Unterschriftenaktion gegen türkischen EU-Beitritt

  • Mir ist durchaus klar, dass Deutschland das meiste Geld in die EU buttert und von daher (um es mit Heiner Brand zu sagen) "sicherlich" ein gewisses Mitspracherecht hat. Dennoch ist der Versuch eines (großen) Teils der deutschen politischen Opposition in der Türkei-EU-Frage einen internationalen(*) Alleingang dieser Art zu starten lächerlich und populistisch.

    Die Türkei war von dem zweiten Weltkrieg ein sehr fortschrittliches Land (der Skeptiker liegt da sehr richtig), also können wir es dieser Nation durchaus auch zubilligen, 70 Jahre später diese Anstrengungen wieder erfolgreich zu unternehmen und diesmal dauerhaft stabil zu werden.

    *) Einschränkung: Chirac ist mit seinem Ansinnen, die Franzosen über den Türkeibeitritt abstimmen zu lassen, genauso populistisch wie die Union. Finde ich.

    Außerdem hat Merz heute hingeworfen. Neben außenpolitischer Feinfühligkeit fehlt der CDU jetzt also auch der Innenpolitikexperte (Steuern, Wirtschaft). Aber diese Diskussion führt dann wohl ins Off-Topic.

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    6 Mal editiert, zuletzt von Felix0711 (12. Oktober 2004 um 17:08)

  • Naja, über einen EU-Beitritt der Türkei zu diskutieren ist ja an sich nicht verwerflich. Es gibt sicherlich einiges was dafür, aber auch einiges was dagegen spricht (Bsp. Menschenrechte oder auch die nicht vollzogene Trennung von Staat und Religion. Das passt natürlich schlecht in die europäische Landschaft).
    Aber sich auf das Niveau der Rechtsaußen-Parteien zu begeben, und diese dadurch indirekt zu legitimieren, halte ich nicht nur für ausgesprochen dumm, sondern auch für gefährlich.

  • Die CDU hat bisher in dieser Sache(Türkei EU Beitritt) keine gute Figur abgegeben. Speziell Frau Merkel hat mit ihren Äußerungen bezügl. des Beitritts früher in diesem Jahr, sehr viel Unmut nicht nur in der Türkei losgetreten. Ich würd mirwünschen, daß die Leute sich da manchmal n bischen mehr überlegen, was sie sagen und son von sich lassen.

    Dafür haben sie einfach zu viel Einfluß und Verantwortung.

    Schlecht hören kann ich gut. Nur mit gut sehen is schlecht.

  • felix
    Danke, sehe ich ähnlich. Man könnte auch noch erwähnen, dass - so wurde mir zumindest berichtet - die Türkei zumindest in den Industrie- und Ballungszonen sowie in den touristisch erschlossenen Regionen nicht anders aussieht als ein sog. westliches Land. Die Inlandstürken mokieren sich oft auch über die rückständigen die die Flucht ins Ausland angetreten haben.
    Ein, wenn nicht das grosse Problem an sich ist das Problem der Kurden. Diese werden auch von gebildeten Türken die schon lange hier leben als "Bergtürken" bezeichnet. Es ist interessant mit offensichtlich westlich orientierten Türken über diese Problematik zu diskutieren, nur man sollte die Leute schon etwas genauer kennen bevor man das Wort Kurde in den Mund nimmt!

    Phunky
    Die Türkei ist laut ihrer Verfassung ein laizistischer Staat. Die Trennung von Kirche und Staat ist eine der Errungenschaften des Systems des sog. Kemalismus - wie auch immer man dazu stehen mag. Denn auch dieses ist in den Grundzügen ein autoritäres System.
    Zum Thema Menschenrechte verweise ich dann gerne wieder auf das Thema Kurden und kritische Journalisten in der Türkei. Da liegt noch so einiges an zu lösendem Konfliktstoff bereit...

