Ackermann vor Freispruch zweiter Klasse

  • Verfahrenseinstellung gegen Geldbuße ist der normale Alltag in der Strafverfolgung, das gilt für die Kleinen und die Großen.

    Mag ja sein, dass das Verhalten vom ethischen Standpunkt her verwerflich ist, aber strafrechtlich ist das jetzige Ergebnis völlig in Ordnung.

    Recht und Gerechtigkeit sind nun einmal zwei verschiedene Dinge und wer Gerechtigkeit will, muss bis zum jüngsten Tag warten. Vor Gericht gibt es nämlich nur ein Urteil.

    Ich finde es viel schlimmer, dass Leute besoffen jemanden über den Haufen fahren und dann mit 90 Tagessätzen davonkommen.

    Im Endeffekt ist das Ziel doch erreicht, solche Abfindungen werden künftig wohl nicht mehr fließen.

    Der Anspruch wird wohl eher nicht geltend gemacht werden und wenn, müsste hier § 817 BGB Beachtung finden.

    Wirklich eine Strafe wäre, wenn alle Vodafone-Kunden ihre Verträge kündigen würden, das täte richtig weh. Nur wem ist damit geholfen ? Niemandem, denn ausbaden müssen das wieder die Arbeitnehmer, die dann auf der Straße stehen.

    Also, Zähne zusammenbeißen und Ende.

  • Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Verfahrenseinstellung gegen Geldbuße ist der normale Alltag in der Strafverfolgung, das gilt für die Kleinen und die Großen.

    Mag ja sein, dass das Verhalten vom ethischen Standpunkt her verwerflich ist, aber strafrechtlich ist das jetzige Ergebnis völlig in Ordnung.

    Das ist ja das Schlimme! Und das es für die Kleinen wie die Großen gilt, gehört bei etwas genauerer Betrachtung ins Reich der Fabeln. Schon allein weil es die „Kleinen“ deutlich härter trifft.

    Zitat


    Recht und Gerechtigkeit sind nun einmal zwei verschiedene Dinge und wer Gerechtigkeit will, muss bis zum jüngsten Tag warten. Vor Gericht gibt es nämlich nur ein Urteil.

    Leider richtig.

    Zitat


    Ich finde es viel schlimmer, dass Leute besoffen jemanden über den Haufen fahren und dann mit 90 Tagessätzen davonkommen.

    Das ist ein anders Feld. Und auch nicht schlimmer, sondern auch schlimm.

    Zitat


    Im Endeffekt ist das Ziel doch erreicht, solche Abfindungen werden künftig wohl nicht mehr fließen.

    Wovon träumst du nachts?

    Zitat


    Der Anspruch wird wohl eher nicht geltend gemacht werden und wenn, müsste hier § 817 BGB Beachtung finden.

    Wirklich eine Strafe wäre, wenn alle Vodafone-Kunden ihre Verträge kündigen würden, das täte richtig weh. Nur wem ist damit geholfen ? Niemandem, denn ausbaden müssen das wieder die Arbeitnehmer, die dann auf der Straße stehen.

    Also, Zähne zusammenbeißen und Ende.

    Ja, so geht das in einer Bananenrepublik ... :nein: :nein: :nein:

    London? - Yes, London. You know: fish, chips, cup o' tea, bad food, worse weather, Mary fucking Poppins ... LONDON.

    Wödiger ist eine Sitzgruppe von mittelblau bis gelb: 2. Gang hinten rechts.

  • Es trifft die "Kleinen" genauso hart wie die "Großen", die Geldbußen und Geldstrafen werden nämlich nach den Einkommensverhältnissen bemessen, wobei es eine gesetzliche absolute Obergrenze gibt.

    Der ganze Bereich der Bagatelldelikte wird so abgehandelt und das sind die sog. "Kleinen", die fallen nicht in der Qualität, sondern in der Quantität auf.

    Gerechtigkeit ist ein subjektiver Begriff, da versteht jeder was anderes drunter, deswegen ist es ein unerreichbarer Zustand. Bis heute hat z.B. keiner erklärt, was sich hinter dem Begriff "soziale Gerechtigkeit" verbirgt.

    Ich denke schon, dass sich sie es sich künftig zweimal überlegen, Abfindungen in solcher Höhe zu verteilen. Zum einen ist die Öffentlichkeit nunmehr sensibilisiert, zum anderen ist die rechtliche Relevanz dieser Zahlungen nach wie vor ungeklärt.

