Bundessportgericht und seine Sicht auf Handball

  • Ui, da macht das Bundessportgericht aber eine sehr dubiose Rechtsauslegung. Ich nenne das Rechtsbeugung und wird in Zukunft weitere Blüten erzeugen. Macht euch darauf gefasst.


    Merkt euch für die Zukunft:
    1. In drei Sekunden ist im Handball kein Tor möglich.
    2. Wenn der Gegner deutlich führt, ist die Regel aufgehoben.
    3. Wenn bei einem Regelverstoß keine böse Absicht besteht, kann der Spieler nicht der Regel entsprechend bestraft werden.
    4. Liegt ein Spieler "vermeintlich" verletzt am Boden, dann nicht den Vorteil drei Sekunden laufen lassen, denn er könnte vermutlich sterben oder schlimmeres.
    5. Und ein Tor mehr oder weniger ist im Handball irrelevant.


    All das Neue verwirrt mich. Ich brauche dringend einen neuen Lehrgang.

    BSpG_2K_02-2014_Urteil.pdf

  • Daran musste ich auch denken...

    Das Urteilsergebnis ist an sich völlig richtig, aber die Begründung ist völlig hanebüchen... :pillepalle:

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D

  • Ich glaube nicht, daß dich "das Neue" verwirrt.
    Nach dem was du schreibst, erscheint mir eher, daß du selbst verwirrt bist,
    ich hoffe für dich, daß das nur der Fall ist da es um die RNL geht und die
    kannst du wohl nicht so gut "riechen".
    Daß was wir uns für die Zukunft merken sollen, steht dort für jeden lesbar
    gar nicht im Urteil drin.
    Deine Interpretation des Ganzen lässt eher auf einen Leergang bei dir schliessen......
    Und nein- ich bin kein Fan der RNL.

    mfg

  • Dem kann ich nur zustimmen...im uebrigen...was fuer ein Gedöns um diesen Popanz...aber man kann sich auch künstlich über alles aufregen um eine Existenzberechtigung zu erlangen

  • Im Unterschied zum Fußball, der trotz offensichtlicher Fehlentscheidung (Hoffenheim) die Tatsachenentscheidung der Schiedsrichter und damit die Schiedsrichter selbst schützt, wird hier eine korrekte Entscheidung im Nachhinein einkassiert.

    Im Übrigen gehört diese Regel eh abgeschafft und durch 7m für den anwerfenden Verein ersetzt. Die Sperre nützt dem benachteiligten Verein nichts mehr bzw. kann durch den Einsatz eines Nachwuchsspielers (s. THW-SCM) ausgehebelt werden.

  • Im Übrigen gehört diese Regel eh abgeschafft und durch 7m für den anwerfenden Verein ersetzt. Die Sperre nützt dem benachteiligten Verein nichts mehr bzw. kann durch den Einsatz eines Nachwuchsspielers (s. THW-SCM) ausgehebelt werden.


    Jein, denn dazu musst du vorher im letzten Angriff erstmal den jungen Nachwuchsspieler auf die Platte schicken, wenn du mit der ersten Sieben agieren willst, um das vielleicht entscheidende Tor zu erzielen.

    Aber du hast natürlich Recht, dass die Sperre dem eigentlich benachteiligten Verein nichts nützt - ja sogar schaden könnte, falls die Sperre unglücklicherweise für ein darauffolgendes Spiel gegen einen direkten Konkurrenten gilt.

  • Aber wenn du in der letzten Minute zurückliegst, wirst du doch nicht den Anwurf des Gegners unterbinden. Du unterbindest den Anwurf nur, wenn du mit dem Ergebnis zufrieden bist und ein weiteres Gegentor verhindern willst. Da kannst du auch Nachwuchsspieler auflaufen lassen.

  • Aber wenn du in der letzten Minute zurückliegst, wirst du doch nicht den Anwurf des Gegners unterbinden. Du unterbindest den Anwurf nur, wenn du mit dem Ergebnis zufrieden bist und ein weiteres Gegentor verhindern willst. Da kannst du auch Nachwuchsspieler auflaufen lassen.


    Aber das ist nicht immer praktikabel. Beim Spiel bei Magdeburg wurde es durch den 7m und dem damit einhergehenden Timeout ermöglicht.

    Nichtsdestotrotz hat die Idee mit dem 7m durchaus etwas für sich und verdient in meinen Augen eine intensivere Diskussion.

    Einmal editiert, zuletzt von Handballer2105 (4. April 2014 um 22:44)

  • Es steht und fällt für mich weiterhin alles mit der schwammigen Aussage "mit dem Ziel ein Tor zu verhindern".

    Eine Definition was damit gemeint ist gibt es weiterhin nicht. Es ist aus meiner Sicht auch nicht möglich das klar zu definieren.
    Und was noch schlimmer ist: Es ist einem SR nicht möglich zu wissen welches Ziel ein Spieler mit einer Aktion hatte. Folglich ist es defacto unmöglich so eine Aktion immer korrekt zu bewerten.

