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Liebes Handballtagebuch!
Ich habe mich entschlossen, eine von zwei D-Jugenden zurückzuziehen. Von neunzehn Mädchen hat eine aufgehört, eine ist seit Monaten handballtechnisch verschollen und zweien habe ich nahegelegt, sich eine Sportart zu suchen, bei der es egal ist, ob man sich vom Wettkampf abmeldet oder nicht. Da waren es noch fünfzehn. Von den wiederum fällt eine nach einer OP einen Monat aus, zwei sind an den Wochenenden so terminüberladen, dass jede Erinnerung an das kommende Punktspiel mit gequälter Miene zur Kenntnis genommen wird, um dann abzusagen. Und zwei weitere Damen haben etwa jedes zweite Spiel mal Zeit für uns. Macht nach Adam Riese - erweitert durch Bistromathik - etwa 11,6927 Spielerinnen für zwei Mannschaften. Da ich meinen Posten als Trainer und nicht als Krisenmanager verstehe, blieb nur eine Entscheidung.
Am Wochenende hatten wir das erste Spiel mit fusionierten Mannschaften. Es ging gleich gegen den Tabellenführer (ich hatte die erste Mannschaft zurückgezogen, da die Zweite noch die doppelte Zahl an ausstehenden Spielen hatte). Das Spiel selbst hatte wenig Dramatik zu bieten. Ich wechselte blockweise, so dass Fortgeschrittene oder Anfänger auf dem Platz gemeinsam spielten. Das ZeeBee-Jekyll/Hyde-Prinzip. Dramaturgischer Höhepunkt war allenfalls meine vierfache, sich im Wortlaut exakt wiederholende sehr, sehr laute Anweisung an *Anastasia*, die - oh Wunder - heute mal ausnahmsweise in ihrem geradezu vor Terminen überlaufenden Zeitplan für ein Punktspiel Zeit hatte. Sie irrte als Außen im linken Rückraum herum.
"*Anastasia*, GANZ NACH AUSSEN!" Nach dem ersten Versuch schaute sie sich verwirrt um. Nach dem zweiten Versuch tänzelte sie ein paar Schritte Richtung Mittellinie. Nach Versuch Nr. 3 nahm sie Rückraum Mitte ins Visier. Nach dem vierten Versuch hatte ich meine Stimme verloren, zog mich schmollend zurück
und schob die Kommunikationsprobleme auf ihre mediterrane Abstammung. Ich hatte mal eine Freundin aus dem Land der alten Philosophen und des Ousos, da war Kommunikation ebenfalls nicht immer einfach.
Das Spiel ging klar an den Tabellenführer. Als Mädchentrainer im vierten Jahr habe ich mir inzwischen eine Zen-artige Gelassenheit zugelegt, so dass mich das Spiel mit seinen abrupten Brüchen nach dem Auswechseln nicht weiter aufregte. Einige Eltern, die nur ein bis drei Mädchen erziehen (und nicht dreißig), haben noch nicht diese innere Ausgeglichenheit gefunden. Mich erreichte vorhin eine E-mail mit der Ausarbeitung eines Vaters zum Handball im Allgemeinen und Speziellen. Ich möge Korrektur lesen, seine Tochter würde die Regeln dann verteilen. Hier ein Auszug, wobei ich mich frage, ob meine humorlose Art inzwischen einen schlechten Einfluß ausübt:
ZitatAlles anzeigenWas ist Handball???
Grundsätzliches
4 Die unterschiedlichen Mannschaften tragen zum Unterscheiden unterschiedliche Sportbekleidungen
5 Es gibt 2 rechteckige Tore, einen Ball für beide Mannschaften, ein Feld mit verschiedenen verwirrenden Linien
10 Der Kopf darf auch beim Handball benutzt werden
11 Wer mehr Tore geworfen hat, gewinnt
12 Verlieren ist genauso wie gewinnen, nur andersrumRegeln
14 Nach einem Tor gibt es Anwurf, dieser wird von der Mittellinie ausgeführt, die Mittellinie ist die Linie mitten auf dem Spielfeld
28 Beim Siebenmeter gibt es keine Mauer
29 Es gibt kein AbseitsTaktik
30 Es ist besser den Ball zur eigenen Mitspielerin zu werfen, als zur Gegnerin
31 Je weiter die Mitspielerin entfernt ist, desto weiter muss man werfen
32 Das gleiche gilt für den Torwurf
40 Man darf zu jedem Mitspieler den Ball werfen, muss sich aber für einen entscheiden
42 Der Sprungwurf ist eine komplexe koordinierte Abfolge von zwei Bewegungsabläufen: a) Springen und b) Werfen
43 Werfen ohne Springen ist in Ordnung, Springen ohne Werfen ist eine andere Sportart oder ein toller Trick (siehe dort)
51 Der Linksaußen spielt im Normalfall a) links und b) außen
52 Der Rechtsaußen genauso nur auf der anderen Seite
53 Die Tornetze sind ausreichend haltbar, es darf stark geworfen werden
56 Die Auswechselspieler dürfen eingewechselt werden
57 Alle Spieler dürfen, manche sollten ausgewechselt werden
59 Seine Mitspielerinnen erkennt man an der Sportkleidung (s.o.), eventuell auch vom gemeinsamen Training
60 Die Haare sollte man vor dem Spiel einmal ordentlich richten, dann muss das nicht nach jedem Ballkontakt passieren
61 Es gibt praktische Kurzhaarfrisuren!
62 Die Schuhe sollten gut geschnürt sein, wenn man das noch nicht kann, hilft der Trainer gerne
63 Nach einer geglückten Aktion sollte der Blick ins Publikum und zu den Kameras gehen, wer weiß wann so etwas Tolles noch einmal gelingen wird.
65 Wenn man den Ball verloren hat, kann man versuchen ihn wieder zu bekommen, dann hat man ihn wieder
66 Wenn man den Ball nicht hat, ist es sehr sehr schwer ein Tor zu werfen
67 Wenn man den Ball hat, ist es auch schwer ein Tor zu werfenEin kleiner Leitfaden für Spieler und Spielerinnen.
Ein großer Leidfaden für Trainer und Zuschauer!
Von einem mitleidenden Vater
Herzlichen Dank an Klaus Peter!
Von solchen Eltern brauche ich mehr!
Dein Karsten