• Ich hätte mal eine Frage. Ich denke, dass ich in dieser Rubrik richtig bin.

    Es beschäftigt sich mich schon seit langem, dass in der Bundesliga praktisch kein Schrittfehler mehr gepfiffen wird. Da werden beim Tempogegenstoß teilweise 5 oder 6 Schritte vor dem Abspringen gemacht, und das wird nie geahndet. Auch beim Positionsspiel rennen Spieler manchmal quer von links nach rechts oder umgekehrt an der Abwehr vorbei, ohne dass ein Schiedsrichter einschreitet. Schrittfehler wird eigentlich nur noch "angezeigt", wenn es darum geht zu begründen, warum ein Vorteil abgepfiffen wurde.

    Wieso ist das so? Gibt es eine Anordnung, dass darauf nicht mehr so streng geschaut werden soll? Ist Euch das auch schon aufgefallen? Was sagt Ihr dazu?

    Ich finde es ziemlich schade, denn die "3 Schritte" sind für mich sowas wie eine Basisregel vom Handball, die ich als Spieler von klein auf gelernt habe.

  • Also ich denke wirklich nicht, dass es in der BULI Anweisungen gibt, Schritte nicht zu pfeiffen!!! :nein:

    Ich behaupte jetzt mal ganz stark, dass alle BULI-SR in der Lage sind 5 oder 6 Schritte zu erkennen und diese auch abpfeiffen! Als Ausnahme würde ich nur gelten lassen, dass ihnen die Sicht verdeckt war (allerdings nicht bei 6 Schritten, denn das ist am Bewegungsablauf zu erkennen).

    Zustimmen würde ich dir bei 3 oder 4 Schritten; gerade hier ist es sehr schwierig, den Nullschritt (oder auch den "Nachziehschritt") richtig zu erkennen :D. Wichtig wäre mir wenigstens dabei, dass Gespanne in diesem Fall "ihre Linie" im Spiel halten.

    Das Anzeigen von "Schritten" als Alibi sehe ich allerdings als grobe Unterstellung deinerseits :nein: - kein BULI-SR hat es nötig, Alibi zu pfeiffen (ich denke, dann wär er auch nicht mehr in dieser Liga). Dieses Zeichen dient wohl eher dazu, den Spielern und den Zuschauern zu signalisieren, dass hier ein regelwidriges Tor / Vorteil erzielt worden wäre, ist also neudeutsch eine Servicedienstleistung. Wenn du im TV mal genau hingesehen hättetst, wird dieser Hinweis von Spielern und Offiziellen auch anerkannt (z.B. Nicken, Armheben...).

    Also bitte "die Kirche mal im Dorf lassen" ;)

  • Also eins mal vorneweg: Ich möchte hier keinem etwas unterstellen. Mich interessiert einfach nur, wieso das so ist.

    Ich habe auch nicht behauptet, dass ein Schiedsrichter Alibi pfeift, wenn er beim Abpfiff eines "Vorteils" Schrittfehler anzeigt. Vielleicht habe ich das falsch ausgedrückt, sorry. Ich wollte damit eigentlich nur sagen, dass dies so ziemlich die einzigen Situationen in einem Spiel sind, in dem das Handzeichen für Schrittfehler angezeigt wird.

    Ich gehe auch davon aus, dass alle Bundesliga-Schiedsrichter 5 oder 6 Schritte erkennen sollten. Aber warum wir das dann nicht geahndet? Ich kann jetzt kein konkretes Beispiel nennen, über das man diskutieren könnte. Aber es ist nach meinem Gefühl so, dass es pro Spiel bestimmt 5 Situationen gibt, in denen ich 100%ig einen Schrittfehler erkenne, und bei denen das nicht abgepfiffen wird. Ich habe selbst lange gespielt und sehe pro Saison bis zu 20 Spiele live. Von daher denke ich schon, dass ich das richtig beurteilen kann. Natürlich gibt es auch Grenzfälle, von denen möchte ich gar nicht sprechen. Aber es gibt auch ganz klare Situationen, bei denen ich mich immer wieder wundere.

