Taktisches Betreten des Torraums?

  • Hi,

    hier mal eine interessante Szene, die sich vor Elverums Siegtreffer im Spitzenspiel gegen Drammen zugetragen hat. Der Spielstand ist 23:23. LA springt zu einem Kempa rein, wird aber nicht angespielt und verzieht sich wieder aus dem Torraum. Wenig später schlägt der Ball aus dem Rückraum im gegnerischen Tor ein.

    Wie würdet ihr entscheiden?

    Zum Video bei TV2

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • Zitat

    6:3 Das Betreten des Torraums bleibt ungeahndet:
    a) wenn ein Spieler, nachdem er den Ball gespielt hat, den Torraum betritt, sofern dieses für die Gegenspieler keinen Nachteil bedeutet;
    b) wenn ein Spieler ohne Ball den Torraum betritt und sich dadurch keinen Vorteil verschafft;

    Ein Blick in das Gesetz ist bei der Rechtsfindung nicht unschädlich.

    Ist ein Vorteil entstanden? Die Abwehr hatte sich nach dem abgebrochenen Kempa ganz schnell neu sortiert, es vergehen zwei, drei Sekunden. Der Innenblock ist ganz auf seine Aufgabe im Zentrum fixiert, wo sich der Ball befindet. Auch der Torwart ist auf den Ballführer eingestellt. Neue Situation, dann erst der Torwurf von Rückraum Mitte. Kein taktischer Vorteil durch den LA kurzfristig im Kreis. Laufen lassen!

    "Perfektes Spiel für unruhige Zeiten: Schach und die große Sehnsucht nach Entschleunigung"

    Die hiesige Tageszeitung bereitet uns schon mal auf die Besatzung durch den Ivan vor.

  • Ich hätte es auch als "clevere Variante" eingestuft, weiß aber, dass es durchaus ehemalige Frauen-Bundesligatrainer gibt, die das als Skandal-Entscheidung ansehen.
    Ich könnte in der Hinsicht beide Richtungen der Entscheidung verstehen. Gerade die Frage nach der Konzentration des Torwartes ist mit Sicherheit eine, die man stellen kann. ;)

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • Völlig klar. Wenn die Schieris in Sekundenschnelle entscheiden müssen, ist vertretbar, dass der Torwart kurz abgelenkt war. Wäre er aber auch durch eine Wurftäuschung gewesen. Entscheidend ist, dass sich hier kein Vorteil entwickelt hat. Wenn wir das Video haben und dies wiederholt anschauen, sehen wir den fehlenden Vorteil. Die Schieris hätten das im ersten Moment auch abpfeifen können. Laufen lassen war aber die richtige Entscheidung und als feststand, dass sich das Ablenkungsmanöver nicht mehr auswirkt, war "Tor" die nächste richtige Entscheidung.

    "Perfektes Spiel für unruhige Zeiten: Schach und die große Sehnsucht nach Entschleunigung"

    Die hiesige Tageszeitung bereitet uns schon mal auf die Besatzung durch den Ivan vor.

  • Laut dem IHF-Lehrbuch, Kapitel 1.3, Seite 15f (Bildreihe 17 und Info 7) müssen solche Situationen generell abgepiffen werden (Betreten des Torraums mit Vorteil , 6:2a):

    Zitat

    Wie die Bilder zeigen, werden die Abwehrspieler durch das gezielte Springen des Rückraumspielers in den Torraum irritiert. 0b dieser Torraumpass vom Angriffsspieler nur vorgetäuscht wird oder nicht, ist für die Entscheidung der Schiedsrichter unerheblich. Mit dem regelwidrigen Betreten des Torraums ohne Ball verschafft er seiner Mannschaft einen Vorteil.

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D

  • Gefallen tut mir das aber nicht.
    Bildreihe 15 zB zeigt auch einen im Torraum befindlichen Mitspieler, verweist aber darauf, dass es kein Vorteil sei.
    Anhand der Bilder und des Textes ist für mich nicht erkennbar, nach welchen Kriterien die SR Entscheiden sollen, ob es ein Vorteil ist oder nicht. Dann bleibt für mich nur der Handballsachverstand über.
    Bei Bildreihe 17 springt der Außen auf der Halbposition ab und rennt dann quer durch den Torraum. Das ist nicht vergleichbar.
    Bei Info 7 Bsp 1 sieht man gar nicht, dass er im Torraum aufkommt. Hier gilt eigentlich das gleiche wie bei Bildreihe 15.

    Mir gefällt das gar nicht.
    Da wird davon ausgegangen, dass wenn ein Spieler in den Torraum springt, generell die Abwehr irritiert und daher einen Vorteil hat.
    Das mag nun für den SR einfacher zu entscheiden sein, entspricht aber finde ich nicht dem Spielgedanken.
    Der Hinweis auf das schnellstmögliche Verlassen des Torraums durch den Spieler auf kürzestem Weg sowie der Hinweis auf den Vorteil, erlaube finde ich eben genau eine solche Szene wie in dem Video.

    Aber danke für den Hinweis. Werd ich mir merken!

  • Mir gefällt das gar nicht.
    Aber danke für den Hinweis. Werd ich mir merken!

    Mir auch nicht. Aber so sind "halt" die Regeln... :wall:

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D

  • Aber so sind "halt" die Regeln


    Ein IHF-Lehrbuch ist kein Teil der Regeln.
    Es ist wohl eher eine Handreichung für Unentschlossene.

    Mit dem regelwidrigen Betreten des Torraums ohne Ball verschafft er seiner Mannschaft einen Vorteil.


    Das mag sein; ich halte es aber für belanglos.
    In 6:3b geht es um den Vorteil, den sich der Spieler durch das Betreten des Torraums verschafft.

    Der LA verschafft sich durch das Betreten des Torraums keinen Vorteil sondern einen Nachteil.

    Also sollte der SR das Betreten des Torraums nicht ahnden... trotz Lehrbuch.

  • Ein IHF-Lehrbuch ist kein Teil der Regeln.
    Es ist wohl eher eine Handreichung für Unentschlossene.


    Das ist aus meiner Sicht falsch. "Der Handballschiedsrichter" entspricht der Regelinterpretation von IHF und DHB.
    Man könnte ihn auch mit "So meinen wir das" übersetzen.

    Ich gehe fest davon aus, dass jeder Verband oder Kreis in Deutschland nach diesem Buch lehrt. Insofern sollte man zwingend danach handeln und nicht sagen "ich finde aber".


  • Ein IHF-Lehrbuch ist kein Teil der Regeln.
    Es ist wohl eher eine Handreichung für Unentschlossene.

    Das lass ich mal unkommentiert... Aber Selbstbewusstsein soll ja wichtig für einen Schiedsrichter sein.



    Das mag sein; ich halte es aber für belanglos.
    In 6:3b geht es um den Vorteil, den sich der Spieler durch das Betreten des Torraums verschafft.

    Der LA verschafft sich durch das Betreten des Torraums keinen Vorteil sondern einen Nachteil.

    Also sollte der SR das Betreten des Torraums nicht ahnden... trotz Lehrbuch.

    Der LA verschafft nicht sich den Vorteil, sondern seiner Mannschaft, indem die Abwehr abgelenkt ist, analog siehe auch die Absicht der IHF, z. B. das Anschreien des Gegenspielers zu Ablenkungszwecken zu ahnden (vgl. 8:7b IHR).

    Wenn man schon 2 Hinausstellungen hatte und dann so rangeht, kann man nur wichtige Termine haben. (frei nach Johannes B. Kerner)

    Der Schiedsrichter gilt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit als unfehlbar... (DHB-Bundesgericht) :D