ZitatAlles anzeigenOriginal von welt.de:
Ab ins Gefängnis, aber mit Gold dekoriert, bitte
von Stefanie Boewe
Berlin/Tuolomne - Es ist eine bizarre Szene, die sich in dem karg eingerichteten Gerichtssaal von Tuolomne County/Kalifornien abspielt. Freunde und Angehörige des zwölfjährigen Opfers weinen. Der Ankläger weint. Der Pflichtverteidiger der Angeklagten weint. Schließlich bricht auch die Richterin in Tränen aus. Sieht wie eine Theateraufführung aus, und so klingt auch das Urteil am Ende irgendwie unwirklich: Tammy Crow wird als Verursacherin eines tragischen Unfalls der fahrlässigen Tötung zweier Menschen für schuldig befunden. 90 Tage soll sie dafür ins Gefängnis. Der Hammer fällt.
Moment: Zuvor darf sie für die USA noch eine Goldmedaille gewinnen. Denn Crow ist Star der neunköpfigen US-Synchronschwimmgruppe, die morgen in ihre Wettkämpfe startet, und damit sie ihren olympischen Traum verwirklichen kann, muss die verurteilte Crashfahrerin ihre Strafe erst am 25. Oktober antreten.
Rückblick: In engen Serpentinen windet sich der Highway 108 nördlich von Yosemite durch das kalifornische Bergland. Tief verschneit ist der schmale Pass an jenem Samstag im Februar 2003, als Tammy Crow vor Tagesanbruch mit ihrem Freund Cody Taro (26) und dessen zwölfjährigem Schüler Brett Slinger mit dem schwarzen Jeep bergauf fährt. Auf 1800 m Höhe wird der Weg gerade, Crow gibt wohl zu viel Gas. Der Wagen schießt von der Straße und zwängt sich zwischen zwei Pinienstämme, Crow wird aus dem Wagen geschleudert und erleidet einen vierfachen Armbruch, Taro und Slinger sterben. An den Unfall kann sich Crow nicht mehr erinnern.
Streifenpolizist Rick Thoma, der als erster an der Unfallstelle eintrifft, sagt später aus, sie hätte nach Alkohol gerochen. Ein Bluttest bestätigt diese Angabe nicht. Sicher ist, dass Crow in der Nacht vor dem Unfall auf einer Party war. Sicher ist auch, dass sie nur zwei Stunden geschlafen hat. Eigentlich will ihr Freund fahren, so war es abgemacht, doch der ist betrunken und drängt sie zu fahren. Als er bei dem Unfall stirbt, ist er nicht angeschnallt. In der Urteilsbegründung wird allein die vermutlich überhöhte Geschwindigkeit herangezogen.
Die Haftverzögerung stößt vielerorts auf Unverständnis, eine Hasswelle ist über Crow hinweggerollt. Vor allem die Eltern des zwölfjährigen Brett Slinger sind außer sich. "Offensichtlich spielt es keine Rolle, ob man moralisch verwerflich handelt, so lange man ein guter Athlet ist", sagt Mike Slinger, der Vater.
Von ihrer Mannschaft wurde Crow in Athen vor der Öffentlichkeit so gut es ging versteckt. "Wir sind enger zusammengewachsen", sagt Synchronschwimmerin Kendra Zanotto. "Wir versuchen, ihr in ihrem Kummer beizustehen." Auch Mannschaftsführerin Lauren McFall nimmt Crow in Schutz: "Da sind Dinge über unsere Freundin gesagt worden, die einfach nicht stimmen. Fakt ist, dass sie 20 Jahre lang hart gearbeitet hat, um bis hierher zu kommen, und das hat sie auch für die Menschen zu Hause getan."
Artikel erschienen am Mi, 25. August 2004
Auf der Suche nach einem Mielke Artikel bin ich auf den Artikel gestossen.
Wie wuerden es denn die Gerichte in Deutschland halten. Wuerde man da nicht auch um Haftaufschiebung bitten oder das Verfahren bis zum Ende der Spiele herauszoegern?