was einige leute so während eines spiels so treiben...:
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Der Stenograph des HandballsDie Statistiken von Bruno Neumann sind auch nach seinem Abschied vom Zweitligisten TV Gelnhausen noch sehr gefragt
HANAU (gt). Während die Spieler auf dem Parkett ihrem Handwerk nachgehen, verbringt Bruno Neumann die Spielzeit auf der Auswechselbank oder vor dem heimischen Fernseher. Weniger hektisch geht es bei ihm aber nicht zu. Mit einem Stift und einem vorgedruckten DIN-A3-Zettel bewaffnet, dokumentiert er eilig jede Szene. Was auf dem Spielfeld als Ganzes gesehen wird, sind für ihn viele aneinander gereihte Einzelszenen, die er förmlich seziert. Sein Ziel ist es, alles über die Spieler herauszubekommen, Regelmäßigkeiten zu finden und so die Schwächen aufzudecken.
Wallaus Coach Martin Schwalb ist ein Fan seiner Arbeit, und sogar für Nationaltrainer Heiner Brand fertigte er Statistiken an. Angefangen hat alles 1995, als der 43-Jährige den Co-Trainerposten bei der TG Dörnigheim inne hatte, die damals gerade in die Oberliga aufgestiegen war. Damals beschränkte sich die Analyse nur auf die Wurfbildauswertung während des Spiels. "Zuvor spielte ich unter Reiner Kegelmann von 1991 bis 1994 bei der TGD", erzählt Neumann.
Durch einen Zufall lernte er Jörg Ströhmann kennen. Ströhmann ist der Sohn von Bodo Ströhmann, dem ehemaligen Manager und Macher der SG Wallau/Massenheim. Im November 1995 suchten die Wallauer einen Co- und Torwart-Trainer für ihre zweite Mannschaft, erzählt Neumann, der bei der TG Hanau mit dem Handballspielen begann: "Ich nahm das Angebot an und führte zusätzlich die Statistiken." Nachdem der damalige Trainer entlassen worden war, ging alles ganz schnell. Auf Grund der Umstrukturierung der Regionalligen musste die Bundesligareserve, in der damals Europameister Jan-Olaf Immel mitmischte, mindestens Platz sechs belegen, um nicht abzusteigen. Zwei Spieler übernahmen den Trainerpart. Doch wer sollte die Verantwortung auf der Bank übernehmen? Bruno Neumann sprang "ins eiskalte Wasser".
Am Ende hielt die SG die Klasse. Mit dem Erfolg wurde auch Wallaus Cheftrainer Martin Schwalb auf ihn und seine Statistiken aufmerksam und holte ihn in den Betreuerstab des Bundesligateams. Schnell erweiterte er seinen Statistik-Zettel und Analysen. Auf dem Blatt sind alle Spieler vermerkt, jede Aktion ist festgehalten, die technischen Fehler sind erklärt, welche Aktion der Spieler falsch gemacht hat, wo der Torschütze hingeworfen hat, von welcher Position er geworfen hat, auf welcher Seite der Spieler im Eins-gegen-Eins-Verhalten vorbeigegangen ist, ob es ein ein Schlag-, Hüft- oder Sprungwurf war, ob direkt oder als Aufsetzer, wie der Tormann reagierte, wie das Anspiel erfolgte...
Die Methode, ein Handballspiel zu analysieren, bekommt bei Neumann eine andere Dimension. Er selbst sagt, dass er ein Spiel stenographiere. Mittlerweile hat er acht verschiedene Bögen, die auf die Wünsche der
"Ich versuche, dem Trainer wichtige Informationen zu geben, um sein Training zu verbessern.Bruno Neumann, Handball-AnalytikerTrainer zugeschnitten sind: "Schon 15 Minuten nach dem Spiel kann ich die Umrisse der Auswertung und die Prozentzahlen bei Torerfolgen bekannt geben." Zudem fertigt er für jedes Spiel ein Heft mit bis zu 23 Seiten an, in der jede Halbzeit gedrittelt ist und jeder Spieler seine Einzelkritik bekommt. Das macht dann noch mal zwei bis drei Stunden Arbeit.
Bis 1998 arbeitete Neumann für den Verein aus dem Ländchen, ehe es ihn zum Zweitligisten TV Gelnhausen zog. Den Sinn seiner Spielauswertung beschreibt Neumann so: "Ich versuche, dem Trainer wichtige Informationen zu geben, um sein Training zu verbessern. Ich sehe auch Dinge, die der Trainer nicht gleich erkennt." Zudem fertigt er Dossiers über den Gegner an. So kann sich beispielsweise der Tormann besser einstellen, da er weiß, wo die Schützen des Gegners ihre Würfe am liebsten platzieren. Wenn es um seinen Anteil am Erfolg geht, bleibt Neumann zurückhaltend: "Das kommt darauf an, inwieweit der Trainer die Analyse nutzt. Als Torwarttrainer ist der Anteil natürlich höher, da ich die Wurfbilder der Gegner erkläre."
Zuletzt war Neumann beim holländischen Handballverband als Co-Trainer der Frauen-Nationalmannschaft engagiert. Bei einem Freundschaftsspiel seiner Auswahl gegen Bayer Dormagen schüttelte Dormagens Trainerin Renate Wolf den Kopf, als er während des Spiels stetig mitschrieb. "Es sieht schon etwas eigenartig aus: Ich bin nur am Schreiben und dann wieder am Gucken. Das geht ganz schnell", erklärt Neumann. Der Hanauer hat auch schon probiert, seine Analyse-Methode anderen beizubringen. Doch die Interessenten seien aus dem Rhythmus gekommen und nicht mehr mitgekommen.
Seit Dezember 2004 ist Neumann an keinen Verein mehr gebunden. Über mangelnde Nachfrage kann sich der Analytiker jedoch nicht beschweren. Kein Wunder, Neumann ist praktisch ohne Konkurrenz. Und das nicht nur in Deutschland, sondern in Europa, wie etwa die Anfrage vom spanischen Spitzenclub Portland San Antonio beweist.
Vor der EM 2003 in Schweden war es Handball-Bundestrainer Heiner Brand, der in Klein-Auheim anrief. Neumann sollte alle Spiele analysieren. "Am Abend meines Geburtstags hab' ich mich hingesetzt und ein Spiel vor dem Fernseher verfolgt. Danach habe ich die Auswertung per Fax nach Schweden geschickt. Ein paar Tage später hat Heiner nochmals angerufen, mir zum Geburtstag und auch zum Vize-Europameistertitel gratuliert."
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...der zettel-ewald des handballs ist gefunden.
ob's wirklich hilft - ich bin da geteilter meinung.