    *** Dang/Zacharias Fanclub - das Beste an der Handballecke ***
    Fan von Einar-Örn Jonsson - Isi-Power auf Rechtsaußen ;)

    Einmal editiert, zuletzt von der_skeptiker (12. Oktober 2004 um 17:50)

  • Zitat

    Original von der_skeptiker
    Phunky
    Die Türkei ist laut ihrer Verfassung ein laizistischer Staat. Die Trennung von Kirche und Staat ist eine der Errungenschaften des Systems des sog. Kemalismus - wie auch immer man dazu stehen mag. Denn auch dieses ist in den Grundzügen ein autoritäres System.
    Zum Thema Menschenrechte verweise ich dann gerne wieder auf das Thema Kurden und kritische Journalisten in der Türkei. Da liegt noch so einiges an zu lösendem Konfliktstoff bereit...

    Das ist mir schon klar, deshalb schrieb ich auch von "nicht vollzogen". Solange es ein Amt für religiöse Angelegenheiten gibt, kann man meines Erachtens aber nicht von Trennung sprechen.

  • Faszinierend ist es, dass sich ausgerechnet eine Partei für einen Volksentscheid in dieser Frage einsetzt, die sonst strikt dagegen ist. (EU-Verfassung o.ä.). Vielleicht sollte die CDU mal überlegen, was für Prinzipien sie überhaupt noch hat. Mit so einer Vorgehensweise wird sie keine großartigen Chancen haben, 2006 die SPD an der Spitze Deutschlands abzulösen.

    Für einen EU-Beitritt müssen ganz klar noch einige Auflagen erfüllt werden. Die Parteien werden sich alle positionieren müssen, aber wenn man sich anschaut, wie viele Türken mittlerweile in der EU leben, so kann man fast sagen, dass die Türkei schon in der EU ist.

    Für Kommunal- und Europawahlen ergäbe sich beispielsweise auch, dass die in Deutschland lebenden Türken sich am politischen Leben beteiligen dürfen, was dann möglicherweise auch dafür sorgen würde, dass Integrationsprojekte in den Großstädten vielleicht besser in Angriff genommen werden könnten.

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von meteokoebes
    Vielleicht sollte die CDU mal überlegen, was für Prinzipien sie überhaupt noch hat.

    Überhaupt keine, außer vielleicht dem Machtstreben. Aber das ist weder was sonderlich neues noch unterscheidet sie sich dadurch von der anderen großen Volkspartei.

    Wir legen uns die Sachen immer so aus und zurecht, wie wir das gerade brauchen ... und was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

  • Zitat

    Original von Teddy
    Wir legen uns die Sachen immer so aus und zurecht, wie wir das gerade brauchen ... und was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?


    Womit wir ja klarstellen, dass sich Angea Merkel sehr schön in den Fußstapfen des großen Konrad Adenauers (ebenfalls CDU) bewegt :)

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • Dass sie die Kurve nochmal kriegt, hätt ich ja nicht gedacht. Da war der Gegenwind dann wohl doch zu groß :hi:

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

  • klar wird jetzt zurückgerudert, was ja aber die Aussagen als solches
    nicht ungeschehen macht und diese somit auch in den Köpfen der Leute bleiben :(

    Gruß
    Mattes

  • Zitat

    Original von Mattes
    klar wird jetzt zurückgerudert, was ja aber die Aussagen als solches
    nicht ungeschehen macht und diese somit auch in den Köpfen der Leute bleiben :(

    Hoffentlich!

    Klar haben Merkel und Konsorten gemerkt, dass ihre Idee wenig Freunde gefunden hat und wenn, dann die falschen. Es ist halt nicht immer einfach, mit populistischen Dingen die richtige Stimmung zu erwischen! Dumm gelaufen!

  • jetzt von meiner seite jeoch eine großes ABER...