    Dazu sollte man anmerken, dass in jedem von uns ein kleiner Ackermann steckt, wenn es um den persönlichen Vorteil geht und der weitaus größte Teil sich nicht darüber empört, dass Ackermann sich bedient hat, sondern dass man selber nicht in der entsprechenden Position ist.

    Nenn mir ein besseres System bzw. ein Land in dem es besser funktioniert.

    Einmal editiert, zuletzt von Ex-HVS-SR (1. Dezember 2006 um 08:17)

  • Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Es trifft die "Kleinen" genauso hart wie die "Großen", die Geldbußen und Geldstrafen werden nämlich nach den Einkommensverhältnissen bemessen, wobei es eine gesetzliche absolute Obergrenze gibt.

    Richtig. Aber mir ist kein Fall bekannt, in dem der Kassenwart, der 1.000 Euro veruntreut hat, nur 100 Euro zahlen mußte, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Wenn das gängige Rechtspraxis ist, lohnt sich Untreue wieder - immerhin bleiben 90 Prozent des ergaunerten Geldes in der eigenen Tasche. :wall:

    Der BGH hat, als er die erste Freisprüche kassiert hat, festgestellt, dass diese "rechtsfehlerhaft" waren und sich die Angeklagten wie "Gutherren" aufgeführt hätten, wo sie doch nur "Gutverwalter" waren.

    Im übrigen kann man einen Staatsanwalt wohl kaum noch ernst nehmen, der erklärt, es sei "theoretisch denkbar", dass die Prämien eben nicht zum Schaden des Unternehmens gezahlt wurden, also keine reinen Geschenke waren, sondern "möglicherweise eine Anreizwirkung" entfaltet hätten. Kein Schaden, keine Untreue q.e.d. . :wall:


    Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Dazu sollte man anmerken, dass in jedem von uns ein kleiner Ackermann steckt, wenn es um den persönlichen Vorteil geht und der weitaus größte Teil sich nicht darüber empört, dass Ackermann sich bedient hat, sondern dass man selber nicht in der entsprechenden Position ist.

    Nenn mir ein besseres System bzw. ein Land in dem es besser funktioniert.

    Keines der genannten Argumente rechtfertigt diese Bedienermentalität. Und die Einstellung des Verfahrens mit dem Argument legalisieren zu wollen, dass es nirgendwo besser funktioniert, ist in meinen Augen mehr als dürftig. Feherhaftes Verhalten oder fehlerhafte Rechtssprechung kann ja wohl kein Maßstab sein.

    Sieger Fanclubturnier ESA 2006

    Vizemeister Fanclubturnier ESA 2007

    Teamchef Fanclubturnier ESA 2008 :P

  • Sepp

    Jeder von uns hat diese Bedienermentalität, die ist aber bei niemandem zu rechtfertigen. Ob man bei der Steuer schummelt, die Rechnung ohne Mehrwertsteuer verlangt oder bei der Haftpflicht einen getürkten Schaden meldet, dass ist nichts anderes als sich einen Vorteil zu verschaffen, der einem nicht zusteht.

    Leider wird das im allgemeinen als Volkssport angesehen, weil "es ja keinen Armen trifft." Ist das etwa eine Rechtfertigung ? Den Schaden aus den Versicherungsbetrügereien, die im übrigen zu über 80% wegen Geringfügigkeit eingestellt werden, zahlen nämlich die Versicherten über höhere Prämien. Da hat sich seltsamerweise noch keiner aufgeregt.

    Ackermann und Co haben nur in anderen Dimensionen gehandelt, vom Verhalten geschieht das tagtäglich und zwar ohne dass das überhaupt bemerkt wird.

    Wir sind alle nur allzugern bereit, mit dem Finger auf andere zu zeigen, wo wir vor unserer eigenen Haustür genug zu kehren hätten.

    Es macht nämlich keinen Unterschied, ob ich arm oder reich bin, Unrecht bleibt Unrecht.

  • Völlig richtig.

    Nur fällt es zunehmend schwer, dieses Unrecht als solches auch zu erkennen und einzusehen, wenn einem vorgemacht wird, wie leicht andere damit davonkommen.

    Die Tatsache, dass sich alle irgendwo "bedienen", kann doch nicht als Rechtfertigung für die Einstellung dieses Verfahrens gelten - da sind wir uns doch wohl einig!

    Und genau das ist Gegenstand dieser Diskussion hier - die fragwürdige Sanktionierung dieses Unrechts. Denn hier drängt sich sehr schnell der Gedanke auf, dass man die "Kleinen hängt" und die "Großen laufen läßt".

