Erster Vogelgrippe-Verdacht in Deutschland
In Deutschland ist der erste Verdacht auf Vogelgrippe aufgetreten. Auf Rügen seien vier tote Schwäne gefunden worden, sagte die Sprecherin des Bundesagrarministeriums der dpa am Dienstagabend in Berlin. Ein Schnelltest habe bei zweien dieser Schwäne den Verdacht auf den gefährlichen Virus H5N1 ergeben. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) wollte sich noch am Dienstagabend vor der Presse dazu äußern. Bereits vor diesem Verdachtsfall hatte Seehofer am Dienstag den Beginn der Stallpflicht vom 1. März auf den 20. Februar vorgezogen.
Hintergrund Die wichtigsten Fragen
Neue Risikobewertung
"Die Vogelgrippe macht uns zunehmend Sorgen", sagte Seehofer am Dienstag nach einem zweitägigen Treffen mit Experten in Berlin. Grundlage für den vorgezogenen Termin sei eine neue Risikobewertung durch das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Das Freilaufverbot gilt zunächst bis Ende April. Auch Geflügelmärkte und -schauen werden wieder befristet verboten. Die Beobachtung von Wildvögeln soll verstärkt werden. Unterdessen meldeten Österreich, Italien, Griechenland und Iran Vogelgrippe-Verdachtsfälle bei Vögeln.
Seehofer: Virus kommt "auf uns zu"
"Es ist eine Besorgnis erregende Entwicklung, mit welchem Tempo sich das Virus ausbreitet - auf uns zu", sagte Seehofer. Die Ursache für die jüngsten Funde des H5N1-Virus bei Schwänen in Italien, Griechenland, Bulgarien und Kroatien sei jedoch weiterhin unklar. Deshalb habe das Bundesforschungsinstitut das Vorziehen der Stallpflicht dringend empfohlen, betonte Seehofer. Das Risiko für mögliche Infizierungen von Hühnern und sonstigen Nutzvögeln mit dem aggressiven Virus H5N1 ließ Seehofer von "niedrig" auf den zweithöchsten Grad "mittel" hoch stufen.
Dramatische Veränderungen in den vergangenen 14 Tagen
Wenn man sich die Influenza-Entwicklung der vergangenen 14 Tage auf der Landkarte anschaue, seien dramatische Änderungen festzustellen, sagte Seehofer. Sei seit Auftauchen des Tiervirus in der Türkei und Rumänien mehr die Südost-Flugroute ins Visier gekommen, müsse man den Vogelzug im Frühjahr von Afrika aus auch über die Zentral- und die Südwest-Zugroute erwarten - den Heimflug über Gibraltar und die iberische Halbinsel oder über Italien nach Europa und besonders Westdeutschland. Damit berühre das Vogelgripperisiko Deutschland auf der Ost- und Westflanke.
Vogelgrippe oder Grippe? Symptome ähneln sich nur anfangs
Pandemie Wie gefährlich ist die Vogelgrippe für Menschen?
Tote Tiere grundsätzlich nicht mit bloßen Händen anfassen
Mit den Bundesländern sei vereinbart, aktiv nach verendeten Schwänen zu suchen, um möglichst viele dieser ""anscheinend sehr empfänglichen Tiere" im Rahmen einer Wildvogel-Beobachtung zu überwachen. Die Bevölkerung solle den Behörden bei der Überwachung helfen und entsprechende Tierfunde melden. "Auch unabhängig von der Vogelgrippe sollten verendete Tiere grundsätzlich nicht mit bloßen Händen angefasst werden." Seehofer appellierte erneut an Reisende, kein lebendes Geflügel oder Fleisch davon einzuführen. Bei illegalem Handel - auch mit Ziervögeln, Trophäen und Federn - wird das Einschleppungsrisiko vorsichtshalber als hoch eingeschätzt.
Neue Verdachtsfälle in verschiedenen europäischen Ländern
Nach dem Virus-Befall von Schwänen erstmals auch in Italien und Griechenland war es am Dienstag in Slowenien und Österreich zu weiteren Verdachtsfällen gekommen. Auch hier stand noch die letzte Prüfung aus, ob es sich um den gefährlichen Virus-Typ H5N1 handelt.
Europa nach Expertenmeinung stark bedroht
Europa ist auch nach Einschätzung der Welternährungsorganisation (FAO) in Rom derzeit stark von der Vogelgrippe bedroht. Das größte Risiko gehe von Zugvögeln aus, die aus befallenen Regionen Afrikas zurückkehren. Die FAO rief die Regierungen auf, Geflügel vor Infektion mit dem Virus zu schützen. "Für das europäische Geflügel besteht zur Zeit eine echte Gefahr", sagte Samuel Jutzi, Direktor der FAO-Abteilung Tierschutz und Gesundheit. Sein Kollege Juan Lubroth ergänzte: "So lange wir das Hausgeflügel schützen, gibt es keine Gefahr für Menschen." EU-Experten für Tierseuchen kommen an diesem Mittwoch in Brüssel zusammen, um über weitere Schutzmaßnahmen gegen die auch für den Menschen gefährliche Vogelgrippe zu beraten.