Pöhsig (dpa) - Die deutschen Handballer behalten ihren Kapitän, die deutschen Schiedsrichter wollen kulant bleiben: Nach Kritik und Unverständnis stoßen die neuen Regeln auch auf passiven Widerstand.
«Die Ursachen für die Regeländerungen liegen nicht im sportlichen Bereich und sind deswegen vielleicht nicht gut überlegt», erklärte Bundestrainer Heiner Brand.
Der Gummersbacher will der vom Handball-Weltverband IHF verordneten Abschaffung des Mannschaftskapitäns nicht folgen und kündigte an, dass es weiter einen Spielführer in der Männer-Nationalmannschaft geben wird. «Mit Binde», betonte Brand, «gerade bei uns ist jeder stolz, wenn er sie tragen darf». In den neuen Regeln ist festgelegt, dass «die Person Spielführer/Kapitän abgeschafft wurde» und «die lästige Kenntlichmachung mittels Tape oder Armbinde entfällt». Brand: «Ich kann keinen Sinn darin sehen, warum das gemacht wurde.»
Der Lemgoer Florian Kehrmann, zuletzt Auswahlkapitän, nannte diesen Beschluss gar «eine Schwachsinnigkeit» und erläuterte: «Der Kapitän ist Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer oder Mannschaft und Schiedsrichter. Diesen Einfluss nimmt man komplett. In anderen Sportarten ist das auch kein Thema.»
Während die Kapitänsfrage vornehmlich in den Mannschaften und in der Öffentlichkeit für Aufregung sorgte, sind die Schiedsrichter vor große Herausforderungen an Fitness und Konzentration gestellt. «Die für mich wichtigste Änderung ist, dass das Spiel schneller wird. Und wir sind schon fast so schnell wie Eishockey», sagte Peter Rauchfuß, Schiedsrichterwart im Deutschen Handballbund (DHB). Dabei bezieht sich Rauchfuß auf die neue Regel, dass der Torhüter sofort den Ball ins Spiel zurückbringen darf, ohne dafür eine vorgeschriebene Position einnehmen zu müssen.
Doch nicht nur das Tempo im Spiel wird höher, auch die Ermessensspielraum bei Schiedsrichterentscheidungen wird größer. Bei Siebenmeterwürfen kann die Zeit nun angehalten werden, muss es aber nicht mehr. «Wir handhaben das sehr kulant und empfehlen unseren Schiedsrichtern: Macht es wie bisher», erklärte Rauchfuß.
Nach seiner Ansicht machen Änderungen nur Sinn, wenn die Regeln dadurch einfacher werden. Doch allein zu den insgesamt 18 neu gefassten Punkten hat die Spielregel- und Schiedsrichterkommission der IHF unter Leitung des Amerikaners Christer Ahl mehr als ein Dutzend Seiten Erläuterungen veröffentlicht.
Noch bis zuletzt wurde auf einem Symposium in Bangkok unter anderem mit den Erfolgstrainern Heiner Brand und Daniel Costantini (Frankreich) an Auslegungen, Formulierungen und den Übersetzungen aus dem Englischen ins Deutsche und Französische gefeilt. «Ich kritisiere die internationale Föderation, dass sie oft so lange mit den Erläuterungen zu tun hat», sagte Rauchfuß und bemängelte, dass es noch immer kein gebundenes Regelwerk in Deutsch gibt, das man den Schiedsrichtern in die Hand geben kann.