die verflixte 2. Halbzeit

  • Hallo zusammen.
    Vielleicht kann mir ja hier jemand mit Ratschlägen und Tipps zur Seite stehen.
    Mein Problem ist folgendes:
    Ich trainiere z. Zt. eine Damenverbandsligamannschaft. Mein Team hat seit einiger Zeit ein Problem mit der 2. Halbzeit. Wir liefern in der 1. Halbzeit immer eine gute bis sehr gute Leistung ab. Teilweise gehen wir mit 2-3 Toren Führung (auch gegen Spitzenmannschaften der Liga) in die Pause.

    Wenn die Mädels aber dann zur 2. Halbzeit wieder auf der Platte stehen, ist's vorbei mit der Herrlichkeit. Regelmäßig verspielen wir dann unseren Vorsprung und bekommen teilweise noch ne richtige Klatsche.
    Ich habe mir schon den Mund fusselig geredet, aber es nutzt nichts. Fast an jedem Spieltag wiederholt sich dieses Drama.
    Um es vorweg zu nehmen: Das Problem liegt nicht im konditionellen Bereich. Ganz am Ende des Spieles können wir meistens noch mal ne kleine Schüppe zulegen und durch Gegenstöße dann noch einige Treffer erzielen. Aber es langt dann meist nicht mehr.

    Ich hoffe Ihr könnt mir helfen und habt ein paar Anregungen für mich.

    Danke schon mal im Voraus

  • tjaja, die Psyche der Frauen. Ein unendlich Feld, wo man/frau immer wieder denkt, ah jetzt habe ich es verstanden um 3 sec. später vom Gegenteil überzeugt zu werden.... :wall:

    Was ich mir vorstellen könnte ist, in der ersten Halbzeit spielen sie relativ entspannt auf, weil sie ja wissen, es gibt noch ne zweite Halbzeit. Dann kommt die zweite Halbzeit und dann flattern die Nerven, weil....danach ist vorbei....

    Frag sie mal vor was sie Angst haben?
    Sprichst Du in der Halbzeit zu viel von Fehlern?

    Es klingt sehr nach Mentaler Schwäche. Also sie halten den Druck nicht stand. Dem eigenen Druck, den Erwartungen von aussen und so weiter. Wie alt sind die Mädels im Schnitt? Vor allem was passiert denn dann? Spielen sie nicht mehr dasselbe wie in der ersten Halbzeit? Dann wäre es wichtig ein bis zwei Auslöser zu haben, die sie immer sofort am Anfang der zweiten Halbzeit spielen sollen. Somit bewegen sie sich auf bekannten Terrain....

    Wie gesagt, das ist echt ein weites Feld....

    Grüße

    :spring: Laufen ist schön, andere laufen lassen noch viel schöner :D

  • Das müssen aber nicht zwangsläufig mentale Probleme als Ursache sein.

    Wie variabel ist die Spielanlage? Wie viele Spielerinnen strahlen Gefahr aus und kommen überhaupt zum Abschluss, wie sieht das Wurfbild in Halbzeit 1 aus?
    Hat sich der Gegner bereits darauf eingestellt, weil es immer dieselben Abläufe sind? Gehen die Würfe immer in die gleiche Ecke? (Jeder hat ja seine Schokoladenseite und seinen Schokoladenwurf?)

    Klar, wenn die Spiele immer denselben Verlauf nehmen, dann kommt es mehr oder weniger zur self-fulfilling prohecy. Der Glaube an den Sieg ist dahin, also tritt die Niederlage auch ein. Vielleicht auch einfach mal einen anderen Impuls setzen, sprich andere Abwehrformation oder Überraschungen im Angriff (z.B. mal mit zwei Kreisläuferinnen) - einfach irgendwas, woran die Spielerinnen merken, dass die Partie heute anders läuft als sonst.

    Original von rro.ch
    Beliebte Sportarten aber auch Randsportarten wie Handball kommen beim Publikum an.

  • da muss ich Steinar recht geben.

