Urlaubsverkehr
Baustellen-Staus in der Ferienzeit müssen nicht sein
Von Ellen Kaufmann
Der ganz normale Wahnsinn. Jeden Tag stecken die Deutschen im Stau. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern vor allem teuer: 100 Milliarden Euro im Jahr kosten die Staus auf deutschen Strassen insgesamt. Fast ein Drittel aller Staus wird durch Baustellen verursacht. Schuld an den vielen Baustellen ist häufig der schlechte Zustand der Strassen. Und die Suche nach einem langlebigen Asphalt gestaltet sich in Deutschland schwierig. Die Mühlen deutscher Bürokratie mahlen langsam und vom Labor bis auf die Strasse ist es ein langer Weg.
Der Staat spart am Straßenbau. Und das, obwohl er von den Autofahrern viel Geld kassiert: Mineralöl-, Mehrwert-, KFZ- oder Ökosteuer - von den über 50 Milliarden Euro Einnahmen fließen nicht einmal zehn Prozent in den Straßenverkehr zurück. So wundert es wenig, dass andere europäische Länder inzwischen ein besseres Straßennetz haben.
Eine Frage der Oberfläche
In Frankreich, wo die Autobahnen privatwirtschaftlich betrieben werden, funktioniert das System besser. Die Franzosen haben eher als die Deutschen angefangen, einen langlebigen Asphalt zu entwickeln. Mit Erfolg. Dort gibt es weniger Baustellen und folglich weniger Staus.
Auch in Deutschland setzt man mittlerweile auf den elastischeren Asphalt, den mit Polymeren modifizierten Bitumen. Doch noch nicht flächendeckend. Nur langsam kommt Bewegung in die Straßenbauentwicklung. In Bergisch-Gladbach unterhält die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) seit neustem eine weltweit einmalige Teststrecke für Asphaltdecken. 38 Meter Innovation. Bislang werden Straßenkonstruktionen nicht berechnet, sondern auf Grund von bautechnischen Erfahrungswerten bemessen. Ziel des Großversuchs ist es hier, unter realen Bedingungen verlässlichere Aussagen über den Straßenbau zu gewinnen. Getestet wird „handelsübliches“ Material, ein Querschnitt deutscher Autobahnen und Landstraßen.
Die Strecke kann gefrostet werden, bei Bedarf sogar geflutet. Und täglich fahren Test-LKW über die Modellstrasse. Zudem ist es möglich, in einer Art Zeitraffer mit Hilfe von mächtigen Impulsgebern ein ganzes Straßenleben innerhalb von nur vier Wochen zu simulieren. Doch bis in Deutschland Test- und Forschungsergebnisse in Richtlinien umgewandelt werden, kann es dauern.
Das weiß auch der Asphaltforscher Professor Hartmut Beckedahl von der Universität Wuppertal. Er sucht seit Jahren nach einem deutschen Spitzenasphalt. Über 10.000 Asphaltmischungen hat er in seinem Labor bereits getestet. Viel versprechend scheint ein Bindemittel zu sein, dass er derzeit für eine niederländische Firma testet. Die bisherigen Ergebnisse überraschen selbst den intimen Kenner des Asphalts. Es scheint sich um eine Art Wundermittel zu handeln. Normalerweise hat jede Verbesserung, so Beckedahl, immer auch einen Nachteil. Bei diesem Produkt konnte er jedoch bisher nichts Negatives entdecken. Im Vergleich zu herkömmlichem Asphalt bildet dieses Produkt wesentlich weniger Spurrinnen und auch die Kälterissbildung ist deutlich reduziert. Aber noch gehört das neu-entwickelte Bindemittel nicht zu den Standardbaustoffen, die von der so genannten Vergabeverordnung Bau vorgeschrieben sind. Daher ist damit zu rechnen, dass auch dieses Mittel nur sehr zögerlich im deutschen Straßenbau zum Einsatz kommen wird.
Lange Bauzeiten
Doch nicht nur die langatmige Asphaltforschung ärgert Kritiker, sondern auch das deutsche Baustellenmanagement. Kürzere Bauzeiten werden von vielen Experten bereits seit Jahren gefordert. Doch davon sind die Deutschen noch weit entfernt. Wieder einmal lässt die deutsche Bürokratie vieles nicht zu.
24-Stunden-Betrieb und Arbeit an den Wochenenden - das wünschen sich mittlerweile selbst Verantwortliche in den zuständigen Behörden. Doch komplizierte oder überalterte gesetzliche Vorschriften verhindern dies regelmäßig. In den Niederlanden sind die Vorschriften wesentlich lockerer. Dort werden schon jetzt alle Tagesbaustellen nachts durchgeführt. Und auch in Frankreich gilt die eiserne Regel: Erst der Verkehr dann die Baustelle: 24-Stunden-Betrieb an Großbaustellen ist dort kein Problem. In Nachbarländern bereits Realität, in Deutschland gerade mal Vision!
Quelle: Plusminus
Kommentar: Typisch für die deutsche Bürokratie. Die Autorin ist in ihrem sprachlich bestenfalls durchschnittlich verfassten Artikel leider nicht auf einen in der entsprechenden Sendung vor knapp zwei Monaten gezeigten weiteren Aspekt des schlechten deutschen Baustellenmanagements eingegangen: Im Gegensatz zu Frankreich, wo man sich grundsätzlich bemüht, die Straßenbeläge nicht in den Urlaubs- bzw. zu sonstigen verkehrsintensiven Zeiten zu erneuern, kümmert man sich in der BRD anscheinend nicht um den Zusammenhang zwischen dem Durchführungszeitpunkt von Straßenbauarbeiten auf der Autobahn und den Auswirkungen auf den Verkehrsfluß. In Frankreich dagegen gibt es dagegen so gut wie keine baustellenbedingten Staus.
Edit: Und dann darf man sich neuerdings hinter fast jeder Baustelle an diesen schwulen Schildern mit der Aufschrift "Vielen Dank für Ihr Verständnis" erfreuen.
Auch das stellt eine Verschwendung von Steuergeldern dar!