Ich möchte mal eine Meldung von dpa als Grundlage nehmen, um dieses aus meiner Sicht interessante Thema zur Diskussion zu stellen.
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Union erwägt Unterschriftenaktion gegen türkischen EU-Beitritt
Berlin
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, CSU-Chef Edmund Stoiber und CSU-Landesgruppenchef Michael Glos erwägen eine Unterschriftenaktion gegen einen möglichen EU-Beitritt der Türkei.Die Bundesregierung kritisierte die Idee als "rückwärts gewandt" und "realititätsfern". Die Überlegungen von Merkel und Stoiber seien "abstrus", sagte Vize-Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth. Diese Linie richte sich gegen die Politik der CDU-geführten Bundesregierungen, die der Türkei seit 1963 Beitrittsverhandlungen in Aussicht gestellt hätten.
Merkel schloss eine Unterschriftenaktion "für eine privilegierte Partnerschaft und gegen eine Vollmitgliedschaft" nicht aus. "Das ist eine durchaus vernünftige Idee", sagte auch Stoiber am Montag vor Beginn der CSU-Vorstandssitzung in München. Das Thema werde in der Bevölkerung sehr kontrovers diskutiert. Die Bürger wollten deshalb alle Pros und Contras von der Politik aufbereitet bekommen, sagte er.
Merkel sagte im ZDF, es gebe aus der CDU/CSU eine "konstruktive Alternative" für die Türkei - eine Unterschriftensammlung halte sie daher "für möglich". Glos hatte zuvor erklärt, er könne sich "gut vorstellen, dass wir als Opposition eine Unterschriftenaktion gegen den EU-Beitritt der Türkei organisieren". Ein türkischer Beitritt zur Europäischen Union (EU) sei "eine Schicksalsfrage für unser Land".
Der bayerische Politiker forderte CDU und CSU auf, in ihrem Wahlprogramm "eine klare Aussage gegen die Vollmitgliedschaft der Türkei zu treffen". Der Wirtschaft warf Glos wegen ihrer wohlwollenden Haltung zu einem EU-Beitritt der Türkei Egoismus vor. In der Union wurden am Wochenende jedoch Bedenken gegen Glos' Vorstoß laut. Außenexperte Friedbert Pflüger (CDU) erklärte: "Ich rate von einer Unterschriftenaktion ab." Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sagte: "Ich hätte bei diesem Vorschlag Bauchschmerzen."
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sieht keine Eile. "Zum richtigen Zeitpunkt muss eine solche Unterschriftenaktion erwogen werden - das wird aber ganz sicher nicht in den kommenden vier Wochen sein", erklärte Koch am Montag in Wiesbaden. Die damals noch oppositionelle hessische CDU hatte vor der Landtagswahl 1999 eine Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft gestartet.
Führende Sozialdemokraten warnten die Union. Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) sagte am Montag vor einer SPD-Vorstandssitzung in Berlin: "Immer wenn die Union nicht weiter weiß, macht sie eine Unterschriftenaktion und sammelt zuvor hoch gekochte Emotionen ein."
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse sagte, es sei erstaunlich, dass ausgerechnet die Partei, "die plebiszitäre Elemente ablehnt, in der Außenpolitik zu einem solchen Element greifen will". Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück verwies darauf, dass die Beitrittsverhandlungen noch nicht einmal begonnen hätten. Die Türkeipolitik der Bundesregierung und der EU entspreche genau dem, was die Vorgängerregierung von Helmut Kohl eingeleitet habe.
Auch die FDP äußerte sich ablehnend. Eine solche Aktion wäre ein reiner "innerparteilicher Mobilisierungsfaktor ohne jedes praktische Ergebnis", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. "Die Union sollte nicht vergangene Schlachten weiter schlagen", sagte er. Es gehe jetzt darum, dass die Gespräche mit Ankara wirklich ergebnisoffen verlaufen.