    Ich hatte das gleiche Problem mit meiner weibl. B-Jugend.
    Ich habe dann bei einem Spitzenspiel in der 2. HZ auf eine 3:2:1 umgestellt. Der Gegner war total verwirrt und meine Mädls spielten völlig neue Torchancen herraus, die sie auch souverän nutzten. In der Abwehr glänzten meine Mädls nur so vor Selbstbewusstsein.
    Natürlich habe ich die 3:2:1-Formation vorher sehr oft trainiert und eingeübt.
    Das Ende vom Lied war, wir gingen mit einem 5-Tore-Vorsprung-Sieg vom Platz :)
    glaub mir, mit reden wirst du bei deiner Mannschaft nicht mehr weit kommen.
    ...lass lieber Taten sprechen.
    Überzeug nicht deine Mädls, dass sie es auch in der 2. HZ bringen können, sonder mach einfach was neues und die Mädls werden selber sehr schnell merken, dass auch in der 2. HZ ordentlich was geht ;)

    Viel Erfolg

  • maleikalika:
    Also die Mannschaft ist noch sehr jung (bei Parteiballspielen "Alt ./. Jung" biste mit 22 Jahren bei "Alt"!!) und daher denke ich, dass Du mit der "mentalen Schwäche" Recht haben könntest (zu unerfahren, zu ungeduldig). Auch die Sache mit den bestens bekannten Auslösern funktioniert nur bedingt. Wenn der erste gespielte Auslöser - aus welchem Grund auch immer - nicht funktioniert, wird der auch im ganzen weiteren Spiel nicht mehr versucht. Die Mädels spielen dann den Ball nur noch quer vor dem Tor her, statt auf das Tor zu und jede schiebt somit die Verantwortung auf die Nebenspielerin ab. Ist zumindest mein Gefühl.
    Mein Hauptproblem im Angriff ist: Ich habe keine Rückraumspielerinnen und keine Linkshänderin! Die musste ich vor Saisonbeginn an unsere 1. Mannschaft (Oberliga) abgeben. Daher bleiben wir im Angriff gegen eine defensive 6:0-Deckung immer recht blass und hilflos.

    Steinar:
    Die Spielanlage ist eigentlich recht variabel und in der 1. Hälfte tragen sich auch mehrere verschiedene Spielerinnen in die Torschützenliste ein.
    Die Mannschaft hat bereits in der letzten Saison unter meinem Vorgänger nur ganz knapp den Abstieg vermieden. Einige der Spielerinnen sind daher einfach das Gefühl des Siegens nicht mehr gewohnt und ich glaube, das die Mädels dann in entsprechenden Situationen wieder an die Spiele der letzten Saison denken und sich dann vielleicht jedesmal diese "selbsterfüllende Phrophezeihung" einstellt von der Du sprichst.


    m3Handball
    Ich habe bereits zu Beginn meiner Tätigkeit mit der Mannschaft angefangen die Abwehr auf die 3:2:1-Deckung umzustellen - brachte keinen Erfolg, da die Mannschaft kein Vertrauen zu dieser Deckungsvariante gefunden hat. Die Mädels sind aber auch teilweise im individuellen Deckungsverhalten nicht gut genug, um die 3:2:1-Abwehr zu spielen.


    Grüße an Alle

  • hallo nochmal,

    auch wenn Steinar sagt, es ist nicht zwangsläufig die mentale schwäche (zwangsläufig sicherlich nicht) aber Tomaus bestätigt es ja. 'die Verantwortung wird weiter geschoben'. Tja, ganz klar. Und dieses Phänomen, dass ein Auslöser nur einmal nicht funktionieren muss, damit er schon in dem aktuellen Spiel verbannt wird, ist mir auch sehr bekannt.

    Wenn sie kein Vertrauen zur 3:2:1 haben, dann lass sie 4:2 oder 5:1 spielen.
    Gegen eine 6:0 ohne Rückraum ist es echt schwer, daher wären die Ballgewinne in der Abwehr sehr wichtig. Was Du aber versuchen kannst, dass sie mehr Druck auf die Aussen bekommen. Schnelles Stossen auf die Nahtstellen, Expresspässe mit auslassen von Positionen um die Aussen frei zu spielen. Und Freiwurfvarianten. Manche 'nicht Rückraumwerferinnen', können bei ruhenden Bällen gut hochgehen, oder man findet eine Variante wo wieder die Aussen oder der Kreis frei gespielt wird.

