Fußball
Winni Schäfer: Hitzfeld macht nicht weiter!
12.11.2007
Von Carli Underberg
Nach der Pleite in Stuttgart hagelt es weitere Kritik an der Rotation von Ottmar Hitzfeld. Trainer-Kollege Winni Schäfer glaubt nach dem ganzen Theater, dass sich die Wege trennen werden. "Es wird für beiden Seitennicht zusammen weitergehen", so Schäfer im Interview mit SPORT BILD online.
SPORT BILD: Können Sie die Kritik an Hitzfelds Rotation nachvollziehen?
Winfried Schäfer (57): Bei dem Aufwand, den Transferausgaben und den gestecken Zielen ist das schon nachvollziehbar. Früher haben auch in der Rotation die Leader der Mannschaft immer gespielt. Bei Bayern war es zum Beispiel ein Stefan Effenberg, der nie auf der Bank saß. Zuletzt hat Hitzfeld jetzt absolute Top-Spieler draußen gelassen. Das kann ich nicht verstehen. Zumal es zu diesem Zeitpunkt der Saison eigentlich noch gar nicht nötig wäre, so viel zu wechseln. Und es gibt noch ein weiteres Problem.
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Das wäre...
Das man dem einen oder anderen Spieler durch das Ganze Hin und Her auch eine Art Alibi gibt. Es ist ja fast schon zweitrangig, ob einer gut spielt oder nicht, schließlich kommt man ja irgendwann sowieso wieder ins Team. Die Spieler, die ständig ihre Leistung zeigen, müssten sich dagegen wehren, auf die Bank gesetzt zu werden. Die Effenbergs und Kahns früherer Tage hätten sich nie gefallen lassen, mal nicht zu spielen.
Die Euphorie vom Saisonstart scheint etwas verflogen zu sein. Erstmals in der Saison zeigen sich Risse in der neuen Bayern-Welt. Präsident Franz Beckenbauer sprach sogar von einem „Rückfall in alte Zeiten". Wie bewerten Sie die Situation beim Rekordmeister?
Die kommen bestimmt wieder in Tritt. Dennoch muss man die Lage in München genau analysieren. Was augenscheinlich fehlt, sind echte Typen, sind Führungspersönlichkeiten. Bezeichnend war eine Szene aus dem Stuttgart-Spiel, als der VfB eine Riesenchance vergab. Vor einem Jahr noch hätte Olli Kahn den Ball über die Tribüne geschossen und sich seine Abwehr zur Brust genommen. Jetzt hat er sich zusammengerissen und ist ruhig geblieben. Das war irgendwie symptomatisch. Es fehlt der absolute Biss. Es fehlt einer, der die Mannschaft auf dem Platz aufweckt, wenn es nicht läuft. Nach der Kritik von Karl-Heinz Rummenigge wären man früher nach einem Spiel wie gegen Bolton (2:2 im Uefa-Cup d. Red.) nach Stuttgart gefahren, hätte gesagt, die hauen wir weg und hätte das auch getan.
Die Kritik entzündet sich vor allem an Trainer Ottmar Hitzfeld. Dabei wollte man spätestens im Winter mit ihm verlängern. Glauben Sie, dass er über den Sommer hinaus in München bleibt?
Man braucht doch nur die Bank-Szene aus dem Stuttgart-Spiel nehmen (Manager Uli Hoeneß stauchte während der Partie mit hochrotem Kopf Trainer Ottmar Hitzfeld zusammen d. Red.). Da muss man nicht mehr viel sagen. Die Kritik von Rummenigge war nicht so schlimm, das passiert halt mal in München. Aber was da auf der Bank passiert ist, hat mir als Trainer nicht gefallen. So etwas geht nicht. Der Ottmar hat so viele Erfolge gefeiert, der muss ja nicht mehr Trainer sein. Ich glaube nicht, dass es nach der Saison für beide Seiten zusammen weiter geht.
Vor drei, vier Wochen wurde die Mannschaft doch noch als die stärkste Europas gefeiert. Wie kann jetzt alles auf einmal schlecht sein?
Eine genaue Analyse kann man ja nur geben, wenn man nah an der Mannschaft dran wäre. Aber ich muss sagen, dass mich einige Sachen auch bei der Aufstellung wundern. Der Hamit Altintop hat im defensiven Mittelfeld auf einer völlig falschen Position gespielt. Stattdessen sitzt Mark van Bommel 90 Minuten draußen, obwohl der von seiner Körpersprache einer ist, den du für eine solche Partie wie in Stuttgart unbedingt brauchst. Außerdem muss man Franck Ribéry seine Freiheiten geben. Wenn er sich allein auf die Offensive konzentrieren kann, ist er genial. Zuletzt muss er auch zuviel nach hinten arbeiten, da fehlt dann vielleicht die Kraft für entscheidende Momente. Ein van Bommel muss ihm zur Seite gestellt werden, damit der Franzose dann gut aussehen kann. Wenn Spieler wie van Bommel einen Stammplatz hätten und andere drum herum ausgetauscht werden würden, wäre das eine Rotation, die ich verstehen kann.
Der Vorsprung ist von einmal sechs Punkten auf nur noch einen Zähler zusammenschmolzen. Glauben Sie an einen Titeldreikampf München, Bremen, Hamburg?
Ich war schon vor dem Saisonstart sicher, dass es kein Selbstläufer für die Bayern geben wird. Auch wenn das die meisten so vermutet haben. Hamburg hat mit Huub Stevens einen tollen Trainer, der die Mannschaft fantastisch einstellt, wo jeder für den anderen arbeitet. Dazu werden die im Winter noch einmal verstärken, weil einige Jungs zum Afrika-Cup müssen. Und die Bremer können sogar einen Ausfall wie den von Torsten Frings verkraften und haben in den letzten Wochen viel Selbstvertrauen getankt. Das bleibt bis zum Saisonende eine spannende Kiste.