    Und nochmal, ich möchte hier keinem Schiedsrichter was unterstellen. Es geht mir auch nicht darum, dass eine Mannschaft dadurch evtl. bevorteilt wird.

  • Das Problem liegt in der Komplexität der Dinge :D klingt vielleicht jetzt blöd, ist aber so. Auch wenn ich nicht in der Bundesliga unterwegs bin und außer Dienstags nicht die Zeit habe ein Spiel live anzusehen, kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass einem einfach mal was durchgeht.
    Auch wenn es im Fernsehen nicht so rüberkommt – ich kenne das aus den uns überlassenen Vereinsvideos wenn ich mich wieder frage wo ich die Augen hatte – das Spiel ist in den oberen Liegen so schnell und aktionsreich, dass einem schon mal ein vierter Schritt durchgeht.
    Mehr aber auch nicht. Auch bei einem Konter (hier ist man als Feld SR allein und hat folglich alles zu beachten) kommt es vielleicht mal zu einem vierten Schritt und es wird abgestanden. Aber Du sitzt gemütlich am Fernseher oder auf Deinem Tribünenplatz und hast nicht den Stress auf der Platte zu stehen. Alle diese Faktoren führen dazu, das auch ein BL-SR einen Fehler macht ...

    :hi:

  • Das deckt sich interessanterweise mit meinen Beobachtungen, wobei ich hier nicht über 5-6 Schritte sondern den vierten Schritt speziell beim Tempogegenstoss spreche. Das ist aber wohl wirklich sehr schwer zu erkennen und im Zweifel würde ich das auch Laufen lassen. Meist sieht man es dann auch erst gut in der Zeitlupe.

    Bei Foulspielen, die trotz möglichem Vorteil abgepfiffen werden, da der Spieler vermeintlich zu viele Schritte gemacht hat oder bereits im Kreis steht ist es letztlich ähnlich. Ich könnte es mir zumindest vorstellen, dass es hin und wieder tatsächlich einen Schiedsrichter gibt, der dies als "Alibi" (bitte nicht falsch verstehen) nutzt, obwohl er den Vorteil hätte laufen lassen können. Auch hier ist es letztlich sehr schwer zu unterscheiden, ob ein Schritt zuviel oder schon Bodenkontakt vorkam. Da ist man als Fan seines Teams bestimmt auch einmal gerne mit Vereinsbrille "objektiv".

    Die Beobachtung, dass Trainer undauch Spieler die von Schieri neu angesprochene Service-Leistung anerkennen, kann ich übrigens tatsächlich teilen. Ist mir schon öfter aufgefallen.

  • mhs:
    Ich habe wirklich Respekt vor Schiedsrichtern. Und gerade bei der immer schneller werdenden Spielweise verstehe ich durchaus, dass es immer schwieriger wird Entscheidungen zu treffen. Und natürlich kommen auch die Stress-Situationen dazu.

    Aber nochmal: Ich spreche eigentlich gar nicht so sehr über grenzwertige Fälle, die man erst in Zeitlupen erkennt. Und im Zweifel bin ich auch dafür die Offensiv-Aktion lieber durchgehen zu lassen. Mir geht es um die ganz klaren Schrittfehler.

    Gerade die Bundesliga-Schiedsrichter werden doch sicherlich stark geschult. Und da müsste dann doch auch ein Augenmerk darauf gelegt werden, dass man solche Regelüberschreitungen erkennt und ahndet.

    Warum wird es praktisch gar nicht mehr gepfiffen? Ich finde, dass ein Schrittfehler doch weitaus deutlicher zu erkennen ist als zum Beispiel ein Stürmerfoul. Da geht es ja wirklich um Sekundenbruchteile, ob der Abwehrspieler schon steht oder nicht. Das möchte ich manchmal wirklich nicht entscheiden.