    Mädels sind unglaublich grüblerisch. Schmetterlinge im Kopf, permanent. Die denken sogar während dem Wurf noch, 'aufweia, da kriege ich aber nen Anpfiff von meiner Nebenspielerin wenn ich den vergeige' oder 'warum hat mich mein Freund nicht angerufen'....

    Was aber wichtig ist, wenn Du als Trainer, ihnen zeigst, wie intensiv Du Dich mit ihrem Spiel, mit dem Spiel des Gegeners auseinandersetzt, auf Ihre Stärken und Schwächen gleichermassen eingehst, und sie in jeder Sitution förderst, forderst und vertraust. Psychater und Entertainer auf ganzer Linie. Aber so ist es nunmal. Führ Einzelgespräche, frag wovor sie Angst haben. Mach ihnen klar, das ein Abstieg nicht den Weltuntergang bedeutet.

    Wieviel Spiele hast Du noch? Wie eng ist es? Vielleicht kannst Du ein Trainingsspiel gegen eine schwächere Mannschaft einbauen, wo Du z.B. die 4:2 übst und die Freiwurfvarianten.

    Grüße

    :spring: Laufen ist schön, andere laufen lassen noch viel schöner :D

  • maleikalika
    Wir spielen bereits seit geraumer Zeit eine 5:1-Deckung, die meiner Meinung nach auch ganz gut funktioniert (Es gibt einige Mannschaften in der Liga, die wesentlich mehr Gegentore kassiert haben). Das Problem liegt echt im Angriff (wie bereist beschrieben - ohne echten Rückraum).

    Ich habe gestern mal das Training sausen lassen und habe stattdessen mit den Spielerinnen Gespräche geführt (Einzel und auch im Mannschaftsrahmen). Fast alle gaben an, dass es auch aus ihrer Sicht reine Kopfsache ist (selbsterfüllende Prophezeihung).
    Auch die Frage in welcher Liga wir denn in der nächsten Saison spielen sollen, wurde von der ganzen Mannschaft mit "Verbandsliga"! beantwortet. Wir stehen nämlich im Moment auf einem Abstiegsplatz (bei noch 3 ausstehenden Spielen gegen den Tabellenführer, den Tabellenvierten und den Tabellenfünften) und sind eigentlich sportlich bereits abgestiegen. Da aber der Tabellendrittletzte sich zu 90% aus der Liga abmeldet, könnten wir dennoch in der Liga bleiben, da auch der Tabellenletzte uns nicht mehr überholen kann. Ich hatte daher auch einen freiwilligen Rückzug in die Landesliga bereist in Erwägung gezogen. Aber wie gesagt - die Mädels wollen es in der kommenden Saison erneut versuchen! Für mich - und das habe ich der Mannschaft auch gesagt - wäre ein Abstieg überhaupt kein Beinbruch. Ich hatte bereits um Weihnachten herum meinen Vertrag für die kommende Saison verlängert, unabhängig vom Ligaverbleib. Daher hatten die Mädels eigentlich euch gar keinen Druck im Nacken, die VL um jeden Preis halten zu müssen.


    Deine Idee mit einer 4:2-Abwehrvariante zu spielen ist sehr interessant. Muss mich mal schlau machen und dann diese Abwehr vielleicht bis zur kommenden Saison den Mädels näher zu bringen. Hast Du übrigens Material bzgl. 4:2-Abwehr oder weist Du, wo ich was darüber finden kann? Gibt es vielleicht schon einen entsprechenden Threat?


