"Es macht wirklich Spaß hier" - "Apollo" Just im Interview
In der Saison 1996/97 schaffte Stephan Just mit seinem Heimatverein ThSV Eisenach den Sprung in die Bundesliga, entwickelte sich zu einem der Leistungsträger und stemmte sich mit seiner Mannschaft sechs Jahre erfolgreich gegen den Abstieg. Nach dem Wechsel zum SC Magdeburg und einem kurzen Gastspiel in Schwerin scheint der vierzehnfache Nationalspieler nun in Minden eine neue sportliche Heimat gefunden zu haben. Dabei geht es allerdings in dieser Saison erneut gegen den Abstieg. Im Interview mit handball-world.com gibt Stephan Just aber nicht nur Auskunft über die sportliche Situation. Unter anderem werden auch Fragen geklärt, wie zum Beispiel die Herkunft seines Spitznamens "Apollo".
Vorab eine private Frage: Dein Spitzname ist Apollo. Da es den gleichnamigen Radiosender und den gleichnamigen Sportwagen erst seit kürzerer Zeit gibt und Du auch keine Brille trägst (Apollo-Optik) scheint der Spitzname mit dem griechischen Gott zu tun zu haben. Wollte Dir damit jemand schmeicheln, dass Du aussiehst wie ein griechischer Gott, oder hat es mit einem der Beinamen Apollos zu tun. Zerstörer, Vernichter, Unheilabwehrer oder "Der fernhin Treffende" sind für einen Handballer ja durchaus positiv besetzte Begriffe.
Stephan Just:
Nein, mein Spitzname hat nichts mit alledem zu tun. Ich habe ihn schon in früher Kindheit von meinem Vater geerbt. Obwohl ich damit nicht sagen möchte, dass mein Vater nicht gut ausschaut. Früher war dann halt immer noch der Zusatz Junior dabei.
Zum Sportlichen: In der Rückserie schienst Du mit Minden dem sicheren Klassenerhalt entgegenzusteuern. Nach dem überraschenden Heimsieg gegen Kiel und dem Unentschieden gegen Flensburg innerhalb von einer Woche folgten unter anderem drei Siege in Folge im April und nach dem 26:23 im Kreisderby gegen Lübbecke schien das Saisonziel erreicht. Nach der Heimniederlage gegen Wilhelmshaven und dem 27:29 in Pfullingen ist das Abstiegsgespenst nun aber wieder zu Gast in Minden, wie ist die Stimmung bei Dir und in der Mannschaft?
Stephan Just:
Ja, wir hatten natürlich unsere Hinrunde etwas unglücklich gestaltet, so dass wir eben in der Rückrunde umso mehr Gas geben mussten. Das haben wir dann ja auch getan. Die Mannschaft wuchs zudem noch dichter zusammen und eben das zeigte sich auch auf dem Spielfeld. Wir schafften ein paar Überraschungen, aber leider konnten wir zuletzt in zwei "entscheidenden" Spielen den vielzitierten Sack nicht zumachen. So stecken wir auch jetzt noch mitten im Kampf um den Klassenerhalt.
Von Besirevic und Kouzelev abgesehen, sind Du und Vukas mit Jahrgang 79 die ältesten Spieler in der jungen GWD-Mannschaft. Kannst Du, auch mit Deiner Erfahrung im Abstiegskampf, den jungen Spielern helfen?
Stephan Just:
Natürlich versuche ich auch den jungen Spielern zu helfen, sie zu motivieren. Aber ich denke gerade bei unserer Truppe ist es nicht so schwierig, wir sind jung, dynamisch und hungrig auf den Erfolg, so dass die Motivation sich automatisch hochpushed. Zudem haben wir ja mit Richard Ratka auch einen guten Trainer und feinen Menschen der weiß worauf es ankommt und die richtigen Worte findet.
Mit Apollo wurde auch die Weissagung in den Orakelstätten des antiken Griechenland verbunden. Wer könnte also besser einen Tipp abgeben, ob Minden den Klassenverbleib schafft. Reicht das Polster von zwei Punkten auf Relegationsplatz 16 bei noch ausstehenden drei Spielen, wobei mit Nordhorn, in Hamburg und gegen Magdeburg schwere Aufgaben bevorstehen?
Stephan Just:
Gute Frage... Wir sind trotz der beiden Rückschläge immer noch guter Dinge. Wir haben zwar ein schwieriges Restprogramm, aber wir sind auf jeden Fall in der Lage auch in diesen drei Spielen die nötigen zwei Punkte zu holen um es den anderen Mannschaften die um das Überleben in der Bundesliga kämpfen so schwierig wie möglich zu machen.
Der Vorsprung auf Pfullingen beträgt fünf Punkte, theoretisch könnte sogar der direkte Abstieg drohen. Hat sich die Mannschaft damit nach der Niederlage in Pfullingen beschäftigt oder macht ihr Euch darüber keine Gedanken mehr?