  • was willstn lieber sehn Tore oder Konterwegpfiffe, weils eventuell 4 Schritte waren? Und abgestanden sieht man eigentlich nur richtig in der Zeitlupe, aber welcher Schiri hat die :)

  • Zitat

    Original von Theoitetos
    was willstn lieber sehn Tore oder Konterwegpfiffe, weils eventuell 4 Schritte waren? Und abgestanden sieht man eigentlich nur richtig in der Zeitlupe, aber welcher Schiri hat die :)

    :lol: Ja, genau. Der Schiri macht das 4 mal gegen das Heimteam, und es müssen wieder die Sonnenschirme ausgepackt werden. :wall: ;)

    Sicherlich wird das schon übersehen und auch über die Sache mit dem Abstehen habe ich mit Bekannten schon oft diskutiert. Aber ich denke mal, da das bei jeder Mannschaft so ist, gleicht sich das irgendwo aus. Und man kann es manchmal wirklich nur in der Zeitlupe sehen, dann sollte man auch mal ein Auge zudrücken.

  • Sehe das ähnlich. Habe in einem Spiel einmal einem Spieler des Heimteams 3 Tempogegenstöße abgepfiffen, zweimal wegen abgestanden und einmal wegen Schritte. Der Kommentar meines Partners und einiger objektiver Zuschauer: "War wohl die richtige Entscheidung, aber du hast dafür null Akzeptanz". Wenn dann Heim das Spiel verloren hätte, dann bist du als SR extrem stark in der Kritik.

    In der BuLi ist das wohl noch eine Spur heftiger. Ein BuLi-SR sagte mir mal, die Zuschauer kämen, um Tore und spektakulären Handball zu sehen, da muss man manchmal auch über Dinge hinwegsehen, besondern bei "abstehen" und dem 4. Schritt.

    Stelle dir einfach mal vor, ein SR würde 20 Mal Schritte abpfeifen und 5 Mal "Abgestanden", alles würde sich im TV als richtig erweisen. Wie viele der 10.000 Zuschauer in der Ostseehalle (oder nimm Magdeburg, Flensburg, Göppingen,...) sagen dann "Toll was der alles richtig gesehen hat. Endlich mal ein SR der das pfeift" und wie viele sagen "Boah, was pfeift der Blindmann denn jetzt schon wieder".

    Also: Manchmal einfach akzeptieren, wenn es nach Schritte aussieht. Einerseits gleicht es sich aus und andererseits ist es im Interesse der Zuschauer. Was nützt es dem Handball, wenn der SR alles richtig macht und im Mittelpunkt steht, aber die Zuschauer nicht mehr kommen, weil sie nicht mehr die Entscheidungen auf dem Spielfeld nachvollziehen können.

    Ich drücke mittlerweile auch mal ein Auge zu und treffe weniger absolut unpopuläre Entscheidungen wie "Schritte" und "Abgestanden". Dafür konzentriere ich mich mehr auf die Aktionen gegen den Körper und harte Fouls. Seitdem ist mein Leben als SR einfacher und die Akzeptanz bei den Vereinen größer.

    "Erfolg ist eine Folgeerscheinung, niemals darf er zum Ziel werden." (Gustave Flaubert)

  • Das Thema interessiert mich auch und ich versuche vor dem TV bei Gegenstößen die Schritte mitzuzählen - es geht nicht. Ich kann es einfach nicht! ;)

    Und "abgestanden" sehe ich auch erst in der Zeitlupe, bei ganz genauem Hinsehen - wenn überhaupt!

    Ich finde diese Entscheidungen also sehr schwierig, auch wenn man darauf achtet.