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    Einmal editiert, zuletzt von Sepp (1. Dezember 2006 um 10:38)

  • Zitat

    Original von Sepp
    Völlig richtig.

    Nur fällt es zunehmend schwer, dieses Unrecht als solches auch zu erkennen und einzusehen, wenn einem vorgemacht wird, wie leicht andere damit davonkommen.

    Die Tatsache, dass sich alle irgendwo "bedienen", kann doch nicht als Rechtfertigung für die Einstellung dieses Verfahrens gelten - da sind wir uns doch wohl einig!

    Und genau das ist Gegenstand dieser Diskussion hier - die fragwürdige Sanktionierung dieses Unrechts. Denn hier drängt sich sehr schnell der Gedanke auf, dass man die "Kleinen hängt" und die "Großen laufen läßt".

    Danke Sepp---> dazu kann ich auch nur sagen: VÖLLIG RICHTIG!

    Wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen! ( Helmut Schmidt)


  • Erst einmal kann man kaum davon reden kann, "einen Großen laufen zu lassen", wenn dieser überhaupt angeklagt wird. Noch weniger kann man davon reden, wenn sein Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt wird.

    Worum geht es also? Ackermann zahlt drei Monatsgehälter. 90 Tagessätze und ist damit nicht vorbestraft. Damit ist nach Meinung des Staatsanwalts dem öffentlichen Interesse Rechnung getragen. Der ganze Fall und die Begleitumstände sind mir genauso zuwider wie den meisten, die sich mal mit der Materie beschäftigt haben, nämlich der Selbstbedienungsmentalität einiger Manager, unterstützt von allen - Arbeitgebervertretern und Arbeitnehmervertretern - zulasten der Aktionäre und niemanden sonst. Wer von den hier Anwesenden hatte Aktien von Mannesmann bzw. Vodaphone?

    Wer sich damit ein wenig beschäftigt hat und nicht nur zur üblichen unfundierten Managerschelte ausholen will, der wird gemerkt haben, daß der Mannesmann-Prozeß in Wirtschaftskreisen durchaus seine Folgen hatte. Aber da gehört schon ein wenig mehr Farbschärfe in die Sichtweise außer schwarz und weiß.

  • Um in diese Neiddiskussion mal etwas Substanz zu bringen...

    Zitat

    Paragraf 40 StGB regelt, dass Geldstrafen in so genannten Tagessätzen verhängt werden. [...]

    In Paragraf 40, Absatz 2 heißt es aber auch, dass ein Tagessatz höchstens 5000 Euro betragen darf. Der Paragraf 54, Absatz 2 regelt, dass der Gesamtwert bei der Verurteilung zu einer Geldstrafe 720 Tagessätze nicht übersteigen darf. Wäre Ackermann zu einer Geldstrafe verurteilt worden, hätte das Gericht somit höchstens 720 Tagessätze zu je 5000 Euro – also insgesamt 3,6 Millionen Euro - verhängen dürfen.

    Allerdings profitierte Ackermann von den Millionenzahlungen bei Mannesmann nicht einmal – anders als die Mitangeklagten Esser und Funk. Die beiden früheren Mannesmann-Manager gehörten zu den größten Nutznießern der Prämienausschüttung. Trotzdem bleiben die Geldauflagen, die Esser und Funk nun zahlen müssen, weit unter den Summen, die sie nach Einschätzung des Bundesgerichtshofs zu Unrecht von Mannesmann als Prämien kassiert haben.

    Quelle: Welt

    Die "Geldstrafe" für Ackermann ist also relativ hoch. Mehr lässt das Gesetz kaum zu. Da kann man sich natürlich fragen, ob § 40 nicht geändert gehört. Das wäre für mich eher ein Anküpfungspunkt für eine Diskussion.


    Habe noch ein nettes Interview von Swiss-Info mit dem Bank-Professor meiner Uni gefunden, das ich euch nicht vorenthalten wollte...

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    Einmal editiert, zuletzt von Felix0711 (1. Dezember 2006 um 11:33)

  • Das es Unrecht war, ist keine Frage, ob es strafwürdiges Unrecht war, steht auf einem anderen Blatt Papier. Es steht nämlich keinesfalls fest, dass der Tatbestand der Untreue, der zu den kompliziertesten Tatbeständen im Vermögensstrafrecht gehört erfüllt ist.

    Was, wenn am Ende ein Freispruch herauskommt ? Würde dieser denn mehr Akzeptanz finden als diese Einstellung gegen Geldbuße ? Und selbst wenn es zu einer Verurteilung kommt, eine Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden.

