Rückblich HSV 2004/2005

  • Hier ein Artikel aus der Welt am Sonntag.


    Der schwere Weg in die Seriosität

    Geldsorgen und Streit prägten die Saison der HSV-Handballer.
    Mit neuen Spielern und neuer Führung soll alles besser werden

    Nein, einfach sind die vergangenen Wochen für Bob Hanning nicht gewesen. Schlafstörungen gehörten zum Alltag. "Letztlich bin ich mit mir aber im Reinen", sagt der scheidende Trainer der Handballer des HSV. Und das ist das wichtigste für ihn.

    Heute, beim letzten Saisonheimspiel gegen den SC Magdeburg, wird Hanning offiziell verabschiedet. Ob es Geschenke für ihn gibt, wie die Fans reagieren und die Verantwortlichen ihm begegnen werden, weiß er nicht. Fest steht für ihn nur eines: "Die Verabschiedung ist das endgültige Ende meines Arbeitsverhältnisses."

    Am 2. Mai war der 37 Jahre alte gelernte Kaufmann von seinen Posten zurückgetreten. Er habe das Gefühl gehabt, "daß nicht mehr alle Teile der Mannschaft, des Präsidiums und des Aufsichtsrats meinem Weg folgen wollten". Gleich mehrere Leistungsträger hatten sich in Gesprächen mit dem Vereinspräsidium über das angeblich nicht ausreichende Training Hannings beklagt. Er nehme zu viele PR-Termine wahr, hieß es. Die Arbeit mit der Mannschaft habe unter seiner Neigung zur Selbstdarstellung gelitten, so der Vorwurf.

    Hannings Demission war der negative Höhepunkt einer turbulenten Saison. Während für ihn heute ein Lebensabschnitt seinen Abschluß findet, geht für den Verein eine Spielzeit zu Ende, die vor allem vom Überlebenskampf, von Anfeindungen, Machtspielen und fragwürdigen Personalentscheidungen geprägt war.

    Dabei waren alle Beteiligten die Saison mit großer Motivation angegangen. Hanning bekam mit Christian Fitzek seinen Wunschkandidaten für den Posten des Assistenztrainers, der Marketingexperte Ullrich Kresse sollte als kommissarischer Geschäftsführer für neue Sponsoren sorgen und Heinz Jacobsen den Verein als Präsident repräsentieren. Doch dann kam alles anders. Weil Geschäftsführer Winfried M. Klimek die Gehälter nicht rechtzeitig zahlte, konnte der Verein während der Saison nur noch von Woche zu Woche planen. Zeitweise stand unmittelbar vor Heimspielen nicht fest, ob die Miete für die Color Line Arena rechtzeitig eintrifft und die Halle überhaupt ihre Tore öffnet. Die Mannschaft bewahrte trotz dieser desolaten Zustände Ruhe und stand wochenlang auf dem ersten Tabellenplatz.

    Doch so professionell sich die Spieler zu diesem Zeitpunkt verhielten, so amateurhaft agierte die Vereinsführung. Nachdem Kresse im September 2004 nach gerade einmal vier Wochen sein Amt niedergelegt hatte, sollte Wilfried de Buhr fortan die Geschicke des Vereins leiten - doch auch er gab nach nur 57 Tagen auf. Da dem wirtschaftlichen Träger Omni Sport die Insolvenz und dem HSV somit der Zwangsabstieg drohte, wurde die Lage immer prekärer.

    Im Dezember trat schließlich auch Präsident Heinz Jacobsen zurück. Als Vereinsvorsitzender war der Kieler nicht länger tragbar. Ihm wurde vorgeworfen, als Krisenmanager versagt zu haben.

    Als die Handball-Bundesliga (HBL) dem HSV wegen Verstoßes gegen die Lizenzauflagen schließlich acht Punkte abzog und die Staatsanwaltschaft Winfried M. Klimek am zweiten Advent wegen des Betrugsverdachts in Millionenhöhe in den Geschäftsräumen seiner Lübecker Firma Galaxis verhaftete, war das Chaos perfekt. Der Kaufmann befindet sich bis heute in Untersuchungshaft, das Verfahren gegen ihn läuft.

    Unterstützung erhielt der HSV danach von Jürgen Hunke. Der Traberpräsident bot seine Hilfe an und trug in der schwierigsten Phase der Saison mit seinem Einsatz und einem Zuschuß von rund 400 000 Euro maßgeblich zur finanziellen Rettung des HSV bei. Mit dem Ahrensburger Andreas Rudolph wurde im Februar ein finanzstarker Unternehmer zum Vereinspräsidenten gewählt, unter dessen Führung der Bundesligist den drohenden Zwangsabstieg zunächst abwendete.

    Zur Ruhe ist der HSV dennoch nicht gekommen. Rudolph wird vorgeworfen, nicht nur bei dem Entscheid über den Punkteabzug und dem Transfer des Polen Krzysztof Lijewski einen Alleingang durchgezogen zu haben. Der Unternehmer bestreitet dies: "Alle Entscheidungen sind demokratisch gefällt worden."

