Die Dänen, der Karrikaturenstreit und der fassungslose Blick nach Süden

  • hier mal ein sehr interessanter Beitrag aus dem Spiegel, der meine Sicht der Dinge weitgehend wiedergibt...

    der Text geht im Spiegel noch weiter, wer mehr lesen mag:
    [URL=http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,399670,00.html]weiterlesen im Spiegel[/URL]

    Im Vergleich zu Serdarusic muss man sich Elefanten als vergessliche, etwas schusselige Tiere vorstellen. (Süddeutsche Zeitung v. 10.2.09)

    Einmal editiert, zuletzt von Olaf (8. Februar 2006 um 17:35)

  • Ganz, ganz schlechte Recherche von Herrn Kleinert.

    Warum die katholische Bischofskonferenz ausgerechnet Anfang der 90er Jahre - also mehr als zehn Jahre nach Erscheinen des Films (1979) - Massendemos ausrufen sollte, ist mir schleierhaft. Und als der Film tatsächlich (und nicht überall, siehe unten) in die Kinos kam, war er durchaus nicht unumstritten gerade in den USA von Protesten begleitet, wie man dem Bild auf dieser Homepage deutlich entnehmen kann (ganz unten auf der Seite).

    Zitat von der ersten verlinkten Seite :
    Not to be outdone, the Catholic film-monitoring office rated Brian "C" for "Condemned" and implored its flock not to visit theatres where it was playing, it being a sin to do so.

    In Norwegen (...) kam er wegen Blasphemie nicht in die Kinos, in Irland ebensowenig und in Italien erst 1990, also ganze elf Jahre nach seiner Entstehung.

    Lustigerweise besitze ich die skandinavische Fassung von "Life of Brian" sogar - O-Ton Englisch mit Untertieln und allem Schnick und Schnack auf Dänisch, Schwedisch, Norwegisch und Finnisch... die hatte ich mir mal besorgt, als es die deutsche noch nicht auf DVD gab.

  • jetzt extra 3 gucken! :D (NDR)

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

  • Ich lebe zur Zeit in Kabul/Afghanistan. Ich arbeite hier fuer den DED (Deutscher Entwicklungsdienst, Bonn), eine staatliche Organisation. Wir versuchen, durch unsere Programme den Wiederaufbau Afghanistans zu beschleunigen. Unsere Fahrzeuge sind deutlich als "deutsche" Fahrzeuge gekennzeichnet, mit Flagge und entsprechender Bezeichnung in den beiden Landessprachen Dari und Paschto. Bisher haben die Afghanen auch immer Wert auf ihre Deutschfreundlichkeit gelegt. Abewas in den letzten Wochen hier abgegangen ist, das ist schon heftig. Zwei deutschen Kollegen von mir wurde das Auto gesteinigt, als sie drinnen sassen. Scheiben wurden eingereten, bei einem Kollegen wurde die Frontscheibe eingetreten. Man hat versucht, das Auto zu kippen. Ich denke, das ist nicht so witzig. Die afghanische Polizei stand uebrigends daneben und sah zu. Ein Sicherheitsdienst hat die Kollegen dann aus der Situation befreit. Natuerlich sieht man hier die Gewalt als berechtigt an.

    Das Problem hier ist die mangelnde Bildung. Niemand hat eine Vorstellung davon, wie unser Leben in Europa, unser Verstaendnis von Pressefreiheit ist. Und schon garnicht hat jemand mal die Bilder gesehen. Der Mullah sagt, wo es lang geht. Und die Massen folgen ihm bedingungslos. Freie Presse, Meinungsfreiheit usw sind hier bei vielen voellig unbekannt.

    Kurzfristig wurden hier auch Kopfgelder fuer Auslaender ausgesetzt. Und das wegn ein paar Bildern, die schon vor einem halben Jahr erschienen sind. Ich kann es nicht verstehen. Versuche, den mosllemischen Kollegen das alles zu erklaeren, schlagen regelmaessig fehl. Es wird immer verlangt, dass die Auslaender sich an die Sitten und Gebraeuche hier im Islam zu halten haben. Auslaendische Frauen sind quasi nur in Begleitung von maennlichen Kollegen unterwegs, weil, sonst werden sie angemacht. Auslaendern ist es verboten, in die Innenhoefe der Haeuser zu schauen, dort koennten ja unverheiratete Frauen sein. Umgekehrt sind aber die Daecher der umliegenden Haeuser regelmaessig von Jungs und Maennern besetzt, wenn bei uns im Sommer gegrillt wird. Denn die europaeischen Frauen sind dann natuerlich unverschleiert. Niemand kommt dann auf die Idee, dass wir das moeglicherweise nicht gut finden, wie im Zoo begafft zu werden. Das sind nur Kleinigkeiten, aber mir geht dieses ewige einseitige fordern und die mangelnde Bereitschaft, auch selber Zugestaendnisse zu machen, tierisch auf die Nerven.

