CHRISTIAN FITZEK: MEHR ALS EIN CO-TRAINER
12.08.04 - Fachmann: Der Ex-Nationalspieler will die Strukturen in Hamburg neu belebenVon Björn Jensen Hamburg - Wäre Christian Fitzek zu Gast bei "Was bin ich?", dem Beruferaten im Fernsehen, müsste er lediglich seine Hände vorzeigen, und der Fall wäre klar. Groß sind sie, kräftig zudem, gestählt in 112 Länderspielen für die Nationalmannschaft. Mit diesen Händen muss man Handball spielen. Oder Handball arbeiten, und das ist es, was Fitzek in den kommenden zwei Jahren in Hamburg vorhat. Der 43-Jährige ist seit 1. Juli Co-Trainer der Bundesliga-Männer des HSV Hamburg und Landestrainer des Hamburger Verbandes in Personalunion. Nach vier Jahren als Trainer von FrischAuf Göppingen entschied er sich für diesen Schritt, "weil es für mich ein richtiger Sprung ist, eine Weiterentwicklung meines Berufs, die mich sehr gereizt hat". Nun hat es der gelernte Vermessungstechniker beim HSV mit einem Chef zu tun, dem eine dominante Art im Umgang mit Mitarbeitern nachgesagt wird. Bob Hanning ist jedoch überzeugt davon, mit Fitzek den richtigen Partner gefunden zu haben. "Er war mein Wunschkandidat. Wir haben dieselbe Handball-Philosophie, werden uns perfekt ergänzen." Ihr Kontakt war Mitte der 90er-Jahre entstanden, als sie sich als Zweitliga-Trainer in Melsungen (Fitzek) und Solingen gegenseitig mit Infos über Gegner versorgten. "Da haben wir gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge liegen", sagt Fitzek. Die Kompetenzbereiche seien klar abgesteckt. "Ich mache das Torwarttraining in Alleinregie, kümmere mich um die Video-Vorbereitung. Aber im Spiel ist Bob der Ansprechpartner. Wir sitzen beide auf der Bank, aber er ist derjenige, der die Entscheidungen trifft", erklärt Fitzek. Wichtig sei, nach außen mit einer Stimme zu sprechen, "auch wenn wir intern kontrovers diskutieren werden". Sich hinter Hanning einzuordnen falle ihm nicht schwer, sagt der frühere Bundesliga-Profi, der mit Gummersbach den Europapokal der Landesmeister gewann. "Nur im Spiel nicht laut werden zu können, daran muss ich mich noch gewöhnen." Disziplin und Leistungsdenken sind die Schlagworte, mit denen Fitzek seine Ansprüche an das Team umreißt. "Ich bin kein Co-Trainer, bei dem sich die Spieler ausweinen können." Hanning schätzt genau das sehr: "Mit Christian haben wir eine neue Trainingsqualität bekommen." Und nicht nur das: Fitzek soll am Sonnabend beim Vorbereitungsturnier in Dessau auch die spielerische Qualität heben. Aufgrund der Personalknappheit - fünf HSV-Asse spielen bei Olympia - muss der einstige Kreisläufer selbst ran. "Mein Pass ist beantragt, und für ein paar Minuten wird es sicherlich reichen", sagt er. Dass neben dem HSV die Arbeit für den Verband nicht zu kurz kommt, ist Fitzek ein wichtiges Anliegen. "Hamburg hat fast keine Jugendteams mehr. Durch die Symbiose, die ich mit dem HSV herstelle, will ich eine Basis erschaffen, um die einstige Handball-Hochburg Hamburg wieder zu beleben." Gerade dieses Modell sei es gewesen, das den Ausschlag für den Wechsel nach Hamburg gab. Hier fühlt sich der Fußball-Fan (Schalke 04) spätestens seit dem Umzug in der vergangenen Woche heimisch. Mit seiner Familie - Ehefrau Doro, den Töchtern Antonia (12) und Lucie (6) sowie Sohn Joscha (10) - wohnt er in Norderstedt, in Wurfnähe von Trainingszentrum und Geschäftsstelle. Dort, im Kreise seiner Familie, will er abschalten vom stressigen Handball-Alltag. Oder er geht Golf spielen. Ruhige Hände hat er also auch.