VERSCHÄRFUNG DES WAFFENRECHTS
Polizei und Opposition wettern gegen geplantes Paintball-Verbot
Von Jörg Diehl, Annett Meiritz und Zacharias Zacharakis
Die Große Koalition will Freizeit-Ballerspiele wie Paintball untersagen, weil man damit angeblich das Töten lernt. Fans und Opposition geißeln die Pläne als populistische Placebo-Politik, die die mächtige Waffenlobby schone - sogar Polizisten zweifeln an Sinn und Umsetzbarkeit eines Verbots.
Berlin/Hamburg - Die Wohngemeinschaft in der Universitätsstadt tut es. Die Kleinfamilie tut es. Ganze Firmenabteilungen tun es.
Sie stehen sich in Teams gegenüber, gut verpackt in Overalls und mit Schutzmasken, und beschießen sich gegenseitig mit Farbbällen. Paintball heißt der Zeitvertreib, der seit einigen Jahren in Großhallen, auf stillgelegten Truppenübungsplätzen, in brandenburgischen Wäldern angeboten wird.
Ist es ein harmloses Spiel, ein sinnvoller Sport - oder gar die "Simulation des Tötens", wie Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach kritisiert? Die Bundesregierung scheint sich bereits festgelegt zu haben.
Der "Berliner Zeitung" und der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zufolge hat sich die Koalition nach langem Ringen auf mehrere Änderungen für ein verschärftes Waffenrecht geeinigt. Unter anderem will sie Jagdspiele wie Paintball verbieten und einen Verstoß mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro belegen.
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zu SPIEGEL WISSEN Im Visier steht nicht nur eine bizarre Randerscheinung der Freizeitgestaltung. Nach Angaben der Deutschen Paintball-Liga gibt es in der Republik Tausende Anhänger und mehr als 200 Spielfelder. Seit Jahren versucht der Verein, Paintball als ungefährlichen Sport zu bewerben. Auf Turnieren sind rote Farbbälle wegen der optischen Ähnlichkeit zu Blut verpönt. Paintball-Pistolen werden nicht "Waffen", sondern "Markierer" genannt.
Paintball-Spieler schwärmen von einem Hobby, das Teamgeist und Konzentration fördert, Spaß bringt und Stress abbaut. "Paintball ist eine taktische Mannschaftssportart", sagt Liga-Chef Arne Petry SPIEGEL ONLINE. Das geplante Verbot habe ihn überrascht, "aber im Wahlkampf wird immer ein Bauernopfer gesucht".
Gesetzentwurf noch in diesem Sommer?
Das Schießen mit Farbkugeln, die mit einer Geschwindigkeit von 60 Metern pro Sekunde auf den Gegner gefeuert werden, senke die Hemmschwelle für echte Taten, argumentieren dagegen Befürworter des Verbots. "Bei diesen sogenannten Spielen besteht die Gefahr, dass Gewalt verharmlost wird und hierdurch Schwellen zur Gewaltanwendung abgebaut werden", sagt SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz.
SCHÄRFERES WAFFENRECHT?
Die Grundzüge der voraussichtlichen Verschärfungen zeichnen sich schon länger ab: Waffenbesitzer sollen verdachtsunabhängig kontrolliert, Waffen und Waffenschränke durch biometrische Systeme gesichert werden. Auch ein bundesweites Waffenregister soll schnell kommen. In dem umfangreichen Änderungskatalog ist auch ein Verbot von Spielen wie Paintball und Laserdrom enthalten. Verstöße sollen mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro belegt werden. Seit dem Amoklauf von Winnenden, bei dem der 17-jährige Tim K. 15 Menschen und sich selbst tötete, steht die Bundesregierung unter Zugzwang. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte am Donnerstag, man wollte noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur Verschärfung des Waffenrechts durchbringen. Details wollte das Ministerium nicht kommentieren. Die politischen Abstimmungen würden nächste Woche fortgesetzt. Ein Entwurf muss spätestens Ende Mai vom Bundestag in erster Lesung beraten werden, um in den verbleibenden drei Sitzungswochen bis Anfang Juli noch eine Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat erreichen zu können.
Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) begrüßte die Pläne der Bundesregierung. Für ihn sind die simulierten Freiflächen-Kämpfe gleichzusetzen mit "Tötenlernen" und "Krieg spielen". "Unsere Gesellschaft sollte solche zynischen und gewaltverherrlichenden Spiele ächten", findet Hövelmann.
Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth bezeichnete die möglichen Verschärfungen im Waffenrecht hingegen als "mutloses Zugeständnis an die Waffenlobby". Anstatt großkalibrige Waffen generell zu verbieten, habe sich die Koalition gerade einmal auf das "heuchlerische Verbot von Paintball" einigen können: "Damit verschärft die Koalition das Waffenrecht an den Stellen, an denen es der Waffenlobby am wenigsten wehtut."
Wehrmachtsübung im Buchenwäldchen
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag, ist zwar selbst kein Fan des Spiels ("Man muss nicht mit Farbe auf Leute schießen"), aber auch er hält Gesetzesänderungen in dieser Form für wirkungslos. "Die Millionen von Waffen in Privathaushalten und in den Sportvereinen - die sind das Thema", sagt Montag SPIEGEL ONLINE.
Spiegel.de
Hätte ich es nicht schon gewusst, hätte ich mir sicherlich nach einer solchen Meldung die Frage gestellt ob bald wieder Bundestagswahlen sind.
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