    Ich gebe Dir Recht, wenn Du die Fragwürdigkeit dieser Sanktionierung ansprichst. Nur ist die generell gegeben, über 70% aller Strafanzeigen werden durch Einstellung erledigt und eben nicht verfolgt. Hat auch einen einfachen Grund, wenn alle Strafanzeigen so bearbeitet werden würden, wie es eigentlich sein sollte, müsste ein Justiz- und Polizeiapparat unterhalten werden, der alle Dimensionen sprengt, sowohl vom Personal als auch von der finanziellen Austattung her.

    Deswegen sind doch die Einstellungsmöglichkeiten nach der StPO immer mehr erweitert worden.

    Wenn jetzt eine politische Partei käme, die sagt, wir verfolgen Straftaten härter, mit mehr Justiz und Polizei, wäre dies kaum mehrheitsfähig, denn davon wären ja wieder alle betroffen, die "kleinen" und die "großen".

    Ich finde es sehr unglücklich wie da verfahren wurde, es ist jedoch der normale Alltag. Es gibt hier wirklich nur die Möglichkeit, den Druck über den Verbraucher auszuüben und d.h. bei Firmen, die so was durchziehen werden Verträge gekündigt oder deren Produkte werden nicht mehr gekauft.

    Ich z.B. habe alle Verträge gekündigt, die bei einer großen deutschen Versicherung bestanden haben, nachdem die den Abbau von 7500 Stellen bekannt gegeben haben. Nur so gehts.

  • Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Das es Unrecht war, ist keine Frage, ob es strafwürdiges Unrecht war, steht auf einem anderen Blatt Papier. Es steht nämlich keinesfalls fest, dass der Tatbestand der Untreue, der zu den kompliziertesten Tatbeständen im Vermögensstrafrecht gehört erfüllt ist.

    Was, wenn am Ende ein Freispruch herauskommt?

    Wie schon erwähnt - es gab in der ersten Auflage des Prozesses einen, der vom BGH kassiert wurde. Also ist damit festgestellt worden, dass die Angeklagten nicht als "unschuldig" i.S.d. Gesetzes gelten können. Insofern ist diese von dir angesprochene Möglichkeit nicht einmal eine theoretische.

    Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Und selbst wenn es zu einer Verurteilung kommt, eine Freiheitsstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden.

    Das Zauberwort ist "Strafe". Ich kann beim jetzigen Ausgang des Prozesses keine erkennen. Das zweite Zauberwort wäre übrigens "Schadensersatz"...

    Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Ich gebe Dir Recht, wenn Du die Fragwürdigkeit dieser Sanktionierung ansprichst. Nur ist die generell gegeben, über 70% aller Strafanzeigen werden durch Einstellung erledigt und eben nicht verfolgt. Hat auch einen einfachen Grund, wenn alle Strafanzeigen so bearbeitet werden würden, wie es eigentlich sein sollte, müsste ein Justiz- und Polizeiapparat unterhalten werden, der alle Dimensionen sprengt, sowohl vom Personal als auch von der finanziellen Austattung her.

    Der eigentliche Grund dafür liegt nicht im fehlenden Personal, sondern im sogenannten "öffentlichen Interesse". Wenn dieses gering ist, kann ein Verfahren eingestellt werden - bei hinreichendem Tatverdacht auch mit Auflagen wie eben Zahlungen. Aber einen Schuldigen gegen Zahlungsauflage nicht zu bestrafen, weil die Gerichte überlastet sind, ist keinesfalls Grundsatz unseres oder sonst eines Rechtssystems.

    Das im vorliegenden Fall ein öffentliches Interesse besteht steht ja wohl außer Zweifel...

    Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Ich finde es sehr unglücklich wie da verfahren wurde, es ist jedoch der normale Alltag.

    Noch lange kein Grund, sich damit abzufinden, denn ...

    Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Es gibt hier wirklich nur die Möglichkeit, den Druck über den Verbraucher auszuüben und d.h. bei Firmen, die so was durchziehen werden Verträge gekündigt oder deren Produkte werden nicht mehr gekauft.

    Richtig! ;)


    Zitat

    Original von Gottfried
    Erst einmal kann man kaum davon reden kann, "einen Großen laufen zu lassen", wenn dieser überhaupt angeklagt wird. Noch weniger kann man davon reden, wenn sein Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt wird.

