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Grenzen der FreizügigkeitNicht jeder Sportler aus dem fernen Ausland und der Europäischen Union darf in Deutschland seinem Job als Profi nachgehen
VON WOLFGANG HETTFLEISCH
Es klingt bei mehr als fünf Millionen Arbeitslosen erstaunlich, doch in bestimmten Fachgebieten herrscht auch heute noch ein Mangel an qualifizierten deutschen Arbeitskräften. Zum Beispiel auf dem Rücken von Rennpferden. "Wir tun uns in den Rennställen ganz schwer damit, geeignetes Personal zu finden", berichtet Hans-Heinrich Jörgensen. Weshalb sich der Vorsitzende des Vereins Deutscher Besitzertrainer und viele andere im Galopprennsport seit Jahren mit Fachleuten aus Osteuropa behelfen.
Man sollte meinen, das sei angesichts der fortschreitenden europäischen Einigung unproblematisch. Ist es aber nicht. Der Rennstallbesitzer aus Großenkneten musste für seine beiden Arbeitsreiter aus Polen und der Slowakei die Zustimmung der örtlichen Ausländerbehörde einholen. "Anders geht es nicht. Es sei denn, Sie wollen riskieren, dass plötzlich der Zoll eine Razzia auf dem Hof macht", sagt Jörgensen. Ihrem Aufenthaltsstatus nach sind seine in ihren Heimatländern lizenzierten Reiter Berufssportler. Und für die gelten klare Regeln, nachzulesen in der "Verordnung über die Zulassung von neueinreisenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung".
Die mit dem Zuwanderungsgesetz zum Jahreswechsel in Kraft getretene Beschäftigungsverordnung (BeschV), wie das Regelwerk in Kurzform heißt, bestimmt unter anderem, wer als Ausländer aus einem Neu- oder Nicht-EU-Staat nach Deutschland einreisen darf, um sich hier als Profisportler zu verdingen.Chancen für eigenen Nachwuchs
In der Amtspraxis ist das offenbar unproblematisch. "Schwierigkeiten inhaltlicher Art gibt es in aller Regel nicht", berichtet etwa der Stellvertretende Leiter der Frankfurter Ausländerbehörde, Heiko Kleinsteuber. Die Fallzahlen blieben bislang überschaubar. Außer einigen Kickern vom Zweitligisten Eintracht Frankfurt (im Fußball erlaubt der Gesetzgeber den Aufenthalt auch zur Berufsausübung in der zweithöchsten Spielklasse) und diversen Eishockey- und Basketball-Profis machte in Frankfurt bislang kaum jemand von der Aufenthaltsmöglichkeit als Berufssportler oder -trainer Gebrauch, die an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (siehe Infobox).
So gesehen, erfüllt die Verordnung bislang ihren Zweck. Denn der, so beschloss es 2001 die Innenministerkonferenz, besteht darin, dem eigenen Sportlernachwuchs bessere Chancen zu geben. Seit Februar 2002 müssen deren ausländische Konkurrenten zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nachweisen, dass ihnen ein deutscher Erstligist einen entsprechend dotierten Job angeboten hat. Eine gesonderte Arbeitserlaubnis braucht es dann nicht mehr.
Es geht um eine der maßgeblichen Stellschrauben für die Zukunft des deutschen Spitzensports, denn: Die in manchen Sportarten praktizierten Ausländerquoten sind juristisch problematisch. Mit dem Bosman-Urteil fiel 1995 die Ausländer-Beschränkung im europäischen Fußball für EU-Angehörige. Und im Fall des slowakischen Handball-Torwarts Maros Kolpak vom damaligen Bundesligisten SG Kronau/Östringen ging der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Mai 2003 noch weiter: Die Anzahl von Sportlern aus Ländern, die so genannte Assoziierungsabkommen mit den EU-Staaten schlossen, dürfe nicht beschränkt werden.
Solche Abkommen gibt es mit einer Vielzahl von Staaten bis nach Fernost, Schwarzafrika und in die Karibik. Vereinsvertreter sagen nun, die vom Deutschen Sportbund (DSB) propagierte Vorfahrt für den eigenen Nachwuchs sei nur ein Lippenbekenntnis. "Wir bekämpfen die Öffnung, so gut wir können - aber erfolglos", berichtet Jochen Kühl, Sprecher des Basketball-Zweitligisten TV Langen. Die Südhessen, die traditionell auf ihre Nachwuchsarbeit bauen, fühlen sich dabei ziemlich einsam. "Einige in der Liga sagen: ,Machen wir doch einfach die Tür weit auf.' Die fürchten Prozesse", glaubt Kühl. Auch die Langener können sich der Entwicklung nicht entziehen, wollen sie konkurrenzfähig bleiben. "Wir müssen nachziehen", bekennt Kühl, der fürchtet, dass ohne Quotenregelung "bald überall fünf, sechs Amerikaner spielen werden". Das muss nicht so kommen. Wer nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung ist, kann sich auch nicht auf die Gleichbehandlung mit EU-Sportlern berufen. Und die Zuwanderung kann über die Beschäftigungsverordnung reguliert werden. Zweitligisten wie die Langener Basketballer dürfen (Ausnahme Fußball) die Einreisemöglichkeit für Profis nicht in Anspruch nehmen. Und auch für die Bundesligen erhofft sich der Gesetzgeber ein wirksames Regulativ.
