Tumulte bei Dessau - Rostock

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    Tumulte nach dem Spiel Dessau gegen Rostock haben ein Nachspiel

    Der Vorstand vom Dessau-Roßlauer Handballverein will die Verursacher für die Tumulte nach dem Abpfiff der Zweitliga- Partie gegen den HC Empor Rostock (23:24) am vergangenen Mittwoch bestrafen. Zwei Zuschauer hatten versucht, das Leipziger Schiedsrichtergespann Martin Brückner/Marcus Uhlig zu attackieren. Den Übergriff konnten die Sicherheitskräfte verhindern. Bei diesem Zwischenfall wurde der verletzte Rostocker Spieler Marvin Nartey mit rassistischen Parolen beschimpft.

    Nach der Heimniederlage des Dessau-Rosslauer HV gegen den HC Empor Rostock am Mittwoch zeigten sich einige Besucher, als Fans möchte man sie nicht titulieren, als schlechte Verlierer. Sie pöbelten gegen die Unparteiischen Martin Brückner und Marcus Uhlig aus Leipzig sowie gegen Spieler und Anhänger des HC Empor. Besonderes Ziel der Anfeindungen waren dabei der farbige Spieler Marvin Nartey und der Tscheche Ludek Drobek, die mit ausländerfeindlichen Parolen beschimpft wurden. Beide wurden mit absurden ausländerfeindlichen Parolen konfrontiert.

    Während DRHV-Trainer Georgi Swiridenko, selbst weißrussischer Herkunft, von den Vorfällen am Mittwoch nichts mitbekommen hat, "da ich zu sehr mit dem Spiel und unserer Niederlage beschäftigt war", handelte Empor-Manager Lutz Scheibe sofort. "Ich habe mit meinem Handy Fotos von den Vorfällen geschossen und diese an die HBL weitergeleitet", so der Manager gegenüber unserer Redaktion. Scheibe, der ursprünglich aus de Region Dessau stammt, zeigte sich enttäuscht über das Fanverhalten in seiner Anhaltinischen Heimat: "Dass sich ein Publikum über Entscheidungen der Unparteiischen brüskiert oder die Gegner zeitweise auspfeift, ist doch allseits bekannt und auch tolerierbar, welcher absolute Hass einem in der Anhalt-Arena aber gegenübersteht, ist für mich eine herbe Enttäuschung. Auf einer Skala von 1 bis 10 gehört Dessau für mich absolut in den negativen Bereich, die Offiziellen allerdings ausgenommen."

    Einer dieser Offiziellen, DRHV-Vizepräsident Olaf Jasper, entschuldigte sich bereits direkt nach den Vorfällen bei Nartey und trat heute mit einem Schreiben an die Öffentlichkeit. "Mannschaft und Präsidium distanzieren sich ausdrücklich insbesondere von fremdenfeindlichen Äußerungen. [...] Zudem möchte ich insbesondere den Rostocker Fans mit auf den Weg geben: Es waren einzelne Idioten, die Euch beleidigt haben. Die wirklichen Dessauer Handballfans können mit Niederlagen richtig umgehen und sehen Spieler aus anderen Ländern nicht aus ausländerfeindlicher Sicht." Zudem kündigte Jasper an, "die Verursacher zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen".

    Da der Vorfall im Spielberichtsbogen nicht vermerkt wurde, kommt der Zweitligist vorerst um eine Strafe herum. "In meiner 15jährigen Tätigkeit habe ich so etwas noch nicht erlebt. Wir werden den DRHV verstärkt beobachten und im Wiederholungsfall rigoros durchgreifen", erklärte der Spielleiter der Handball-Bundesliga, Uwe Stemberg. Bereits in der Vorwoche, als die Füchse Berlin in der Muldestadt zu Gast waren, warfen Aussprüche wie "Berliner Juden" ein schlechtes Bild auf die Anhänger der Dessauer.

    Unterdessen hat sich die Handball-Bundesliga (HBL) klar gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt ausgesprochen. HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann will diesen Vorfall nicht bagatellisieren und mit aller Konsequenz dagegen vorgehen: "Es muss ganz klar sein, dass es bei uns auch künftig keinen Platz für eine Hand voll Chaoten und Störenfriede gibt. Zudem rufe ich alle echten Handballfans auf, sich gegen die vereinzelten Randalierer abzugrenzen."

