Alles Gute Kirk Douglas zum 90´ten

  • Kirk Douglas zum Neunzigsten

    Einsam ist der Tapfere

    Von Edo Reents


    09. Dezember 2006 Kirk Douglas war bei aller Virilität nie darauf aus, als bis zuletzt strahlender Held dazustehen. Rebellion, die fixe Idee der fünfziger und sechziger Jahre, deren prägende Gestalt er war, interessierte ihn nur im großen Stil: wenn er es, wie in Kubricks „Spartacus“, den er produzierte, mit Mächten aufnehmen konnte, die stärker oder zumindest zahlreicher waren als er. Es wäre lächerlich, sich ihn, der vom method acting wenig hielt, in der Rolle des unverstandenenen Sohnes vorzustellen. Ohne auf die Zwischentöne der Ambivalenz ganz zu verzichten, setzte oder biß sich dieser extrem Angespannte verläßlich durch und, wenn nicht, so kam er selber unter die Räder.


    Beides tat er ohne Rücksicht auf Verluste, wie vor allem als Billy Wilders von Ehrgeiz zerfressener „Reporter des Satans“ (1951), als abgehalfterter, verhaßter Filmproduzent in Minnellis „Stadt der Illusionen“ (1953) oder in dem King-Vidor-Western „Man Without a Star“ (1955), dem ersten von seiner eigenen Firma produzierten Film. Nur ausnahmsweise, etwa in Kubricks berühmter Abrechnung „Wege zum Ruhm“ (1957), gab er von sich aus klein bei.


    Selbstbewußt, halsstarrig


    Das Selbstbewußtsein, mit dem er seine Figuren umgab, schien von Fremdeinschätzung unabhängig, war aber von Halsstarrigkeit oft nicht zu unterscheiden. Seine Gebrochenheit war von anderer Art als die, die seine Kollegen im Angebot hatten, und nahm sich unter der knallharten Oberfläche desto bestürzender aus. Die Größe seines Scheiterns bemaß sich an der Stärke seines Willens und bezog daraus bisweilen tragische Züge. Deswegen waren Eleganz, Selbstironie, ja, selbst Humor kaum Kategorien seiner Rollen; dergleichen hätte ihre Unbedingtheit unterminiert. Statt dessen wurde eine Geradlinigkeit sein Markenzeichen, die im Gegensatz zur Abgeklärtheit seines mehrmaligen Filmpartners John Wayne fast schon krankhaft anmutete.


    Nicht nur in dieser Hinsicht war ihm die Rolle in David Millers Post-Western „Einsam sind die Tapferen“ (1962) die liebste. Hier gibt er, nach einem Drehbuch des lange auf Hollywoods Schwarze Liste verbannten Dalton Trumbo, eine so treue wie abstoßende Figur ab: Der Cowboy Jack Burns läßt sich ins Gefängnis sperren, um seinen besten Freund daraus zu befreien. Er muß, aber er will nicht erkennen, daß seine Hilfe so unerwünscht ist wie sein Weltbild überholt: Selbstjustiz gibt es nicht mehr, die Pferde sind gegen Autos ausgetauscht, und das Rechtsempfinden ist zu kompliziert geworden, als daß einer mit dem Schießeisen noch etwas ausrichten könnte. Burns aber sitzt immer noch im Sattel und kommt schließlich darin um. Tödlich verwundet, liegt er wie ein Tier am Straßenrand, der Regen blitzt in den Scheinwerfern der Verfolgerfahrzeuge, und wir lesen in diesem Gesicht ein Unverständnis, wie es nur ganz wenige Schauspieler auszudrücken vermochten.


    Neurotisch, borniert


    Kirk Douglas machte es dem Zuschauer nie leicht, Einblick zu nehmen in das, was in ihm vorging; aber sich selbst machte er es am schwersten. In seinen überzeugendsten Momenten wurde er deswegen zum neurotisch Bornierten, der nicht anders kann und mit dem man deswegen Mitleid haben muß. Niemals kam das besser, beklemmender an die Oberfläche als in William Wylers „Detective Story“ (1951), in der er den Polizisten Jim McLeod spielt, der mit seiner Eifersucht der Ehefrau das Leben zur Hölle macht und dessen Haß auf alles Kriminelle nicht von dieser Welt ist.


    Wenn man wissen will, was Fanatismus ist, muß man sich diesen Film ansehen. „Wieso können Sie nicht ,Yes, Sir' sagen, ohne daß es wie eine Beleidigung klingt?“, fragt ihn sein Vorgesetzter. „Yes, Sir!“ Was ist von einem Mann zu halten, der manchmal daran denkt, sich das Gehirn eigenhändig aus dem Kopf zu reißen und die schlechten, bösen Gedanken herauszuquetschen? „Ich ersticke an meinem eigenen Ich“, sagt der arme Jim McLeod. Dies ist einer der wahrhaftigsten Momente in der langen, reichen Karriere dieses Schauspielers.


    Es mit sich selbst auszuhalten, war immer eine Herausforderung für einen Künstler. Kirk Douglas übt sich nun schon neunzig Jahre darin.

    Text: F.A.Z. vom 9. Dezember 2006

    "Mit dem Ende des Kinos werden wir vertrieben worden sein aus einem Paradies"
    ( Peter Handke)

    "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung"
    ( Theodor W. Adorno )

    Einmal editiert, zuletzt von Outsider81 (9. Dezember 2006 um 18:33)

  • Werden viele hier nicht wirklich kennen - als Spartacus einmalig, außerdem fallen mir spontan noch andere Leinwandlegenden, wie Gregory Peck, James Stewart, Glenn Ford, Richard Widmark oder Henry Fonda in diesem Zusammenhang ein, bis auf Widmark alle schon tot. Vielleicht schafft er die 100...

  • Einer der besten Schauspieler.

    Die Freiheit des Einzelnen endet am Egoismus des Anderen.