    Oh doch! Denn nach meiner Auffassung wird hier begangenes Unrecht nicht gesühnt respektive bestraft. Und das ein Unrecht begangen wurde ist bereits durch das BGH-Urteil festgestellt worden. Ich bin übrigens der festen Überzeugung, dass auch dieses Verfahren sowie sein Ausgang bei einer Revision vor dem Bundesgerichtshof keinen Bestand hätten. Aber da sich Angeklagte noch Staatsanwaltschaft einig sind, wird es eine solche Überprüfung nicht geben.

    Übrigens: Soweit ich weiß wurde keine "Geldbuße" verhängt, weil diese eine Strafe ist und damit einen erfüllten Tatbetand voraussetzt, den die Staatsanwaltschaft ja nicht sehen wollte. Was Esser, Ackermann Co. zahlen müssen ist m.E. eine Geldauflage

    Zitat

    Original von Gottfried
    Wer sich damit ein wenig beschäftigt hat und nicht nur zur üblichen unfundierten Managerschelte ausholen will, der wird gemerkt haben, daß der Mannesmann-Prozeß in Wirtschaftskreisen durchaus seine Folgen hatte. Aber da gehört schon ein wenig mehr Farbschärfe in die Sichtweise außer schwarz und weiß.

    Nun, die Folgen sind offensichtlich: Wer in entsprechenden Positionen sitzt und sieht, wie man damit durchkommt, könnte versucht sein, es ebenfalls so zu machen. Die geplante, und inzwischen obsoleten, Gehaltserhöhung im Siemens-Vorstand um 30 Prozent bei gleichzeitgem Auflegen eines "rigiden" Sparkurses sind ein Beispiel. Geld verführt - das weiß so ziemlich jeder. Und mehr Geld verführt noch mehr ...

    Was nicht heißen soll, dass es nicht auch ein paar ehrliche Menschen in Spitzenpositionen gibt ... ;)

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    Einmal editiert, zuletzt von Sepp (1. Dezember 2006 um 12:50)

  • Vorsicht, dass der BGH das erste Urteil kassiert hat, bedeutet nicht, dass im zweiten Verfahren etwas anderes herauskommen muss. Hier wurde nämlich ein unvollständige und lückenhafte Rechtsprüfung bemängelt, das kann bei korrekter Prüfung genauso ausgehen.

    Strafe ? Bewährung ist doch keine Strafe. Richtig bestrafen kannst Du nur über den Geldbeutel oder den Führerschein. Wie heißt es doch so schön bei Lotto King Karl: Ein Mann ohne Knast ist wie ein Baum ohne Ast !

    Es geht hier nicht um hehre Grundsätze. Natürlich darf vom Rechtsstaatsgedanken her eine überlastete Justiz kein Grund für Verfahrenseinstellungen. Aber das ist die Realität, der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. "Öffentliches Interesse" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, was meinst Du, warum dass so gummimäßig formuliert ist ? Es fehlt Personal und Geld, nur das kann man ja nicht in Gesetz reinschreiben. Nur zur Info, in den letzten Jahren wurden bundesweit soviele Stellen in der Justiz abgebaut, wie die gesamte Justiz von Rheinland-Pfalz aufweist.

    Was willst Du dagegen tun ? Du kannst protestieren und dann ? So bedauerlich es auch ist, daran wird sich nichts ändern. Meinst Du wirklich, man kann alle dazu überreden, ihre Verträge zu kündigen bzw. Produkte zu boykottieren ? Das klappt doch nicht mal bei den Benzinpreiserhöhungen.

  • Hallo,
    mit der Einstellung des Verfahrens folgt das Gericht einem Mitte der 70er Jahre ursprünglich für "kleine Fische" geschaffenen Fluchtweg aus dem Gerichtssaal.Gedacht war der Ausweg, um die Gerichte vor einer Überlastung zu schützen.Damals war das keine Frage des fehlenden Personals....Der Paragraf 153a der Strafprozessordnung wurde dann aber auch von den Anwälten der "großen Fische" entdeckt und da Gesetz nunmal für alle gilt,dürfen auch die großen Fische davon Gebrauch machen.Helmut Kohl wäre hier exemplarisch zu nennen....der mußte erst gar nicht vor Gericht erscheinen.....
    Dabei sieht das Gesetz vor,daß eine Einstellung nur möglich ist,wenn mit der Geldauflage das "öffentliche Intresse" an der Strafverfolgung beseitigt werden kann.
    Zum Vorwurf der schweren Untreue bzw.der Beihilfe dazu,hat der Bundesgerichtshof bereits das Wesentliche gesagt.
    Die noch zu klärenden Fragen,der eigentliche Grund für die Wiederholung,seien arg speziell und für die künftige Rechtssprechung von geringem Wert.So das Gericht...
    Hinzu kommt,als Plus für die Angeklagten,daß keiner der hochkarätigen Rechtsberater und Wirtschaftsprüfer ausdrücklich von der Prämienregelung abgeraten haben.
    Zahlreiche Rechtsfragen waren im Jahre 2000,dem Jahr der Übernahme durch Vodafone,völlig ungeklärt.
    Auch hat Vodafone,damals 98% Besitzer von Mannesmann,den Prämiensegen abgesegnet.Sogar ein Staatsanwalt hat damals die Sache geprüft und für rechtmäßig erachtet.

    Zitat

    Das zweite Zauberwort wäre übrigens "Schadensersatz"...


    Das wäre in der Tat ein Zauberwort.. :D
    Wenn die Bosse von Vodafone die Prämien absegnen,ist kein Schaden entstanden...
    Wofür also "Schadenersatz ?

    Zitat

    Aber einen Schuldigen gegen Zahlungsauflage nicht zu bestrafen, weil die Gerichte überlastet sind, ist keinesfalls Grundsatz unseres oder sonst eines Rechtssystems.


    Grundsatz sicherlich nicht,aber bestehendes Recht schon...

    Zitat

    Das im vorliegenden Fall ein öffentliches Interesse besteht steht ja wohl außer Zweifel...


    Für das Gericht und den Staatsanwalt offentsichtlich nicht,deren Intressen sind gottlob anders gelagert als "hämische Freude endlich mal einen "Großen" gehängt zu haben...."

    Die moralische Empörung der "Gutmenschen" mag ja noch so laut sein,es ändert aber an der Gesetzeslage nichts....
    Vorlaut

  • Zitat

    Original von Sepp
    Das Zauberwort ist "Strafe". Ich kann beim jetzigen Ausgang des Prozesses keine erkennen. Das zweite Zauberwort wäre übrigens "Schadensersatz"...

    Wie gesagt: Die Strafe geht Dich nichts an. Und der Schadenersatz ginge nur Mannesmann oder Vodaphone etwas an und der wird schon einmal gar nicht in einem Strafverfahren verhandelt.

    Zitat

    Original von Sepp
    Das im vorliegenden Fall ein öffentliches Interesse besteht steht ja wohl außer Zweifel...

    Auch wie gesagt: Dein Interesse ist kein öffentliches.

    Zitat

    Original von Sepp
    Übrigens: Soweit ich weiß wurde keine "Geldbuße" verhängt, weil diese eine Strafe ist und damit einen erfüllten Tatbetand voraussetzt, den die Staatsanwaltschaft ja nicht sehen wollte. Was Esser, Ackermann Co. zahlen müssen ist m.E. eine Geldauflage

    Ist richtig. Ich habe das unscharf ausgedrückt. Soll Leute geben, die mit "Geldbuße" mehr anfangen können als mit "Auflage".

    Zitat

    Original von Sepp
    Nun, die Folgen sind offensichtlich: Wer in entsprechenden Positionen sitzt und sieht, wie man damit durchkommt, könnte versucht sein, es ebenfalls so zu machen. Die geplante, und inzwischen obsoleten, Gehaltserhöhung im Siemens-Vorstand um 30 Prozent bei gleichzeitgem Auflegen eines "rigiden" Sparkurses sind ein Beispiel. Geld verführt - das weiß so ziemlich jeder. Und mehr Geld verführt noch mehr ...

    Bei solchen Beiträgen verstehe ich immer nie, wieso der Verfasser nicht auch einmal versucht hat, in die entsprechenden Positionen zu kommen, wenn es so einfach und leicht wäre. Ich kann damit nichts anfangen, es ist mir zu platt und außerdem ein völlige verfehlter Vergleich, da es sich bei Siemens um Gehälter handelt und bei Mannesmann um Abfindungen. Im übrigen sind die Siemens-Gehaltserhöhungen nicht obsolet, sondern nur um ein Jahr aufgeschoben und ich finde sie ebenso bedenklich. Aber darum geht es hier nicht.

    Tatsache ist, daß in der Fachwelt und in Fachzeitschriften durchaus eindeutig über die Rechtmäßigkeit und ethische Rechtfertigung solcher Abfindungsprämien diskutiert werden; eine Frage, der sich das Gericht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit im übrigen verschlossen hat und deren höchstrichterliche Klärung mich auch interessiert hätte. So wurde das Verfahren ja auch unter dem Gesichtspunkt eingestellt, es gebe noch keine höchstrichterlichen Vergleichsfälle - wenn man diese auch nicht anstrebt, wird es auch weiterhin keine geben...