    Um ein klares Zeichen zu setzen und um künftig rasch reagieren zu können, hat sich die HBL zu ersten Maßnahmen entschlossen. "Ungeachtet strafrechtlicher Konsequenzen, die die Randalierer fürchten müssen, werden wir eine Begegnung, bei der es zu gewalttätigen Zwischenfällen oder fremdenfeindlichen Pöbeleien kommt, konsequent abbrechen und den Fall untersuchen."

    Im aktuellen Fall prüft die HBL, in Abstimmung mit den Verantwortlichen des Clubs aus Dessau, welche Möglichkeiten bestehen, um die Randalierer zur Verantwortung zu ziehen. Ihnen droht neben den strafrechtlichen Folgen ein dauerhaftes, bundesweit geltendes, Hallenverbot.

    Die Handball-Bundesliga hat zudem eine Pressekonferenz für Sonntag angekündigt. Nach der Zweitligapartie des HC Empor Rostock gegen die Füchse Berlin (17:15 Uhr) wollen Stemberg und Bohmann gemeinsam vor das Mikrofon treten.

    Bereits vor dem Spiel des Tabellenachten gegen den Ligaprimus zeigen beide Mannschaften Farbe im Kampf gegen den Rassismus. "Unsere Jungs und auch die Berliner werden mit speziell beflockten Trikots die Erwärmungsphase bestreiten. Darauf habe ich mich mit Füchse-Manager Bob Hanning heute geeinigt", erklärt Lutz Scheibe das Vorhaben für den kommenden Sonntag. "Gegen Rassismus im Handball" wird auf den Anzügen der beiden Mannschaften zu lesen sein und soll ein Zeichen setzen, dass jegliche Art von Ausländerfeindlichkeit nicht toleriert wird.

  • Erinnert leider sehr an die aktuelle Problematik beim Fußball, vor allem im Osten. Da ist Rassismus und Gewalt leider auch sehr stark verbreitet. Speziell im Osten leider aufgrund der hohen Arbeitslosenquoten und damit verbunden schlechten wirtschaftlichen Lage.

    Deshalb sollte in diesem Fall der Fußball kein erstrebenswertes Annäherungsziel sein, sondern eher abschrecken und entsprechende Reaktionen frühzeitig eingeleitet werden, damit man nicht wie im Fußball erst zu spät begreift was eigentlich abgeht.

    Deshalb ist die Reaktion des Vorstandes schon mal ein guter Anfang und man sollte von Anfang an hart durchgreifen, damit ab sofort klar ist, dass unser Handball sauber, fair und friedlich ist!

  • Dazu ein weiterer Text von handball-world.com ... ich unterschreibe den so sofort, alleine schon, weil ich ihn geschrieben habe ;) ... Aber im ernst, es liegt an uns selbst, ob wir Handballer uns der Sache annehmen und früh eine "Selbstreinigung" durchführen, oder den Idioten die Bühne überlassen ...

    Rote Karte für Idioten ...

    Gleich zweimal zog die Redaktion von handball-world.com heute die Rote Karte als Bild zu einem Artikel. In den Artikeln selbst hat die Redaktion, den Regeln des Journalismus folgend, versucht ihre eigene Meinung herauszuhalten. Um die eigene Meinung journalistisch sauber zu nennen, gibt es die Möglichkeit des Kommentars. Und eben diese ergreifen wir nun, um nicht nur zu kommentieren, sondern getreu dem Motto "Wehret den Anfängen" auch die wirklichen Fans aufzurufen, diesen Anfängen Einhalt zu gebieten.

    Am Beginn dieses Kommentars soll aber zunächst eine Entschuldigung stehen. Eine Entschuldigung für eine nicht ganz richtige Überschrift. Denn das Wort "Idiot" leitet sich vom griechischen "idiotes" ab, was soviel bedeutet wie "einfacher Mensch" und vor allem auf Menschen angewendet wurde, die sich weigerten, sich politisch zu engagieren. Trotz dieser Ungenauigkeit soll der Begriff, in Ermangelung eines treffenderen für die Art von Fans angewendet werden, die sicherlich alle Handballinteressierten nicht in den Hallen sehen wollen, verwendet werden.

    Fans, die auf Schiedsrichter losgehen, rassistische Beschimpfungen und eine Schlägerei am Rande eines Bundesligaspiels: Das ist die Bilanz des vergangenen Mittwochs. In den Handball-Foren findet sich vielmals noch der Begriff "Einzeltat", doch spricht alleine die Häufung an diesem Mittwoch eindeutig dagegen. Bereits seit längerer Zeit ist in den Hallen ein erhöhtes Agressionspotential zu bemerken. In dieser und der vergangenen Spielzeit wurden unter anderem mehrfach Schiedsrichter angegangen oder bedrängt, und auch zwischen verschiedenen Fangruppen kam es mehrfach zu "Einzeltaten".

