Sportgerichtsbarkeit - sich ärgern oder wundern?

  • Hallo Forumsgemeinde!

    Folgender Fall zieht sich nun seit fast einem Jahr durch die Instanzen der Sportgerichte im Süden der Republik:

    Verein A legt gegen die Wertung des Punkspiels, das sie verloren haben Einspruch ein (Grund tut nichts zur Sache).

    In 1. Instanz bekommt Verein A Recht :nein:, ein Wiederholungsspiel wird angeordnet, Kosten des Verfahrens trägt die Verwaltungsinstanz.

    Dagegen legt Verein B Berufung ein. Da das Ende der Saison naht, wird das Wiederholungsspiel trotz schwebendem Verfahren angesetzt. Verein A gewinnt :baeh:.

    2 Monate nach dem Wiederholungsspiel (Saison ist bereits zu Ende) meldet sich die 2. Instanz und fordert beide Vereine auf, entsprechende Zeugen zu benennen und Beweismittel (es wurde von Verein A eine Video-Aufnahme angeführt) unverzüglich beizubringen.

    Weitere 2 Monate später erreicht Verein B eine Verfügung der 2. Instanz: Nachdem Verein A seinen Einspruch (den der 1. Instanz) :pillepalle: zurückgenommen habe, sei das Urteil der 1. Instanz hinfällig mit Ausnahme der Kostenentscheidung (die Verwaltungsinstanz trägt weiterhin die Kosten). Die Berufung von Verein B erübrige sich daher. Die Kosten von 50 EUR für die Bearbeitung müsse jedoch Verein B tragen 8o.

    Da der Verfügung keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt ist und auch die Rechtsordnungen nichts vorsehen, wie sich Verein B gegen diese Verfügung widersetzen kann, wendet sich Verein B an den Handballverband und bitte um Auskunft :help:.

    Der Verband leitet die Anfrage wiederum an den Vorsitzenden der 2. Instanz weiter, der sich weitere 4 Wochen nicht meldet.

    Verein B kontaktiert den Vorsitzenden und macht nochmals klar, dass die Verfügung nicht akzeptiert werde und bittet um Mitteilung, ob der Fall für ihn abgeschlossen sei :Hail:.

    Der Vorsitzende antwortet, er wolle den Fall einer anstehenden "Rechtsfachtagung" vorlegen und dann Verein B benachrichtigen.

    Inzwischen sind wieder 2 Wochen vergangen - ohne Nachricht . Die Kosten sind inzwischen vom Vereinskonto B abgebucht :mad:!

    Was soll man dazu sagen! Sich ärgern oder wundern? Es hieß schon bei Anwalt Liebling Kreuzberg: "Vor Gericht bekommen Sie nicht Recht, Sie bekommen ein Urteil". Hier bekommt Verein B nicht einmal ein Urteil, sondern nur die Kosten!

    Gruß
    Alfi

  • Na ja, in den Sportgerichten sitzen eben nur Laien.

    Aber hier scheint mir auch Verein B (dem du wahrscheinlich angehörst) nicht ganz clever zu sein:

    1. Die fehlende Rechtsmittelbelehrung ist lediglich ein Formfehler, dessen Beseitigung kostenfrei beantragt werden kann. Das in der Rechtsordnung Paragraphen fehlen sollen, kann ich mir nicht vorstellen. Und dann gibt es ja noch die nächste höherstehende Ebene.

    2. Wenn die Kosten vom Konto des Vereins abgebucht worden sind, muß ja eine Person des Vereines dem mittels Unterschrift zugestimmt haben. Anders geht es nicht, es sei denn, die Bank hat einen Fehler gemacht und Sicherheitsbestimmungen (Unterschriftenkontrolle) nicht eingehalten.

    Abschliessend: Wahrscheinlich handelt es sich hier um ein Kreisklassespiel, dessen Ausgang unerheblich für Auf- und Abstieg war. Dann hätte man die Gebühren vielleicht lieber in ein paar Kästen Bier investiert und alles wäre ok gewesen. Ansonsten muß man halt a) mit solch absurden Urteilen von Laien- Richtern leben oder b) genügend Kohle haben, um bis vor das Bundessportgericht zu gehen.

  • Hallo TLpz!

    Du hast Recht, Verein B sind wir.

    Das Problem ist, in der Rechtsordnung DHB ist nur von einer "einstweiligen Verfügung (§27 a)" die Rede, die jedoch nur in bestimmten Fällen erlassen wird. Eine "abschließende" Verfügung, wie sie die 2. Instanz hier erlassen hat, konnte ich nirgends im Paragrafenwerk entdecken, somit gibt es auch keine Formvorschriften dafür. Dies war auch der Grund, warum wir beim Verband nachhakten.

    Es handelte sich übrigens um ein Spiel der Landesliga zu einem Zeitpunkt, da beide Mannschaften um die Aufstiegsplätze kämpften.

    Dass der Betrag abgebucht wurde ist nicht das Problem. Wollte nur damit ausdrücken, dass die bei der Kohle ziemlich rasch hinterher sind, aber ihre Arbeit nicht ordentlich erledigen.

    Der Tipp mit dem Bundessportgericht ist ja nicht schlecht. Liest man jedoch die Zuständigkeit der Rechtsinstanzen nach (§17 RO DHB), kommt man wieder zu dem Ergebnis, dass Einsprüche gegen Verfügungen einer 2. Instanz nicht vorgesehen sind, nur Revisionen gegen Berufungsurteile beim Bundesgericht. Aber ein Urteil haben wir ja nicht bekommen.

    Gruß
    Alfi

  • Hat zwar nichts mit diesem Fall zu tun, aber meiner Erfahrung nach braucht man überhaupt nie Einspruch einzulegen. Du zahlst dich dumm und dämlich, bevor überhaupt jemand deinen Einspruch überhaupt liest. Dann werden Formfehler in Hülle und Fülle gemacht und wenn du dich dagegen wehrst (fehlende Anhörung, Beeinflussung von Zeugen, etc.), interessiert das doch niemanden und du bekommst ein Urteil, das sowieso den SR Recht gibt.

    Viel Zeit, viel Ärger, viel Geld und sonst nichts!!! Die ganze Aktion dient m.E. nur dazu, die Vereine davon abzuschrecken, überhaupt Einspruch einzulegen und nicht dazu RECHT zu schaffen!!!

  • Zitat

    Original von Nr. 3 lebt!
    (...)

    meiner bescheidenen meinung nach scheitern die meisten einsprüche an der mangelnden vorbereitung und der (im vergleich zu den sportinstanzlern immer noch) deutlich schlechteren rechtlichen wissensbasis der vereinsvertreter.

  • Wie man einen Einspruch möglichst formfehlerfrei formuliert, habe ich mal unter http://www.handballregion-hannover.de in Richtlinien/Ordnungen unter Einspruchsregeln festgehalten. Es ist in der Tat so, dass sich die Sportgerichte mit Freude auf die kleinsten Formfehler stürzen und sich so die weitere Arbeit ersparen. Hier herrscht ein krasses Missverhältnis zwischen Kleinkariertheit der Gerichte einerseits und der rechtlichen Vorbildung der Vereine andererseits. Hinzu kommt, dass ich jedes einzelne Urteil der Sportgerichte mit einem "mangelhaft" bewerten könnte, wenn man sich Form und Inhalt mal anschaut.

    Allerdings ist es teilweise schon traurig, dass die einfachsten formellen Voraussetzungen nicht eingehalten werden. Es fehlt eine Unterschrift, meistens ist kein Antrag gestellt, die Gebühr wurde nicht überwiesen... Mein Lieblingseinspruch lautete in etwa so: "Moin Schorse! Der Kreis hat.... Schau doch mal ob nicht.... " :wall:

    Leider sehen die Richtlinien keine Mindestbestückung der Sportgerichte mit Juristen vor. Sonst würden sich die Verbände plötzlich wundern, was ihnen um die Ohren fliegt. So kommen dann witzige Entscheidungen wie oben raus. Rücknahme des Einspruchs während die Berufung läuft, wie geil! :lol: Da haben wohl einige Herren ein ganz böses Kraut geraucht...