    Der DHB hatte ja zwischenzeitlich schon Rechnung getragen und per se jede DQ in der letzten Minuten unter diese Regelung gestellt. Ich meine das hat er wieder zurückgezogen.

    Ich finde den Grundgedanken dieser Regel eigentlich sehr gut. Von daher sollte sie eigentlich beibehalten und konsequent praktiziert werden.
    Welches Ziel Guardiola mit dieser Aktion wirklich hatte weiß er nur selbst. Für mich fällt das unter den Punkt Kollateralschäden und um die Grundidee der Regel aufrecht zu erhalten muss man solche Strafen, die gewiss nicht eindeutig sind, hinnehmen. Guardiola muss wissen, dass er damit eine DQ+B bekommt. Also muss er sich einfach zurückhalten, egal welches Ziel er hatte.
    Sind wir ehrlich, ob die Behandlung des verletzten Spielers 3 Sekunden später erfolgt wäre, wäre auch egal.
    und jetzt kommt mir bitte nicht mit Verletzung geht vor oder unterlassener Hilfeleistung.
    Wenn wir uns wirklich auf dieses Niveau begeben würden, dass verletzungen immer vor gehen, würde dies auf ein Ausnutzen dieser Sichtweise in ungeahntem Ausmaß gipfeln. Ich verwette Haus und Hof, dass wenn das Salonfähig wird, in jedem SPiel in der letzten Spielminuten die Verletzten sich in den Hallen nur so stapeln werden.
    Und das DHB Gericht hat mit dieser Entscheidung diesem Verhalten Tür und Tor geöffnet.

  • ...
    Und das DHB Gericht hat mit dieser Entscheidung diesem Verhalten Tür und Tor geöffnet.

    Sehr weise Aussage.

    Wenn Lebensgefahr bestanden hätte, wären die Helfer eh aufs Spielfeld gelaufen, egal ob die Zeit angehalten worden wäre. Und mal ganz ehrlich: ich muss niemanden wegklammern, das übliche, mit 180 Db geschriene "Ey, Schiri, da!" hätte es auch getan.

    Aber gut, dass wir in Deutschland kein angelsächsisches "Case Law" haben, so dass mit dem Urteil keine Quasi-Regeländerung geschieht. :nein:

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D

    • Offizieller Beitrag

    Mir ist nicht klar, warum man die ursprüngliche Version der Regel, nämlich D+B in letzter Spielminute nur bei +1, -1 oder unentschiedenem Spielstand so weit gefasst hat. Bei engem Spielstand dürfte in aller Regel bei beiden Mannschaften das Ziel ein Tor zu erzielen gegeben sein. Bei minus zwölf, wie in diesem Fall, eher nicht. Von daher ist das Urteil nachvollziehbar, da es vom Wortlaut und Sinn der Regel gedeckt ist. Es ist nämlich auch unter sportlichen Gesichtspunkten absolut in Ordnung.

    Die ursprüngliche Version würde den SR bei der Auslegung und bei ihrem Job helfen und sie entspricht auch eher dem sportlichen Grundgedanken der Regel. Ein Spiel Sperre für ein einfaches Klammern bei minus zwölf, für das 59 Minuten vorher möglicherweise nicht mal eine Verwarnung gegeben hätte, ist einfach unverhältnismäßig. Hier ist der Regelgeber gefragt!

  • lothar: Du hast Recht, der Regelgeber ist gefragt. Nur, der DHB pfuscht dem Regelgeber (IHF) ins Handwerk. Seit der letzten Neufassung der IHF-Handballregel am 01.07.2010 bis zum 27.Spieltag der DKB-Handballbundesliga der Saison 2013/14 galt Regel 8:10c im Wortlaut. Mehr als drei Jahre wußte jeder Bescheid. vermutlich sind 1000de von Spielern gem. dieser Bestimmung gesperrt worden. Jetzt , beim 28. Spieltag, macht sich eine Rechtsinstanz daran, diesen Regeltext zu interpretieren (und das mMn auch noch erbärmlich schlecht.) Um Rechtssicherheit zu vermitteln, oder wie du es nennst "den SR bei der Auslegung und bei ihrem Job helfen , tut mir leid, ein fatales Urteil.