    Hier soll keinesfalls der Eindruck erweckt werden, dass es im Handball einen gewaltbereiten Mob oder organisierte Hooligans gibt. Noch ist der Handball beschaulich, doch der Schritt in die größeren Städte und Arenen und auch der erhöhte Stellenwert des Handballs haben den Sport auch zu einer Bühne gemacht. Eine Bühne vergleichbar der des Fußballs, wo die Anzahl der Idioten und damit auch die Auswirkungen wesentlich größer sind. Diese Idioten sind dabei sicherlich keine Problem des Fußballs oder des Handballs, denn nur selten dürfte es eine wirkliche Bindung an die jeweilige Sportart geben. Es scheint eher ein gesellschaftliches Problem zu sein, dass sich eine entsprechende Bühne sucht.

    Im Fußball wird versucht, mit großen Aktionen dieses Phänomen zu bekämpfen, es bleibt zu hoffen, dass es soweit im Handball nicht kommen muss. Handballer verweisen immer wieder auf die Unterschiede zum Fußball, und gerade in der Fankultur war die Handballszene bislang zu Recht stolz auf die gute Atmosphäre und das gute Miteinander. Ob eine Einzeltat oder eine Anhäufung, unstrittig ist sicherlich, dass jede dieser Taten eine zuviel ist. Daher unser Aufruf: "Wehret den Anfängen, wehret jeder Tat. Einhalt den Idioten."

    Dabei sind wir der Meinung, dass es dazu keiner HBL und keiner Pressekonferenzen bedarf. Fans sind vor Ort, wenn solche Taten geschehen, und in diesem Fall gilt es nicht wegzusehen und die Augen vor dieser vermeintlichen Einzeltat zu verschliessen, sondern Flagge zu zeigen. Flagge gegenüber den Idioten. Aber nicht nur das Einschreiten bei solchen Eskalationen sollte selbstverständlich sein, selbstverständlich sollte auch der Respekt gegenüber anderen Fans, Sielern, Schiedsrichtern und allen anderen am Handball interessierten sein. Durch diesen Respekt bieten wir unserem Sport, dem Handball, die Bühne.

    Wie sich der Einzelne beim Einschreiten richtig verhält und vermeidet, selbst zum Opfer zu werden, ist unter anderem vom Verein "Gesicht zeigen" im Web beschrieben ( => hier zu finden).

    Mit ein wenig Fancourage, in Anlehnung an Zivilcourage, kann diesen Idioten Einhalt geboten werden und deutlich gemacht werden, dass der Handball für diese Idiotie keine Bühne ist. Mit der Zivilcourage ist auch der Kreis geschlossen, denn vor dem für "Mut" stehenden französischen Courage findet sich mit Zivil ein weiterer aus dem Lateinischen Begriff. "Civilis" bedeutet dabei sowohl bürgerlich wie auch anständig.

    Dieser Text der IG Handball ist frei von Rechten, d.h. er darf von jedem frei kopiert, verteilt und veröffentlicht werden. Über eine Nennung der IG Handball (http://www.ig-handball.de) als Autor würden wir uns allerdings freuen.

  • Wie wäre es denn mal mit einer Richtigstellung der Unterstellung eines verbalen rassistischen Angriffs gegen Nartey durch einen Dessauer Zuschauer?

    Videoanalysen haben ergeben, dass der oder die Rufe "schwarze Sau" dem Schiedsrichter galten und nicht Nartey.

    Da wird im Ansatz recherchiert bzw. sich auf irgendwelche unbestätige Aussagen gestützt und dann wird alles ruhen gelassen!

  • Machts das besser ?

    Müssen wir jetzt aufatmen, dass "nur" die SR als "Schwarze Sau" betitelt wurden ?

  • Nuja, das macht schon einen erheblichen Unterschied, ob die Beschimpfung dem Schiedsrichter in seiner Funktion als Spielleiter gilt oder auf einen Spieler persönlich aufgrund seiner Hautfarbe gemünzt ist.

  • Zitat

    Original von Ex-HVS-SR
    Machts das besser ?

    Müssen wir jetzt aufatmen, dass "nur" die SR als "Schwarze Sau" betitelt wurden ?

    Nein, ich denke, Maik wollte nur auf Unterstellung eines verbalen rassistischen Angriffs hinaus, dabei aber nicht den Angriff auf den Schiedsrichter als hinnehmbar hinstellen.