    die aktion der cdu war mal wieder völlig wirr, jedoch hat sie zumindest versucht eine debatte über ein thema zu führen welches den wähler sicherlich sehr beschäftigt. schlimm finde ich genauso die aufschreie der grünen, welche die cdu wegen dieser aktion in die rechte ecke drücken. die grünen sind doch die ersten, welche eine volksabstimmung über einen froschbiotop machen wollen, nur bei themen, welche im volk offensichtlich keine mehrheiten finden übergehen sie solche elemente der direkten demokratie.
    ich finde es falsch dieses thema ohne beteiligung des volkes auszuhandeln. dies verstärkt nur die politikverdrossenheit und die meinung, dass die da oben sowieso nur ihr eigenes ding machen. gerade mit dem beitritt der türkei sind viele, zum größten teil unbegeründete, ängste verbunden.
    die integration von ausländern ist heutzutage für mch die wichtigst aufgabe der politik. in deutschland ist sie bei den türken und bei den russlanddeutschen gescheitert. natürlich hat die regierung da ihre mitschuld, denn in den jahren des zuzugs wurden die folgeprobleme nicht berücksichtigt, waren aus der damaligen perspektive wohl auch nicht primär. jedoch sehe ich schon, dass die erste generation der türken ebenfalls eine mitschuld hat. sie haben ihren lebensstandard sicherlich erhöht und konnten sich ihre umgebung in den großen "ghettos" nachbauen. nur haben sie ihren kindern eigentlich kaum die chance gegeben in dieser gesellschaft fuss zu fassen. wert auf das erlernen der sprache und hohe schulbildung, um auch mal bessere jobs zu haben legten aus meiner sicht die wenigsten. vermutlich ist das darauf zurückzuführen, dass die erste generation noch fest in dem glauben war, nach 20 jahren wieder zurückzuziehen.
    ich persönlich habe nichts gegen eine moschee in meiner strasse, aber das frauenbild in vielen türkischen familien geht mir gehörig gegen den strich. ich seh das jetzt schon im kindergarten meines sohnes und bei der wahl der schule werden wir sicher darauf achten, dass nicht zuviele "kleine machos" in der klasse sein werden.
    ich glaube wir diskutieren hier in einem kleinen elitären kreis. bis auf hereticus scheint keiner direkt in einer solchen situation gelebt zu haben. ich hab ja in duisburg studiert. zum einen fand ich stadtteile wie marxloh faszinierend, da exotisch, andererseits schon irgendwo abschreckend.

    die ganzen im raum stehenden transferzahlungen dagegen jucken mich am wenigsten. deutschland ist der zahlmeister der eu, aber solange wir noch das geld haben im osten auch dem letzten dorf seinen gewerbepark zu bauen, sehe ich da kein problem. an mangel von subventionen leidet unsere wirtschaft ja nun weiss gott nicht.


    durch ein übergehen von fühlbaren tatsachen tut sich die politik keinen gefallen. es sollte bei bestimmten themen mehr direkte mitbestimmung geben. bei fragen der eu-mitgliedschaft kann dies natürlich nur eine eu-weites referendum sein. der neue eu-präsident scheint in dieser richtung auch was zu planen.

    Einmal editiert, zuletzt von alter Sack (15. Oktober 2004 um 14:02)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Wieland
    nur bei themen, welche im volk offensichtlich keine mehrheiten finden übergehen sie solche elemente der direkten demokratie.

    Nun komm mal wieder runter ... die CDU spricht von Instrumenten der direlkten Demokratie auch nur dann, wenn sie meinen, dass es ihnen etwas hilft.

    Bei dem Thema "doppelte Staatsbürgerschaft" und "EU-Erweiterung Türkei", wo es nicht nach dem Willen der CDU gehen soll, schreit die CDU ganz groß nach der Mitbestimmung des Volkes und zettelt Unterschriftensammlungen und ähnlichen Blödsinn an. Hast Du in den 16 Jahren Kohl-Regierung mal EINMAL den Wunsch der CDU nach Mitbestimmung des Volkes erlebt?

    NEIN! Sogar der Fall der Wiedervereinigung Deutschlands wurde extra über die "Hilfskrücke" des Beitritts (der eigentlich dafür gedacht war, kleineren Regionen wie dem Saarland den Beitritt zu ermöglichen) abgewickelt - einmal mit Sicherheit, weil es daministrativ leichter war, aber auch, weil eine Wiedervereinigung nach dem alten Art. 146 GG eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung nach sich gezogen hätte.

