Auch wenn ich sonst keine Werbung für eigene Artikel mache, ist diese Story sicherlich mal interessant. In der Handballwoche und nun auch bei handball-word.com habe ich unseren Mannschaftsarzt zum Thema Knieverletzungen befragt. Aufhänger war die Häufung solcher Schäden bei einigen Vereinen, wo hingegen andere (Wallau z.B. auf Holz klopf) davon völlig verschont bleiben. Ich habe ja schon früher mal an den Trainingsmethoden von Noka z.B. gezweifelt. Mag ja immer noch Zufall sein, aber vielleicht gehen die Kieler ja mal in sich und prüfen anhand des Trainingsplans ob vielleicht nicht doch was schief läuft.
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Herr Dr. Kettrukat, Sie sind seit 10 Jahren der veranwortliche Mannschaftsarzt der SG Wallau/Massenheim. Wieviele schwerere Knieverletzungen hatten Sie in dieser Zeit zu behandeln?Dr. Kettrukat:
Bis auf zwei Probleme mit der Achillessehne sind wir von Verletzungen verschont geblieben. Nur Frederic Volle hatte in seiner aktiven Zeit bei uns ständig Probleme. Allerdings lag hier auch schon ein erheblicher Vorschaden vor. Als ich neulich las, dass Frederic in Japan immer noch spielt, musste ich erst einmal ungläubig schlucken.handball-world.com:
Stellt sich die Frage, wo diese eindrucksvolle Bilanz ihre Ursachen hat. Keuzbandrisse sind im Hand- wie auch Fußball ja leider an der Tagesordnung.Dr. Kettrukat:
Zunächst einmal muss gesagt werden, dass man einen Kreuz- oder Achillessehnenriss im Sport generell nicht ausschliessen kann. Doch zeigt unsere Erfahrung, dass mit einer Reihe von Maßnahmen die Prophylaxe sehr effektiv ist. Ich würde es auf drei wesentliche Punkte reduzieren. Zum einen haben wir in der Regel Spieler ohne schwere Vorschäden verpflichten können. Gerade die jetzige Mannschaft besteht aus vielen jungen Spielern, die eine sehr gute Substanz besitzt. Desweiteren verfügen wir mit Martin Schwalb über einen Trainer, der in seiner langen und erfolgreichen Karriere wohl viele Spielerkollegen gesehen hat, die aufgrund von falschem Training oder zu kurzer Regeneration ihre Karriere frühzeitig beenden mussten. Martin Schwalb macht ein sehr modernes Training und geht auf unsere Hinweise ein.Und schliesslich haben wir in Absprache mit dem Trainer prophylaktische Übungen in den Trainingsablauf eingebaut.handball-world.com:
Wenn man sich die Verletzungsmiseren anderer Vereine gerade in Bezug auf den Bewegungsapparat betrachtet, liegt der Schluss nahe, dass nicht alle Trainer dieser Methodik vertrauen.Dr. Kettrukat:
Die jungen Trainer sind mit den sportmedizinischen Erfahrungen in der Regel vertraut. Aber insbesondere die alte osteuropäische Trainerschule legte und legt des öfteren noch zu viel Wert auf kraftintensives Training, welches Verletzungen dieser Art provoziert. So sind beispielsweise Sprungübungen mit Gewichten absolutes Gift für für die Gelenke. Auch die Rolle von Koordinationsübungen ist des öfteren nicht bekannt.handball-world.com:
Könnten Sie diese näher erläutern?Dr. Kettrukat:
Es sind dies relativ einfache Übungen, welche die Feinmotorik der Spieler fördern sollen. Balancieren auf einem Kreisel oder Sprünge in weiche Matten sind zwei Beispiele hierfür. Die Studie einer Kieler Arbeitsgruppe unter Leitung von Dr. Wolf Petersen hat dies auch empirisch belegt. Diese Untersuchung wurde in einer Reihe von Frauenhandballvereinen durchgeführt, ist aber natürlich auch auf den Männerhandball übertragbar.handball-world.com:
Welche Rolle kommt der Regeneration von Verletzungen zu?Dr. Kettrukat:
Die Medizin hat ja durch verbesserte Operationsmethoden einen sehr großen Fortschritt gemacht. Vor 20 Jahren bedeutete ein Kreuzbandriß sehr oft noch das Karriereende. Heute rechnet man im allgemeinen mit 6 bis 9 Monaten Pause. Aber auch hier zeigt die Praxis, dass der Körper nicht ausgetrickts werden kann. In den vergangenen Jahren haben sich insbesonder Fußballspitzenprofis in den USA operieren lassen. Dort hat man eine neue Operationsmethode enwickelt, die es dem Spieler ermöglichen soll, noch schneller wieder in das Spielgeschehen einzugreifen. Doch zeigt nicht zuletzt der Fall Jens Nowotny den Nachteil dieser Methode. Das Band ist zwar schneller wieder repariert, reisst jedoch auch umso schneller. Nowotny machte ein Spiel, um dann mit einem Riss im gleichen Gelenk wiederum auszufallen.handball-world.com:
Welche Rolle messen Sie der Stellung des Mannschaftsarztes im Verein bei. Schliesslich entscheidet nicht selten die Dauer der Verletzung über den Klassenerhalt und damit den en wirtschaftlichen Erfolg des "Handballunternehmens".Dr. Kettrukat:
Sie sprechen einen wichtigen Aspekt an. Ich kann nur für die SG Wallau/Massenheim sprechen. Hier zählt meine Entscheidung. Schiesslich trage ich auch die Verantwortung falls die Genesung fehl schlägt, sollte der Spieler zu früh in den Trainingsbetrieb eingestiegen sein. Der meiste Druck kommt in der Regel vom Spieler selbst. Nach zwei oder drei Monaten Reha ist fast jeder Spieler wieder heiss, um mit der Mannschaft zu trainieren. Da muss ich oft bremsen. Auch wenn ein Spieler verlangt, mit Schmerzen spielen, würde ich mein Veto einlegen. So hat es mir fast physisches Unbehagen bereitet, den Magdeburger Oleg Kuleschow in der letzten Saison über das Spielfeld humpeln zu sehen. Das ist unverantwortlich und der Verein gefährdet damit die Karriere des Spielers.handball-world.com:
Herr Dr. Kettrukat, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch.