Städtische Gelder für den Profihandball?

  • In Wetzlar gab es dieser Tage die Diskussion, ob und inwieweit die Stadtkasse die HSG Wetzlar unterstützen darf. Dafür spricht:

    • Der Bundesligist als wichtiger Marketingfaktor und Imageträger für die Stadt
    • Bundesligahandball erhöht den Freizeitwert einer Stadt
    • Die anreisenden Fans bringen Geld für Handel und Gastronomie


    Dagegen sprechen v.a. die knappen öffentlichen Haushalte.

    Hierzu ein Auszug aus zwei interessanten Artikeln der Wetzlarer Neuen Zeitung:

    Zitat


    Wetzlar. Mit einem klaren Votum hat sich die Wetzlarer Stadtverordnetenversammlung gestern Abend für den geplanten Zuschuss der Stadt zur Hallenmiete der Mittelhessen-Arena für die HSG Wetzlar ausgesprochen. Danach soll der Handball-Erstligist nächstes Jahr 34 000 Euro von der Stadt als Wirtschaftsförderung bekommen. Für den Zuschuss stimmten die Fraktionen von CDU, FWG und FDP sowie Teile der SPD. Neun Abgeordnete - größtenteils aus der SPD - stimmten mit nein und weitere neun - darunter die Grünen-Fraktion - enthielten sich der Stimme.

    Entgegen dem ursprünglichen Plan beriet das Parlament gestern Abend in öffentlicher Sitzung über den Tagesordnungspunkt. Diese Zeitung hatte in ihrer gestrigen Ausgabe über die Pläne zur Subventionierung der HSG berichtet.

    Oberbürgermeister Wolfram Dette (FDP) legte dar, dass die HSG zuvor in Dutenhofen mietfrei die Sporthalle genutzt habe und nun in vergleichbarer Größe ein Zuschuss zu den Mietkosten in der Arena gewährt werde. Dies geschehe auch unter dem Aspekt, dass die HSG ein "hervorragender Werbeträger für die Stadt" sei, wodurch die Förderung durchaus angemessen sei. Dies sei zudem dem Image Wetzlars als Sportstadt zuträglich und der Sport zudem ein wichtiger "weicher Standortfaktor".

    Außerdem, so Dette, würden andere Kommunen ihre Profimannschaften ebenfalls finanziell unterstützen - "wir bewegen uns da an der unteren Grenze". So würde auch die Profimannschaft der Rollstuhl-Basketballer des RSV Lahn-Dill unterstützt, indem sie kostenfrei in der Halle der Bebel-Schule untergebracht sei. Daher sei auch die Kritik des Steuerzahlerbundes unverständlich. Dette wies zudem auch auf die Wichtigkeit der Arena für den Standort Wetzlar und die Region hin und erinnerte: "Hätten wir vor dem Bau der Arena auf den Steuerzahlerbund gehört, hätten wir heute keine Arena."

    Zitat

    Der Steuerzahlerbund Hessen mit Sitz in Wiesbaden zeigte sich angesichts dieser geplanten "verstecken Subvention" entsetzt. Finanzreferent Clemens Knobloch sagt: "Das hätte ich mir nicht vorstellen können, dass auf diese Art noch Subventionen fließen würden. Die Stadt hat alle Vorleistungen erbracht. Sie hat die Halle allein aus Steuermitteln gebaut und einen Betreiber gefunden. Für die HSG sind also alle Bedingungen erfüllt, um in der ersten Liga vor mehr Zuschauern spielen zu können. Wenn die HSG jetzt finanziell nicht über die Runden kommt, muss sie die Eintrittspreise erhöhen oder die Spielergehälter kürzen, aber nicht vom Steuerzahler Geld fordern. Das ist ein starkes Stück." Den Mietpreis von 12 000 Euro bezeichnet Knobloch für eine Halle wie die Arena als "günstig".

    Wurde dieses Thema in anderen "Bundesliga-Städten" auch schon angesprochen?

    Der Traditionsverein in Hessen. HSG Wetzlar - unabsteigbar!

  • Wie das Thema in den anderen Städten diskutiert wird, kann ich nicht sagen. Aber ich habe mit diesem Zuschuß kein Problem. Für mich sind die Vorteile für die Stadt eindeutig in der Mehrzahl und solange die Unterstützung im Rahmen bleibt ist es völlig ok.

    Gruß Jan

  • Zitat

    Original von Linksaussen
    die rollstuhlbasketballer haben eine profimannschaft? das bezweifel ich aber mal ganz stark.


    Doch, das stimmt: In Wetzlar spielt die absolute Weltelite im Rollstuhlbasketball. Der RSV Lahn-Dill holte 2004 UND 2005 jeweils das Triple: Deutsche Meisterschaft, Pokalsieg und Champions-League-Sieg!

    Der Traditionsverein in Hessen. HSG Wetzlar - unabsteigbar!

    2 Mal editiert, zuletzt von Müllers Omar (15. Dezember 2005 um 12:04)

  • Das ist sicherlich ein ganz heikles Thema. Man könnte es vielleicht noch erweitern um den Aspekt der 'indirekten' staatlichen Leistungen. Wenn man sich die Modi der Finanzierung der Hallenausbauten anschaut, dann ergeben sich erhebliche 'Wettbewerbsverzerrungen' zwischen den einzelnen 'Bundesligastandorten'.

    Zudem fällt das unterschiedliche Engagement von (quasi-)städtischen/staatlichen Unternehmen bei den einzelnen Bundesligisten auf. Sind nicht letzendlich z.B. die Gelder der 'Provinzial' oder der Sparkassen (oder auch der Landesbanken) auch 'indirekte' staatliche Subventionen? Auffallend ist wirklich, daß vor allem bei den Spitzenmannschaften Unternehmen der 'staatlichen Sphäre' exponiert präsent sind!

    Einmal editiert, zuletzt von Karl (15. Dezember 2005 um 11:16)

  • ja, so ist es. der weltbeste basketballrolli, ein kanadier, spielt in wetzlar.

    die steuerdiskussion ist nicht ganz so einfach in meinen augenl. ist für mich letztlich die frage, ob handball zur kulturellen grundversorgung gehört. dann könnte man genau wie beim theater argumentieren. ich sehe das aber nicht so.
    in spanien wir cantabria angeblich durch die regionale tourismusbehörde gesponsort, also auch steuergelder. sicher nicht das wahre.

    so etas kann schnell ausufern. letztes jahr hat beispielsweise der bürgermeister von Eschborn, dem damaligen viertligisten 1.fc eschborn eine bürgschaft über 1. mio gegeben, die sind damit aufgestiegen und krebsen jetzt vor 500 leuten in der regionalliga auf dem letzten platz.

    vom werbewert her ist die hsg sicher ein imageträger. aber wenn man danach geht müsste der thw ja von der stadt noch mal drei mio oben drauf bekommen oder der fc bayern 50 mio.

    Einmal editiert, zuletzt von alter Sack (15. Dezember 2005 um 11:29)

  • Behindertensport würde ich selbst auf (Halb-)Profibasis noch anders bewerten als Profihandball, zumal, wenn sich die städtische Unterstützung primär auf folgendes beschränken würde:

    Zitat Zeitungsartikel:

    Zitat

    . So würde auch die Profimannschaft der Rollstuhl-Basketballer des RSV Lahn-Dill unterstützt, indem sie kostenfrei in der Halle der Bebel-Schule untergebracht sei.

    (Rhetorische) Frage: Wer hat denn eigentlich die Mittelhessenarena finanziert?

    • Offizieller Beitrag

    Wir können das Thema auch noch ausweiten. Es gibt zahlreiche Bundesligisten (wenn nicht fast alle?), die von den örtlichen Sparkassen unterstützt werden, teilweise mit großen Beträgen.

    Letztendlich sind Sparkassen im indirekten kommunalen Eigentum (Stadt oder Landkreis) mit entsprechender Gewährsträgerhaftung. Für mich zählt das damit zumindest teilweise auch zur öffentlichen Förderung.

  • @omar_s: die sportliche stellung der rollstuhlbasketballer hab ich gar nicht infrage gestellt. aber sind das wirklich profis? heißt, die werden bezahlt und können von ihrem job voll leben? das heißt für mich profisport. ist aber eigentlich auch offtopic.

  • Zitat

    Original von Linksaussen
    @omar_s: die sportliche stellung der rollstuhlbasketballer hab ich gar nicht infrage gestellt. aber sind das wirklich profis? heißt, die werden bezahlt und können von ihrem job voll leben? das heißt für mich profisport. ist aber eigentlich auch offtopic.

    Ja, da fließt ganz gutes Geld. Schau dir allein mal auf rsvlahndill.de den Sponsorenpool an. Beim RSV spielen zumindest 2 Vollprofis, beide aus Kanada "importiert". Die übrigen Spieler sind wohl Halbprofis, die neben dem Sport (für den sie auch in gewisser Höhe bezahlt werden) meist noch ein zweites wirtschaftliches Standbein haben oder studieren...

    Der Traditionsverein in Hessen. HSG Wetzlar - unabsteigbar!

    Einmal editiert, zuletzt von Müllers Omar (15. Dezember 2005 um 14:10)

  • Sollen da Steuergelder ohne Sicherheiten verzockt werden, oder wie soll man das verstehen?
    Der Wahnsinn in Deutschland kennt wirklich keine Grenzen mehr. Ist das jetzt schon Endzeitstimmung in Wetzlar oder sind das Versuche Arbeitsplätze zu sichern? Sicher auch interessant für all die anderen Handballclubs.
    Sind in Wetzlar grad Bürgermeisterwahlen oder wer sonst hat Gründe die Steuergelder so zu verbrassen? Böse Zungen könnten jetzt behaupten, immer noch besser als wenn die ganzen Stars auf dem Arbeitsamt rumhängen. Die meisten haben sowieso nix gelernt und durchfüttern müssten wir die allemal, sollen sie wenigstens was tun dafür. Nee, Leute der Handball muss unterstützt werden, scheiß auf die paar Tausend Arbeitsplätze in den anderen Branchen.
    Spekulativ gesehen sind das sehr vielversprechende Türchen die sich da im Adventskalender für die Handballstars öffnen. :nein: 8o

    A.E.

    Ein Tag, an dem sich alle Anwesenden völlig einig sind, ist ein verlorener Tag. Albert Einstein

  • Zitat

    Original von Müllers Omar
    In Wetzlar gab es dieser Tage die Diskussion, ob und inwieweit die Stadtkasse die HSG Wetzlar unterstützen darf. Dafür spricht:

    • Der Bundesligist als wichtiger Marketingfaktor und Imageträger für die Stadt
    • Bundesligahandball erhöht den Freizeitwert einer Stadt
    • Die anreisenden Fans bringen Geld für Handel und Gastronomie


    Dagegen sprechen v.a. die knappen öffentlichen Haushalte.

    Ich denke, dass man den dritten Aspekt - im Handball - vernachlässigen kann. In Düsseldorf erhält Fußball-Regionalligist Fortuna seit Jahren großzügige finanzielle Unterstützung von Seiten der Stadt (Oberbürgermeister Joachim Erwin ist Vorstandmitglied). Auch die DEG fand in der Stadt einen Gönner, als es Ende der '90er ums nackte Überleben ging. Das führt in der Düsseldorfer Sportwelt zu Neid.
    Die aktuelle Kooperation der HSG mit "Düsseldorf Marketing" trägt bereits kleine Früchte. Wenn ich mich richtig erinnere, griff die Stadt auch bei den Philipshallen- und Hallenboden-Mietkosten finanziell der HSG unter die Arme. Ein finanzielles Engagement seitens der Stadt halte ich für unbedenklich, sofern das Risiko überschaubar ist und die Summen sich im Rahmen halten. Erfolgreicher Sport kommt der Stadt im Endeffekt wieder zugute...

  • Zitat

    Original von Einstein
    Sollen da Steuergelder ohne Sicherheiten verzockt werden, oder wie soll man das verstehen?
    Der Wahnsinn in Deutschland kennt wirklich keine Grenzen mehr...

    Warum bist du so aufgebracht? Ob eine Stadt ihre Gelder für die Standortwerbung nun z.B. für irgendwelche Messeauftritte ausgibt oder als Imageträger einen Bundesligaclub unterstützt, das kommt doch für den Steuerzahler aufs gleiche raus...

    Der Traditionsverein in Hessen. HSG Wetzlar - unabsteigbar!

  • Zitat

    Original von Müllers Omar
    Ob eine Stadt ihre Gelder für die Standortwerbung nun z.B. für irgendwelche Messeauftritte ausgibt oder als Imageträger einen Bundesligaclub unterstützt, das kommt doch für den Steuerzahler aufs gleiche raus...

    mit dem feinen unterschied, das besagte stadt im ersten fall den eigenen auftritt organisiert und verantwortet, wohingegen im zweiten fall höchstens die zuschauerposition beim handeln eines unabhängigen akteurs bleibt...

  • Zitat

    Original von Linksaussen
    und ob z.B. die fortuna wirklich zu imagesteigerung düsseldorfs beiträgt... (aktuell, wohlgemerkt)

    Das habe ich nie behauptet... ;) Man strebt aber (und das hat man vor allem getan, als hohe Summen in den Verein gepumpt wurden (vor dem Abstieg in die Viertklassigkeit und dem Wiederaufstieg)) langfristig wieder den Profifußball in Düsseldorf an. Irgendwann will man ja die LTU-Arena auch mal ausgelastet haben. Hinter dem vermeintlichen Klassenprimus Fortuna dürfen sich die anderen Vereine brav anstellen...

  • Das Ganze hänge sehr stark von den vielen neuen Arenen ab. In den letzten Jahren sind da ja sehr viele steuerfinanzierte Objekte entstanden.

    Die schlimmsten Auswüchse sehe ich in Magdeburg und Leipzig. Da wurden Stadien hingeklotzt ohne die Aussicht, dass da mal ein Profiverein die Massen anzieht.

    Die HSG ist der einzige regelmäßige Mieter der Mittelhessen-Arena. Allerdings sollte nicht der Steuerzahler eine Profimannschaft finanzieren. Welchen "normalen" Steuerzahler interessiert schon Handball?

    Anders wäre es, wenn sich die Stadt Wetzlar an den Kosten der WM-Spiele beteiligt. Dafür musste jede Halle ja einen Batzen Kohle beim DHB auf den Tisch legen. Ich denke nicht, dass dieses Risiko die Stadt trägt.
    Der Werbewert eines WM-Austragungsortes Wetzlar ist sicher gegeben. Da kommen ja auch ausländische Touris in die Stadt, welche ansonsten nicht unbedingt nach Wetzlar gekommen wären.

  • @Wieland
    Ein sehr guter Vorschlag mit der Kostenbeteiligung an der WM, wäre ich nicht gleich drauf gekommen. Die WM läuft unter kultureller Veranstaltung, da hätte nicht mal ich was dagegen
    bei solch einmaligen Ereignissen.

    A.E

    Ein Tag, an dem sich alle Anwesenden völlig einig sind, ist ein verlorener Tag. Albert Einstein

  • Ich hatte mal in einem anderen Beitrag das Beispiel 1.FC Eschborn gebracht. Die kauften sich als Oberligist eine teure Truppe zusammen und stand vor einem Jahr vor dem aus. Die reiche Gemeinde gab eine Bürgschaft über 900.000 Euro. Der Klub machte weiter und stieg in die Regionalliga auf. Dort ist man abgeschlagen Letzter. Finanzprobleme gab es auch weiterhin. Vor vier Wochen vermeldete man einen kasachischen Investor. Alle Sorgen wären erledigt und neue Spieler würden kommen.
    Gestern hat der Kasache abgesagt. Das Training ist abgesagt. Der Klub wird wohl von der Landkarte verschwinden. Die Bürgschaft von 900.000 Euro wird wohl gezogen.

    Hier lag ganz klarer Missbrauch vor. Eschborn eine der wenigen Gemeinden, welche hohe Rücklagen hat. Man sieht was dabei heraus kommt.

  • Zitat

    Original von Wieland
    Das Ganze hänge sehr stark von den vielen neuen Arenen ab. In den letzten Jahren sind da ja sehr viele steuerfinanzierte Objekte entstanden.

    Die schlimmsten Auswüchse sehe ich in Magdeburg und Leipzig. Da wurden Stadien hingeklotzt ohne die Aussicht, dass da mal ein Profiverein die Massen anzieht.

    Die HSG ist der einzige regelmäßige Mieter der Mittelhessen-Arena. Allerdings sollte nicht der Steuerzahler eine Profimannschaft finanzieren. Welchen "normalen" Steuerzahler interessiert schon Handball?

    Anders wäre es, wenn sich die Stadt Wetzlar an den Kosten der WM-Spiele beteiligt. Dafür musste jede Halle ja einen Batzen Kohle beim DHB auf den Tisch legen. Ich denke nicht, dass dieses Risiko die Stadt trägt.
    Der Werbewert eines WM-Austragungsortes Wetzlar ist sicher gegeben. Da kommen ja auch ausländische Touris in die Stadt, welche ansonsten nicht unbedingt nach Wetzlar gekommen wären.


    Das mit dem normalen Steuerzahler der sich nicht für Handball interessiert, trifft auch auf andere Sportarten zu. Die einzige Ausnahme ist Fussball. Da überlegen die wenigsten ob es sinnvoll ist öffentliche Gelder bereitzustellen. Wenn Handball keine Gelder erhällt müsste Fussball auch keine bekommen

    Ich geh doch nicht in die Halle um objektiv ein Spiel zu betrachten, sondern ich will meine Mannschaft unterstützen ... :devil: