Wallau bricht unter dem Druck zusammen
Nach dem verpassten Aufstieg in die zweite Liga scheiden Trainer und Manager aus ihren Ämtern
Die Handballer der SG Wallau / Massenheim haben den Aufstieg in die zweite Liga am letzten Spieltag noch verspielt. Durch ein 30:40 (12:16) gegen den direkten Konkurrenten TV Kirchzell mussten die Hofheimer das Team aus Unterfranken in der Abschlusstabelle der Regionalliga Südwest noch an sich vorbeiziehen lassen.
Hofheim • "Es ist deprimierend, wenn man die ganze Saison Tabellenführer war und am Ende noch abgefangen wird", bekannte Wallaus Manager Bernd Wagenführ. Schon ein Unentschieden gegen die Gäste hätte der SG gereicht. Aber eine Punkteteilung war in dem Aufstiegsendspiel in der mit gut 1100 Zuschauern überfüllten Wallauer Ländcheshalle nie wirklich in Sicht. Dabei hatte alles noch recht gut angefangen. Wallau führte durch zwei Tempogegenstöße mit 7:5.
Dann ging plötzlich nichts mehr. Wallaus Torsteher Matthias Beer bekam keinen Ball mehr zu fassen, sein Gegenüber Thomas Bolling wurde hingegen zum überragenden Akteur des Spiels. Kirchzell erzielte fünf Tore in Folge. Die junge Wallauer Mannschaft reagierte auf den Rückstand zunehmend nervöser. Bezeichnend für die Lage war ein Siebenmeter Mitte der ersten Halbzeit: Kirchzells Schlussmann Bolling rutschte weg und lag flach am Boden, Wallaus Michael Allendorf warf den Ball über das quasi leere Tor. "Wacht auf!", schrie der verzweifelte Trainer Jörg Schulze von der Seitenlinie.
Auch nach der Halbzeit bot sich das gleiche Bild: Kirchzell traf aus nahezu jeder Lage, Wallau verdaddelte die Bälle durch riskante Anspiele an den Kreis oder überhastete Abschlüsse. Kurz keimte noch einmal, eine Viertelstunde vor Schluss beim Stand von 23:25, Hoffnung auf. Aber die Gastgeber verkrampften und die Gäste spielten sich in einen Rausch. Schon Minuten vor dem Abpfiff konnten die gut 100 mitgereisten Fans aus Unterfranken den Aufstieg feiern.
Immerhin erwiesen sich die Wallauer, die bereits im Hinspiel mit 24:30 unterlegen waren, als faire Verlierer. "Wer zweimal so souverän gegen uns gewinnt, der hat den Aufstieg auch verdient", bekannte Bodo Ströhmann. Der Meinung des Wallauer Urgesteins schlossen sich Verantwortliche und Spieler an. Dennoch ist der verpasste Aufstieg in die Zweitklassigkeit für den zweimaligen deutschen Meister bitter. "Nur fünf Minuspunkte", stammelte Fabian Bohnert konsterniert. Der Wallauer Spieler, der sich noch am heftigsten gegen die drohende Niederlage gestemmt hatte, sprach die besondere Lage in der Regionalliga Südwest an. Beide Mannschaften weisen 51:5 Punkte auf und marschierten gemeinsam durch die Liga. Zum Vergleich: In der Regionalliga Süd steigt der TV Bittenfeld mit 28:8 Punkten aus einer Finalrunde in die zweite Liga auf.
Am größten schien die Enttäuschung bei Trainer Schulze. "Ich fühle mich ziemlich leer", so der Coach, der erst eine halbe Stunde nach Spielschluss überhaupt wieder Worte gefunden hatte. "Vielleicht ist das ein Entwicklungsschritt, den wir machen müssen." Immerhin hatte auch Kirchzell drei Anläufe für den Aufstieg benötigt. Und die junge Wallauer Mannschaft hatte durch den Zwangsabstieg eine "enorme Erwartungshaltung aufgebürdet bekommen", so Schulze.
Zudem scheint nicht ganz klar, ob der finanziell klamme Verein überhaupt eine schlagkräftige Zweitligamannschaft hätte auf die Beine stellen können. Die Gefahr, die Hochstimmung in Wallau könnte nach dem verpassten sofortigen Rückschritt in Richtung Handball-Oberhaus abebben, sehen die Wallauer Verantwortlichen jedoch nicht. Allerdings wird Trainer Schulze seine Tätigkeit beenden und sein Amt Carsten Bengs überlassen, der vom Zweitligisten TSG Münster zurückkehrt. Zudem zieht sich Manager Wagenführ aus dem operativen Geschäft zurück und wird der SG nur noch bei der Sponsorensuche zur Seite stehen. Als Gründe nannte der Verein Wagenführs "angeschlagene Gesundheit" sowie sein "großes Engagement im Beruf".
Die Mannschaft zumindest bleibt weitestgehend zusammen. Bis auf Michael Allendorf und Markus Rossmeier haben alle Spieler noch gültige Verträge. "Der Verein sollte sein Konzept beibehalten und auf junge Spieler setzen", sagte der ehemalige Wallauer Jan-Olaf Immel, der auf der Tribüne mitgefiebert hatte. Den Ratschlag wird der Verein schon wegen seiner finanziellen Situation beherzigen.