    Eine Karikatur hat die Aufgabe, etwas zu karikieren. Und wenn die Religion so gross und gut ist, dann sollten die Leute darueber stehen.

    Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen toten Dichter, um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der ohne Wimpernzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.

    Erich Kästner

  • Protest-Ticker (1)
    Beirut. In einem Beiruter Frühstückscafé entzündete sich heute morgen
    spontan muslimischer Protest, als ein Gast mit den Worten "Das habe ich
    nicht bestellt" aufsprang, das Büro des Cafébesitzers anzündete, ein Bild
    des Cafés verbrannte und anschließend darauf herumtrampelte. Wenig später
    protestierten Hunderttausende in den Straßen Beiruts gegen die schlecht
    organisierte Gastronomie im Allgemeinen und schwerhörige Bedienungen im
    Speziellen.

    Protest-Ticker (2)
    Kabul. Islamische Proteste wurden gegen die Mittagszeit in Kabul laut, wo
    ein Imam mit dem Fahrrad über eine Glasscherbe gefahren war und daraufhin
    einen zerschnittenen Fahrradreifen wechseln mußte. Ein wütender Mob
    zündete Minuten später überall in Afghanistan Fotos von Fahrrädern an und
    hüpfte auf Bildern von Glasscherben herum, mehrere Fahrradläden brannten
    völlig aus. Die taz in einem Kommentar: "Es muß weiterhin erlaubt sein,
    Fahrrad zu fahren, sicher. Aber nicht alles, was man tun darf, sollte man
    auch tun!"

    Protest-Ticker (3)
    Damaskus. Eine Welle der Empörung fegt heute nachmittag durch die Straßen
    von Damaskus: Per SMS-Kette war in der muslimischen Gemeinde das Gerücht
    umgegangen, der Mufti sei am Morgen verkehrtherum in seine Hose gestiegen,
    habe diese daraufhin verbrannt und sei auf verschiedenen anderen Hosen
    herumgehüpft. Überall in Syrien zündeten daraufhin gläubige Moslems ihre
    Hosen an und hüpften herum, zum Teil, weil sie die Hosen vor dem Anzünden
    nicht ausgezogen hatten. Die Frankfurter Rundschau äußerte dazu, Hosen zu
    tragen sei zwar geschmacklos, aber man könne es nicht rundweg verbieten

    Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen toten Dichter, um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der ohne Wimpernzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.

    Erich Kästner

  • [14.02.2006]
    Kulturkampf geht weiter
    Nachdem der "Tagesspiegel"-Karikaturist Klaus Stuttmann wegen einer Zeichnung, die den geplanten Einsatz der Bundeswehr bei der Fußball-WM zum Thema hat und auf der mit Sprengstoffgürteln behängte iranische Fußballer zu sehen sind, mehrere hundert Morddrohungen erhalten hat und zuhause ausziehen mußte, hat das Bundesinnenministerium einen Leitfaden herausgegeben, der ähnliche Mißhelligkeiten verhindern helfen soll. So sollen Zeichner grundsätzlich keine Menschen arabischer Herkunft mehr abbilden, sondern vornehmlich Häschen, Sonnenblumen, Frauen mit großen Brüsten, Stiere mit "Europa"-Schriftzug und deutsche Fußball-Nationalspieler mit Brillen und/oder Gehhilfen.