    "Perfektes Spiel für unruhige Zeiten: Schach und die große Sehnsucht nach Entschleunigung"

    Die hiesige Tageszeitung bereitet uns schon mal auf die Besatzung durch den Ivan vor.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Zickenbändiger
    Leider sehen die Richtlinien keine Mindestbestückung der Sportgerichte mit Juristen vor. Sonst würden sich die Verbände plötzlich wundern, was ihnen um die Ohren fliegt. So kommen dann witzige Entscheidungen wie oben raus. Rücknahme des Einspruchs während die Berufung läuft, wie geil! :lol: Da haben wohl einige Herren ein ganz böses Kraut geraucht...

    Man sollte einfach mal auf einem Verbandstag mit einem Haufen Juristen ein Sportgericht "übernehmen" - am besten so, dass keiner merkt, dass das Gericht jetzt aus Juristen besteht.

    Und dann kann man einige Jahre VIEL Spass haben :D ... wobei man sich auch vorher Gedanken darüber gemacht haben sollte, dass man dann hinterher nicht mehr wirklich beliebt ist.

  • Bevor es zu falschen Mutmassungen kommt. Dieser Fall stammt nicht aus dem einzig wahren BHV. (Badischer Handballverband ).

    Bei uns sitzen nämlich Profis in den Gerichten und wir geben unseren Vereinen auch die Hilfsmittel zu einem formgerechten Einspruch.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Schwaniwolli
    Bei uns sitzen nämlich Profis in den Gerichten und wir geben unseren Vereinen auch die Hilfsmittel zu einem formgerechten Einspruch.

    Wenn ihr eure Sportgerichte mit Juristen besetzt - RESPEKT! Aus Niedersachsen weiß ich, dass sich vielleicht im Landessportgericht (oder wie das Ding auf Ebene das niedersächsischen verbadnes heißt) ein jurist verirrt - aber in den Bezirks- und vor allem den Kreissportgerichten ist das überhaupt nicht Mode!

    Führt zu einer Menge interessanter Urteile

  • Zitat


    Bei uns sitzen nämlich Profis in den Gerichten und wir geben unseren Vereinen auch die Hilfsmittel zu einem formgerechten Einspruch.

    Und bei uns redet man sich auf "Neutralität" raus und gibt im Regelfall kein Stück Hilfestellung. Aber dafür gibt es ja noch den Rächzwart. :D Und wenn der einem Verein die Berufung vorformuliert, für Blöde sogar noch den Satz einfügt: "Der Einzahlungsbeleg über € 30,- liegt bei.", der Verein dennoch nur € 25,- einzahlt und die Berufung in einer sehr teuren Angelegenheit hieran scheitert, dann bin ich wieder um Jahre gealtert. :wall:

    Edit:

    Zitat

    Führt zu einer Menge interessanter Urteile

    Ich kann Dir ja mal meine Sammlung zeigen. Ein juristisches Gruselkabinett.

    Von Juristen sprach Wolli übrigens nicht, nur von Profis...

    "Perfektes Spiel für unruhige Zeiten: Schach und die große Sehnsucht nach Entschleunigung"

    Die hiesige Tageszeitung bereitet uns schon mal auf die Besatzung durch den Ivan vor.

    Einmal editiert, zuletzt von Zickenbändiger (27. Oktober 2005 um 22:23)

  • z. BSp. unser Rechtswart im BHV ist Rechtsanwalt, der Vorsitzende des Verbandsgerichts ist Friedrich Stern, seit mehr als 20 Jahren im Sportgericht des DHB tätig, also wirklich ein Profi durch und durch.

    Und die Spielleitenden Stellen im BHV geben den Vereinen Hilfmittel zur Hand, wie zum Beispiel Verhaltensweisen nach Disqualifikationen und Ausschlüssen.

  • Ein Problem ist meiner Erfahrung nach auch, dass die Leute die Texte der Spielregeln und Ordnungen und auch der Einspruchsschreiben nicht genau lesen.

    Mündliche Verhandlungen gibt es ja kaum. Da könnte man dann besser nachhaken und Irrtümer richtig stellen, wenn die Argumentation nicht verstanden wird (oder verstanden werden will?).