    Das sehen manche Beobachter anders. Der Aufsichtsratvorsitzende Michael Grollmann betont beispielsweise, daß er die Trennung von Trainer Hanning "mit der Faust in der Tasche" zur Kenntnis nahm. Rudolph ist sich dennoch "in sehr großem Maße sicher", daß die Führungsmannschaft künftig erfolgreich für den Verein arbeiten werde. Voraussetzung dafür sei, daß "persönliche Interessen nicht im Vordergrund stehen".

    Nach dem Ende der Streitigkeiten in der Vereinsführung steht den Hanseaten nun im sportlichen Bereich ein Umbruch bevor. Neben den Torhütern Tomas Svensson und Steffen Reider verlassen auch Andrej Siniak, Jon Belaustegui und Matthias Rauh den Verein. Dafür wechseln Henning Wiechers, Stefan Schröder, Roman Pungartnik, Branko Kokir und Igor Lawrow an die Elbe.

    Inwiefern die neue Mannschaft in der Lage ist, das ausgegebene Ziel, unter den ersten fünf mitzuspielen, zu erfüllen, bleibt abzuwarten. Ob Christian Fitzek in der nächsten Spielzeit Cheftrainer ist, wird sich erst in den kommenden Wochen klären.

    Fraglich bleibt zudem, wie der HSV künftig neue Zuschauer gewinnen will. Die Identifikationsfigur Hanning fehlt, der Besucherzuspruch bei den Spielen war insbesondere an Werktagen mit teilweise nur gut 3000 Zuschauern in der vier Mal so viele fassenden Color Line Arena mehr als dürftig, das Rahmenprogramm bei den Heimspielen ist verglichen mit dem der Konkurrenz amateurhaft.

    Dennoch ist Rudolph sicher, daß man sich künftig in Hamburg erfolgreich positionieren kann. "Wir werden unsere Bemühungen im Bereich des Marketing weiter ausweiten. Fest steht aber, daß wir kontinuierliche und solide sportliche Leistungen abliefern müssen, um die Zuschauer zu begeistern."

    Dabei blicken die Verantwortlichen gespannt dem kommenden Mittwoch entgegen. Vier Tage vor dem letzten Saisonspiel bei der HSG Wetzlar vergibt die Handball-Bundesliga die Lizenzen für die kommende Saison.

    Mit Frank Frind hat ein neuer Richter das Verfahren gegen den wirtschaftlichen Träger Omni Sport aufgenommen. Rudolph glaubt dennoch, die Eröffnung des Insolvenzverfahren gegen die Omni Sport vor dem 30. Juni - an diesem Tag tritt die Kündigung des Vertrags mit dem bisherigen wirtschaftlichen Träger in Kraft - zu vermeiden. "Ab diesem Zeitpunkt", sagt Rudolph, "sind wir ein neuer Verein."

    Champions-League Sieger 2013

  • Zitat


    ..., das Rahmenprogramm bei den Heimspielen ist verglichen mit dem der Konkurrenz amateurhaft.

    Dies kann ich nicht ganz nachvollziehen. Was macht denn ein gutes Rahmenprogramm aus?

    Steini

  • Sehe ich genauso. Ich finde es garnicht schlecht.

    Zudem hat der HSV ein Zuschauerschnitt von 6183 je Heimspiel. Bei einer Planung von 6200 nächste Saison also voll im Soll

    Champions-League Sieger 2013

  • Den Einlauf der HSV-Spieler zu den Aida-Klängen zwischen den wehenden Fahren finde ich sehr gelungen. Anderen Schnickschnack braucht man eigentlich nicht. Naja, schreibt ja auch kein Handballer ;)

    sLOVEnija

  • Also, ich fahre des öfteren nach Hamburg zum Handball, und ich fand das Rahmenprogramm dort immer sehr gelungen. Vielleicht sollte der Hallensprecher Heiko Ziesche, oder wie der heißt, ein bisschen die "knurrigen" Ansagen einstellen und nicht so nuscheln, wenn er die Torschützen des Gegners ansagt. Da hat mir Olli Pereil (richtig geschrieben???) besser gefallen. Aber sonst gibt es am Rahmenprogramm nichts auszusetzen.

    Steini

  • Moin,
    finde es nur mies das alles dort soviel kosten soll. Allein wenn man mit Auto kommt, halten gleich die ersten die Hand auf. Tickets, naja sind günstiger geworden. Aber trotzdem gegen Kiel und Flensburg, wenn also viele Gäste kommen wird der Preis angehoben. Dazu eine Scheiß Security und Hammer Preise an Getränken und Essen.
    Wenn das alles mal etwas lockerer wäre gäb es ein wenig mehr Sympathie von mir.

    Gruß :baeh:

  • Egal wie nach den Bescheiden zur LIZENZ ist der HSV für mich nur noch der KLÜNGELKÖNIGCLUB der Liga - SCHANDE !!!

    MsG
    ATOM

  • ATOM : Damit müssen wir leben. Aber wir leben noch ;)
    Zumindest haben wir Gummersbach einen Titel abgenommen.

