Überirdischer Ianos zieht TVG den Zahn
Grosssachsen. Gänsehautstimmung am Samstag in der Sachsenhalle: Knapp 1000 Fans verwandelten die Großsachsener Sporthalle im Hirschberger Ortsduell in einen Handballtempel. Am Ende einer hochdramatischen Oberliga-Partie hatten die Gäste der SG Leutershausen Gastgeber TVG beim 21:22 (9:12) die erste Heimniederlage der Saison beigebracht. Und nach dem Schlusspfiff wurden die verdienten Sieger genauso bejubelt wie die Unterlegenen - Handballherz, was willst Du mehr?
Die Begegnung des Zweit- gegen den punktgleichen Drittplatzierten entschied hauptsächlich ein Mann: Liviu Ianos. Was der ehemalige rumänische Nationaltorhüter an Paraden zeigte, war fast schon überirdisch. 18 glasklare Großsachsener Torchancen machte Ianos zunichte, fischte Bälle aus allen Torwinkeln und ebnete der SG Leutershausen den Weg zum Erfolg.
"Ich bin genauso ein Spieler dieses Teams wie jeder andere auch. Heute hat die Mannschaft gewonnen, die konsequenter und konstanter gespielt hat", wiegelte der 39-Jährige zwar alle Lobeshymnen ab, war aber unbestritten der Mann des Abends. Das erkannten auch die unterlegenen Gastgeber an. "Iani hat sein Tor einfach vernagelt. Aber lieber hätten wir heute haushoch verloren, als nur mit einem Tor", sagte Großsachsens Bester, Florian Sauer. Der TVG-Kreisläufer traf selbst achtmal, konnte aber nur den Kopf schütteln, über die immense Fehlerquote im Spiel.
Die zeigte, wie nervös beide Teams zur Sache gingen, einfachste Dinge klappten plötzlich nicht mehr und sorgten dafür, dass die Begegnung auf spielerisch schwachem Niveau stand. Das schönste Tor des Spiels - ein von SGL-Kapitän Matthias Rohr eingeleiteter, durch Jonas Gunst weiter gespielter und von Fabian Müller vollendeteer Kempa-Trick zum 6:8 in der 19. Minute - blieb die Ausnahme.
Die Regel in diesem Spiel war allerdings die Leutershausener Führung, denn nach dem 5:3 durch Florian Sauer in der 12. Minute, hatte sich die SGL-Deckung besser auf das Großsachsener Angriffsspiel eingestellt. Philipp Müller traf in der 16. Minute zum 5:6 und diesen Vorsprung gab Leutershausen bis zum Spielende nicht mehr ab.
Entscheidend dafür war nicht nur der überragende Liviu Ianos, sondern auch die hervorragende Abwehrarbeit der Teufel. Im Zusammenspiel mit ihrem Torhüter zogen Matthias Rohr und Sven Rüffer im SGL-Mittelblock Großsachsens Rückraum den Zahn, provozierten immer wieder unvorbereitete Würfe des Gastgebers. Tobias Kohl und Tobias Brahm brauchten für ihre fünf Tore 21 Versuche und auch Mark Wetzel verzweifelte immer wieder an "Teufelskerl" Ianos.
Trotzdem steckte Großsachsen nie auf. Auch nicht, als Fabian Müller in der 47. Minute per Gegenstoß schon das 15:19 erzielt hatte. TVG-Trainer Michael Sahm ordnete jetzt eine enge Deckung für Matthias Rohr an. Dominic Sauer zog das Großsachsener Angriffsspiel nun konsequenter auf, was zu überlegteren Angriffsaktionen des TVG führte.
Allerdings änderte dies nichts daran, dass Liviu Ianos einfach nicht zu überwinden war. Nach dem 18:19 durch schöne Kombination der Zwillinge Dominic und Florian Sauer (52.), zimmerte Brahm den Ball ans Lattenkreuz, Otterbeck scheiterte frei am Kreis und so markierte Tobias Geiling in der 56. Minute das 18:20.
Eine erneute Sauer-Kombination brachte noch einmal das 19:20, doch im Gegenzug erwies sich Jonas Gunst beim letzten seiner acht traumhaft sicher verwandelten Siebenmeter erneut als Mann ohne Nerven.
Zwar traf Dominic Sauer zum 20:21, scheiterte im nächsten Angriff allerdings am Großsachsener Mittelblock. Den daraus resultierenden Gegenstoß nutzte Fabian Müller 80 Sekunden vor Spielende zum entscheidenden 20:22. Zu mehr als dem 21:22 durch Florian Sauer sieben Sekunden vor Schluss reichte es nicht.
Nach dem 27:26-Erfolg von Großsachsen im Hinspiel ist die interne Ortsbilanz nun also ausgeglichen, auch wenn der TVG im direkten Vergleich wegen der mehr erzielten "Auswärtstore" die Nase vorn hat.
Ein Umstand, der in der Endabrechnung wichtig sein könnte. Denn in die Regionalliga steigen sowohl der Tabellenerste, als auch der Zweitplatzierte auf. Steht eine Mannschaft dann punktgleich auf Rang drei, zählt der direkte Vergleich mit dem Zweitplatzierten und nicht das Torverhältnis. Das Titelrennen bleibt spannend - bei der Ausgeglichenheit in der Spitzengruppe wahrscheinlich bis zum Saisonende. AT
Wir wollen Zugabe!
Gut, in Leutershausen gibt es keinen Bundesliga-Handball mehr. Das schmerzte, doch wer die Stimmung in den beiden Ortsderbys miterlebt hat, der wünscht sich mehr Duelle dieser Gegner. Selten gab es zu Bundesligazeiten die Gänsehaut, die TVG- und SGL-Fans am Samstag in die Sachsenhalle zauberten. Wer vermisst da die 2. Liga?
Was Hirschberg braucht, sind weitere Duelle der beiden Ortsvereine - egal in welcher Liga. Bei zwei zu vergebenden Aufstiegsplätzen gibt es nur einen Wunsch: den Aufstieg von TV Großsachsen und SG Leutershausen. Oder, allerdings nur als zweite Wahl, eben den Oberligaverbleib beider Hirschberger.
Denn dieses Aufeinandertreffen bietet Zünd- und Gesprächsstoff für eine komplette Saison, ein Höhepunkt, dem Beteiligte und Fans entgegen fiebern und der sich nun im Fernduell fortsetzt. In Großsachsen gelingt es mit solider Arbeit, einem gesunden finanziellen Konzept und einer gewachsenen Mannschaft an der Tabellenspitze mitzumischen. Ebenso wie in Leutershausen, wo das Kunststück gelang, binnen eines halben Jahres,eine Mannschaft quasi aus dem Nichts zu zaubern.
Was die Vereine und deren Verantwortliche da auf die Beine gestellt haben, verlangt nach Zugaben - Handballfans wollen mehr! Am liebsten in der Regionalliga, wo dann auch noch Hemsbach und Birkenau vertreten sind.
Weinheimer Nachrichten 07.01.2008