  • Da hatte endlich mal eine Rechtsinstanz den "Arsch in der Hose" eine Regel im Sinne des Sports zu
    interpretieren und sich nicht wie sonst so oft ganz stur an Vorgaben zu halten, die sicherlich in
    diesem Fall nicht dem Sinne der Regel entsprochen hätten.
    Resultat: Wie so oft kommen die "Oberverdachtschöpfer" sofort mit "erbärmlich schlecht" und "fatalem Urteil" bis hin zu "Kollateralschaden".
    So ist s im Sport.
    Entweder wird vom Schiedsrichter Fingerspitzengefühl gefordert oder die Spielaufsicht hat Schuld oder
    die Sonne stand zu tief.....
    Auf jeden Fall ist dann alles grundsätzlich falsch, noch dazu das Gericht ja sogar so "frech" war, seine
    Gedanken und Gründe so darzulegen, daß sie eigentlich jeder verstehen kann.....zumindest vom Wortlaut her....
    mfg

  • TCLIP

    Diejenigen, die anderer Meinung sind, gleich mal als "Oberirgendwas" zu denunzieren, spricht schon mal für sich. Regeln interpretieren" kann man, normalerweise nennt man das "Regelauslegung". Die "Auslegung" endet für meinen Geschmack da, wo ich die korrekte Regelauslegung der Schiedsrichter im Nachhinein korrigiere. Das ist für mich der Supergau. Bin neugierig, ob und wann wieder ein Schiedsrichter diese Regel anwendet, um sich dann von beiden Mannschaften, Zuschauern, Presse und Verband zerlegen zu lassen. Lieber abpfeifen, keine rote, kein Bericht, ist ja jetzt gedeckt. Aber Hauptsache, du verstehst im Gegensatz zu mir Deppen den Wortlaut der Begründung.

  • Brooks...

    wie du dich selbst einschätzt und beurteilst, da möcht ich nicht widersprechen, da sollst du deine
    Meinung über dich selbst so behalten.
    Im Übrigen wird den Wortlaut der Begründung sicher -fast- jeder verstehen, wie man sie für
    sich interpretiert, daß muß jeder selbst entscheiden.

    mfg

  • Also für mich wurde hier ganz klar in eine Tatsachenentscheidung der Schiedsrichter eingegriffen. Die Schiedsrichter waren der Meinung, dass hier einer Mannschaft die Möglichkeit genommen wurde, eine Torgelegenheit zu erlangen. Entsprechend dieser Wahrnehmung haben sie regelgerecht gemäß Regel 8:10c auf Dq mit Bericht entschieden. Ein Regelverstoß, den ein Sportgericht kassieren könnte, liegt für mich eindeutig nicht vor.

    Noch dazu kommt dieser Satz in der Begründung, der, wenn ich ihn richtig verstehe, doch sehr merkwürdig ist:


    "Er hat durch sein Verhalten auch der gegnerischen Mannschaft nicht die Chance genommen, in eine Torwurfsituation zu kommen oder eine klare Torgelegenheit zu erreichen, denn zunächst hätte der Anpfiff in der Spielfeldmitte erfolgen müssen."


    Ich nehme an, die Strafe wurde gemäß 8:10c und nicht d ausgesprochen, d. h. die ganze Sache hat doch mit dem Anpfiff nichts zu tun. Das Sportgericht behauptet also unabhängig vom Spielstand, dass keine vereitelte Torgelegenheit vorliegen kann, solange der Anpfiff noch nicht erfolgt ist. Diese Entscheidung wurde seit Einführung der Regel aber bestimmt Dutzende Male so getroffen.

    Man kann natürlich nun ganz allgemein über diese Regel streiten. Ich finde sie nicht schlecht, auch in dieser Form, denn es gibt durchaus Spiele, in denen die Tordifferenz entscheidend ist. Man muss ein relativ wirksames Mittel finden, um solche Unsportlichkeiten in der letzten Spielminute zu unterbinden. Dass gleiche Vergehen zu unterschiedlichen Zeiten anders bestraft werden, liegt in der Natur der Handballregeln und die Sonderbehandlung der letzten Spielminute finde ich absolut berechtigt. Jedem Spieler sind diese Regeln bekannt und um Schiedsrichter auf einen verletzten Spieler aufmerksam zu machen, haben Spieler auch andere Möglichkeiten. Scheinbar war der fehlbare Spieler aber auch nicht bereit auf Kosten z. B. des Kümmerns um seinen Mitspieler evtl. noch ein Tor zuzulassen, womit wir wieder am Anfang und der Wahrnehmung der Schiedsrichter wären.

  • Bei minus zwölf, wie in diesem Fall, eher nicht


    Lothar, was machst du denn, wenn in der Liga das Torverhältnis entscheidet und jedes Tor wichtig sein kann?
    Was machst du in Ligen in denen der direkte Vergleich zwischen den betreffenden Mannschaften (am besten sogar noch mehr als 2 Mannschaften) zählt und jedes Tor wichtig sein kann?

    Willst du den SR zugestehen dies in der Beurteilung der Situation immer mit berücksichtigen zu müssen?
    Oder sollen die SR immer im Zweifel DQ+B geben und der reguläre weg wäre dann immer über den Einspruch?

    Ansonsten bin ich bei dem was dmb sagt.
    Zum einen ist das eine Aufhebung der Tatsachenentscheidung der SR. Das ist für mich der absolute Super-GAU.
    Zum anderen definiert das Gericht in dem von dmb zitierten Satz das Regel einfach um indem es sagt, das können unter den gegebenen Umständen gar nicht möglich sein. Das ist eigentlich eine noch viel schlimmere Entscheidung.