    Grüße nach Bayern

  • Hallo Tomaus,

    bedenke, die 5:1 ist nicht nur eine Abwehr für wenig Gegentore, sondern soll auch auf schnelle Ballgewinne aus sein. Eine Idee ist z.B.: ist der Ball beim Gegner auf RA, soll die Halbabwehr, den RR zumachen, querstellen, Arme breit, entsprechend muss auch der 1er den RM zumachen. Somit muss der weite Pass zur RL kommen, oder zum Kreis, oder der RA muss 1:1 gehen. Bei Rechtshänder, weit nach aussen schieben, bei LH, auch rausschieben und auf die Wurfhand stellen. Im Endeffekt ein Element aus der 3:2:1 aber nicht permanent. Einfach Nadelstiche setzen, um den Angriff aus der Ruhe zu bringen.

    Vorne eben mit schnellem Durchstossen spielen, und vielleicht Freiwurfvarianten.

    Was gut wäre, wenn Du es schaffst Ihnen den Druck zu nehmen. Das wird das A und O sein. Erst vor kurzen hatte ich hier das Thema. Sie sollen Spass am Handball haben. Mach mal ein Spasstraining, Volleyball, Fangerlens, Fussball....Königswerfen, 7 Meter Wettkampf sowas. Vorm Spiel, aufwärmen mit Fussball, oder Tanzen oder ähnliches. Mach mal nen Witz von der Bank aus....um ihnen zu zeigen, hei, wir sind immer noch in der Freizeit.

    Was die 4:2 anbelangt, gab es mal einen Artikel in der Handballtraining. Muss ich mal suchen. Vielleicht mal bei Google suchen...spontan habe ich das gerade als Info gefunden.

    http://www.myu-handball.de/index.php?opti…id=66&Itemid=75

    ToiToiToi

    :spring: Laufen ist schön, andere laufen lassen noch viel schöner :D

  • @maleikalika
    Wir haben am Sa. beim Tabellenführer und Aufsteiger in die Oberliga gespielt und mit 38:22 verloren. So weit so gut (oder schlecht).
    Was mich aber freut ist die Tatsache, dass meine Mädels diesmal in der 2. Halbzeit nicht komplett eingebrochen sind, sondern die letzten 20 Spielminuten sogar gewonnen haben. War echt gut. Wir haben da nämlich einfach mal auf eine 4:2-Deckung umgestellt, ohne dies vorher großartig im Training geübt zu haben. Hat eigentlich ganz gut geklappt. Die Mädels hatten plötzlich Spaß in der Deckung und wir sind dadurch auch in die Tempogegenstöße gekommen.


    Ich denke mal, dass diese Variante uns in der kommenden Saison auf jeden Fall weiterhelfen wird. Wir werden ab sofort gezielt daran arbeiten und diese Variante auch in den letzten beiden Saisonspielen einsetzen. Mal sehen wie's dann läuft.


    Grüße nach Bayern

  • Das Phänomen "Tiefschlaf 2. Halbzeit" kenne ich bestens. Wir hatten neulich zum Spitzenspiel den Tabellendritten (wC Landesliga) zu Gast. Nach einem 11:2 Start führten wir zur Halbzeit mit etwa 8 Toren. Der Gegner war am Boden. Meine Mädels kommen aus der Kabine und die Gastmannschaft legt eine 6:0 Serie hin. :mad:

    Die Idee einer Aufgabenstellung / neuen Herausforderung zur zweiten Hälfte finde ich schon mal nachahmenswert. Muss ich mir mal was zu einfallen lassen. Ich nehme ansonsten bei einer Halbzeitführung ab etwa 3 Toren das Tempo aus dem Spiel, um dann in Ruhe den Vorsprung aufzubauen, um dann wieder Tempo aufzunehmen. Sofern die Mädels dem tatsächlich nachkommen, klappt das meistens ganz gut. Die Quote der erfolgreichen Angriffe steigt und die Mannschaft gewinnt an Sicherheit, so dass wir die 3:2:1 Deckung dann nach und nach offensiver werden lassen, um dem Gegner den Rest zu geben.

    "Perfektes Spiel für unruhige Zeiten: Schach und die große Sehnsucht nach Entschleunigung"

    Die hiesige Tageszeitung bereitet uns schon mal auf die Besatzung durch den Ivan vor.