    Die CDU hat also noch nicht mal bei dem deutschlandpolitisch-einschneidensten Ereignis der letzten Jahr es für nötig gehalten, das Volk zu beteiligen - aber jetzt schreien sie rum wegen Meinung des Volkes.
    Das ist dermaßen verlogen und geheuchelt, was die Merkel und der Stoiber da von sich geben - und sollte die CDU/FDP 2006 die Regierung übernehmen, werden wir für mindestens 4 Jahre NICHTS mehr von Volksbefragungen/ Unterschriftensammlungen o.ä. aus der CDU hören.

    Zitat

    Original von Wieland
    ich finde es falsch dieses thema ohne beteiligung des volkes auszuhandeln. dies verstärkt nur die politikverdrossenheit und die meinung, dass die da oben sowieso nur ihr eigenes ding machen.


    Das mag schon sein, aber es gibt auch Gründe für eine repräsentative Demiokratie ... und gerade die CDU ist in diesem Bereich die Partei, die sich mal amw enigsten exponieren sollte - es sei denn, sie ist für die generell Einführung basisdemokratischer Elemente. Das kann ich mir allerdings nicht vorstellen ...

  • Zitat

    Original von Wieland
    die integration von ausländern ist heutzutage für mch die wichtigst aufgabe der politik.
    [...]dass die erste generation der türken ebenfalls eine mitschuld hat. sie haben ihren lebensstandard sicherlich erhöht und konnten sich ihre umgebung in den großen "ghettos" nachbauen. nur haben sie ihren kindern eigentlich kaum die chance gegeben in dieser gesellschaft fuss zu fassen. wert auf das erlernen der sprache und hohe schulbildung, um auch mal bessere jobs zu haben legten aus meiner sicht die wenigsten.

    Natürlich ist die Integration der hier lebenden Ausländer eine wichtige Aufgabe der Politik. ABER wir, die wir schon immer hier leben, müssen dafür auch etwas tun. Wir können nicht nur da sitzen und hoffen, dass sich ein Ausländer assimiliert oder dass "der Staat" hilft. Die Ausländer, die es hier "geschafft" haben, haben das ganz allein aus eigener Kraft getan und nicht vor allem deswegen, weil der deutsche Staat oder die Deutschen ihnen so toll geholfen hätten (kam hier glaub ich auch schon zur Sprache): Es gibt heute, bald 50 Jahre nach dem ersten "Gastarbeiter", immer noch viel zu wenig Deutschkurse für Ausländer in den Grundschulen, das Angebot kam auch viel zu spät (zumindest in BW erst in den letzten Jahren), und die große Nachfrage beweist ja, dass es zumindest die jetzige Generation ernstnimmt mit der Eingliederung und ihr dabei tatsächlich geholfen wird/werden soll.

    Ich stehe zwar nicht vor der Entscheidung, finde es aber bedenklich, sein Kind mit möglichst wenig Ausländern in die Schule gehen lassen zu wollen. Sicher muss es aber auch nicht das einzige Kind unter Ausländern sein, das wird dann vielleicht schwierig. Aber ich denke, eine Klasse mit verschiedenen Nationalitäten kann niemandem ernsthaft schaden. Wobei eine solche Konstellation natürlich fähige und engagierte Lehrer verlangt. Ich würde mich wohl am ehesten nach dem ersten Eindruck der Lehrer und nicht nach dem Ausländeranteil richten.

    Zum Thema direkte Demokratie muss ich Teddy zustimmen. Dieses Thema scheint mir für die deutschen Parteien und insbesondere die Union nur ein billiges Mittel für Stimmungsmache zu sein, aber davon, die Bürger darüber wirklich mehr in den Willensbildungsprozess einschließen zu wollen, keine Rede. Die Grünen sind inzwischen so "bürgerlich" geworden, dass es da zumindest hier keine Aufsehen erregenden Aktionen mehr gibt. Gegen die Neue Messe Stuttgart haben sie jedenfalls zu Recht protestiert. Das ist der größte Quatsch, den ich je gehört habe. Messen sind, wirtschaftsgeschichtlich gesehen, zumindest seit dem 17. Jahrhundert auf dem absteigenden Ast (wobei es in den 1920ern und gleich nach dem zweiten Weltkrieg wohl eine Erholung gab)

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    2 Mal editiert, zuletzt von Felix0711 (15. Oktober 2004 um 15:02)