    Zitat

    Original von vorlaut
    Hinzu kommt,als Plus für die Angeklagten,daß keiner der hochkarätigen Rechtsberater und Wirtschaftsprüfer ausdrücklich von der Prämienregelung abgeraten haben.

    Nun, das stimmt ganz und gar nicht. Die mit der Prüfung beauftragte Gesellschaft KPMG hatte ganz erhebliche Bedenken.

    Quelle: Manager-Magazin

    KPMG: "Wir haben schwere Bedenken"

    9.00 - 9.20 Uhr: Im Mannesmann-Prozess sollen heute mehrere Wirtschaftsprüfer als Zeugen aussagen. Die Mitarbeiter der Gesellschaft KPMG hatten Einwände gegen die umstrittenen Millionenprämien erhoben, die im Jahr 2000 im Zuge der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone an Manager ausgeschüttet wurden.

    Die Prüfer hatten das Fehlen einer Rechtsgrundlage bemängelt und auch die Höhe der ausgemachten Summen kritisiert. Im ersten Mannesmann-Prozess, der mit Freisprüchen für alle Angeklagten endete, kam unter anderem zutage, dass ein KPMG-Prüfer die bereits angewiesene Überweisung der Millionenprämie an den damaligen Konzernchef Klaus Esser verhindert hatte. Zudem wurde publik, dass der erforderliche Stempel, mit dem die KPMG-Prüfer ihr Einverständnis zu den Zahlungen auf den entscheidenden Papieren hätten bestätigen sollen, nie gesetzt wurde.

    Zur Sprache kommen dürfte dabei auch ein Brief von KPMG an Mannesmann, der nach den Erkenntnissen aus der ersten Prozessrunde zwar nicht abgeschickt, aber einigen Topmanagern und Entscheidern bei Mannesmann vorgelegt worden war. Darin heißt es:

    "Wir haben schwere Bedenken, ob die vorgenannten Zahlungen mit Recht und Gesetz vereinbar sind ... Die Zahlungen an die genannten Herren des Vorstandes können nicht aus den bestehenden Anstellungsverträgen abgeleitet werden. Sie beruhen vielmehr auf gesonderten Beschlüssen des Ausschusses für Vorstandsangelegenheiten ... Es sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die Gesamtbezüge der Vorstände nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des einzelnen Vorstandsmitgliedes und zur Lage der Gesellschaft stehen und damit eine Pflichtverletzung des Aufsichtsrates ... vorliegt."

    2 Mal editiert, zuletzt von Gottfried (2. Dezember 2006 um 07:57)

  • Hallo,

    Zitat

    9.00 - 9.20 Uhr: Im Mannesmann-Prozess sollen heute mehrere Wirtschaftsprüfer als Zeugen aussagen.

    Soweit richtig,meines Wissens ist es zu einer Aussage gar nicht mehr gekommen,da die "Einigung" da bereits bestand...

    Der Rest des Artikels ist spekulativ.Das Manager-Magazin glaubt da nämlich die Aussage der Wirtschaftsprüfer schon zu kennen....und druckt sie sozusagen als Voraberkenntniss schon mal...

    ...und ob die "KPMG" nicht erst im Nachhinein Einwände gefunden hat,steht ebenfalls auf einem anderen Blatt.Zumindest hat sie keinen Prüfungsauftrag mehr bei den Firmen deren Topmanager vor Gericht standen.....
    Auch ist die KPMG" nicht das erste Mal durch Schlampereien in den Berichten und Prüfungen aufgefallen.Man erinnert sich ?
    Auch kann der Hinweis von einer "fehlenden, im Gesetz verankerten Rechtsgrundlage" kaum als entschiedener Einspruch gewertet werden...

    Zitat

    Zur Sprache kommen dürfte dabei auch ein Brief von KPMG an Mannesmann, der nach den Erkenntnissen aus der ersten Prozessrunde zwar nicht abgeschickt, aber einigen Topmanagern und Entscheidern bei Mannesmann vorgelegt worden war

    Ein Brief der nicht abgeschickt wurde....den nur ein paar Manager zu sehen bekamen...der aber dem Manager Magazin im Wortlaut vorliegt ?
    "ROFL"
    Manager Magazin = Bildzeitung im Illustrierten Format..........
    Vorlaut

  • Vorlaut sei mir nicht böse, aber erstens scheinst Du kaum zu wissen, wovon Du da schreibst und wenn Du zweitens das Manager-Magazin als Bildzeitung abtust, dann sagt das alles über Dein schlichtes Gemüt aus.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Gottfried
    Vorlaut sei mir nicht böse, aber erstens scheinst Du kaum zu wissen, wovon Du da schreibst und wenn Du zweitens das Manager-Magazin als Bildzeitung abtust, dann sagt das alles über Dein schlichtes Gemüt aus.

