Hier noch ein interessanter Kommentar des GN-Sportredakteurs Martin Lüken:
"Die Bundesliga - ein Wert an sich"
Nach sportlich fetten Jahren ist die HSG Nordhorn in der Handball-Bundesliga derzeit nur Mittelmaß. Mehr noch: Könnte das Team von Trainer Ola Lindgren nicht vom besten Bundesliga-Start seit Zugehörigkeit zur Eliteklasse zehren, müsste der deutsche Vizemeister des Jahres 2002 wohl um den Verbleib im Oberhaus bangen.
Für die Anhänger ist es eine ungewohnte Situation , davon zeugen die Pfiffe, die nach der Niederlage gegen den WH im Euregium zu hören waren. Zwar muss isch die HSG an den eigenen Ansprüchen messen lassen, die Unmutsäußerungen zeigen aber auch , dass die Fans bislang verwöhnt worden sind. Sie hatten praktisch keine Zeit, sich allein an der Tatsache zu erfreuen, dass in Nordhorn Bundesliga-Handball geboten wird. In der ersten Saison spielten die Grafschafter nicht um den Klassenverbleib, sie wurden Fünfter und verpassten den Europapokal nur um wenige Tore - das war fortan der Maßstab.
Die jetzige Situation zeigt eindrucksvoll: DIe Zugehörigkeit und vor allem Spitzenplatzierungen in der vermeintlich besten Handballliga der Welt sind keine Selbstverständlichkeit. Das muss jedem klar sein. Zumal: Der Bundesliga-Standort Nordhorn hing bereits zweimal am seidenen Faden. Die heutige Situation ist die logische Folge daraus, dass die HSG den Gürtel enger schnallen musste. Der Kader hat an Qualität verloren, Ausfälle wie die der mehrmaligen Welt- und Europameister Vranjes und Larsson können - aber das würde auch auf andere Bundesligisten zutreffen - nicht einfach kompensiert werden.
Die Talfahrt allein Chefcoach Ola Lindgren anzulasten, wäre falsch und zu einfach. SIcher muss der Trainer-Novize in einigen Situationen noch dazulernen. Auf der anderen Seite verdeutlichen die Leistungen der Handballer, die sie phasenweise zeigen, dass der Schwede gute Arbeit leistet. Seine Aufgabe wird es sein, das Potenzial dauerhaft und über die gesamte Spielzeit abzurufen. Die Mannschaft muss ihren Teil dazu beitragen, indem sie versucht, die Saison so gut wie möglich zu Ende zu bringen.
Für die Zukunft sind aber auch personelle Veränderungen unabdingbar, wenn wieder erfolgreicher Handball gespielt werden soll im Euregium. Es bedarf einer genauen Analyse, bei der Namen keine Rolle spielen dürfen. Wer HSG-Manager Bernd Rigterink kennt, wird aber wissen: Den Macher des Bundesliga-Handballs in der Grafschaft wurmt die Entwicklung sehr. Er wird im Hintergrund bereits die Fäden ziehen, um wieder eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine zu stellen.
Wunderdinge und Titel sollten jedoch nicht erwartet werden. Ein neues Team aufzubauen braucht Zeit. Die Mannschaft, die vor zwei Jahren die Vizemeisterschaft geholt hat, spielte im Kern seit einigen Jahren zusammen. Vielleicht hilft manchmal eine ganz einfache Sicht der Dinge: Bundesliga-Handball in Nordhorn ist schon ein Erfolg.
(Quelle: Grafschafter Nachrichten vom 17.04.04)