nutzt seine Chance mit einem Volltreffer ins Glück. 27:27. Die seit der Insolvenz mit einem Not-Aufgebot antretenden Essener scheinen dem TSV Dormagen im West-Derby der Handball-Bundesliga tatsächlich einen Punkt abgeknöpft zu haben.
Sechs Sekunden stehen aber noch auf der Spieluhr, als der Wurf von Wiencek das Netz ausbeult. Was folgt, ist der Wahnsinn: TSV-Torwart Joachim Kurth reagiert geistesgegenwärtig, wirft den Ball sofort zur Mitte. Dort warten schon zwei Dormagener. Pass auf Florian Wisotzki. Der sieht, dass Mark Dragunski im Höchsttempo zurück in Richtung eigenes Gehäuse sprintet. Der Kreisläufer trug in diesem Moment das Torwart-Trikot des Tusem, weil er von Trainer Kristof Szargiej für den letzten Spielzug statt Keeper Michal Shejbal als siebter Feldspieler auf die „Platte” geschickt wurde. Wisotzki zielt auf das verwaiste Tor. Und zwar per Heber von der Mittellinie. Mit der Schluss-Sirene segelt der Ball ins Netz. 27:28. Welch schlimme Bescherung in der Vorweihnachtszeit für dieses so prächtig kämpfende und sich wehrende Essener Aufgebot.
Dieses Spiel wird keiner der 2700 Fans so schnell vergessen. Während die 700 mitgereisten Dormagener Anhänger ihr finales Glück kaum fassen konnten und gemeinsam mit den freudetrunkenen Spielern die La-Ola-Welle über ihre Tribünen schwappen ließen, gab es auch Ovationen für den unglücklichen Verlierer. Dies war der verdiente Lohn für eine Leistung, die dem Tusem in der Nachbetrachtung Komplimente ohne Ende einbrachte.
„Hut ab vor dem Tusem. Sie haben aus den Gegebenheiten das Allerbeste gemacht und uns alles abverlangt”, lobte TSV-Keeper Kurth. Auch Dormagens Manager Uli Derad und Trainer Kai Wandschneider zollten in der Pressekonferenz dem Gegner höchsten Respekt. Das konnte Tusem-Coach Kristof Szargiej aber nur bedingt trösten. Viel mehr als diese Niederlage verärgerte ihn die noch trister gewordenen Perspektiven. Denn es sei nun klar, so Szargiej, dass zum neuen Jahr auch noch die letzten Leistungsträger den Tusem verlassen würden. Sergio Ruiz Casanova (gegen Dormagen der Leitwolf und mit neun Toren auch Top-Vollstrecker des Tusem), Jörg Lützelberger, Torwart Michal Shejbal und auch Ruwen Thoke gehen. Und der Blick und die Tonlage Szargiejs verrieten, wie sehr ihn dieses personelle Ausbluten des Kaders belastet.
Manager Stefan Hecker hielt sich zwar noch etwas bedeckter („Es ist noch nichts entschieden”), doch die Rückrunde in der Elite-Klasse wird unter diesen Voraussetzungen eine unangenehme Angelegenheit. Beim Heimspiel gegen Magdeburg am Samstag (27. Dezember) wird der Tusem also zum letzten Mal der in dieser Formation zu sehen sein. Aber jeder, der das Dormagen-Spiel miterlebt hat, wird sie unterstützen wollen.
Flevo: Shejbal, Casanova und Lützelberger sicher nicht. Schütte spielt jetzt wieder, nachdem Aljoscha Schmidt auf Außen einen Stammplatz hatte, Vorontsov spielt die erste Saison Bundesliga, vorher Regionalliga. Alle anderen sind ohne nennenswerte Erfahrung in der Bundesliga. Und über Drago in seinem Alter brauche ich wohl nicht zu reden.
Vielleicht kann mir auch mal einer erklären, warum Thoke weg will ?