Nachdem das Thema in den letzten 2 Tagen in Hessen aufkam, sehe ich mich gezwungen, die Story mal ein wenig auszuweiten. Nach den Zeitungsberichten der HNA könnte es für Jürgen Ehmig jetzt etwas eng werden....
Hier der Bericht:
Der HR kassiert für Sportübertragungen
Der Hessische Rundfunk ist durch Presseberichte der Zeitung Hessisch-Nassauische Allgemeine (HNA) ins Gerede gekommen. Grund sind Berichte über die Praktiken des HR, für die Übertragung von Sportereignissen im Hessischen Fernsehen von den Veranstaltern Gelder einzufordern. Auch der Handball ist davon betroffen, nicht nur seitens des HR.
Schon seit einigen Tagen berichtet ein Journalist der HNA über die Praktiken des Hessischen Rundfunks. Beispielhaft führte die HNA ein DHB-Pokalspiel aus dem Jahr 1999 auf, für dass die MSG Melsungen knapp 7000 DM an den HR für eine 30-minütige Übertragung gezahlt hat. Der HR hatte 20.000 DM gefordert, über eine zwischengeschaltete Agentur konnten damals aber nicht genügend Gelder aquiriert werden. Immerhin sendete der HR damals 30 Minuten live von der Partie der Melsuger gegen den TBV Lemgo.
Pikanterweise führte der damalige HR-Intendat, Dr. Klaus Berg, in einem Brief an die Handballfans in Nordhessen, die sich über die mangelnde Berücksichtigung des nördlichen Landesteiles in der Sportberichterstattung im Allgemeinen und die Handballberichterstattung im Besonderen beschwert hatten, genau diese Übertragung als Beispiel für das große Engagement des HR für Nordhessen auf. "Ich kann Ihnen versichern, dass wir auch in Zukunft unseren Auftrag zur Grundversorgung auch im Bereich des Handballs sehr ernst nehmen werden", schrieb Berg damals in einem Brief, der uns vorliegt, an die Fans.
Auf einer Podiumsdiskussion der Melsunger und Gensunger Handballfans mit HR-Sportchef Jürgen Ehmig im Frühjahr 2002 wurde dieses Thema ebenfalls angesprochen. Ehmig verneinte damals eine derartige Praxis, sagte jedoch, dass man gegen eine Zahlung auch Sportarten ins Fernsehen nähme, die sonst nicht zu sehen seinen.
Nach den Recherche der HNA scheint es aber gängige Praxis zu sein, von allen Randsportarten - beim HR sind das alle Sportarten außer Fußball und Radfahren - erst einmal eine Bezahlung für die Produktion einzufordern. Zwar versuchten dies auch andere Sender, doch zumindest für den Bereich Handball scheint dies nicht durchsetzbar gewesen zu sein. Der MDR hat nach unseren Informationen etwa vom HC Leipzig oder dem SC Magdeburg eine Art Produktionskostenzuschuss gefordert. Während der HC Leipzig derartige Zahlungen grundsätzlich ablehnt, soll unseren Informationen zufolge der SCM zahlen. Auch der RBB hat bereits beim Frauen-Bundesliga Spitzenreiter Frankfurter HC bezüglich einer Beteiligung an den Übertragungskosten angefragt. "Wenn wir damit erst einmal anfangen, dann zahlen wir doch immer", sehen die Vereinsvertreter jedoch ein Faß ohne Boden auf sich zukommen.
Auch der NDR verhandelte im vergangenen Jahr mit den Nordvereinen der Handball-Bundesliga über eine Pauschale. Dies wurde jedoch einheitlich von den Klubs abgelehnt. 7000 Euro wollte der NDR damals von jedem Verein haben. Dafür wäre man jeden Samstag im NDR-Fernsehen berücksichtigt worden.
Als das DSF im vergangenen Jahr die Handball-Bundesliga ebenfalls zu einer Beteiligung an den Produktionskosten zwingen wollte, wurde dies seitens der Liga rundweg abgelehnt. Anders als bei den gebührenfinanzierten Sendern ist das DSF jedoch vom wirtschaftlichen Erfolg abhängig. So besorgte die Bundesliga mit der Sparkasse einen Sponsor für die DSF-Übertragungen, die die damals geforderte Beteiligung an den Übertragungen in etwa gleicher Höhe abdeckt.
Die Berichterstattung der HNA hat nun jedenfalls Folgen für den HR. Der Chef des Landesportbundes und gleichzeitig Rundfunkratsmitglied beim HR, Dr. Rolf Müller, wird die Praktiken des HR vor den Fernsehausschuss des Senders bringen. Auch Rundfunkrats-Mitglied Gerhard Bökel will das Thema Sponsoren auf der Sitzung des Programmausschusses des Hessischen Rundfunks in der nächsten Woche ansprechen.
Bedrohlich könnte dies für Jürgen Ehmig werden, dem unter anderem Vetternwirtschaft vorgeworfen wird. Seine Frau betreibt eine Sponsoring-Agentur und verdient möglicherweise an den Zahlungsforderungen des HR direkt mit.