Stephan Just:
Klar, theoretisch ist alles möglich, aber dafür müsste es für die Mannschaften, die noch hinter uns stehen schon optimal laufen. Sicherlich, Gedanken macht man sich darüber, aber das muss schnell wieder aus den Köpfen raus. Wir haben noch drei Spiele und auf diese müssen wir uns jetzt konzentrieren.
Abgesehen davon, welcher Erstligist in die Relegation muss. Bei der derzeitigen Situation, gibt es überhaupt eine reelle Chance für den Gegner aus der Zweiten Liga?
Stephan Just:
Solche Spiele haben immer ihre eigenen Gesetze, die kann man nicht mit normalen Bundesligaspielen vergleichen. Ich habe es selbst schon erlebt, auch nach einem deutlichen Sieg im ersten Spiel ist noch nichts gewonnen. Deswegen hat jeder Verein seine Chance.
Mit Snorri Gudjonsson warst Du der einzige externe Neuzugang zu dieser Spielzeit und bist dabei nach Arne Niemeyer gleich zweitbester Schütze Mindens. Mit 132 Treffern liegst Du sogar unter den Top 30 in der Torschützenliste und das obwohl Richard Ratka Dich von der angestammten Kreisposition auch teilweise auf die Rückraum Mitte verschoben hat. Wie bist Du mit Deiner Rolle und Deiner Situation in Minden zufrieden?
Stephan Just:
Ich fühle mich eigentlich recht wohl hier, es ist eine schöne kleine Stadt und die Mannschaft ist super. Es macht wirklich Spaß hier. Und wenn ich recht überlege habe ich in den letzten Jahren auch mehr im Rückraum gespielt als am Kreis, mir ist das ziemlich egal. Tore hin oder her, was am Ende dabei rauskommt ist entscheidend. Wenn ich mit meinen Toren der Mannschaft helfen kann, dann freut mich das umso mehr und ist viel wichtiger als wo ich in der Torschützenliste stehen.
Im Rückblick auf die Saison. War der Siebenmeter zum 28:27 im September Sekunden vor Ende des ersten "richtigen" Heimspiel gegen Wetzlar der wichtigste Treffer der Saison? Immerhin bedeutete er am vierten Spieltag den ersten Saisonsieg und dieser, wie sich jetzt herausstellt, gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf.
Stephan Just:
Sicher war das ein wichtiges Tor und ich freue mich das ich es machen konnte. Aber ich denke, es haben auch andere Spieler in wichtigen Spielen und wichtigen Spielsituationen entscheidende Tore für uns gemacht und uns so Punkte gesichert. Daher mache ich mir da nicht viele Gedanken, um es mit Lukas Podolski zu sagen: "Wenn das Ding drin ist, dann ist das Ding drin."
Du giltst nicht unbedingt als einfacher Spieler und hattest durch Deine offene und direkte Art auch bei einigen Vereinen Probleme. Wie sieht das in Minden aus, wie kommst Du mit dem Umfeld und Trainer Richard Ratka klar?
Stephan Just:
Nun ja, ich bin halt sehr emotional und lieber direkt. Das ist manchmal vielleicht auch der schlechtere Weg, aber wer mach schon alles richtig? Ich habe damit hier aber keine Probleme, sicherlich kommt auch ab und an eine Unklarheit oder Meinungsverschiedenheit auf, aber dann wird darüber gesprochen und gut ist es. Die Leute, die mich kennen, wissen wie ich bin und verstehen meine Art. Und die, die mich nicht kennen, die müssen ja auch nicht alles verstehen.
Nach dieser aus Deiner Sicht bislang sehr erfolgreichen Saison und in Anbetracht der zuletzt durchwachsenen Leistungen der Nationalmannschaft nach denen Heiner Brand Konsequenzen androhte, machst Du Dir noch Hoffnungen auf einen erneuten Anruf des Bundestrainers und auf Länderspiel Nummer 15 oder ist dieses Kapitel für Dich abgeschlossen?
Stephan Just:
In den letzten zwei Jahren war es natürlich auch schwierig, auf mich aufmerksam zu machen. Sicher hat es auch ein wenig mit meiner eben angesprochenen Art zu tun. Primär ist derzeit der Verein im Vordergrund, aber es wäre schon ein toller Bonus. Ich würde mich schon sehr freuen, wenn ich mal wieder eingeladen werden würde.
Abschließend noch eine private Frage, die gerade von einer Person aus der Stadt des Kreiskonkurrenten Nettelstedt kommt. Nach dem Ende Deiner Beziehung mit einer Handballbundesligaspielerin, hast Du schon wieder eine neue? Und falls ja, ist es etwas Ernstes oder haben die Mindener Mädels noch Chancen?
Stephan Just:
Aus Nettelstedt? Das kann doch nur von meinem Kumpel dem "dicken" Fichte kommen! Er hat doch meine Nummer, dann kann er mich doch selber fragen.
Es war nicht Fichte, aber ich werde Deine Nummer weitergeben, dass die Person direkt nachfragen kann.
Danke für das offene Interview und viel Glück für die verbleibenden Spiele, den Kampf um den Klassenverbleib und dafür, dass der Bundestrainer eventuell doch noch einmal anruft.
Quelle: handball-welt.de