    Es kommt zwar selten vor, dass ich vorlaut verteidigen muss, aber zum Glück sind Deine Beiträge hier alle komplett unvoreingenommen und sachlich fundiert - vom Stil Deiner Attacke noch ganz zu schweigen.

    Du behauptest gar es läge kein öffentliches Interesse an einer eventuellen Strafverfolgung vor - vielleicht bei Dir nicht, aber sehr wohl bei der Mehrheit der billig und gerecht Denkenden.

    Bei den Gedanken die man sich zur Zeit in den Konzernzentralen über Auswirkungen dieses Falles macht geht es doch jetzt auch nicht darum so etwas in Zukunft zu unterlassen, sondern es wasserdicht zu machen.

    Im Übrigen gibt es hier geschädigte Anteilseigner der ehemaligen Mannesmann AG.


    Zum Thema Schadenersatz noch etwas: Auch wenn die Vodafone als anschließender Anteilseigner diese Zahlungen "genehmigt" findet eine objektive Entreicherung der juristischen Person Mannesmann AG statt. Und dafür besteht sehr wohl die Möglichkeit auf Schadenersatz

  • Zitat

    Original von Lord Vader
    Im Übrigen gibt es hier geschädigte Anteilseigner der ehemaligen Mannesmann AG.... Zum Thema Schadenersatz noch etwas: Auch wenn die Vodafone als anschließender Anteilseigner diese Zahlungen "genehmigt" findet eine objektive Entreicherung der juristischen Person Mannesmann AG statt. Und dafür besteht sehr wohl die Möglichkeit auf Schadenersatz

    Gelesen?

    Zitat

    Original von Gottfried
    Und der Schadenersatz ginge nur Mannesmann oder Vodaphone etwas an...

    Wenn Vodaphone sich an den Prämien gestört hätte, hätten die nicht sofort danach Schadenersatz gefordert? Vielleicht hat man es ja auch, es entzieht sich meiner Kenntnis. Es gibt im übrigen auch Stimmen, die sagen, daß Esser durchaus im Interesse seiner Aktionäte gehandelt habe, als der Aktienkurs in Folge der Übernahmeverhandlungen eklatant angestiegen ist. Bevor Du jetzt wieder unfundiert auf mich einschlägst - ich sage nicht, daß es meine Meinung ist.

    Im übrigen habe ich nicht gesagt, daß ich kein öffentliches Interesse sehe. Das habe ich aber nicht zu entscheiden, sondern die Staatsanwaltschaft und nicht die "billig und gerecht denkenden" (was für ein toller gutmenschelnder Begriff...). Ich finde es nur mal wieder sehr bedenklich, wenn Leute hier Dinge fordern, die sie nichts angehen.

    Es ist das Wesen des öffentlichen Rechts, daß der Bürger aus dem (vermeintlichen) Unrecht, das andere begehen, keine Ansprüche für sich selbst herleiten können. Aber das weißt Du ja sicher von Berufs wegen selbst.

    Einmal editiert, zuletzt von Gottfried (2. Dezember 2006 um 21:21)

  • Das ganze trägt jedenfalls wieder mal zum exzellenten Ruf der deutschen Justiz bei :bigok: und dabei wiederum ist es völlig irrelevant, was sich kluge Juristen als Rechtfertigung solcher Vorgänge einfallen lassen, für den Ruf ist nämlich eben die Meinung der Bürger entscheiden, die nicht Rechtsverdreh...äääh... Rechtswissenschaft studiert haben. :rolleyes:

    • Offizieller Beitrag

    Wenn ich die Grundsatzdiskussion kurz unterbrechen darf...

    Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt Mannesmann-Aktien. Als ich von den gezahlten Prämien (die ich übrigens ethisch sehr fraglich und grundsätzlich unverhältnismäßig finde) erfahren habe, war ich nicht gerade begeistert. Dennoch bin ich der Auffassung, dass vor allem Herr Esser mit seinem Verhalten den Preis von Mannesmann (und damit den Aktienkurs meiner Aktien) sehr schön in die Höhe getrieben hat.