"Wir versuchen das auf diesem Weg zu steuern", bestätigt DSB-Justiziar Hermann Latz. Doch gebe es "leider von Ausländerbehörde zu Ausländerbehörde oft eine unterschiedliche Handhabung". Auch sieht Latz die Gefahr, dass die Vorschriften umgangen werden. So sei der Nachweis, dass jemand nur zum Schein hier studiert, um in Wahrheit seinem Broterwerb als Sportler nachgehen zu können, "sehr schwer zu führen". Und bei allen, die ein Arbeitsverhältnis jenseits des Sports nachweisen können, gilt Latz zufolge: "Überprüfen können das nur die Ausländerbehörden."
"Schwammige" Vorschriften
Vollends unklar ist die Rechtslage in Sportarten, die nach eigenem Verständnis gar keine Profis beschäftigen. Die Aussagen von Bundesinnenministerium und DSB in der Frage, welche Vorschriften gälten, seien "schwammig", sagt der Geschäftsführer der Deutschen Turn-Liga (DTL), Ralf Neumann. Folge laut Neumann: "Man laviert sich durch." Als Not-Vehikel dient auch den Turnern die Ausländerquote. Und zwar, wie Neumann betont, in übergeordnetem Interesse: "Alle vier Jahre wird bei Olympischen Spielen abgerechnet. Bleiben dann die Medaillen aus, ist das Geschrei groß."
Infobox:
Aufenthaltsrecht für Berufssportler
Paragraf sieben der Beschäftigungsverordnung vom 22. November 2004 regelt das Aufenthaltsrecht von Berufssportlern und -trainern für den Einsatz in deutschen Sportvereinen oder vergleich-baren Wettkampf-Einrichtungen.Die Person muss das 16. Lebensjahr vollendet haben und ein Bruttogehalt von mindestens 50 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung erhalten. Das sind im laufenden Jahr 2600 Euro in den alten und 2200 Euro in den neuen Bundesländern. Der für die Sportart zuständige Spitzen-verband muss im Einvernehmen mit dem Deutschen Sportbund die Qualifikation als Berufssportler oder die fachliche Eignung als Trainer bestätigen, was im Ligabetrieb nur bei einem Einsatz in der jeweils höchsten deutschen Spielklasse geschieht.
Für Bürger aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten ist die freie Arbeitsplatzwahl in EU-Land noch bis 1. Mai 2006 suspendiert. Diese auch die Sportler mit einschließende Regelung soll voraussichtlich bis Mai 2009 verlängert werden. Das Bundesinnenministerium führt keine Statistik zur Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen für Profisportler. Der DSB will bis Sommer erste Zahlen vorlegen. het
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Ausländer im Sport - Die Grenzen der Freizügigkeit
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"Schwammige" Vorschriften
Vollends unklar ist die Rechtslage in Sportarten, die nach eigenem Verständnis gar keine Profis beschäftigen. Die Aussagen von Bundesinnenministerium und DSB in der Frage, welche Vorschriften gälten, seien "schwammig", sagt der Geschäftsführer der Deutschen Turn-Liga (DTL), Ralf Neumann. Folge laut Neumann: "Man laviert sich durch." Als Not-Vehikel dient auch den Turnern die Ausländerquote. Und zwar, wie Neumann betont, in übergeordnetem Interesse: "Alle vier Jahre wird bei Olympischen Spielen abgerechnet. Bleiben dann die Medaillen aus, ist das Geschrei groß."
Wann gab es in den letzten Jahren keine schwammige Vorschriften? Sowohl die ganze Gesetzgebung als auch die Justiz laviert sich mit schwammigen Vorschriften und schwammigen Urteilen durch.
Ständig jammert sowohl die Öffentlichkeit als auch Verbände über den Bürokratismus und die Justiz stöhnt über den Wust an Verfahren.
Macht man sich aber einmal die Mühe, Gerichtsverhandlungen beizuwohnen und Gerichtsurteile und deren Ausführungen genauer zu studieren, dann sieht man dass die Justiz selber schuld ist an diesem Wust an Gerichtsverfahren.
Habe in den letzten 10 Jahren kein einziges klares und deutliches Gerichtsurteil bzw. Begründung gehört oder gelesen.
Und die Urteile können dann je nach Gusto, Qualität der Rechtsanwälte, Richter und finanziellem Atem der betroffenen Personen verschieden ausgelegt werden!!!