    Banane : Alles was Du kritisiert hat nichts mit dem HSV Handball zu tun, sondern den Betreibern der Color-Line-Arena.
    Auf Parkplatzgebühren, Verpflegung und Security hat der HSV keinen Einfluss.
    Gebe Dir aber vollkommen Recht !
    Nur zu den Ticketpreisen nicht. Topzuschläge sind Gang und Gebe. Die Preise beim HSV sind echt nicht die höchsten. 13,-- Euro Sitzplatz für Topgegner sind glaube ich nicht zu viel.

    Champions-League Sieger 2013

    2 Mal editiert, zuletzt von HSV Sascha (26. Mai 2005 um 00:17)

    • Offizieller Beitrag

    Während in anderen Threads die diversene Lizenzentzüge diskutiert werden, schaut man in Hamburg auf die Saison zurück. Dabei darf man in Hamburg aber nicht vergessen, dass man dieses Jahr mit dem Lizenzantrag vom vergangenen Jahr mit Pauken und Trompeten durchgefallen wäre.

    Wofür es letztes Jahr noch 8 Punkte ABzug und 15.000 € Geldstrafe gab, wird heute "lebenslänglich" ausgesprochen, Amnestie frühestens nach 2 Jahren (zweimaliger Aufstieg).

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Insolvenzverfahren beim HSV nicht vor Juli - Lizenz nicht gefährdet

    Gute Nachrichten für den finanziell gebeutelten Handball-Bundesligisten HSV Hamburg: Das Insolvenzgericht Hamburg sieht von einer Insolvenzeröffnung vor dem 1. Juli ab. Das bedeutet, dass die vom Deutschen Handball-Bund (DHB) nur unter geringen Auflagen für die neue Spielzeit erteilte Lizenz nicht in Gefahr ist. Dies teilte das Gericht am Donnerstag mit.

    Die gefährdete Lizenz ist auch der Grund für das Insolvenzgericht, das Verfahren gegen den wirtschaftlichen Träger Omni Sport noch nicht zu eröffnen. Denn das würde den Zwangsabstieg und damit eine noch schlechtere wirtschaftliche Lage bedeuten. In dieser Saison werden dem HSV wegen Täuschung bei Einreichung der wirtschaftlichen Zahlen von Omni Sport acht Punkte abgezogen.



    http://www.handball-world.com


    So, dieses Kapitel ist endlich zu!

    Fazit: Dreistigkeit siegt!

    ________________________________________________________________________________________________

    Schlussstrich

  • Hier mal für die, dies interessiert die komplette PM des Oberlandesgerichts:

    Einmal editiert, zuletzt von wintermute (26. Mai 2005 um 19:49)

    • Offizieller Beitrag

    So hart es klingt, aber Aufgabe des Insolvenzrichters und des Insolvenzverwalters ist es den Schaden für die Gläubiger möglichst gering zu halten. Wenn dafür die Eröffnung des Verfahrens erst nach dem 30.6. der geeignete Weg ist, müssen sie diesen Weg gehen. Ihre Aufgabe ist es nicht, für sportliche Fairness zu sorgen, so bitter das auch sein mag.

    Es ist Aufgabe der HBL für die sportliche Fairness zu sorgen, von daher hätte man bereits früher dem HSV die Lizenz verweigern sollen, aber das haben wir ja schon oft genug durchgekaut.

    Hier offenbart sich mal wieder mehr als deutlich die Lücke(n) des Lizenzierungsverfahrens. Die Intention war doch die, dass ein Verein nicht automatisch durch Antrag auf Eröffnung eines Verfahrens die Lizenz verliert. Sonst könnte ja jeder (ist nicht ganz einfach, aber auch nicht zu schwer) einen Fremdantrag gegen den Verein stellen, den er nicht mag. Also wollte man sich auf die unabhängige Gerichtsbarkeit verlassen: das Insolvenzgericht. Der Fall Hamburg hat nun exemplarisch gezeigt, dass das Insolvenzgericht die Lizenzierungsbestimmungen und den wirtschaftlichen Background eben nicht ignoriert und stur nach Schema F vorgeht. Folglich müssen in diesem Punkt (so wie in vielen anderen Punkten auch) die Lizenzierungsbestimmungen modifiziert werden.

    Wir dürfen eines nicht vergessen: letzten Endes haben wir es dem HSV zu verdanken, dass endlich in der HBL gegen unseriös wirtschaftende Vereine durchgegriffen wird um weiteren (Image-) Schaden abzuwenden. Auch diverse Lücken des Lizenzierungsverfahrens hat uns der HSV plastisch aufgezeigt. Das "Hamburger Modell" wird sich mittelfristig als case study bei den Sportjuristen etablieren. Insofern ist es nur fair, dass der HSV quasi als Kronzeuge am Ende mit einer Bewährungsstrafe davon kommt.

    (ACHTUNG: Im letzten Abschnitt könnte ein wenig Ironie und Sarkasmus enthalten sein.)

  • Stimme Ronaldo 100 %ig zu ... nur was soll man am Lizenzverfahren ändern ... Lücken gibt es überall ... man(n) muss sie nur finden!

    Einmal editiert, zuletzt von OsloStar (27. Mai 2005 um 09:36)