Dortmund/München - Verdenken kann man es der HSG Nordhorn im Grunde nicht, dem VfL Gummersbach nachzueifern: In Sachen Meisterschaften, von denen die Gummersbacher ja reichlich haben, erst recht nicht.
Doch dass die Niedersachsen, die kurz vor dem ersten Titel in ihrer jungen Bundesliga-Geschichte stehen, sich auch in Sachen "Klassenerhalt" in die Fußstapfen des Rekordmeisters begeben könnten - davor zittert die Liga.
Es droht eine "Lex Nordhorn" nach dem Vorbild der "Lex Gummersbach" aus dem Jahre 2000: Rechtsunsicherheit im Handball und ein immenser Imageverlust.
Gnadengesuch wäre die letzte Chance
Genau wie derzeit die HSG hatte Gummersbach vom zuständigen Ligaausschuss der Handball-Bundesliga-Vereinigung Männer keine Lizenz erhalten, war aber letztlich mit einem "Gnadengesuch" an das DHB-Präsidium erfolgreich - damals eine sensationelle Wendung. Was folgten, war ein montelanger Streit zwischen der Liga und dem DHB, Zivilgerichtsverfahren und im Endeffekt sogar eine Aufstockung der Bundesliga.
Noch wurde der HSG nur die Lizenz in erster Instanz verweigert. Noch kann die HSG nachbessern. Doch sollte die Liga den Niedersachsen auch in dann die Zulassung zur "stärksten Liga der Welt" verbieten, bietet das "Gnadengesuch" vor dem DHB die letzte Chance des HSG.
Die Vereine befürchten das Schlimmste
Sollten die mit 1,8 Millionen Euro verschuldeten Niedersachsen diesen Weg gehen und Erfolg haben, wäre die Empörung der Konkurrenz grenzenlos. "Das wäre eine Katastrophe für die ganze Liga, dann kann sich der Gutachter-Ausschuss auflösen. Entweder gibt es Richtlinien, oder nicht. So leid es mir für Nordhorn tut, aber darum geht es nicht", sagte Bernd-Uwe Hildebrandt, Manager des SC Magdeburg, zu Sport1.
Sein Kollege Fynn Holpert vom TBV Lemgo sieht das ähnlich: "Das wäre der größte Skandal der Bundesliga. Wenn es Nordhorn das Nachbessern schafft, okay, dann haben sie es sich verdient. Alles andere aber geht nicht."
"Sonst braucht niemand mehr Unterlagen einreichen"
Damals wie heute stünde DHB-Präsident Strombach im Zentrum der Kritik. Die Wendung im Fall Gummersbach soll größtenteils dank des Engagements des Präsidenten, pikanterweise selbst Mitglied beim VfL, möglich geworden sein. Die "Bild"-Zeitung berichtete nun, eine "Lex Nordhorn" sei laut Strombach denkbar.
"Was denkt der sich?", ereiferte sich Hildebrandt daraufhin, "der kümmert sich um nichts sonst und haut einfach solche Dinger raus." Es gebe zwei Instanzen im Lizenzierungsverfahren, und wenn die zweite Instanz "Nein" sagt, dann "sollte sich der DHB tunlichst hüten, etwas anderes zu bescheiden." Dann bräuchte zukünftig niemand mehr Unterlagen einreichen.
Strombach kann sich eine Entscheidung vorstellen
Auf Anfrage von Sport1 bestätigte Strombach nun, er könne sich vorstellen, dass es auch im "Fall Nordhorn" noch einmal eine Entscheidung des Präsidiums geben könnte: "Das ist doch selbstverständlich. Es gibt einen bestimmten Rechtsmittelzug. Insoweit könnte ich mir fünf Fälle vorstellen, da in diesem Jahr fünf Lizenzverweigerungen vorliegen.
Zunächst aber müssten die Vereine, die ab Bekanntgabe der Verweigerung acht Tage Zeit für Nachbesserungen haben, die zweite Entscheidung des Lizenz-Ausschusses abwarten. Dann erst könnten die Fälle beim Präsidium landen.
Die Möglichkeit einer "Lex Nordhorn" ist demnach also nicht ausgeschlossen. Das schätzt Liga-Boss Heinz Jacobsen allerdings anders ein. "Ganz klar: Diese Möglichkeit sehe ich nicht, weil wir aufgrund der Erfahrungen mit dem Fall Gummersbach die Lizenzierungsrichtlinien entsprechend ergänzt haben."
Keine rechtliche Grundlage
Jacobsen bezieht sich auf den Paragraphen 2 LZR, der besagt: "Die Beurteilung des Gutachterausschusses zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers ist für die Lizenzerteilung durch den Ligaausschuss oder das Präsidium verbindlich."
"Den gab es vorher nicht", erklärt der HCBM-Vorsitzende und folgert: "Wenn der Gutachterausschuss 'Nein' sagt, hat das Präsidium keinerlei rechtliche Grundlage 'Ja' zu sagen."
"Diese Farce wäre eine Katastrophe"
Es bleibt abzuwarten, ob das Präsidium mit Strombach an der Spitze sich der Sache dennoch annimmt. Für Hildebrandt ist aber klar: "Wenn Herr Strombach der Meinung ist, er steht da über den Dingen, wenn sie diese Farce wieder machen, wäre das eine Katastrophe für den Handball."
Diese Befürchtung kann man ihm sicher auch nicht verdenken.
Quelle : http://www.sport1.de
Dem ist eigentlich nix mehr hinzuzufügen ![]()