  • Das Thema Schrittfehler ist seit langer Zeit ein intensiver Schulungsschwerpunkt bei den DHB-SRn. Somit sind die Kameraden in jedem Fall auf dieses Thema nicht nur geschult, sondern auch sehr sensibel. Es mag sein, daß der Eindruck (nicht zu verwechseln mit Kenntnis) entsteht, daß es zu wenig beachtet wird. Meine Beobachtungen (ich sehe fast wöchentlich ein 1.Ligaspiel) teilen die hier aufgezeigte Tendenz nicht. Sicherlich werden hier und da mal Schrittfehler übersehen, aber insgesamt ist das Niveau der BL-SR im diesem Bereich deutlich besser geworden. Zu berücksichtigen ist in jedem fall der jeweilge Standort des Betrachters. Man sollte als Zuschauer so fair sein und überlegen, ob der SR unten auf der Platte überhaupt in der Lage gewesen sein kann, dies zu sehen und dann richtig zu entscheiden. Gerade im bereich der Tempogegenstöße ist jedem, der einmal unten auf dem Spielfeld mitgelaufen ist klar, wie schwer die Beurteilung ist.
    Für uns SR sollte es völlig egal sein, was andere über unsere RICHTIGEN Entscheidungen denken. Wenn ich als SR einen solchen Fehler erkenne, pfeife ich auch! Auch dann, wenn in Kiel oder sonst wo die Sitzkissen auf das Spielfeld fliegen. Dafür ist man schließlich Bundesliga-SR und darf ein entsprechendes Rückgrat erwarten.

    Entscheidend ist nicht was man pfeift, sondern wie man die Entscheidung verkauft ( vr316), daß ist die Kunst!!

  • Es ist halt manchmal wirklich schwierig, zu entscheiden ob das jetz 3 Schritte waren oder der 4 grad noch gesetzt wurde etc.
    Da kann ich keinem Schiri verübeln, wenn das nicht gepfiffen wurde.

    Wenn sich die Schrittzahl - wie letztlich bei uns geschehen - jenseits der 6 Schritte ohne prellen bewegt, sollte ich mich als Schiri doch fragen, ob ich da nicht nen Regelschwerpunkt übersehen habe.
    (Waren übrigens Regionalliga - Schiris :nein:)
    Mag sein, dass das jetz wieder parteiisch klingt, aber wenn man 9 Tore durch ne 6-Schrittfinte ohne prellen kassiert, geht Neutralität leicht flöten.

    Laying in bed, looking up at the stars, a single thought passed through my head.
    Where the fuck is my roof?

  • Danke für die vielen interessanten Beiträge. Ich möchte auch nochmal sagen, dass ich im Zweifel auch dafür bin, die Offensiv-Aktion laufen zu lassen. Also praktisch, wenn es an der Grenze zwischen 3 und 4 Schritten ist.

    Aber wenn es dieses Maß überschreitet, wenn man sich also bei 5 oder 6 Schritten bewegt, dann bin ich schon der Meinung, dass es geahndet werden sollte. Und mir geht es auch nicht nur um Tempogegenstöße sondern auch um Fälle im Positionsspiel.

    vr316:
    Ich kann auch zu einem gewissen Teil die Einstellung verstehen, dass man durch solche Entscheidungen nicht den Unmut der Zuschauer auf sich ziehen möchte, wenn es sich insgesamt zwischen den Mannschaften ausgleicht und somit niemand bevorteilt wird. Nur ist das auch langfristig gesehen richtig? Wenn die Spieler schon wissen, dass es eh nicht mehr gepfiffen wird, dann brauchen sie ja auch gar nicht mehr darauf achten. Und das kann ja letztendlich auch nicht Sinn der Sache sein, oder?

    Elber:
    Meine Beobachtungen sind eben etwas anders als Deine. Aber natürlich bestehe ich nicht darauf, dass meine Meinung die einzig richtige ist :) Und natürlich verstehe ich auch, dass es Fälle gibt, in denen der Schiedsrichter es einfach nicht erkennen kann. Ich finde Deine Einstellung auch gut, dass es dem Schiedsrichter egal sein sollte, was andere darüber denken, wenn die Entscheidung definitiv richtig ist. Bist Du denn selbst Bundesliga-Schiedsrichter?


    Ich bin gespannt auf weitere Beiträge von Beobachtern und Schiedsrichtern.