  • [21.02.2006]
    Nun auch Sport betroffen

    Der Iran hat heute Morgen offiziell die HBL aufgefordert, der SG Flensburg/Handewitt den Spielbetrieb zu untersagen. Dänische Mannschaften dürften demnach nur in Dänemark spielen. Dies teilte heute die iranische Botschaft in Berlin Innen- und Sportminister Schäuble mit, der die Aufforderung per Fax an die Dortmunder HBL-Zentrale weiterleitete. "Wir mischen uns nicht in die inneren Angelegenheiten der Verbände ein, es gibt bei uns eine Sportfreiheit, die man offenbar im Iran nicht kennen will", sagte Schäuble gegenüber Journalisten. Die HBL war bisher für eine Stellungnahme nicht zu erreichen

    Im Vergleich zu Serdarusic muss man sich Elefanten als vergessliche, etwas schusselige Tiere vorstellen. (Süddeutsche Zeitung v. 10.2.09)

    Einmal editiert, zuletzt von Olaf (21. Februar 2006 um 15:31)

  • Ich muss mal fuer uns alle eine Lanze brechen und klopfe mir und allen anderen auf die Schulter: So eine Diskussion kann ich mir nur auf einer Handballseite vorstellen, niemals auf einer Fussballseite. Das ist wohltuhend, auch, wenn hier die Meinungen richtig gut auseinander gehen. Aber mit Marx und Lenin haben es die Fussballer sicher nicht so.... Ausnahme Ewald Lienen und Paul Breitner, in ihren und meinen Jugendzeiten.

    Ich habe uebrigends gerade mit einer tuerkischen Muslima ueber das Thema diskutiert. Die ist geschieden, die Kinder sind schon gross, und sie arbeitet bei UNHCR im Bereich Human Rights, als Rechtsanwaeltin. In diesem Bereich muss man sehr gut sein, denn da vertritt man hier die Rechte der Fluechtlinge, die ja z.T. in der Bonner Vereinbarung festgelegt sind. Das war sehr interessant. Sie ist zwar auch dagegen, dass Mohammad abgebildet wird. Offentsichtlich wird das in den Moscheen normalerweise nicht gemacht. Ausser im Iran, wie sie sagt, aber da kommt dann wieder die Politik ins Spiel. Denn da sind es hauptsaechlich Schiiten, die das Bild Mohammad angeblich zeigen. Nach ihrer AUssage, ich kann das nicht beurteilen. Aber sie sagt auch, dass das ganze Problem aus politischen Gruenden sicher viel hoeher gehaengt wurde, als es notwendig war. Da stimme ich mit ihr ueberein.

    Denn zuerst wurde das Thema da hochgekocht, wo man normal keine Demo erwartet: Indonesien, Libyen, Iran. Alles keine lumpenreinen Demokratien, wo die Menschenrechte hochgehalten werden.

    Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen toten Dichter, um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der ohne Wimpernzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.

    Erich Kästner

    2 Mal editiert, zuletzt von Poweruser (21. Februar 2006 um 16:18)

  • Interessant: Mohammed darf man nicht bildlich darstellen, aber eine der schönsten Gotteshäuser des Orients sprengen, das darf man :pillepalle:

    MfG Felix0711

    "Deshalb unterstütze ich mit vollstem Enthusiasmus ein Projekt, das abendländischen Humanismus mit moderner Technik verbindet – den Bau eines unterirdischen Doms!"
    Harald Schmidt

    2 Mal editiert, zuletzt von Felix0711 (22. Februar 2006 um 20:13)

  • Nun droht also in Afghanistan ein Mann zum Tode verurteilt werden. Sein "Verbrechen", er ist vom Islam zum Christentum gewechselt.
    :pillepalle:
    Ich weiß, dass dies eine besonders strenge Auslegung des Islams ist und es viele Muslime auch nicht verstehen können.
    Dennoch finde ich es bedauerlich, dass ein großer Wert wie Religionsfreiheit in manchen Ländern des Islams eine so geringe Rolle spielt. Viele Moslems haben im Zuge des Karikaturenstreits Respekt für ihre Religion eingefordert, diesen Respekt sollte man auch den anderen Religionen erweisen.
    Sollte es wirklich zu einer Verurteilung kommen, sollte man die Bundeswehr dort abziehen und die Entwicklungshilfe für dieses Land streichen. Es gibt genug reiche Länder (z.B. Saudi-Arabien) die dafür einspringen können und vielleicht eine ähnliche Rechtsauffassung haben. Deutschland (und die EU)sollten jedenfalls m.E. nicht ein Land unterstützen, dass solche Gesetze hat.

    Mit jedem wag ichs, dem ich kann ins Auge fassen.