Die Vertragsverhandlungen zwischen der ARD und der Handball-Bundesliga sind ins Stocken geraten. Eigentlich war für diese Woche ein Vertragsabschluss vorgesehen, die Rechteagentur von ARD und ZDF, SportA, will nun jedoch erst Mitte Juli weitere Gespräche führen.
Hintergrund ist möglicherweise der Plan der ARD, die Fußball-Bundesliga wieder in der Sportschau zu präsentieren. Aber auch die Querelen innerhalb der Handball-Bundesliga und der Rücktritt Uwe Schwenkers aus allen verantwortlichen Positionen dürfte die Stellung der Handballer verschlechtert haben. Schwenker war Leiter der Projektgruppe "TV-Vertrag" des Ligaausschusses und anerkannter Verhandlungspartner der Fernsehsender. Sein Ausscheiden aus dem Ligaausschuss und die Auflösung der Projektgruppe als Reaktion auf das einseitige Vorpreschen des HBVM-Vorsitzenden Heinz Jacobsen hat bei den TV-Verantwortlichen für Irritationen gesorgt.
Als ruchbar wurde, dass Jacobsen und SCM-Manager Berndt-Uwe Hildebrand kürzlich direkt mit dem DSF gesprochen hatten, fühlte sich die SportA offenbar pikiert. Fakt ist jedenfalls, dass daraufhin die Vertragsverhandlungen ins Stocken gerieten.
Das DSF würde gerne ein zweites Livespiel etablieren, im Gespräch ist neben dem bisherigen Mittwochstermin der Sonntag. Da zur neuen Saison einige Spiele der Fußball-Championsleague wieder im DSF laufen sollen, ist der Mittwochstermin jedoch möglicherweise öfter von Überschneidungen zu Lasten des Handballs betroffen. Genauere Informationen, was die neuen Gesellschafter des DSF konkret mit dem Handball vorhaben, sollen im Laufe dieser Woche folgen. Derzeit werden - so das einzig offizielle Statement des Münchener Senders - mehrere Modelle geprüft. Hausinterne Gespräche finden derzeit in München statt.
Kernmodell scheint zu sein, die Erstverwertungsrechte am Handball zu erwerben. Neben zwei Liveübertragungen pro Woche ist dann endlich auch - sofern die Bundesliga oder ein Großsponsor bereit ist, ein wenig Geld zu investieren - ein Handball-Magazin möglich, etwas, was mit den öffentlich-rechtlichen Sendern derzeit nicht machbar ist.
Für die Sonntagsübertragung stehen - so inoffizielle Informationen - eine Anwurfzeit von 15.00 Uhr bzw. 18.00 Uhr zur Debatte. Mit der Bundesliga wird aber nur der Nachmittagstermin möglich sein, da man fürchten muss, am Sonntagabend nicht genügend Zuschauer zu einem Hallenbesuch animieren zu können. Dies ist auch der größte Schwachpunkt des Angebotes der ARD: man will an Samstagen ab 15.00 Uhr live senden, wobei die Landesanstalten autonom entscheiden, welche Spiele berücksichtigt werden, gleichzeitig aber eine verlässliche und einheitliche Anwurfzeit erwarten. Samstagnachmittag ist aber erfahrungsgemäß neben Sonntagmorgen der schlechteste Termin, um Zuschauer in die Hallen zu locken. Und sollte die ARD-Sportschau demnächst tatsächlich wieder zur reinem Fußball-Sendung mutieren, wäre auch der letzte große Vorteil der ARD dahin, denn immerhin sah das Konzept vor, dass innerhalb der Sportschau vor einem Millionenpublikum etwa 10 Minuten für Handball reserviert sind.
Da hat das - noch nicht offizielle - Konzept des DSF für die Bundesliga schon einen deutlich höheren Reiz, wenn man einmal von der bisher geringen Reichweite des Sportsenders absieht, die sich aber im Vergleich zu den Dritten Programmen relativiert. Die öffentlich-rechtlichen Sender blieben in der Regel mit den Übertragungen am Samstagnachmittag unter 150.000 Zuschauern bei Marktanteilen zwischen 3 % und 9 %, während das DSF mit im Schnitt 230.000 Zuschauern - bei allerdings einem Marktanteil von nur knapp über 1 % - deutlich mehr Zuschauer anlockte.
So kann es bei den sich mehrenden Ungewissheiten bei den öffentlich-rechtlichen Sendern im Grunde für die Bundesliga nur einen Weg geben: das Abschließen eines TV-Vertrages mit einer 2 bis 3-jährigen Laufzeit und garantierten Sendezeiten mit dem DSF.
Der Fahrplan für den neuen TV-Vertrag sieht nach den neuesten Entwicklungen vor, dass nach dem Eintreffen eines Angebotes vom DSF, das zwar mündlich, aber noch nicht schriftlich vorliegt, und einem Gespräch mit SportA am 18. Juli die Liga zwischen den beiden Alternativen ihre Wahl trifft. "Wir gehen mit einem gewissen Selbstbewusstsein in die Verhandlungen", sagte der neue Geschäftsführer des Bundesligaverbandes, Frank Bohmann, zu handballimfernsehen.de.
Zwar wird das Angebot des DSF finanziell deutlich hinter dem der ARD zurückbleiben, da die Handball-Bundesliga jedoch von den TV-Geldern im Gegensatz zu anderen Sportarten relativ unabhängig ist und bei keinem Verein mehr als 5 % des Gesamtetats ausmachen, dürfte das Hauptaugenmerk auf festen Sendezeiten liegen. Ein neuer Fernsehvertrag ist jedenfalls nur dann als Erfolg zu feiern, wenn gesicherte Sendezeiten festgeschrieben und die Rechte nicht meistbietend verhökert werden. Beides zusammen wird nicht möglich sein.